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BWL eine Wissenschaft?

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Begonnen von G5, 09. September 2012, 16:05:03

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G5

Hallo alle zusammen

BWL wird in der FOS gerne als (Wirtschafts-)Wissenschaft bezeichnet, doch kann man BWL wirklich als Wissenschaft betrachten?

Bei der Definition von Wissenschaft beziehe ich mich hier mal auf Celsus folgende Definition von (Natur-)Wissenschaften im Astrodicticum Simplex-Blog, da diese am ehesten meinen Vorstellungen von einer Wissenschaft entspricht, ( http://scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2012/08/16/der-unterschied-zwischen-wissenschaft-und-pseudowissenschaft/ Unterpunkt Wissenschaft), jedoch kann es sein, da BWL in der FOS zu den Wirtschaftswissenschaften gezählt wird, welche wiederum zu den Geistes- und nicht den Naturwissenschaften zählen, hier eine andere Definition sinnvoller sein könnte:

Zitat von: CelsusDie wesentlichen Eigenschaften von (Natur-) Wissenschaften sind die Erweiterung des Wissens durch Forschung, also die methodische Suche nach neuen Erkenntnissen sowie deren Dokumentation und Veröffentlichung. Dieses systematisierte Wissen und dessen Grundlagen werden durch Lehre weitergegeben. Wissenschaft ist also systematisiertes Wissen, welches durch Beobachtung, Experiment und Überprüfung gewonnen wird, wobei die beobachteten Phänomene empirisch untersuchbar sein müssen. Wissenschaft stellt Fragen und prüft die möglichen Antworten auf ihre Richtigkeit. Das Ziel ist, allgemeingültige Gesetzmäßigkeiten zu finden und zu beschreiben. Damit das funktioniert und menschliche Fehler so weit wie möglich reduziert werden, ist ein umfassendes System gegenseitiger Kontrolle und die Offenlegung aller Methoden und Informationen notwendig. So werden Experimente und Erkenntnisse reproduzierbar und überprüfbar. Die direkte Umsetzung von Erkenntnissen in Verfahren oder Anwendungen soll nicht das oberste Ziel von Wissenschaft sein. Gerade in der Grundlagenforschung ist oft nicht erkennbar, wohin der Weg führt. Im Mittelpunkt steht die Erlangung neuen Wissens – auf der Basis bestehender Erkenntnisse.

Wenn ich diese Definition auf die schulische BWL anwende, komme ich eher zum Ergebnis, dass BWL keine Wissenschaft ist oder zumindest nicht als Wissenschaft gelehrt wird. So geht es in BWL, zumindest in der FOS, nicht um die "methodische Suche nach neuen Erkenntnissen sowie deren Dokumentation und Veröffentlichung", vielmehr basiert BWL eher darauf wirtschaftliche Entscheidungen anhand bestehender Kennziffern und Schemen zu treffen ohne dass diese Kennziffern und Schemen selber hinterfragt werden und nach neuen Erkenntnissen dazu geforscht wird.

Nach meinem bisherigen Wissensstand dazu kann ich mir zwar durchaus vorstellen, dass BWL grundsätzlich eine Wissenschaft sein könnte, zumindest wenn sie in der Realität auch dazu dient, neue Erkenntnisse im Bereich innerbetriebliche Zusammenhänge, zu gewinnen. In der FOS wird BWL jedoch nicht so vermittelt. Vielmehr wird dort ein Vorgabensystem vermittelt, wie betriebswirtschaftliche Entscheidungen getroffen werden sollen/müssen. Wie das im Studium ist, kann ich nicht genau sagen, da ich BWL nicht studiere und auch nicht vorhabe, es zu studieren. Hier kann ich mich nur auf das Gehörte und Gelesene zum BWL-Studium beziehen und was ich dazu gehört und gelesen habe, sagt mir eher, dass es sich um einen Auswendiglernstudiengang ohne empirische Erforschung betriebswirtschaftlicher Zusammenhänge handelt.

Wenn man sich also auf die Definition von Celsus bezieht und BWL doch in der Realität, genauso wie in der FOS vermittelt, ein festes Vorgabensystem ohne empirische Forschung ist, wäre BWL eigentlich, nach Celsus Definition keine Wissenschaft, jedoch zählt BWL, laut FOS, auch nicht zu den Naturwissenschaften sondern zu den Wirtschaftswissenschaften, welche mWn wiederum zu den Sozialwissenschaften zählen. Diese wiederum sind mWn Teil der Humanwissenschaften. Vielleicht unterscheidet sich die Definition von Humanwissenschaften sehr stark von der Definition von Naturwissenschaften, die sich nicht mit Teilaspekten des Menschen beschäfitgen, auch wenn ich hierzu ebenfalls gehört habe, dass auch Humanwissenschaften auf empirischer Forschung basieren. BWL erinnert mich aktuell jedoch eher an eine Pseudowissenschaft, die auf einem festen Vorgabensystem, welches nicht hinterfragt wird, basiert. Vielleicht ist das im Studium jedoch anders.

Was denkt ihr darüber? Gibt es hier im Forum evtl. jemanden, der BWL studiert bzw. studiert hat oder sich wegen anderen Gründen genauer damit beschäftigt hat und hierzu mehr und auch fundierteres Wissen besitzt, als ich?

Belbo zwei

Na ich denke mal BWL ist ein Teil d er Wirtschaftswissenschaften und keine Naturwissenschaft. Es muss ja auch Wissenschaftszweige geben die sich Thematiken annehmen die nicht einfach zu Verifizieren und zu falsifizieren sind (Ist ja öhnlich bei Medizin und Psychologie z.B.). Natürlich ist wenn etwas nicht direkt messbar bzw. nachpüfbar ist die Schwurbelgefahr grösser, ernstzunehmende Wissenschaft wird hier aber auch betrieben.

Binky

Zitat von: Belbo zwei am 09. September 2012, 16:32:57
Na ich denke mal BWL ist ein Teil d er Wirtschaftswissenschaften und keine Naturwissenschaft. Es muss ja auch Wissenschaftszweige geben die sich Thematiken annehmen die nicht einfach zu Verifizieren und zu falsifizieren sind (Ist ja öhnlich bei Medizin und Psychologie z.B.). Natürlich ist wenn etwas nicht direkt messbar bzw. nachpüfbar ist die Schwurbelgefahr grösser, ernstzunehmende Wissenschaft wird hier aber auch betrieben.

Stimmt. Wissenschaft heißt, sich einer Thematik mit wissenschaftlichen Methoden anzunehmen. Naturwissenschaftler meinen ja oft mit einer gewissen Überheblichkeit, die NaWis sind die einzigen "richtigen" Wissenschaften. Sind sie aber nicht. Da muß auch ich mich manchmal selbstkritisch sehen  :-[




hamer_nein_danke

also BWL heisst ja auch ...LEHRE... ich hab das 2 Jahre Vollzeit gemacht und bin seit über 20 Jahren als DV-Spezialist für Betriebswirtsch. Software im Einsatz. Es mag keine Wissenschaft im NaWi Sinn sein - aber einfach zu sagen "ich mach mal" - das geht auch schnell in die Binsen (wer nichts wird wird Wirt.... - Stimmt leider zu oft).. Daher: solange man den Praxisbezug nicht aus den Augen verliert: ist BWL sehr wohl "wissenschaftlich"

uther


Wolleren

Es behagt mir zwar nicht, aber BWL ist wohl schon Wissenschaft zu nennen. Schließlich gibt es da viele Bereiche, wo man mit Statistik - also Datenerhebung und -auswertung - weiterkommt. Außerdem müssen schließlich Investoren Unternehmen beurteilen, und sie sind seit Jahrhunderten an verlässlichen und belastbaren Informationen über ihre Investitionsziele interessiert.
Die praktische Seite der BWL hat also ganz und gar unesoterische Ziele und verlangt damit auch nach einer sauber falsifizierbaren Theorie.

Wenn aber der Erfolg betriebswirtschaftlicher Maßnahmen anhand des späteren Unternehmenserfolgs gemessen wird, wird es schnell unwissenschaftlich, weil prinzipiell die Reproduzierbarkeit nicht gegeben ist und ein starker Wahrnehmungsbias besteht.  Wenn bspw.  populärwissenschaftliche Bücher den Erfolg von google als Erfolg der dollen Unternehmenskultur bejubeln, ist das für mich Pseudowissenschaft. Pleiteunternehmen mit einer google ähnlichen Unternehmenskultur dürfte es dann ja nicht geben.

Leider kenne ich die aktuelle Forschung in Sachen BWL gar nicht. Persönlich wäre ich daran interessiert, wie sich der Unternehmenserfolg als Funktion der Anzahl Mitarbeiter und des Unternehmensalters darstellen lässt. Es scheint da Schwellen zu geben, typische Verläufe, soziologische Einflüsse wie Gruppendynamik und Generationenwechsel, vielleicht sogar Anzeichen bevorstehender Pleiten. 

Und in Sachen VWL (die haben auch das Problem mit der Theoriebildung und der Reproduzierbarkeit) würde mich aktuell mal interessieren, ob die allseits beklagte wachsende "Schere zwischen Arm und Reich" nicht eine notwendige mathematische Folge von a) Friedenszeiten und b) höheren Zinsen für Investitionen ("Steuerschlupflöcher") gegenüber Spareinlagen, Lohnerhöhungsraten und Inflationsraten ist und damit völlig ohne die Annahme einer Jahrtausende alten Verschwörung der Reichen gegen die Armen auskommt.  Schließlich wurde auch das biblische Mysterium von Jakobs Reichtum gegenüber Laban als mathematische Notwendigkeit entlarvt.

Conina

Ich würde diese Schere gern mal sehen, so richtig mit Grafen und Zahlen.
Ich höre und lese immer nur von der.

Man kann das Pferd zum Wasser führen, aber nicht machen, dass es trinkt.

Belbo zwei

Ein Graf zu Bankenkrise und Rettungsschirm, das wär mal was ich steh da echt auf dem Sclauch, vorallem wenn noch Gsell ins Spiel kommt...
HIIIIIIIIIIIIIIILLLLLLLLLLLLLLFEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEE![/size]

Wolleren

OT:
Zitat von: Conina am 09. September 2012, 19:00:17
Ich würde diese Schere gern mal sehen, so richtig mit Grafen und Zahlen.
Ich höre und lese immer nur von der.
Z.B. hier: http://www.diw.de/documents/publikationen/73/93785/09-4-1.pdf . Das Phänomen selbst ist gewiss unstrittig.

anka

Bei BWL und auch z.B. bei solchen Fächern wie Politikwissenschaft ist wohl das "Problem", dass es viel  üblicher ist, dass normative Sachverhalte Teil der wissenschaftlichen Auseinandersetzung werden, also das bestimmte Punkte als "gut" oder "schlecht" oder "wünschenswert" und "nicht so wünschenswert" bewertet werden und darauf aufbauend dann weiter gearbeitet wird.

Das ist aber auch innerhalb der Fächer sehr heterogen. So gibt es m.E. in der Politikwissenschaft Diskurse, die praktisch rein normativer Natur sind, wo an sich auch keine wissenschaftlich fundierte "Entscheidung" einer Frage möglich ist (Bsp: "Wie ist der Nahostkonflikt zu lösen?"), aber auf der anderen Seite auch Themen mit statistischer Hypothesentestung.

Bloedmann

Zitat von: G5 am 09. September 2012, 16:05:03
Hallo alle zusammen

BWL wird in der FOS gerne als (Wirtschafts-)Wissenschaft bezeichnet, doch kann man BWL wirklich als Wissenschaft betrachten?
Was ist die FOS?

Zitat von: G5 am 09. September 2012, 16:05:03
Was denkt ihr darüber? Gibt es hier im Forum evtl. jemanden, der BWL studiert bzw. studiert hat oder sich wegen anderen Gründen genauer damit beschäftigt hat und hierzu mehr und auch fundierteres Wissen besitzt, als ich?
Der gemeine PSIRAMmler scheint von BWL nicht allzuviel zu verstehen. Anders ist es nicht zu erklären, daß hier seit Jahren der break-eaven-point nicht erreicht wird. ;D Die GuV-Rechnungsergebnisse dürften seit Anbeginn im roten Bereich liegen. Die Corporate Governance ist hier ein Fremdwort, wie man schon am fehlenden Impressum erkennen kann.
Es gibt so viele Dinge im Leben, die wichtiger sind als Geld... aber sie kosten so viel! Groucho Marx

Conina

Es gibt schon immer ein Impressum.
Man kann das Pferd zum Wasser führen, aber nicht machen, dass es trinkt.

P.Stibbons

Wie wär's mit ner Weiterleitung zu psiram.de im Impressum ?
Wenn er schon unsere Marke klaut, kann er doch das bisschen Schriftwechsel übernehmen ... ? :teufel

Dr. Ici Wenn

Zitat von: P.Stibbons am 10. September 2012, 09:37:14
Wie wär's mit ner Weiterleitung zu psiram.de im Impressum ?
Wenn er schon unsere Marke klaut, kann er doch das bisschen Schriftwechsel übernehmen ... ? :teufel

Der Gedanke ist irgendwie faszinierend  ;D

G5

Zitat von: Bloedmann am 10. September 2012, 09:19:15
Was ist die FOS?


FOS steht für Fachoberschule. Über die Fachoberschule kann man in Bayern, wenn man von der Realschule oder der Hauptschule kommt und im jeweiligen Schulabschluss den richtigen Notenschnitt erreicht hat, das Fachabitur und wenn man dann in der 12. Klasse den richtigen Schnitt hat und eine 2. Fremdsprache min. mit Note 4 abgeschlossen hat, in der 13. Klasses sogar das allgemeine Abitur machen. Mehr Informationen dazu kann man unter http://www.km.bayern.de/fos-standorte finden.