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Das Bild Europas auf Wissenschaft und Technik

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Begonnen von Volvox, 14. Oktober 2012, 13:52:12

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Volvox

Da ich aus eigenem Interesse wissen wollte, wie denn die Sicht verschiedener Menschen auf die Wissenschaft aussieht, bin ich auf die Umfragen des Eurobarometers gestolpert.
Vielleicht kennt ihr diese Umfragen ja schon. Ich kannte diese jedenfalls noch nicht:
- EUROBAROMETER 55.2, Wissenschaft und Technik im Bewusstsein der Europäer, Dezember 2001
- EUROBAROMETER SPEZIAL 340, Wissenschaft und Technik, BERICHT, Befragung: Januar – Februar 2010

Auf jeden Fall sind beide Umfragen einen Bick wert.

Ein paar Beispiele der haarsträubenden Art befinden sich in der Umfrage aus dem Jahre 2001.
So sollten die Befragten einschätzen, wie wissenschaftlich etwas sei (Tabelle 8). So fanden 92,6% der Europäer, dass Medizin "ziemlich wissenschaftlich ist". Ähnlich sieht es auch für Physik (89,5%) und Biologie (88,2%) aus. Das wäre ja also ganz okay, wenn nicht 52,7% gemeint hätten, dass Astrologie "ziemlich wissenschaftlich ist", und nur 33,1% Geschichte als "ziemlich wissenschaftlich" ansehen.
Auch gewisse Aussagen konnten von den Befragten nicht korrekt beantwortet werden (Tabelle 10). So gaben 26,1% der Europäer an, dass die Sonne die Erde umkreist. 11,8% gaben an, dass man radioaktive Milch durch abkochen unbedenklich machen könne. Und 26,6% gaben an, dass "Laser funktionieren, indem Schallwellen gebündelt werden".

Dennoch gibt es keinen Grund zur Verzweiflung, da aus der 2010 Umfrage durchaus hervorgeht, dass Wissenschaft und Forschung immer noch als wichtig angesehen werden.

Dr. Ici Wenn

Ich finde das gar nicht so schlimm. "Ziemlich wissenschaftlich" bei Medizin trifft es doch z.B. sehr genau. Bei Astrologie bin ich mir sehr sicher, dass das einfach durch die fast völlige Namensgleichheit zu Astronomie verwechselt wurde. Muss da selber immer aufpassen.

Volvox

Ja, wahrscheinlich hätte ich (oder habe ich?) während meiner Schulzeit auch Astrologie versehentlich als Wissenschaft deklariert. So oder so ist das dennoch ein Zeichen von Wissenschaftsanalphabetismus.

Dass das geozentrische Weltbild allerdings immer noch bei vielen Menschen existiert, finde ich trotzdem erschreckend. (Auch wenn ein paar Prozente möglicherweise auf Verwechslungen und ungenauem Lesen beruhen.)

Ratiomania

Zitat von: Dr. Ici Wenn am 14. Oktober 2012, 14:01:27
Ich finde das gar nicht so schlimm. "Ziemlich wissenschaftlich" bei Medizin trifft es doch z.B. sehr genau. Bei Astrologie bin ich mir sehr sicher, dass das einfach durch die fast völlige Namensgleichheit zu Astronomie verwechselt wurde. Muss da selber immer aufpassen.

Jap, und viele Lehrer haben kein Sprachempfinden. Da wird dann halt in den Einführungsstunden (vorallem Biologie) gesagt "-logie" = Wissenschaft. Bei manchen bleibts dann da...

Die Impetustheorie findet man auch noch in schöner Regelmäßigkeit bei Physikstudenten... (und anderen Studenten).

Wieso sollte da die Normalbevölkerung großartig anders sein?

The Doctrix

Dass die Astrologie mit der Astronomie verwechselt wurde kann ich mir schlecht vorstellen - schliesslich wurde auch nach der Wissenschaftlichkeit der Astronomie gefragt (sie landete mit 77.9% sogar auf dem 4. Platz). Interessant ist auch, dass bei der Astrologie der höchste Anteil an "weiss nicht"-Antworten zu verzeichnen ist.

Bemerkenswert ist sicherlich auch, dass es nur wenig Einfluss zu haben scheint, welche Schulbildung man hat, wenn man Astrologie als wissenschaftlich bezeichnet.

Und dann so schöne Antworten wie:

"Antibiotika töten sowohl Viren als auch Bakterien ab." (41.3% Zustimmung, 19.0% "weiss nicht)
"Alle Radioaktivität ist durch den Menschen geschaffen." (26.5% Zustimmung, 20.9% "weiss nicht")
"Die Erde braucht einen Monat, um die Sonne zu umkreisen." (22.9% Zustimmung, 20.9% "weiss nicht")

Und mein absoluter Lieblingssatz:
"Das erste menschliche Wesen lebte zur gleichen Zeit wie die Dinosaurier." (20.3% Zustimmung, 20.3% "weiss nicht")

Ja klar, und er benutzte ein Mammut als Staubsauger und einen Archeopteryx als Plattenspieler.

Wiiiiiilmaaaaaaa!!!    $)
Immer, wenn Du glaubst, dümmer gehts nicht mehr, kommt von irgendwo ein Eso her!

zwingenberger

Wen wundert's. Meiner Erfahrung nach scheitern nicht wenige Grundschullehrer schon an der Erklärung der Entstehung von Mondphasen - beliebt scheint eine Erklärung zu sein, die tatsächlich zu Mondfinsternissen führt, das ist mir jedenfalls schon ein paarmal untergekommen. Ich erinnere mich auch an einen entsetzten Leserbrief in der SuW, wonach eine Grundschullehrerin trotz eines Hinweises in einem Eltenbrief auf genau dieser falschen Erklärung beharrte - für die Kinder sei das besser verständlich.
::)


celsus

Zitat von: zwingenberger am 15. Oktober 2012, 14:28:15- für die Kinder sei das besser verständlich.
::)

Wow, mit der Logik lässt sich tatsächlich das gesamte Bildungssystem revolutionieren.

Babys bringt der Storch - für die Kinder sei das besser verständlich.
Es donnert, wenn die Wolken zusammen stoßen - für die Kinder sei das besser verständlich.
Im Fernseher sitzen kleine Männchen - für die Kinder sei das besser verständlich.
Der Weihnachtsmann bringt die Geschenke - für die Kinder sei das besser verständlich.
Wenn es regnet weinen die Engel - für die Kinder sei das besser verständlich.
...
The best thing about science is that it works - even if you don't believe in it.

Conina

Ein bisschen Schwindeln ist aber erlaubt, Terry Pratchett hat es "Lügen für Kinder" genannt.
Hier taucht es in einem Interview auf:
Zitatzeit: Aber gibt es nicht einen Unterschied zwischen hoch und niedrig qualifiziertem Unverständnis?

Pratchett: Ich nenne es das "Lügen für Kinder"-Phänomen: Man erklärt die Wissenschaft in Geschichten, die nicht ganz stimmen, aber deren Wahrheitsgehalt fürs Erste ausreicht.

zeit: So kommt das Atommodell in die Schulbücher, in dem Elektronen wie Planeten um Atomkerne kreisen. Aber wer kann sich Materie vorstellen aus quantenmechanischen Wellenfunktionen?

http://www.zeit.de/2002/07/Luegen_fuer_Kinder/komplettansicht
Man kann das Pferd zum Wasser führen, aber nicht machen, dass es trinkt.

Truhe

Ausgezeichnet Volvox. Genau die Umfrage habe ich neulich gesucht und nicht gefunden. Die passt hervorragend zur Bildungsdiskussion von Cosmo Kramer und zeigt doch sehr schön, dass mehr Allgemeinbildung wirklich not tut.

Dr. Ici Wenn

Zitat von: The Doctor am 15. Oktober 2012, 14:03:19
Dass die Astrologie mit der Astronomie verwechselt wurde kann ich mir schlecht vorstellen - schliesslich wurde auch nach der Wissenschaftlichkeit der Astronomie gefragt (sie landete mit 77.9% sogar auf dem 4. Platz). Interessant ist auch, dass bei der Astrologie der höchste Anteil an "weiss nicht"-Antworten zu verzeichnen ist.

OK. habe es nicht gelesen, und wenn Das so ist, revidiere ich meine Ausage.
Und ansonsten addiere die Prävalenz der psychisch möglichen Auffälligkeiten. Das Addieren stimmt natürlich nicht, aber bilde eine Schnittmenge. Man ist immer noch betroffen.