Hallo alle zusammen
BWL wird in der FOS gerne als (Wirtschafts-)Wissenschaft bezeichnet, doch kann man BWL wirklich als Wissenschaft betrachten?
Bei der Definition von Wissenschaft beziehe ich mich hier mal auf Celsus folgende Definition von (Natur-)Wissenschaften im Astrodicticum Simplex-Blog, da diese am ehesten meinen Vorstellungen von einer Wissenschaft entspricht, ( http://scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2012/08/16/der-unterschied-zwischen-wissenschaft-und-pseudowissenschaft/ Unterpunkt Wissenschaft), jedoch kann es sein, da BWL in der FOS zu den Wirtschaftswissenschaften gezählt wird, welche wiederum zu den Geistes- und nicht den Naturwissenschaften zählen, hier eine andere Definition sinnvoller sein könnte:
Zitat von: CelsusDie wesentlichen Eigenschaften von (Natur-) Wissenschaften sind die Erweiterung des Wissens durch Forschung, also die methodische Suche nach neuen Erkenntnissen sowie deren Dokumentation und Veröffentlichung. Dieses systematisierte Wissen und dessen Grundlagen werden durch Lehre weitergegeben. Wissenschaft ist also systematisiertes Wissen, welches durch Beobachtung, Experiment und Überprüfung gewonnen wird, wobei die beobachteten Phänomene empirisch untersuchbar sein müssen. Wissenschaft stellt Fragen und prüft die möglichen Antworten auf ihre Richtigkeit. Das Ziel ist, allgemeingültige Gesetzmäßigkeiten zu finden und zu beschreiben. Damit das funktioniert und menschliche Fehler so weit wie möglich reduziert werden, ist ein umfassendes System gegenseitiger Kontrolle und die Offenlegung aller Methoden und Informationen notwendig. So werden Experimente und Erkenntnisse reproduzierbar und überprüfbar. Die direkte Umsetzung von Erkenntnissen in Verfahren oder Anwendungen soll nicht das oberste Ziel von Wissenschaft sein. Gerade in der Grundlagenforschung ist oft nicht erkennbar, wohin der Weg führt. Im Mittelpunkt steht die Erlangung neuen Wissens – auf der Basis bestehender Erkenntnisse.
Wenn ich diese Definition auf die schulische BWL anwende, komme ich eher zum Ergebnis, dass BWL keine Wissenschaft ist oder zumindest nicht als Wissenschaft gelehrt wird. So geht es in BWL, zumindest in der FOS, nicht um die "methodische Suche nach neuen Erkenntnissen sowie deren Dokumentation und Veröffentlichung", vielmehr basiert BWL eher darauf wirtschaftliche Entscheidungen anhand bestehender Kennziffern und Schemen zu treffen ohne dass diese Kennziffern und Schemen selber hinterfragt werden und nach neuen Erkenntnissen dazu geforscht wird.
Nach meinem bisherigen Wissensstand dazu kann ich mir zwar durchaus vorstellen, dass BWL grundsätzlich eine Wissenschaft sein könnte, zumindest wenn sie in der Realität auch dazu dient, neue Erkenntnisse im Bereich innerbetriebliche Zusammenhänge, zu gewinnen. In der FOS wird BWL jedoch nicht so vermittelt. Vielmehr wird dort ein Vorgabensystem vermittelt, wie betriebswirtschaftliche Entscheidungen getroffen werden sollen/müssen. Wie das im Studium ist, kann ich nicht genau sagen, da ich BWL nicht studiere und auch nicht vorhabe, es zu studieren. Hier kann ich mich nur auf das Gehörte und Gelesene zum BWL-Studium beziehen und was ich dazu gehört und gelesen habe, sagt mir eher, dass es sich um einen Auswendiglernstudiengang ohne empirische Erforschung betriebswirtschaftlicher Zusammenhänge handelt.
Wenn man sich also auf die Definition von Celsus bezieht und BWL doch in der Realität, genauso wie in der FOS vermittelt, ein festes Vorgabensystem ohne empirische Forschung ist, wäre BWL eigentlich, nach Celsus Definition keine Wissenschaft, jedoch zählt BWL, laut FOS, auch nicht zu den Naturwissenschaften sondern zu den Wirtschaftswissenschaften, welche mWn wiederum zu den Sozialwissenschaften zählen. Diese wiederum sind mWn Teil der Humanwissenschaften. Vielleicht unterscheidet sich die Definition von Humanwissenschaften sehr stark von der Definition von Naturwissenschaften, die sich nicht mit Teilaspekten des Menschen beschäfitgen, auch wenn ich hierzu ebenfalls gehört habe, dass auch Humanwissenschaften auf empirischer Forschung basieren. BWL erinnert mich aktuell jedoch eher an eine Pseudowissenschaft, die auf einem festen Vorgabensystem, welches nicht hinterfragt wird, basiert. Vielleicht ist das im Studium jedoch anders.
Was denkt ihr darüber? Gibt es hier im Forum evtl. jemanden, der BWL studiert bzw. studiert hat oder sich wegen anderen Gründen genauer damit beschäftigt hat und hierzu mehr und auch fundierteres Wissen besitzt, als ich?
Na ich denke mal BWL ist ein Teil d er Wirtschaftswissenschaften und keine Naturwissenschaft. Es muss ja auch Wissenschaftszweige geben die sich Thematiken annehmen die nicht einfach zu Verifizieren und zu falsifizieren sind (Ist ja öhnlich bei Medizin und Psychologie z.B.). Natürlich ist wenn etwas nicht direkt messbar bzw. nachpüfbar ist die Schwurbelgefahr grösser, ernstzunehmende Wissenschaft wird hier aber auch betrieben.
Zitat von: Belbo zwei am 09. September 2012, 16:32:57
Na ich denke mal BWL ist ein Teil d er Wirtschaftswissenschaften und keine Naturwissenschaft. Es muss ja auch Wissenschaftszweige geben die sich Thematiken annehmen die nicht einfach zu Verifizieren und zu falsifizieren sind (Ist ja öhnlich bei Medizin und Psychologie z.B.). Natürlich ist wenn etwas nicht direkt messbar bzw. nachpüfbar ist die Schwurbelgefahr grösser, ernstzunehmende Wissenschaft wird hier aber auch betrieben.
Stimmt. Wissenschaft heißt, sich einer Thematik mit wissenschaftlichen Methoden anzunehmen. Naturwissenschaftler meinen ja oft mit einer gewissen Überheblichkeit, die NaWis sind die einzigen "richtigen" Wissenschaften. Sind sie aber nicht. Da muß auch ich mich manchmal selbstkritisch sehen :-[
also BWL heisst ja auch ...LEHRE... ich hab das 2 Jahre Vollzeit gemacht und bin seit über 20 Jahren als DV-Spezialist für Betriebswirtsch. Software im Einsatz. Es mag keine Wissenschaft im NaWi Sinn sein - aber einfach zu sagen "ich mach mal" - das geht auch schnell in die Binsen (wer nichts wird wird Wirt.... - Stimmt leider zu oft).. Daher: solange man den Praxisbezug nicht aus den Augen verliert: ist BWL sehr wohl "wissenschaftlich"
Red mal mit Ulrich Berger.
Es behagt mir zwar nicht, aber BWL ist wohl schon Wissenschaft zu nennen. Schließlich gibt es da viele Bereiche, wo man mit Statistik - also Datenerhebung und -auswertung - weiterkommt. Außerdem müssen schließlich Investoren Unternehmen beurteilen, und sie sind seit Jahrhunderten an verlässlichen und belastbaren Informationen über ihre Investitionsziele interessiert.
Die praktische Seite der BWL hat also ganz und gar unesoterische Ziele und verlangt damit auch nach einer sauber falsifizierbaren Theorie.
Wenn aber der Erfolg betriebswirtschaftlicher Maßnahmen anhand des späteren Unternehmenserfolgs gemessen wird, wird es schnell unwissenschaftlich, weil prinzipiell die Reproduzierbarkeit nicht gegeben ist und ein starker Wahrnehmungsbias besteht. Wenn bspw. populärwissenschaftliche Bücher den Erfolg von google als Erfolg der dollen Unternehmenskultur bejubeln, ist das für mich Pseudowissenschaft. Pleiteunternehmen mit einer google ähnlichen Unternehmenskultur dürfte es dann ja nicht geben.
Leider kenne ich die aktuelle Forschung in Sachen BWL gar nicht. Persönlich wäre ich daran interessiert, wie sich der Unternehmenserfolg als Funktion der Anzahl Mitarbeiter und des Unternehmensalters darstellen lässt. Es scheint da Schwellen zu geben, typische Verläufe, soziologische Einflüsse wie Gruppendynamik und Generationenwechsel, vielleicht sogar Anzeichen bevorstehender Pleiten.
Und in Sachen VWL (die haben auch das Problem mit der Theoriebildung und der Reproduzierbarkeit) würde mich aktuell mal interessieren, ob die allseits beklagte wachsende "Schere zwischen Arm und Reich" nicht eine notwendige mathematische Folge von a) Friedenszeiten und b) höheren Zinsen für Investitionen ("Steuerschlupflöcher") gegenüber Spareinlagen, Lohnerhöhungsraten und Inflationsraten ist und damit völlig ohne die Annahme einer Jahrtausende alten Verschwörung der Reichen gegen die Armen auskommt. Schließlich wurde auch das biblische Mysterium von Jakobs Reichtum gegenüber Laban als mathematische Notwendigkeit entlarvt.
Ich würde diese Schere gern mal sehen, so richtig mit Grafen und Zahlen.
Ich höre und lese immer nur von der.
Ein Graf zu Bankenkrise und Rettungsschirm, das wär mal was ich steh da echt auf dem Sclauch, vorallem wenn noch Gsell ins Spiel kommt...
HIIIIIIIIIIIIIIILLLLLLLLLLLLLLFEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEE!
[/size]
OT:
Zitat von: Conina am 09. September 2012, 19:00:17
Ich würde diese Schere gern mal sehen, so richtig mit Grafen und Zahlen.
Ich höre und lese immer nur von der.
Z.B. hier: http://www.diw.de/documents/publikationen/73/93785/09-4-1.pdf . Das Phänomen selbst ist gewiss unstrittig.
Bei BWL und auch z.B. bei solchen Fächern wie Politikwissenschaft ist wohl das "Problem", dass es viel üblicher ist, dass normative Sachverhalte Teil der wissenschaftlichen Auseinandersetzung werden, also das bestimmte Punkte als "gut" oder "schlecht" oder "wünschenswert" und "nicht so wünschenswert" bewertet werden und darauf aufbauend dann weiter gearbeitet wird.
Das ist aber auch innerhalb der Fächer sehr heterogen. So gibt es m.E. in der Politikwissenschaft Diskurse, die praktisch rein normativer Natur sind, wo an sich auch keine wissenschaftlich fundierte "Entscheidung" einer Frage möglich ist (Bsp: "Wie ist der Nahostkonflikt zu lösen?"), aber auf der anderen Seite auch Themen mit statistischer Hypothesentestung.
Zitat von: G5 am 09. September 2012, 16:05:03
Hallo alle zusammen
BWL wird in der FOS gerne als (Wirtschafts-)Wissenschaft bezeichnet, doch kann man BWL wirklich als Wissenschaft betrachten?
Was ist die FOS?
Zitat von: G5 am 09. September 2012, 16:05:03
Was denkt ihr darüber? Gibt es hier im Forum evtl. jemanden, der BWL studiert bzw. studiert hat oder sich wegen anderen Gründen genauer damit beschäftigt hat und hierzu mehr und auch fundierteres Wissen besitzt, als ich?
Der gemeine PSIRAMmler scheint von BWL nicht allzuviel zu verstehen. Anders ist es nicht zu erklären, daß hier seit Jahren der break-eaven-point nicht erreicht wird. ;D Die GuV-Rechnungsergebnisse dürften seit Anbeginn im roten Bereich liegen. Die Corporate Governance ist hier ein Fremdwort, wie man schon am fehlenden Impressum erkennen kann.
Es gibt schon immer ein Impressum.
Wie wär's mit ner Weiterleitung zu psiram.de im Impressum ?
Wenn er schon unsere Marke klaut, kann er doch das bisschen Schriftwechsel übernehmen ... ? :teufel
Zitat von: P.Stibbons am 10. September 2012, 09:37:14
Wie wär's mit ner Weiterleitung zu psiram.de im Impressum ?
Wenn er schon unsere Marke klaut, kann er doch das bisschen Schriftwechsel übernehmen ... ? :teufel
Der Gedanke ist irgendwie faszinierend ;D
Zitat von: Bloedmann am 10. September 2012, 09:19:15
Was ist die FOS?
FOS steht für Fachoberschule. Über die Fachoberschule kann man in Bayern, wenn man von der Realschule oder der Hauptschule kommt und im jeweiligen Schulabschluss den richtigen Notenschnitt erreicht hat, das Fachabitur und wenn man dann in der 12. Klasse den richtigen Schnitt hat und eine 2. Fremdsprache min. mit Note 4 abgeschlossen hat, in der 13. Klasses sogar das allgemeine Abitur machen. Mehr Informationen dazu kann man unter http://www.km.bayern.de/fos-standorte finden.
Danke. Ich war auf der BA, daher konnte ich das nicht wissen. ;)
Wissenschaft ist, wenn nach wissenschaftlichen Kriterien geforscht wird, insofern gehört BWL da mit Sicherheit dazu. Zu unterscheiden ist der Unterricht und die Anwendung. Ein Arzt ist z.B. auch kein Wissenschaftler, aber er wendet (idealerweise) die Erkenntnisse der Wissenschaft an.
Wahrscheinlich ist die Eingangsfrage ihrerseits das Ergebnis eines Wahrnehmungsproblems. Die Wirtschaftswissenschaften haben gerade eine Phase spektakulärer Fehlschläge hinter sich gebracht, die VWL sogar noch mehr als die BWL. Das trübt natürlich den Eindruck.
Etwas wahres ist schon dran an den Zweifeln. Es betrifft die Frage der Empirie. WiWi stehen dabei aber nicht alleine, es ist das Problem der Empirie in den Sozialwissenschaften ganz allgemein. Über dieses Theme gibt es viele dicke und kluge Bücher, die aber ein bestimmtes Problem alle nicht lösen können, und das darin besteht, dass Analysen und Prognosen umso unzuverlässiger sind, je präziser sie sind, und umgekehrt. Da ökonomische Systeme viel seltsameren Einflüssen ausgesetzt sind als solche, die sich nach Naturgesetzen richten, ist die Grauzone, in der man sich seiner Sache nicht sicher sein kann, natürlich auch besonders groß.
Diese eigenartige Unschärferelation muss man berücksichtigen, wenn man Arbeit und Ergebnisse in den WiWi bewerten will. Rein methodisch, da hat Dr. Ici Wenn völlig recht, kann man auch BWL wissenschaftlich betreiben.
@zwingenberger: Schön gesagt. Die WiWi sind sowas wie die Ernährungswissenschaft, sie leiden alle unter der (meist zwangsläuftig) fehlenden Empirie und sind von Modeströmungen durchzogen. Und ja, es gibt eine riesige Grauzone hin zur Pseudowissenschaft. Bemerkenswert ist auch, dass sich z.B. in der VWL sich widersprechende Lehren fast gleichberechtigt gegenüberstehen. Hier im Gegensatz zum Satz des Pythagoras mit etwas Vorsicht heranzugehen, ist mit Sicherheit nicht verkehrt.
Zitat von: Bloedmann am 10. September 2012, 22:00:42
Danke. Ich war auf der BA, daher konnte ich das nicht wissen. ;)
Ballett Akademie.....Respekt
Zitat von: Dr. Ici Wenn am 11. September 2012, 11:16:03
@zwingenberger: Schön gesagt. Die WiWi sind sowas wie die Ernährungswissenschaft, sie leiden alle unter der (meist zwangsläuftig) fehlenden Empirie und sind von Modeströmungen durchzogen. Und ja, es gibt eine riesige Grauzone hin zur Pseudowissenschaft. Bemerkenswert ist auch, dass sich z.B. in der VWL sich widersprechende Lehren fast gleichberechtigt gegenüberstehen. Hier im Gegensatz zum Satz des Pythagoras mit etwas Vorsicht heranzugehen, ist mit Sicherheit nicht verkehrt.
Eins muss man zugeben: Die Spieltheoretiker, wie U. Berger, haben da noch ein gewichtiges Wörtchen mitzureden, wenn es darum geht, Handlungsalternativen vorhersehbarer zu machen.
Zitat von: zwingenberger am 11. September 2012, 16:31:30
Eins muss man zugeben: Die Spieltheoretiker, wie U. Berger, haben da noch ein gewichtiges Wörtchen mitzureden, wenn es darum geht, Handlungsalternativen vorhersehbarer zu machen.
Es ist vermutlich der einzig wirklich vernünftige Ansatz, die Ökonomie zu verstehen.
Zitat von: Conina am 09. September 2012, 19:00:17
Ich würde diese Schere gern mal sehen, so richtig mit Grafen und Zahlen.
Ich höre und lese immer nur von der.
http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/bundesregierung-was-der-armutsbericht-ueber-deutschland-verraet-1.1470897 (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/bundesregierung-was-der-armutsbericht-ueber-deutschland-verraet-1.1470897)
(http://polpix.sueddeutsche.com/polopoly_fs/1.1470957.1347959395!/image/image.jpg_gen/derivatives/560x315/image.jpg)
Wenn wir ein paar Öloligarchen und Computermilliardäre dazu bewegen würden, Deutsche zu werden, würde die Schere noch weiter auseinander gehen und es wäre für unser Land einfach nur klasse.
Diese Schere ist meiner Meinung nach kein gutes Maß für Gerechtigkeit.
In dem verlinkten Artikel stehen übrigens einige sehr gute Nachrichten:
ZitatDie Zahl der Kinder unter 15 Jahren, die von Hartz IV leben müssen, ist von 2007 bis 2011 um 236.000 zurückgegangen.
Der Anteil der Schüler, die nicht einmal einen Hauptschulabschluss schaffen, ist von 7,7 Prozent im Jahr 2007 auf 6,5 Prozent 2010 zurückgegangen.
Die Zahl der Langzeitarbeitslosen ist seit 2007 um 40 Prozent auf im Jahresdurchschnitt 1,06 Millionen 2011 gesunken.
"Die Einkommens- und Vermögenssituation der Älteren von heute ist überdurchschnittlich gut", heißt es in dem Bericht. Nur 2,45 Prozent der über 65-Jährigen waren auf die staatliche Grundsicherung im Alter angewiesen. Als entsprechend niedrig gilt ihr Risiko, arm zu werden. Es liegt bei 14,7 Prozent, bei der Bevölkerung insgesamt bei 15,3 Prozent.
Zitat von: Conina am 19. September 2012, 09:57:25
... Diese Schere ist meiner Meinung nach kein gutes Maß für Gerechtigkeit. ...
Und Gerechtigkeit ist eine völlig unpraktikable Richtschnur für Politik.
Insbesondere, wenn man die Definitionsmacht dauerhaft denselben Leuten überlässt, die schon aus "neoliberal" ein Unwort gemacht haben.
Zitat von: anka am 09. September 2012, 21:44:01
Bei BWL und auch z.B. bei solchen Fächern wie Politikwissenschaft ist wohl das "Problem", dass es viel üblicher ist, dass normative Sachverhalte Teil der wissenschaftlichen Auseinandersetzung werden, also das bestimmte Punkte als "gut" oder "schlecht" oder "wünschenswert" und "nicht so wünschenswert" bewertet werden und darauf aufbauend dann weiter gearbeitet wird.
Das ist aber auch innerhalb der Fächer sehr heterogen. So gibt es m.E. in der Politikwissenschaft Diskurse, die praktisch rein normativer Natur sind, wo an sich auch keine wissenschaftlich fundierte "Entscheidung" einer Frage möglich ist (Bsp: "Wie ist der Nahostkonflikt zu lösen?"), aber auf der anderen Seite auch Themen mit statistischer Hypothesentestung.
Es sollte doch "wissenschaftliches arbeiten" von Wissenschaft abgegrenzt gesehen werden. Denn sonst kommen noch all diejenigen in den Genuß eines akademischen Titels wenn sie sich im Hypothetisieren der Außerirdischen einen Namen machen.
Dass das alles im allgemeinen "rosa Rauschen" untergeht ist schon seltsam, besonders dann wenn die VIADRINA, die ja doch eine echte UNI ist im Bereich der alternativen Heilkunst forschen läßt.
Wirtschaftswissenschaften sind nun einmal nicht mehr als nicht falsifizierbare Theorien, die, wie man ja derzeit anhand der welt- finanzwirtschaftlichen Krisen sieht, mehr einem Kaffeesudlesen entspricht. Auch die bei Esowatch/Psiram desöfteren anpeprangerten Eso's gehörem dazu, die mitunter ja auch auf wissenschaftliche Erkenntnisse hinweisen und dies mit sehr guten Analysen von manchmal sogar renomierten Wissenschaftlern.
Da ja auch Herr Berger im Blog erwähnt wurde, da sollte jemand der sich für seine Theorien interessiert eine Vorlesung besuchen, dann kommt Klarheit auf.
Zitat von: Conina am 09. September 2012, 19:00:17
Ich würde diese Schere gern mal sehen, so richtig mit Grafen und Zahlen.
Wäre Dir zur Not auch mit Graf Zahl gedient?
Zitat von: Dr. Ici Wenn am 11. September 2012, 18:56:53
Zitat von: zwingenberger am 11. September 2012, 16:31:30
Eins muss man zugeben: Die Spieltheoretiker, wie U. Berger, haben da noch ein gewichtiges Wörtchen mitzureden, wenn es darum geht, Handlungsalternativen vorhersehbarer zu machen.
Es ist vermutlich der einzig wirklich vernünftige Ansatz, die Ökonomie zu verstehen.
Das sieht das Komitee anscheinend auch so:
http://www.ftd.de/politik/konjunktur/:auszeichnung-wirtschafts-nobelpreis-an-spieltheoretiker/70104474.html?google_editors_picks=true
http://www.sueddeutsche.de/politik/einkommensverteilung-in-deutschland-bundesregierung-schoent-armutsbericht-1.1535166 (http://www.sueddeutsche.de/politik/einkommensverteilung-in-deutschland-bundesregierung-schoent-armutsbericht-1.1535166)
Schere heißt hier Einkommensspreizung:
ZitatDazu zählen auch Aussagen zur Lohnentwicklung. In der ersten Variante stand: "Während die Lohnentwicklung im oberen Bereich positiv steigend war, sind die unteren Löhne in den vergangenen zehn Jahren preisbereinigt gesunken. Die Einkommensspreizung hat zugenommen." Diese verletze "das Gerechtigkeitsempfinden der Bevölkerung" und könne "den gesellschaftlichen Zusammenhalt gefährden".
Stattdessen wird nun angeführt, dass sinkende Reallöhne "Ausdruck struktureller Verbesserungen" am Arbeitsmarkt seien. Denn zwischen 2007 und 2011 seien im unteren Lohnbereich viele neue Vollzeitjobs entstanden, und so hätten Erwerbslose eine Arbeit bekommen.
Wenn BWL (und VWL) auf dem Boden der fehlerbehafteten Empirie bliebe, dann wäre sie noch heute eine - zwar dünnbrettige - Wissenschaft. Sie ist aber seit den Neunzigern einduetig zu einer sich selbst hochschraubenden Ersatzreligion verkommen, wie sie u.a. und v.a. vom Nichtssager Werner Sinn gepredigt wird. Aehmlich gings in den Siebzigern der sich selbst pervertierende Psychologie unter den gottähnlichen Koryphäen à la Verena Kast und v.a. Friedrich S. Liebling, welcher im berüchtigten VPM gipfelte.
ZitatEin Physikexperte kann vorhersagen, bei wie viel Grad das Wasser kocht. Das nenne ich wahres Expertentum. Damit kann man was anfangen. Psychologen und Meteorologen liegen immerhin manchmal richtig, das sind Halbexperten. Theologen, Ökonomen und Fußballexperten wissen über die Zukunft überhaupt nichts. Trotzdem können das sympathische Menschen sein.
http://www.zeit.de/2012/29/Martenstein
Zitat von: Scharlui am 09. Dezember 2012, 10:40:19
Wenn BWL (und VWL) auf dem Boden der fehlerbehafteten Empirie bliebe, dann wäre sie noch heute eine - zwar dünnbrettige - Wissenschaft. Sie ist aber seit den Neunzigern einduetig zu einer sich selbst hochschraubenden Ersatzreligion verkommen, wie sie u.a. und v.a. vom Nichtssager Werner Sinn gepredigt wird. Aehmlich gings in den Siebzigern der sich selbst pervertierende Psychologie unter den gottähnlichen Koryphäen à la Verena Kast und v.a. Friedrich S. Liebling, welcher im berüchtigten VPM gipfelte.
Hey, nichts gegen Verena Kast! Das ist eine sehr nette ältere Dame, deren Veröffentlichungen über Trauer und Trauerarbeit legendär und schon lange Standardwerke zum Thema sind.
Ich mag mich hier jetzt nicht über Verena Kast und andere Stumpengeleise der Psychologie unterhalten. Ich bleibe allerdings bei meiner Meinung über ihre Irrfahrten im Bereich der astrologischen Psychologie etwa.
Hier geht's um BWL, wo dr St.Galler Professor Franz Jäger ähnlich irrationalen Schrott zu verzapfen pflegt. Fast ist der so weit, wie jene bekannte Professorin aus Innsbruck, die kraft ihres Titelsmit HAARP-Wahnsinn das weltweite Feminat im Namen der Göttin Gaja errichten will. BWL ist heute definitiv zur hohlen Ideologie verkommen. VWL wurde bis anhin nur dank Krugmann u.a. daran gehindert, ins selbe trüb-seichte Sumpf-Fahrwasser zu geraten. Wie lange noch?
(Weiter OT mit der Schere...)
Zitat von: Wolleren am 09. September 2012, 18:58:01
...
Und in Sachen VWL (die haben auch das Problem mit der Theoriebildung und der Reproduzierbarkeit) würde mich aktuell mal interessieren, ob die allseits beklagte wachsende "Schere zwischen Arm und Reich" nicht eine notwendige mathematische Folge von a) Friedenszeiten und b) höheren Zinsen für Investitionen ("Steuerschlupflöcher") gegenüber Spareinlagen, Lohnerhöhungsraten und Inflationsraten ist ...
Ich habe ein bißchen bei wikipedia gelesen und ein paar Beispiele gerechnet. Die Vermögensungleichheit wächst nicht allein dadurch, dass überhaupt Zinsen gezahlt werden, sondern durch eine Zinsdifferenz.
1. Der Median (http://de.wikipedia.org/wiki/Median) der Einkommensverteilung (und nicht das arithmetische Mittel) wird als Grundlage der Beurteilung relativer Armut herangezogen. Dadurch wird vermieden, dass die relative Armutsgrenze abhängig von ,,Ausreißern", also Einkommensmilliardären, ist.
2. Aussagen über die Verteilung von Einkommen (http://de.wikipedia.org/wiki/Einkommensverteilung) und Vermögen (http://de.wikipedia.org/wiki/Verm%C3%B6gensverteilung) werden in der Form ,,die unteren 70% der Bevölkerung besitzen (nur) 10% des Gesamtvermögens" formuliert. Dadurch wird darauf verzichtet, den absoluten Abstand zwischen Einkommens- und Vermögensgruppen darzustellen. Stattdessen wird auch hier das arithmetische Verhältnis zwischen Arm und Reich dargestellt.
3. Der absolute Abstand zwischen Vermögensgruppen (,,die Reichen" vs. ,,die Armen") steigt mit der Zeit allein aufgrund von Einkommensunterschieden, Zinsen und Inflation. Die relative Vermögensverteilung (70% besitzen nur 10% usw.) ändert sich dadurch jedoch nicht.
4. Wenn sich die
relative Vermögensverteilung ändert, hängt das von sozialpolitischen Gegebenheiten ab. Aber es gibt auch andere Gründe:
a. ,,Die Reichen" können ihre Sparrate, d.h. den Anteil ihres Einkommens, der anschließend dem Vermögen zugerechnet (http://de.wikipedia.org/wiki/Verm%C3%B6gensverteilung_in_Deutschland#Bestimmung_des_Nettoverm.C3.B6gens) wird, ziemlich beliebig erhöhen. Diese Chance haben ,,die Armen" offensichtlich nicht. Daher ist der Einfluss der ,,Reichen" über ihre Sparrate auf das Gesamtvermögen eminent.
b. ,,Die Reichen" besitzen einen Zinsvorteil in der Geldanlage. Beträgt dieser Zinsvorteil z.B. 2,54 Prozentpunkte (bei der Sparkasse kriegst Du 1%, bei der Privatbank kriegst Du als Millionär 3,54%), dann steigt die Vermögensungleichheit um einen Prozentpunkt in 10 Jahren, d.h. die erwähnten 70% der Bevölkerung besitzen nurmehr 9% anstelle von vorher 10% des Gesamtvermögens.
c. Es sind keine
marktwirtschaftlichen Kräfte denkbar, die diesen Gründen für die Steigerung der Vermögensungleichheit entgegenwirken würden.