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Deutsch => Allgemeine Diskussionen => Skeptisches Denken => Thema gestartet von: ZKLP am 08. November 2017, 13:35:13

Titel: Die PM2,5-Feinstaubtoten der Max-Planck-Gesellschaft
Beitrag von: ZKLP am 08. November 2017, 13:35:13
Zur Erinnerung erst einmal eine kleine Rückblende auf die uninteressanten Links (https://forum.psiram.com/index.php?topic=14759.msg194792#msg194792):

Zitat von: ZKLP am 24. Mai 2016, 21:31:22
Wurde gerade bei Quarks&Co ausgeschlachtet:
Von 35.000 Feinstaub-Toten in Deutschland werden 15.000 durch die Landwirtschaft verursacht. Ursache: Ammoniak, Gülle, Massentierhaltung.
Hab ausgeschalten.  ::)

Google sei Dank bin ich aber doch zur Quelle der Erkentnis gelangt:
https://www.mpg.de/9404032/sterberate-luftverschmutzung-todesfaelle
ZitatAuch in der EU führt die Belastung mit Feinstaub und Ozon jährlich zu 180.000 Todesfällen, davon 35.000 in Deutschland.
[...]
In Europa, Russland, der Türkei, Japan und im Osten der USA ist dagegen überraschenderweise die Landwirtschaft eine führende Ursache für schlechte Luft.
Ammoniak, der durch die übermäßige Verwendung von Düngemitteln und die Massentierhaltung in die Atmosphäre gelangt, wandelt sich über verschiedene Reaktionen in Ammoniumsulfat und Nitrat um. Diese Stoffe wiederum tragen maßgeblich dazu bei, dass sich überhaupt Feinstaubpartikel bilden können. Die Landwirtschaft ist damit global gesehen die Ursache von einem Fünftel aller Todesfälle durch Luftverschmutzung. In manchen Ländern, zum Beispiel in der Ukraine, Russland und Deutschland, liegt der Anteil sogar bei über 40 Prozent.

ZitatKnapp drei Viertel der Todesfälle sind auf Schlaganfälle und Herzinfarkte zurückzuführen, 27 Prozent auf Atemwegserkrankungen und Lungenkrebs. Feinstaubpartikel verursachen epidemiologischen Studien zufolge Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems und Lungenkrebs, während Ozon eher Lungenkrankheiten wie chronischen Husten und Atemnot hervorruft. Die mikroskopisch kleinen Feinstaub-Partikel dringen tief in die Lunge und womöglich sogar in die Blutgefäße ein. Es gibt Hinweise darauf, dass sie dort zur Bildung von Plaques beitragen und dadurch das Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle erhöhen. Bislang ist unklar, inwieweit verschiedene Sorten von Feinstaubpartikeln – etwa Ruß, Sulfate, organische Stoffe oder mineralische Staubteilchen – unterschiedlich giftig sind.
Die wissen also gar nicht genau, ob Feinstaub tatsächlich zu Herzinfarkten/Schlaganfällen beiträgt (von "ursächlich" ganz zu schweigen) und können auch keine Aussage darüber machen, welche Arten von von Feinstaubpartikeln wie gefährlich sind.
Können aber trotzdem ganz konkret sagen, welche Branche wie viele Feinstaub-Tode zu verantworten hat.
Klingt schlüssig...


Und zwei Monate später (https://forum.psiram.com/index.php?topic=14759.msg216140#msg216140):

Zitat von: RächerDerVerderbten am 08. August 2017, 19:28:00
Langsam kann man die katastrophistischen Meldungen des Tages im Zehnerpack posten, weniger Aufwand.

[...]

ZitatKühe sind gefährlicher als Autos (ergibt sich aus dem Interview tatsächlich zwar nicht, aber egal...)

http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/diesel-skandal-kuehe-sind-gefaehrlicher-als-autos-15138548.html?GEPC=s6

*es gibt da so einen im Kreis rennenden Panik- Smiley*

Titel: Re: Die PM2,5-Feinstaubtoten der Max-Planck-Gesellschaft
Beitrag von: ZKLP am 08. November 2017, 13:39:44
Nun geht es in die nächste Runde:

Zitat von: https://www.atmos-chem-phys.net/17/12813/2017/acp-17-12813-2017.htmlImpact of agricultural emission reductions on fine-particulate matter and public health
Andrea Pozzer et al.
Atmos. Chem. Phys., 17, 12813-12826, 2017
https://doi.org/10.5194/acp-17-12813-2017

Aus der zugehörigen Pressemeldung der MPG, bei der Andrea Pozzer tätig ist:

Zitat von: https://www.mpg.de/11663357/feinstaubbelastung-aus-duengerSo würde eine europaweite NH3-Reduktion um 50 Prozent die PM2,5 Sterblichkeitsrate um fast 20 Prozent verringern, sodass etwa 50.000 Todesfälle pro Jahr vermieden werden könnten.

Interessant finde ich in diesem Zusammenhang folgenden Absatz aus der Originalstudie:

Zitat von: https://www.atmos-chem-phys.net/17/12813/2017/acp-17-12813-2017.pdfIt must be emphasized that, although many epidemiological studies have linked long-term PM2.5 exposure to public health outcome, it is yet unclear whether any particular aerosol components and/or source categories are predominantly responsible for air-pollution-related mortality. The debate is open and firm conclusions of a specific relationship have not been reached (Harrison and Yin, 2000; Reiss et al., 2007), although it is expected that some aerosol components may be more toxic than others (Shiraiwa et al., 2012; Mar et al., 2006; Ito et al., 2006).

Die beiden letzten Referenzen wurden übrigens aufgrund des folgenden Reviewkommentars eingefügt:

Zitat von: https://www.atmos-chem-phys-discuss.net/acp-2017-390/acp-2017-390-RC2.pdf(3) The epidemiological studies did find the secondary inorganic aerosols [dazu gehört auch der hier thematisierte Feinstaub aus Ammoniakemissionen (http://www4.lubw.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/18790/)] could have negligible effects on human health, it is better the authors reword it, Line 12, Page13. . The references: Mar TF et al., PM source apportionment and health effects. 3. Investigation of inter-method variations in associations between estimated source contributions of PM2.5 and daily mortality in Phoenix, AZ. JOURNAL OF EXPOSURE SCIENCE AND ENVIRONMENTAL EPIDEMIOLOGY 2006(16), 311–320.; Ito K et al. PM source apportionment and health effects: 2. An investigation of intermethod variability in associations between source-apportioned fine particle mass and daily mortality in Washington, DC. JOURNAL OF EXPOSURE SCIENCE
AND ENVIRONMENTAL EPIDEMIOLOGY 2006(16), 300âA?T310).
(Hervorhebung von mir.)

Wie man unter solchen Voraussetzungen konkrete Zahlen zur Sterblichkeit veröffentlichen kann, ist mir schleierhaft.  :skeptisch:

---------------------------
Am Rande:
Das UBA beziffert den Anteil der Landwirtschaft (für rund 95% (https://www.umweltbundesamt.de/daten/luftbelastung/luftschadstoff-emissionen-in-deutschland/ammoniak-emissionen#textpart-1) der deutschen Ammoniak-Emissionen verantwortlich) am PM2,5-Feinstaub auf rund 10% (https://www.umweltbundesamt.de/daten/luftbelastung/luftschadstoff-emissionen-in-deutschland/emission-von-feinstaub-der-partikelgroesse-pm25#textpart-1).
Titel: Re: Die PM2,5-Feinstaubtoten der Max-Planck-Gesellschaft
Beitrag von: alliance1979 am 24. November 2017, 16:25:35
Air pollution and public health: emerging hazards and improved understanding of risk

https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4516868/


Fine particle components and health—a systematic review and meta-analysis of epidemiological time series studies of daily mortality and hospital admissions

https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4335916/

Ganz allgemein. Ich würde mir etwas mehr Sachlichkeit wünschen. :)

MfG

Titel: Re: Die PM2,5-Feinstaubtoten der Max-Planck-Gesellschaft
Beitrag von: Peiresc am 24. November 2017, 18:02:27
Zitat von: alliance1979 am 24. November 2017, 16:25:35
Ganz allgemein. Ich würde mir etwas mehr Sachlichkeit wünschen. :)

Ich habe mich bisher noch nicht intensiv mit diesen (und anderen, ähnlich gelagerten) Themen befasst und versuche mal, meine vorläufigen Unklarheiten unklar hierher zu setzen:

1.   Bei Verkehrsunfalltoten oder Toten durch Schusswaffen ist alles klar. Die kann man zählen. Ohne Verkehrsunfall hätte es sie nicht gegeben, das kann man auf den Totenschein schreiben, bildlich gesprochen. Bei den ,,Feinstaubtoten" ist das aber überhaupt nicht klar, das sind sozusagen rein rechnerische, unsinnliche, Abstrakt-Tote.
2.   Je geringer diese, sagen wir, Exzess-Sterblichkeit über der ,,Normal-Sterblichkeit" liegt, um so unsicherer, zweifelhafter, inkonsistenter werden die epidemiologischen Ergebnisse sein, denn die unumgänglichen Schätzungen, Hilfsannahmen fallen umso mehr ins Gewicht. Die mathematische Exaktheit kann nur so gut wie das Ausgangsmaterial sein. Ich entsinne mich, vor kurzem erfahren zu haben, dass der Genuss von rotem Fleisch jährlich weltweit 30.000 Menschen umbringt, aber ich entsinne mich nicht gelesen zu haben, wieviele Menschen überhaupt auf der Welt jährlich sterben. Und je geringer diese Exzess-Sterblichkeit ist, um so aufwändiger wird ihre Bekämpfung sein; hier gibt es unausweichlich auch eine Kosten-Nutzen-Rechnung, ob nun implizit oder – besser – explizit. Man kann nicht damit zufrieden sein, ein Risiko von ,,1.30% (95% CI: 0.17%, 2.43%)" festgestellt zu haben.
3.   In der klinischen Medizin gelten gewisse Regeln, nach denen Korrelationen für Kausalitäten gehalten werden dürfen (die Bradford-Hill-Kriterien (https://en.wikipedia.org/wiki/Bradford_Hill_criteria)). Sie sind einst klar herausgearbeitet worden, inzwischen aber begraben und vergessen.
4.   The proof of the pudding ist die Interventionsstudie. Es ist in der Medizin nicht ganz selten, dass die Bekämpfung von Ursachen, an die man aufgrund von epidemiologischen Studien felsenfest geglaubt hat, versagt hat.

ZitatThe association game has three possible outcomes: positive association, negative association, or no association. As any of these three outcomes are generally deemed to be 'interesting', 'controversial', or 'in need of further research', they all get published. 'No association' is an uncommon outcome, since in most studies at least 'a tendency towards' a positive or negative association can be shown.

[Petr Skrabanek: RISK-FACTOR EPIDEMIOLOGY: SCIENCE OR NON-SCIENCE?]
usw.
Titel: Re: Die PM2,5-Feinstaubtoten der Max-Planck-Gesellschaft
Beitrag von: alliance1979 am 30. November 2017, 23:31:07
Moinsen. X Tote pro Jahr, ist keine sonderlich wissenschaftliche Aussage. Damit möchte man in erste Linie Politik und Bevölkerung Beindrucken. Es wäre rein wissenschaftlich deutlich sinnvoller von durchschnittlich verlorener Lebenszeit zu sprechen. Wobei man natürlich berücksichtigen muss, das auch so eine Aussage Ihre Tücken hätte.

Einen Asthmatiker trifft die Feinstaubbelastung logischerweise deutlich härter, als einen gesunden Menschen, Städter kostet es mehr Lebenszeit als Menschen die auf dem Land leben.

MfG
Titel: Re: Die PM2,5-Feinstaubtoten der Max-Planck-Gesellschaft
Beitrag von: Sauropode am 30. November 2017, 23:36:02
Zitat von: alliance1979 am 30. November 2017, 23:31:07

Städter kostet es mehr Lebenszeit als Menschen die auf dem Land leben.


Das stimmt so nicht, denn auch die Landwirtschaft wird als Feinstaubquelle ausgemacht.

http://www.spektrum.de/news/studie-zu-feinstaub-aus-der-landwirtschaft-guelle-und-viehhaltung/1515319

Titel: Re: Die PM2,5-Feinstaubtoten der Max-Planck-Gesellschaft
Beitrag von: Schwuppdiwupp am 01. Dezember 2017, 18:44:31
 :Opa: Wir werden alle sterben! :kaffee
Titel: Re: Die PM2,5-Feinstaubtoten der Max-Planck-Gesellschaft
Beitrag von: alliance1979 am 16. Dezember 2017, 04:06:13
Zitat von: Sauropode am 30. November 2017, 23:36:02
Zitat von: alliance1979 am 30. November 2017, 23:31:07

Städter kostet es mehr Lebenszeit als Menschen die auf dem Land leben.


Das stimmt so nicht, denn auch die Landwirtschaft wird als Feinstaubquelle ausgemacht.

http://www.spektrum.de/news/studie-zu-feinstaub-aus-der-landwirtschaft-guelle-und-viehhaltung/1515319

Erst einmal danke für den Link :). Sehr lesenswert.
Grundsätzlich halte ich an meiner Aussage aber fest, denn die Feinstaubwerte sind in Städten deutlich höher als auf dem Land. Trotz Landwirtschaft.

http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/luftverschmutzung-2016-zahlreiche-staedte-ueberschreiten-grenzwert-a-1132445.html

MfG
Titel: Re: Die PM2,5-Feinstaubtoten der Max-Planck-Gesellschaft
Beitrag von: ZKLP am 16. Dezember 2017, 08:31:23
Zitat von: alliance1979 am 16. Dezember 2017, 04:06:13
Grundsätzlich halte ich an meiner Aussage aber fest, denn die Feinstaubwerte sind in Städten deutlich höher als auf dem Land. Trotz Landwirtschaft.

Ist der Faktor 4:3 bis 2:1 bei derart schwankenden Expositionen schon "deutlich höher"?  :gruebel

https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/publikation/long/3565.pdf
(http://fs5.directupload.net/images/171216/ej4utxxm.jpg)

Bei PM2,5 sieht es ähnlich aus. Interessant - gerade für die Asthmatiker unter uns  ;) - wären auch die Werte aus ausgewiesenen Luftkurorten.
Man sieht auch: Die absoluten Unterschiede zwischen Stadt und Land sind geringer geworden. Und dieser Trend dürfte sich auch nach 2008 fortgesetzt haben.

Letztendlich gilt aber auch hier: Ohne die Kenntnis über die Zusammensetzung des Feinstaubs und die jeweiligen gesundheitlichen Auswirkungen sind Aussagen wie "auf dem Land lebt es sich gesünder" recht gewagt.
Wer kann sagen, ob "biologischer" Feinstaub aus Ammoniakemissionen und aus Holzfeuerungen "besser" oder "schlechter" ist als Heizölruß und Reifenabrieb?
Titel: Re: Die PM2,5-Feinstaubtoten der Max-Planck-Gesellschaft
Beitrag von: Peiresc am 16. Dezember 2017, 09:11:55
Zitat von: alliance1979 am 30. November 2017, 23:31:07
Moinsen. X Tote pro Jahr, ist keine sonderlich wissenschaftliche Aussage. Damit möchte man in erste Linie Politik und Bevölkerung Beindrucken. Es wäre rein wissenschaftlich deutlich sinnvoller von durchschnittlich verlorener Lebenszeit zu sprechen. Wobei man natürlich berücksichtigen muss, das auch so eine Aussage Ihre Tücken hätte.
Es ist durchaus zweifelhaft, von "durchschnittlich verlorener Lebenszeit" zu sprechen, denn die Risiken werden sich ungleich auf die Bevölkerung verteilen. Und es gibt viel zu wenig handfeste Belege dafür, wie hoch diese Risiken wirklich sind. Wenn irgendetwas festgestellt wird, dann sind es Korrelationen, und mit denen ist es wie mit den Signifikanzen. Die Tatsache, dass es sie gibt, macht keine Aussage über ihre klinische Bedeutsamkeit. Mein Grundproblem (Korrelation vs. Kausalität) wird von einer veränderten Darstellung kaum berührt. Die Zahlen sind alles andere als intuitiv, ob ich sie nun als "Tote" oder als "durchschnittlichen Verlust an Lebenszeit" darstelle. Das liegt an ihrer Größenordnung.

ZitatEinen Asthmatiker trifft die Feinstaubbelastung logischerweise deutlich härter, als einen gesunden Menschen, Städter kostet es mehr Lebenszeit als Menschen die auf dem Land leben.
Das mag auf den ersten Blick plausibel sein, aber dafür hätte ich gern Belege - vor allem dann, wenn einschneidende Maßnahmen vorgesehen werden. Eine Begründung mit gefühltem Wissen finde ich schädlich.
Titel: Re: Die PM2,5-Feinstaubtoten der Max-Planck-Gesellschaft
Beitrag von: alliance1979 am 18. Dezember 2017, 00:51:00
Zitat
Ist der Faktor 4:3 bis 2:1 bei derart schwankenden Expositionen schon "deutlich höher"?  :gruebel
Man sieht auch: Die absoluten Unterschiede zwischen Stadt und Land sind geringer geworden. Und dieser Trend dürfte sich auch nach 2008 fortgesetzt haben.

(https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/358/bilder/entwicklung_pm10_0.png)

Hier ersteinmal die neusten Daten die ich dazu finden konnte.

ZitatLetztendlich gilt aber auch hier: Ohne die Kenntnis über die Zusammensetzung des Feinstaubs und die jeweiligen gesundheitlichen Auswirkungen sind Aussagen wie "auf dem Land lebt es sich gesünder" recht gewagt.
Wer kann sagen, ob "biologischer" Feinstaub aus Ammoniakemissionen und aus Holzfeuerungen "besser" oder "schlechter" ist als Heizölruß und Reifenabrieb?"

Ich werde mich mal stärker in die Studien zu dem Thema einlesen. Mal schauen was ich dazu finde.

MfG


Titel: Re: Die PM2,5-Feinstaubtoten der Max-Planck-Gesellschaft
Beitrag von: alliance1979 am 18. Dezember 2017, 01:09:19
Zitat
Es ist durchaus zweifelhaft, von "durchschnittlich verlorener Lebenszeit" zu sprechen, denn die Risiken werden sich ungleich auf die Bevölkerung verteilen.

Ich schrieb ja selber, das diese Aussage so seine Tücken hat.

Zitat
Und es gibt viel zu wenig handfeste Belege dafür, wie hoch diese Risiken wirklich sind. Wenn irgendetwas festgestellt wird, dann sind es Korrelationen, und mit denen ist es wie mit den Signifikanzen.

Also ich kenne bis jetzt nur Studien/Meta Analysen die diesbezüglich recht eindeutig ausgefallen sind. Wenn du da andere Quellen hast, bin ich offen für alles. Zwei hatte ich ja schon gepostet.

Zitat
Das mag auf den ersten Blick plausibel sein, aber dafür hätte ich gern Belege - vor allem dann, wenn einschneidende Maßnahmen vorgesehen werden. Eine Begründung mit gefühltem Wissen finde ich schädlich.

Wenn es eine gesundheitsschädliche Wirkung gibt, dann hat die Dosis automatisch einen Einfluss drauf ob und wie stark diese Wirkung ausfällt. Hat ein Wirkstoff eine gesundheitsbeeinträchtigende Wirkung, sind Personen bei den die Gesundheit bereits durch andere Faktoren beeinträchtigt wird, zwangsläufig anfälliger.
Warum sollte das ausgerechnet bei Feinstaub & Co. anders sein? Speziell dann, wenn die postulierte Wirkung da ansetzt, wo die Personen schon bereits beinträchtigt sind. Also Bronchien/Lunge/Immunsystem.

MfG
Titel: Re: Die PM2,5-Feinstaubtoten der Max-Planck-Gesellschaft
Beitrag von: Peiresc am 18. Dezember 2017, 16:36:41
[editiert]

Zitat von: alliance1979 am 18. Dezember 2017, 01:09:19Wenn es eine gesundheitsschädliche Wirkung gibt, dann hat die Dosis automatisch einen Einfluss drauf ob und wie stark diese Wirkung ausfällt.
Nein, formal durchaus nicht. Es könnte U-förmige Effekte geben oder protektive in niedrigen Dosisbereichen, schädigende in hohen Dosen. Ok, ist jetzt ein bisschen weit hergeholt und ohne Beleg, aber ,,automatisch" stimmt einfach nicht.

Zitat von: alliance1979 am 18. Dezember 2017, 01:09:19Hat ein Wirkstoff eine gesundheitsbeeinträchtigende Wirkung, sind Personen bei den die Gesundheit bereits durch andere Faktoren beeinträchtigt wird, zwangsläufig anfälliger.
Warum sollte das ausgerechnet bei Feinstaub & Co. anders sein? Speziell dann, wenn die postulierte Wirkung da ansetzt, wo die Personen schon bereits beinträchtigt sind. Also Bronchien/Lunge/Immunsystem.
Das genau ist mit Plausibilität gemeint.

Ein Beispiel: Vitamin D zur MS-Prophylaxe. Da gibt es klare Vorstellungen, epidemiologische Belege usw. Nur:
Zitat
Despite thousands of vitamin D studies published, including hundreds of reviews and meta-analyses, it is still uncertain if supplementation with vitamin D will have positive health effects, except for the skeleton. This cannot be answered by doing more observational studies as it is impossible to control for confounding factors and reverse causality.
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/28483601.
Anderes Beispiel. Homozystein hat eine klare Korrelation zu Schlaganfällen, und es ist leicht zu beeinflussen (Vit-B12-Gaben). Vor 2013 wäre man ein Crank gewesen, wenn man diesen Zusammenhang negiert hätte. Aber die Interventionsstudien mit B12 haben versagt.

Aber vielleicht stimmt's ja doch:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/28816120
So kompliziert kann das sein.

Was nun?

ZitatKopenhagen – Die Luftverschmutzung in Europa hat nach Berechnungen der Europäischen Umweltagentur (EEA) im Jahr 2014 zum vorzeitigen Tod von mehr als 520.000 Menschen geführt – mehr als 80.000 davon in Deutschland. Rund 400.000 dieser Todesfälle in Europa und etwa 66.000 in Deutschland ließen sich auf die Belastung durch Feinstaub zurückführen, teilte die EEA gestern mit. Stickoxide sind demnach für den Tod von knapp 13.000 Menschen in Deutschland verantwortlich.
[Deutsches Ärzteblatt]
Wie sind die auf die Zahlen gekommen?
Das sagt die EEA:
Zitat
https://www.eea.europa.eu//publications/air-quality-in-europe-2017
10.1 Methods used to assess health impacts
[...] The lowest concentration used to calculate the health impacts of a pollutant in a baseline scenario is referred to as the counterfactual concentration (C0)
[...]
C0 of 0 ?g/m3 has been used in the estimation of health?related impacts. That is, impacts have been estimated for the full range of observed concentrations, meaning all PM2.5 concentrations from 0 ?g/m3 upwards. The premature deaths attributable to PM2.5 can then be seen as those deaths that could have been avoided had concentrations been reduced to 0 ?g/m3 everywhere in Europe. This, however, is not necessarily a realistic assumption, given estimates of what the natural European background concentration may be and the availability of risk estimates, which are limited to the range of exposures observed in epidemiological studies. Therefore, to provide a sensitivity analysis, a C0 of 2.5 ?g/m3 has also been considered in this report. It corresponds to the lowest concentration found in populated areas (ETC/ACM, 2017b) and represents an estimate of the European background concentration.

Tabelle 10.1.

Germany: Premature deaths (a) bei C0 = 0: 66080, bei C0 = 2,5: 54180
Dazu (?) kommen aber wenigstens 12.000 bzw. 44.000 NO2-Tote und 2000 Ozon-Tote.

Wieviele Menschen sterben eigentlich überhaupt in Deutschland?
ZitatIm Jahr 2016 starben 911 000 Menschen

Zur Methodik der Umrechnung von Luftkonzentration in Tote heißt es bei der EEA nur:
ZitatThe demographic data and the health-related data were taken from the UN (2015c) and WHO (2017), respectively. The exposure-response relation and the population at risk have been selected in accordance with the recommendation given by the Health Risks of Air Pollution in Europe (HRAPIE) project (WHO, 2013b). A further description and details of the methodology are given by the ETC/ACM (2016c).
ETC/ACM (2016c) ist dies hier:
Zitathttp://acm.eionet.europa.eu/reports/ETCACM_TP_2016_5_AQ_HIA_methodology

To describe the health effect of long-term exposure to PM2.5, on total all-cause (natural) mortality in ages above 30 the recommended risk ratio (RR) of 1.062 for a 10 µg/m3 increase of PM2.5 (95% confidence interval is 1.040-1.083; Group A*) is used.
Aber wie ist man auf dieses Risiko gekommen?
ZitatDetails of the mapping procedures and the data used are described by Horálek et al (2016).
Horalek 2016? Hier:
Zitat
http://acm.eionet.europa.eu/reports/ETCACM_TP_2015_5_AQMaps2013
Dort wird die Feinstaubbelastung detailliert dargestellt. Über Morbidität/Mortalität finde ich nichts. Was mache ich falsch?
--------
Zitat von: alliance1979 am 18. Dezember 2017, 01:09:19
Also ich kenne bis jetzt nur Studien/Meta Analysen die diesbezüglich recht eindeutig ausgefallen sind. Wenn du da andere Quellen hast, bin ich offen für alles. Zwei hatte ich ja schon gepostet.
In dem ersten in #2 genannten Review ist die erste genannte Studie zur Mortalität diese:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3404667/

Methodik
ZitatStudy population. The Harvard Six Cities study population has been previously described (Dockery et al. 1993). Briefly, adults were randomly sampled from six cities in the eastern and midwestern United States between 1974 and 1977 [...] Mortality follow-up. Vital status and cause of death were determined by searching the National Death Index (NDI) for calendar years 1979–2009.
Ergebnisse
ZitatStudy population. The 8,096 participants were 25–74 years of age at enrollment [...] Overall, PM2.5 concentration decreased during the study period [...] Association between PM2.5 and mortality. Each 10-µg/m3 increase in PM2.5 was associated with a 14% increased risk of all-cause death

(https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3404667/bin/ehp.1104660.g001.jpg)

Also: Über einen Zeitraum von 30 Jahren hat die Luftverschmutzung wie auch die Sterblichkeit in 6 Städten der USA abgenommen. Das ist eine Korrelation. Aber die ,,14% Zunahme [korrekt müsste es heißen: Abnahme] der Mortalität je 10 µg/m3" sind ein rein historischer Vergleich. Es ist dann vorsichtig i. S. einer Kausalität interpretierbar, wenn sich ansonsten in diesen Städten außer der Feinstaubbelastung über 30 Jahre nichts geändert hat, nicht der Lebensstil, nicht die Exposition gegenüber anderen Stoffen z. B. in den Produktionsbetrieben, nicht die soziale oder ethnische Schichtung der Bevölkerung, nicht die Zusammensetzung der Feinstaubbelastung, nicht die medizinische Prophylaxe und Behandlung von Krankheiten usw.

Diskussion.
ZitatThe Netherlands Cohort Study on Diet (NLCS–Air) in Europe (Beelen et al. 2008b), the Adventist Study (McDonnell et al. 2000), and the male Health Professionals Follow-up Study in the United States (Puett et al. 2011) did not show statistically significant associations between PM2.5 and all-cause mortality.
Anschließend werden noch einige positive Studien erwähnt. Das ist der Lauf der Welt, vgl. Skrabanek, zit. in #3.
Titel: Re: Die PM2,5-Feinstaubtoten der Max-Planck-Gesellschaft
Beitrag von: Werek am 18. Dezember 2017, 20:09:44
Dazu kann man gerne auch mal die Unstatistik des Monats vom RWI anschauen:

http://www.rwi-essen.de/unstatistik/74/ (http://www.rwi-essen.de/unstatistik/74/)
Titel: Re: Die PM2,5-Feinstaubtoten der Max-Planck-Gesellschaft
Beitrag von: alliance1979 am 24. Dezember 2017, 01:06:14
@ Peiresc

Danke für die Mühe. Ich werde mir das ganze in Ruhe einmal anschauen.  :grins2:

MfG
Titel: Re: Die PM2,5-Feinstaubtoten der Max-Planck-Gesellschaft
Beitrag von: Peiresc am 24. Dezember 2017, 08:57:06
Zitat von: alliance1979 am 24. Dezember 2017, 01:06:14
Ich werde mir das ganze in Ruhe einmal anschauen.  :grins2:

Ich bin gespannt, wirklich.  :2thumbs:

Ich bilde mir nicht ein, die Philosophie dahinter zu durchschauen. Es gibt eine Reihe von Fragen, die ich unberührt gelassen habe. Die folgenden Überlegungen sind noch ganz ins Unreine, vorläufig, und könnten bestenfalls als Arbeitshypothesen gelten.

Ich habe mich auf einen kleinen aber wichtigen Ausschnitt der Problematik beschränkt: den Einfluss der PM 2,5 auf die Sterblichkeit, und auch da nur auf ein – ich vermute aber, repräsentatives – Beispiel. Ich kann mir nur schlecht eine Methodik vorstellen, mit der man die Sterblichkeit mit der Feinstaubbelastung anders als beschrieben abgleichen kann. Wenn Du da einen Hinweis findest, gerne.

Wenn man mal in die Horalek-Arbeiten schaut, insbesondere
http://acm.eionet.europa.eu/reports/ETCACM_TP_2015_5_AQMaps2013
dann sieht man da einen Haufen höchst eindrucksvoll differenzierter Karten über die Feinstaubbelastung in Europa. Aber die sind weitgehend mathematisch extrapoliert: in Deutschland gibt es nur insgesamt ca. 180 Messstationen, ist mir irgenwo untergekommen. Die ,,Cluster" müssen also riesig sein, und reale Unterschiede, die man mit der Sterblichkeit abgleichen könnte, sind vielleicht verwischt. Da kann man nur global sein.

Die Autoren von
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3404667/
behaupten, dass sie die konfundierenden Variablen mathematisch eliminieren konnten:
ZitatOur results were adjusted for baseline factors [...] More specifically, it has been shown that results were robust to alternative model specifications, alternative metrics of PM2.5, and adjustment for individual and ecological risk factors such as occupational exposures and socioeconomic variables (Krewski et al. 2005a, 2005b).
Ich zweifle nicht, dass es Formeln gibt, in die man Zahlen einsetzen kann. Aber den Einfluss von ,,unmeasured factors such as occupational exposures or medication use" (an dieser Stelle ist die Diskussion außerordentlich knapp) kann man nur schätzen – oder ignorieren. Selbstverständlich kann man eine Fehlerrechnung auf 8 Stellen hinterm Komma präzise machen, auch wenn das Messgerät nur eine Genauigkeit von 1 Stelle vor dem Komma hat.

In der EEA-Zusammenfassung werden die errechneten ,,Feinstaub-Toten", die ,,NO2-Toten" und Ozon-Toten einfach aufaddiert. Wenn letztere aber mit der gleichen Methodik ermittelt wurden, dann sind sie in den Feinstaubtoten schon drin und werden schlicht doppelt gezählt. 
Titel: Re: Die PM2,5-Feinstaubtoten der Max-Planck-Gesellschaft
Beitrag von: Peiresc am 29. Dezember 2017, 19:59:19
Hier noch eine aktuelle Ansicht, die mindestens gelegentliches Studien-Tieftauchen gerechtfertigt erscheinen lässt:

ZitatSuffice it to recall the explosion of superficial and short-lived correlations in biomedical research and in social studies, particularly after software packages for correlation analysis arrived in the market ca. 1970. Using such devices, almost anyone can now study the linear correlation between any two variables picked at random. This is why the biomedical literature keeps swelling with the addition of weak and often short-lived papers purporting to prove that this substance or that activity is a "risk factor" for a given medical "condition."

Such is the kind of paper read by the normative social epidemiologists who design the sanitary policies adopted by public-health authorities. Thus our state of health is increasingly in the hands of biostatisticians who are not interested in the chemical, biological, or social mechanisms underneath the said correlations. Worse, many of these results turn out to be spurious: "most published research findings [in biomedical research] are false" (Ioannidis 2005). This result should not have surprised anyone given underlying empiricist assumption, that scientific research consists in data finding and processing — a byproduct of the computer cult.

- Mario Bunge: Doing Science In the Light of Philosophy. New Jersey : World Scientific, 2016 [2017], Abschnitt 3.6 The Computer's Roles
Titel: Re: Die PM2,5-Feinstaubtoten der Max-Planck-Gesellschaft
Beitrag von: ZKLP am 16. April 2018, 09:02:37
https://twitter.com/Karl_Lauterbach/status/985452055706783744
(http://fs1.directupload.net/images/180416/b6g64p9h.jpg)

Tatsächlich liest sich ja schon der Teaser des SpOn-Artikels (http://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/alzheimer-forschung-demenz-durch-feinstaub-a-1202951.html), der sich auf EINE (!) Studie aus Mexiko-Stadt (https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0013935118301439) bezieht, um einiges differenzierter.

Aber wen interessiert das schon, wenn man mit der einzig wahren Wahrheit: Feinstaub->Alzheimer doch so schön Politik machen kann?  ::)
Titel: Re: Die PM2,5-Feinstaubtoten der Max-Planck-Gesellschaft
Beitrag von: Peiresc am 16. April 2018, 10:16:23
Eigentlich unglaublich, dass ein Fachmann einen derartigen, auf den ersten Blick erkennbaren Stuss von sich gibt. Es ist schon a priori ausgeschlossen, dass Feinstaub "Alzheimer bei Kindern" verursacht.

Alzheimer ist eine definierte pathoanatomische Diagnose, ihr Symptom ist die Demenz. Ein dementielles Syndrom könnte durch verschiedene Erkrankungen verursacht werden; selbst wenn Feinstaub eine Demenz machen würde, wäre das noch lange kein Alzheimer. Selbst die Diagnose einer Demenz wäre bei Kindern vollkommen ungewöhnlich. Man würde durch Hirnerkrankung verursachte psychopathologische Störungen nicht als "Demenz" bezeichnen, weil sie sich im Regelfall als Entwicklungsverzögerungen manifestieren.

Beispiel,
Zitatwir gehen davon aus, dass etwa 5 von 100.000 neugeborenen Kindern irgendwann in der Kindheit oder Jugend eine Demenz entwickeln. Bei 660.000 Geburten im Jahr, die wir in Deutschland aktuell haben, wären das 33 betroffene Kinder pro Jahr.  Wichtig zu wissen: Diese Kinder gelten anfangs als gesund, bis sie irgendwann in der Säuglings-, Kleinkind-, Schul- bzw. Jugendzeit beginnen, abzubauen und alles, was sie konnten, zu verlernen.

Medscape Deutschland: Die Diagnose bei Kindern mit ausgeprägter Demenz lautet meist Neuronale Ceroid-Lipofuszinose. Diese neurodegenerative Erkrankung wird autosomal-rezessiv vererbt und nicht heilbar
https://deutsch.medscape.com/artikel/4901452

PS. Ich habe mir das Abstrakt der angegebenen Studie angesehen. Sie referiert eine Alzheimer-Pathologie (keine klinische Symptomatik), aber sie scheint unkontrolliert zu sein.
:muel
Titel: Re: Die PM2,5-Feinstaubtoten der Max-Planck-Gesellschaft
Beitrag von: Schwuppdiwupp am 16. April 2018, 19:29:08
Ich finde ja, dass Privatfernsehen, Internet und Smart-Phones Demenz bei Kindern und Erwachsenen erzeugen und deshalb verboten gehören. :Aluhut:

:grins:
Titel: Re: Die PM2,5-Feinstaubtoten der Max-Planck-Gesellschaft
Beitrag von: celsus am 16. April 2018, 19:40:20
Zitat von: Schwuppdiwupp am 16. April 2018, 19:29:08
Ich finde ja, dass Privatfernsehen, Internet und Smart-Phones Demenz bei Kindern und Erwachsenen erzeugen und deshalb verboten gehören. :Aluhut:

:grins:

Wusste schon Herr Spitzer. Isso.
Titel: Re: Die PM2,5-Feinstaubtoten der Max-Planck-Gesellschaft
Beitrag von: Sauropode am 16. April 2018, 19:49:58
Zitat von: celsus am 16. April 2018, 19:40:20
Zitat von: Schwuppdiwupp am 16. April 2018, 19:29:08
Ich finde ja, dass Privatfernsehen, Internet und Smart-Phones Demenz bei Kindern und Erwachsenen erzeugen und deshalb verboten gehören. :Aluhut:

:grins:

Wusste schon Herr Spitzer. Isso.

Wer war das nochmal? Kann mich nicht erinnern!  :Aluhut:
Titel: Re: Die PM2,5-Feinstaubtoten der Max-Planck-Gesellschaft
Beitrag von: ZKLP am 17. Januar 2019, 19:09:21
https://www.tagesschau.de/inland/feinstaub-landwirtschaft-101.html
ZitatDie Zahl der vorzeitigen Todesfälle durch Feinstaubbelastung ist offenbar viel höher als bisher angenommen. Das besagt eine bisher unveröffentlichte Studie des Mainzer Max-Planck-Instituts für Chemie, über die das ARD-Magazin Monitor berichtet. Demnach sterben in Deutschland pro Jahr nahezu 120.000 Menschen vorzeitig durch Feinstaub - fast doppelt so viele wie bisher angenommen.

Warum nur reicht schon die Phrase "bisher unveröffentlichte Studie", um bei mir Bullshit-Alarm auszulösen?  ::)
Titel: Re: Die PM2,5-Feinstaubtoten der Max-Planck-Gesellschaft
Beitrag von: Sauropode am 17. Januar 2019, 19:31:02
Ich habe ein Problem mit der Kausalität der Fälle. Steht das denn im Totenschein? Exitus durch Feinstaubinhalation? Wie kommt denn die Zahl zustande? Wie sieht konkret die Schadwirkung aus und wie unterscheidet man das von anderen Faktoren? Ich bin da auch skeptisch.

Titel: Re: Die PM2,5-Feinstaubtoten der Max-Planck-Gesellschaft
Beitrag von: alliance1979 am 17. Februar 2019, 07:44:24
Naja...Ich glaube das auf so einem Totenschein auch noch nie Snickers oder Sahnetorte gestanden hat....

Soweit ich aber verstanden habe, verschieden epidemilogische Studien.
Gelesen habe ich aber nur die Ergebnisse. Mit dem Inhalt (Methodik usw.) habe ich mich (immer noch) nicht befasst.

Mir reicht da die Recht breite Front an Wissenschaftlern, die hinter diesen Studien stehen.

MfG
Titel: Re: Die PM2,5-Feinstaubtoten der Max-Planck-Gesellschaft
Beitrag von: Peiresc am 17. Februar 2019, 08:57:45
Zitat von: alliance1979 am 17. Februar 2019, 07:44:24
Mir reicht da die Recht breite Front an Wissenschaftlern, die hinter diesen Studien stehen.

Was mein Problem mit der breiten Front an Wissenschaftlern ist, hatte Mario Bunge einst so zusammengefasst:
ZitatANALYSIS OF VARIANCE Analysis of the variance (scatter around the average) of a trait in a population. Standard abbreviation: ANOVA. Widely believed to point to causal factors — as when it is stated that heredity "explains" 80 percent of the variance in the IQ of a human population, the remaining 20 percent being due to (caused by) random environmental factors. This belief is wrong, because a variance (or "variability") need not result from any variation of a property over time or space, such as an acceleration or a density gradient. Therefore, no statistical analysis of an array of observational data can establish causation. Two traits can be associated (e.g., statistically correlated) more or less strongly, but no trait, such as the possession of a certain gene, can cause another trait. Only experiment can establish causation, by checking the effect of actual changes (variations) in the values of the independent variable(s) upon the dependent one.

Mario Bunge: Philosophical Dictionary, 2003.
Titel: Re: Die PM2,5-Feinstaubtoten der Max-Planck-Gesellschaft
Beitrag von: Scipio am 17. Februar 2019, 10:58:29
Zum Verständnis würde ich gerne mal die Frage aufwerfen, wie man denn genau feststellt, dass durch Feinstaub Menschen eher Sterben? Ich frage mich das deswegen, weil ja auf Menschen eine ganze Reihe an Faktoren einwirken, die sich negativ auf die Gesundheit auswirken. Wie stellt man da fest, welcher Faktor welche Wirkung hat?
Titel: Re: Die PM2,5-Feinstaubtoten der Max-Planck-Gesellschaft
Beitrag von: Peiresc am 17. Februar 2019, 11:59:00
Zitat von: Scipio am 17. Februar 2019, 10:58:29
Zum Verständnis würde ich gerne mal die Frage aufwerfen, wie man denn genau feststellt, dass durch Feinstaub Menschen eher Sterben? Ich frage mich das deswegen, weil ja auf Menschen eine ganze Reihe an Faktoren einwirken, die sich negativ auf die Gesundheit auswirken. Wie stellt man da fest, welcher Faktor welche Wirkung hat?

Das, finde ich, ist genau die richtige Frage. Sie sollte von Journalisten gestellt werden, und die Wissenschaftler sollten sich mit der Antwort in den Vordergrund drängen (statt mit überheblichen ad-personams, pensionierte Trottel und so). Aber ich will mich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen: vielleicht läuft das auch, und ich bin nur nicht engagiert genug, um von den Antworten viel mitzukriegen.
Titel: Re: Die PM2,5-Feinstaubtoten der Max-Planck-Gesellschaft
Beitrag von: LaDeesse am 17. Februar 2019, 12:08:59
Prof. Wichmann kam dazu in seiner Expertise (einer Sichtung von Expertenmeinungen) anders als im Falle von NO2 zu einem klaren Ergebnis:
Zitat"In  Hinblick auf Langzeiteffekte geht ein Anstieg des Feinstaubs (PM2,5) linear mit einer Anstieg der vorzeitigen Mortalität oder der verkürzten Lebenserwartung einher. Umgekehrt ist von einem Rückgang der Mortalität bei Reduktion der Feinstaubbelastung auszugehen."
https://vm.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/m-mvi/intern/Dateien/PDF/PM_Anhang/Luftreinhaltung_Wichmann_2018_Risiken_Stickstoffdioxid_Expertise.pdf
Titel: Re: Die PM2,5-Feinstaubtoten der Max-Planck-Gesellschaft
Beitrag von: Sauropode am 17. Februar 2019, 13:22:59
Zitat von: alliance1979 am 17. Februar 2019, 07:44:24
Naja...Ich glaube das auf so einem Totenschein auch noch nie Snickers oder Sahnetorte gestanden hat....

Soweit ich aber verstanden habe, verschieden epidemilogische Studien.
Gelesen habe ich aber nur die Ergebnisse. Mit dem Inhalt (Methodik usw.) habe ich mich (immer noch) nicht befasst.

Mir reicht da die Recht breite Front an Wissenschaftlern, die hinter diesen Studien stehen.

MfG

Ich habs plakativ geschrieben. Wenn man postuliert, irgendetwas bewirkt eine verringerte Lebenserwartung, will ich wissen, wie sich bspw. Feinstaub konkret auf den Körper auswirkt. Physiologisch und biochemisch, auf welche Organe. Wirkmechanismus usw. Kann man da keine Erkärung liefern, bleibt es erstmal bei einer Korrelation.

Also so in der Art:
Verzehr von Knollenblätterpilzen -> vorzeitiges Ableben = Korrelation
Verzehr von Knollenblätterpilzen-> Hemmung der DNA-abhängige RNA-Polymerase II der Leberzellen durch die Amatoxine ->Leberversagen –>Tod = Kausalität

Titel: Re: Die PM2,5-Feinstaubtoten der Max-Planck-Gesellschaft
Beitrag von: Sauropode am 19. Februar 2019, 08:18:22
Ohje, wir werden alle sterben....

ZitatEinen Sonntagsbraten zuzubereiten kann mehr Luftverschmutzung in Innenräumen verursachen, als dichter Verkehr in Großstädten. Zu diesem Ergebnis kommen Wissenschaftler der University of Colorado in Boulder. Wer Fleisch und Gemüse brät oder einen Gasherd verwendet, atmet demnach möglicherweise mehr gesundheitsschädigenden Feinstaub ein als an einer Hauptverkehrsstraße vorherrscht.

http://www.haz.de/Nachrichten/Wissen/Uebersicht/Luftverschmutzung-Sonntagsbraten-ist-schlimmer-als-Verkehr-in-Delhi
Titel: Re: Die PM2,5-Feinstaubtoten der Max-Planck-Gesellschaft
Beitrag von: alliance1979 am 19. Februar 2019, 08:31:42
@ Peiresc

Ich versuche meine Sichtweise mal etwas auszuformulieren. Ich bin bezüglich Naturwissenschaften ein mäßig gut belesener und informierter Laie.
Die Welt komplex, es gibt viele Forschungsgebiete und meine Zeit ist begrenzt.
Deshalb setze ich mich bei bestimmten Themen schlicht ins Fahrwasser der führenden Experten und belasse es auch dabei. Alles was ich dann noch mache, ist ein paar Studien & Metaanalyse zu überfliegen, nach den Experten zu googeln wie oft sie zitiert werden und ob ich peer reviewed Fachartikel finden, die Studien, Metaanalysen und Experten kritisieren.

Eigentlich ist das schon mit relativ viel Aufwand verbunden.

Bei diesem Thema kommt noch der sozioökonomische Aspekt zum Tragen.

Die Grenzwerte wurden vor sehr vielen Jahren festgesetzt, haben sehr großzügige Ausnahmeregelungen, die eigentliche Roadmap der Grenzwerte wurde immer wieder verschoben und es existiert eine sehr große Lobby, die ein sehr großes Interesse an hohen Grenzwerten hat.

Historisch betrachtet hatten wir schon häufig eine solche Konstellation. Clair Cameron Patterson kontra Blei, die globale Erwärmung oder der Themenkomplex Asbest wären dafür schöne Beispiele.

Ist es aber möglich, das die Wissenschaft einen oder mehrere Fehler begangen hat? Klar.
Ist es möglich, dass eine eigentlich schwächere Lobby ihre Agenda durchdrückt, weil das Thema emotional aufgeladen ist? Klar.

Am Ende ist es also durchaus möglich, das meine Position beim Thema Feinstaub Fehlerhaft ist, weil sie auf falschen Daten oder Annahmen beruhen.
Ich halte das aber für wahrscheinlicher als die Gegenmeinung.

Das Journalisten hier für Aufklärung sorgen, sehe ich persönlich noch nicht. Die Journalisten sind meist auch nur Laien auf den jeweiligen Gebieten. Und die wenigen Wissenschaftsjournalisten, denen ich genug Expertise unterstelle, haben sich relativ klar positioniert.

Ich möchte betonen, das ich eure Fragen aber durchaus nachvollziehen kann und als berechtigt empfinde und ich muss deutlich einräumen, das ich mich in diesem Punkt auch irren kann.

@ Sauropode

Soweit ich weiß gibt es auch toxikologische Studien zu dem Thema. Und Kausalität/Korrelation ist immer ein Thema. Mit dem entsprechenden Studiendesign kann man das Problem aber auch umschiffen.
Ob dies aber wirklich gelungen ist, dazu fehlt mir einfach die Expertise. Ich habe es wirklich versucht mich da einzulesen und das ganze zu bewerten. Ich bin damit schlicht gescheitert.

MfG
Titel: Re: Die PM2,5-Feinstaubtoten der Max-Planck-Gesellschaft
Beitrag von: Sauropode am 19. Februar 2019, 13:03:12
@Alliance,

auf rein epidemiologischer Ebene ist manches schwierig zu beurteilen. Sieht man auch an der Debatten um gesunde Ernährung. Cholesterin wird zB auch nicht mehr als DER Auslöser für Herz-Kreislauf-Erkrankungen gesehen, aber vielleicht ist er es doch? Früher war Fleisch ein Stück Lebenskraft, heute verursachte es Darmkrebs, usw.

Es ist nunmal so, dass das Leben lebensgefährlich ist und die Menschheit kann nicht emissionsfrei leben. Man kann vieles vermeiden oder mindern, ein Rest bleibt aber immer. Die Frage ist letztendlich, wie man damit umgeht.
Titel: Re: Die PM2,5-Feinstaubtoten der Max-Planck-Gesellschaft
Beitrag von: alliance1979 am 19. Februar 2019, 21:37:40
Ich würde das sofort Unterschreiben. Ich bin im übrigen auch gegen die Fahrverbote :). Glaube nämlich nicht, das diese etwas bringen werden.

MfF
Titel: Re: Die PM2,5-Feinstaubtoten der Max-Planck-Gesellschaft
Beitrag von: ZKLP am 21. November 2020, 10:07:29
https://www.deutschlandfunknova.de/beitrag/luftverschmutzung-feinstaub-ist-nicht-gleich-feinstaub

ZitatForschende aus der Schweiz sagen aber jetzt: Es reicht nicht aus, nur zu messen wie viel Feinstaub in der Luft ist. Es könnte auch entscheidend sein, aus welchen Stoffen er besteht.

Nein! Doch! Oh!   :facepalm

Titel: Re: Die PM2,5-Feinstaubtoten der Max-Planck-Gesellschaft
Beitrag von: Sauropode am 21. November 2020, 10:13:34
Zitat von: ZKLP am 21. November 2020, 10:07:29
https://www.deutschlandfunknova.de/beitrag/luftverschmutzung-feinstaub-ist-nicht-gleich-feinstaub

ZitatForschende aus der Schweiz sagen aber jetzt: Es reicht nicht aus, nur zu messen wie viel Feinstaub in der Luft ist. Es könnte auch entscheidend sein, aus welchen Stoffen er besteht.

Nein! Doch! Oh!   :facepalm

Ach!? (https://www.youtube.com/watch?v=sFfa43ul8lQ)