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Deutsch => Allgemeine Diskussionen => Smalltalk => Thema gestartet von: crabel am 04. September 2010, 14:56:17

Titel: Gute Schulen?
Beitrag von: crabel am 04. September 2010, 14:56:17
Hi!

Habe letztens mit meinem Nachbarn über die Einschulung seines Buben geredet. Ist zwar erst nächstes Jahr, aber er dachte an Waldorf. Habe ihm dann ein paar Stichwörter zum Googlen gegeben. Bei einem Hardcore Atheisten wie ihm mache ich mir da auch wenig Sorgen, dass das nicht reicht.

Aber mir (und ihm) hat sich dann die Frage gestellt, wie schaut es eigentlich sonst aus? Ich meine, wenn ich zurückblicke:
Eine Handvoll guter Lehrer, die Masse, eine Handvoll desinteressierter Säcke. Ich denke mir seit damals, das muss doch besser gehen. Wobei mir persönlich das System egal vorkommt. Ein guter Lehrer ist ein guter Lehrer. Egal ob Frontalunterricht, ich Noten kriege oder whatever.

Bei der Suche nach Reformpädagogik wird man jedenfalls erschlagen und zugemüllt.

Hat vielleicht irgendwer Vorschläge für Seiten, wo man sich halbwegs zum Thema bilden kann?
Danke!
Titel: Re: Gute Schulen?
Beitrag von: Conni am 04. September 2010, 19:13:36
Trotz aller Unkenrufe, die staatlichen Schulen sind so schlecht nicht, wie viele meinen. Und aus desinteressierten Schülern ist auch meist etwas geworden.

Wichtig ist, dass man von zu Hause aus eine Bildungsnähe vermittelt, Interesse weckt und so dem Kind Lernen als etwas Positives daarzustellen.

Titel: Re: Gute Schulen?
Beitrag von: Graf Zahl am 05. September 2010, 18:09:23
Zitat von: crabel am 04. September 2010, 14:56:17
...Ein guter Lehrer ist ein guter Lehrer. Egal ob Frontalunterricht, ich Noten kriege oder whatever...

Meine Erfahrung ist, dass die Meinungen über "gute Lehrer" sehr weit auseinander gehen.
Am besten sind komischerweise immer die Lehrer, die letztes Jahr unterrichtet haben und dieses Jahr nicht mehr.
Der neue Lehrer ist erstmal ein ganz schlimmer und schlechter.
Das wiederholt sich regelmäßig und der eben noch schlechte Lehrer war plötzlich doch ganz gut, usw.

Letztlich sind auch Lehrer Menschen, mit allen Macken und Unterschieden.
Lernfreude und Neugier wecken, Respekt zeigen und vorleben, und Lernatmosphäre schaffen können, finde ich wichtig.
Viele Lehrer haben Probleme mit der Disziplin der Kinder, was natürlich gnadenlos auf den Unterricht durchschlägt.
Die Ursachen dafür sind vielfältig...
Titel: Re: Gute Schulen?
Beitrag von: crabel am 05. September 2010, 21:16:33
Also, der erste Absatz deckt sich jetzt nicht mit meiner persönlichen Erfahrung. Sicher, die Erinnerung glättet Dinge, aber so in Rückblick glaube ich nicht das sich meine Meinung groß geändert hat. Die meisten Lehrer sind einfach graue Masse und an manche kann ich mich kaum erinnern. Aber die richtig guten/schlechten weis ich heute noch. Und soweit ich mich erinnere hat bis auf wenige Ausnahmen in der Klasse ziemlicher Konsens geherrscht wer wie gut ist. Das "gut" die Summe eines Spektrums von Eigenschaften ist, ist eh klar.

Um die guten Lehrer geht es mir eigentlich weniger. Die Frage ist eher, wie die Schule/Schulbehörde die Schlechten handhabt.

Das ist jetzt keine Kritik an der Lehrerschaft an sich, in jeder Branche brennen Leute aus und ein gewisser Anteil wird mitgezogen. Aber der Unterschied ist, wenn in einer Firma jemand seine Arbeit nicht macht, macht sie jemand anders. Wie die Firma/der Chef/etc. damit umgeht, anderes Problem. Für den Kunden kein Unterschied. In der Schule geht das aber nicht. Wenn ein Lehrer den Schülern(aka Kunden) nichts beibringt, kann das kein anderer erledigen.

Naja. In Österreich wird das Thema eh grad wieder thematisiert. Vermutlich aber nur heiße Luft. (Ist grad ein bisserl Wahlkampf)
http://www.nachrichten.at/oberoesterreich/art4,395702
http://www.profil.at/articles/1035/560/276856/zehn-prozent-lehrer

Wäre aber zu hoffen, dass sich was tut. Das Unterrichtsministerium hat sich im letzten Jahrzehnt nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Eine Unterrichtsministerin(!), die 3x den "Big Brother" Award bekommt ist schon ein ziemliches Kunststück. Beim Chef vom statistischen Zentralamt hätte ich ja nichts gesagt...
Titel: Re: Gute Schulen?
Beitrag von: Conni am 05. September 2010, 21:26:16
Ich kenne Euer Schulsystem nicht. Aber hier ist es so, dass es kaum möglich ist, etwas gegen wirklich schlechte Lehrer zu machen. Die Schüler, die das behaupten, sind ja unglaubwürdig (in den Augen der Lehrer) und eine andere Qualitätskontrolle gibt es nicht. Schlechte Leistungen? Das liegt doch nicht dran, dass der Lehrer eine didaktische Null ist - nein, die Schüler sind blöd (obwohl die gesamte Klasse bei einem anderen Lehrer im Jahr zuvor viel besser war, und Muttern den Schulstoff in 5 min verständlich erklären konnte, was der "Fachmann" in 45 min nicht schaffte).
Titel: Re: Gute Schulen?
Beitrag von: andy am 05. September 2010, 21:49:02
Im allgemeinen hängt die Qualität des Unterrichts vom Lehrerkollegium ab. Ob dieses gut oder schlecht ist, das steht und fällt mit der Art, wie die Schuleitung das Kollegium behandelt. Das Verhältnis Rektor - Lehrer spiegelt sich meist fast 1 zu 1 im Verhältnis Lehrer - Schüler wider. Wenn es wirklich mal so sein sollte, dass eine Lehrkraft besonders schlecht ist, oder ein Schüler mit einer Lehrkraft überhaupt nicht zurecht kommt, dann gibt es an den staatlichen Schulen normalerweise die Möglichkeit, die Klasse zu wechseln. Ist also auch nicht so schlimm. Wenn eine Grundschule einen berechtigt schlechten Ruf hat, dann ist es vielleicht sinnvoll einen Gastschulantrag für das Kind in einer anderen Schule zu stellen. Das kann zum Beispiel begründet werden mit dem Schulweg, der mit dem Weg zur Arbeit der Eltern besser vereinbar ist, o.ä.
Mit reformpädagogischen Schulen wäre ich vorsichtig. Denn die unterrichten meist nach einem Grundlegend anderem Konzept, wie staatliche Schulen. Auch die, die guten Unterricht machen. Wenn da was schief läuft und der Schüler aus der Schule raus muß, dann wird's schwierig, wo anders in der gleichen Schulart unter zu kommen. Umgekehrt besteht aber immer noch die Möglichkeit, wenn was an der staatlichen Schule schief läuft auf eine private Schule umzusteigen. Da sind die Aufnahmevoraussetzungen meist nicht so streng, weil ja an dem Schüler direkt verdient wird. Mann braucht schließlich neue Kundschaft.
Bei reformpädagoogischen Schulen ist es meiner Erfahrung nach beinahe egal, nach welchem Konzept sie arbeiten, solange sie Wissen und nicht Ideologie vermitteln. Aber genau das herauszufinden ist schwer. Denn kaum ein Schulleiter wird öffentlich machen, dass er ideologischen Unterricht verkauft.
Titel: Re: Gute Schulen?
Beitrag von: crabel am 05. September 2010, 22:17:52
Ist bei uns auch so. Lehrer sind unantastbar. Salcher (2. Link, letztes Posting) macht zwar Wahlkampf, aber er hat nicht so unrecht damit, dass Gewerkschaft & Politik Reformen bremsen. Schulen waren tatsächlich im Wesentlichen Schwarz oder Rot. Das zumindest ist IMHO besser geworden, Parteibücher sind nicht mehr so wichtig wie vor 20-30 Jahren. Die Pragmatisierung (~Unkündbarkeit) haben sie mittlerweile auch abgedreht. Ich weis nicht ob es das nette Prinzip in DE auch gibt, aber Beamten-Pragmatisierung ist super. Danach muss man glaub ich jemand umbringen damit sie einen rauswerfen können (jeden Tag schwer betrunken zur Arbeit kommen ist noch kein Grund(und ja auch nicht so schlimm. Passt schon), wie die Historie zeigt)

Das schlimme ist, ich habe das Gefühl das für künstliche Manipulation der Arbeitslosenzahlen unvorstellbar viel Kohle raus geschmissen wird. Dafür könnte man einiges an Qualitätsverbesserungen implementieren.

Ich bin ganz bei dir, so schlecht sind die Schulen nicht. Aber ich habe leider das Gefühl, es hängt von den Lehrern als Einzelpersonen/Gruppe ab, die eine Klasse unterrichten. Ich habe wie ich glaube mein gerütteltes Maß an gutem Durchschnitt bekommen:
Lehrer die in mir Interesse für Mathematik/Physik und auch Geschichte geweckt haben, mich denken, für meine Überzeugung eintreten gelehrt haben.
Zur Kompensation einen Geographielehrer dessen wichtigster Beitrag (wie immer in ruhiger monotoner Stimme) zur Stunde lautete: "Bitte seid leise!", einen Pfarrer, der uns jede Stunde erzählt hat was er seit der letzten Stunde gemacht hat, was er sich dabei gedacht hat und was er dabei empfindet. 4 Jahre lang. 2x pro Woche. (Weint ein bisschen). Der war schlimmer als der frühere Pfarrer, der uns mit dem Stock nachgelaufen ist...

Aber auch die schlechten Erfahrungen haben mich geprägt. Ich will nie so werden wie der Geographielehrer. Wenn mich mein Job je so wenig interessiert, gebe ich ihn auf. Habe nur Angst, dass es schleichend passiert.
Titel: Re: Gute Schulen?
Beitrag von: crabel am 05. September 2010, 22:29:25
@Andy

Das mit dem Schulwechseln ist ein guter Einwurf. Habe ich gedanklich noch nie berücksichtigt. Kann mir vorstellen, dass das bei reformpädagogischen Schulen Probleme macht.

Mein Nachbar hat in der normalen Schule wohl mehr gelitten als ich bzw. weniger Vertrauen in deren Fähigkeit. Einfache Logik: Was anderes muss besser sein. Hätte ja sein können, dass es den, was weis ich, "Dachverband für Reformpädagogik" gibt, der auch bei Skeptikern angesehen ist und bei dem man sich Informationen holen kann.
Titel: Re: Gute Schulen?
Beitrag von: de Bunker am 05. September 2010, 23:17:29
Naja, schlechte/bescheuerte Lehrer sind wie Arschlöcher - jeder kann (mindestens) ein Exemplar vorweisen....

Zitat von: crabelDie Pragmatisierung (~Unkündbarkeit) haben sie mittlerweile auch abgedreht. Ich weis nicht ob es das nette Prinzip in DE auch gibt, aber Beamten-Pragmatisierung ist super. Danach muss man glaub ich jemand umbringen damit sie einen rauswerfen können (jeden Tag schwer betrunken zur Arbeit kommen ist noch kein Grund(und ja auch nicht so schlimm. Passt schon), wie die Historie zeigt)

Das Prinzip gibt es in D auch, aber du mußt nicht ganz so hoch rangehen wie Mord, um doch rauszufliegen. Im Prinzip reicht eine Gefängnisstrafe ab 365 Tagen und darüber, also kannst du jetzt kalkulieren, was ein Lehrer sich "leisten" darf.

Besoffen zu Arbeit - Alkoholismus ist als Krankheit anerkannt, wegen Krankheit entlassen geht nicht. Aaaber: das greift nur, wenn der Alkoholiker einwilligt, ins Trockendock zu gehen. Verweigert er dies und ist krankheitsuneinsichtig, kann er auch entlassen werden.
Titel: Re: Gute Schulen?
Beitrag von: andy am 05. September 2010, 23:28:42
@crabel
Die Überlegung ist sehr vernünftig, seinem Kind eine bessere Schulzeit ermöglichen zu wollen als die eigene. Meine war zeitweise auch ziemlich fürchterlich, ich würde mir da also auch viele Gedanken machen.
Es hat sich aber im Laufe der Jahre viel verbessert, was staatliche Schulen in Deutschland betrifft. Das soll natürlich nicht heißen, es wäre schlecht, sein Kind auf eine reformpädagogische, sprich private Schule zu schicken. Aber die naheliegendste und vor allem schulgeldfreie Methode muß nicht die schlechteste sein.
Von einem Dachverband für Reformpädagogik weiß ich nichts. Da sind die einzelnen Richtungen glaube ich zu eitel, als dass sie sich mit der Konkurrenz zusammen tun würden. Ich musste während meines Studiums die wichtigsten Richtungen lernen. Habe aber leider das Skript nicht mehr, sonst könnte ich dir vielleicht noch mehr Tipps geben. Du kannst dich aber mal bei Wikipedia durchlesen: Neill, Korczak, Freinet, Montessori. Die waren zwar alle religiös esoterisch motiviert, die heutigen Schulen haben sich aber teilweise ziemlich frei davon gemacht. Ist anders als bei Waldorf. Die Anthros wurde übrigens in meinem Seminar nicht gelehrt. Argument: Das ist kein Schulkonzept, das ist Unsinn. Wenn Sie wollen gebe ich Ihnen kritische Literatur dazu.
Titel: Re: Gute Schulen?
Beitrag von: Graf Zahl am 05. September 2010, 23:53:05
Zitat von: crabel am 05. September 2010, 21:16:33
Also, der erste Absatz deckt sich jetzt nicht mit meiner persönlichen Erfahrung.
...
Du siehst es aus Schülersicht und ich stimme Dir da zu. Ich meinte es aber aus Elternsicht und da habe ich diese Erfahrung schon ein paar mal gemacht.

Zitat von: crabel am 05. September 2010, 21:16:33
Um die guten Lehrer geht es mir eigentlich weniger. Die Frage ist eher, wie die Schule/Schulbehörde die Schlechten handhabt.
...
Es ist sicherlich regional unterschiedlich, aber Klassengrößen von 25-30 Schülern halte ich persönlich für nicht förderlich für Disziplin und Lernklima.
Außerdem sind etliche Schulen froh, wenn sie überhaupt genug Leute haben, um den Unterricht abzudecken. Da gibt es vielmals keinen Ersatz für dauerhaft kranke Lehrerkollegen und schon gar nicht für kurzfristig erkrankte. Die Vertretungsreserven sind oft ein Witz und Referendare werden als Lehrer missbraucht, bis es kracht.
Da kann die Schulleitung oft nicht viel machen. Wenn weiter oben der Lehrer- und Geldhahn zugedreht wird, geht nichts.

Und auch Schulwechsel schreibt sich leichter als es manchmal ist. Dazu muss erstmal eine Schule greifbar sein, die auch Platz hat und erreichbar ist.
Titel: Re: Gute Schulen?
Beitrag von: crabel am 06. September 2010, 00:12:52
@andy
Ja, die Überlegung finde ich auch vernünftig. Keine Frage. Darum will ich ihm auch Beistand geben!
Mich hat vor allem die Waldorf Idee erschreckt. Ich muss ehrlich sagen, bis vor ein paar Wochen war das für mich einfach ein Schulkonzept ohne Noten. Und eher angesehen. Das ist das, was man in den Medien einfach hört. Ich forsche solchen Sachen nach, aber ich befürchte, ich bin ein seltenes Exemplar. Bitter eigentlich.

Das es übrigens keinen Dachverband gibt, ist mir schon klar, aber mir hätten ja schon 1-2 unter Skeptikern(!) angesehene Pädagogen gereicht ;-) Ich wollte einfach irgendwas glaubwürdiges ohne mich zu Tode zu recherchieren!

Das Angebot der kritischen Literatur nehme ich daher gerne an. Danke sehr! Das ist eigentlich genau das was ich wollte.

@de Bunker:
Das ich mit Mord ein ein wenig den polemischen Pfad beschritten habe, ist hoffentlich nicht unklar. 1 Jahr Gefängnis ist vermutlich auch bei uns ausreichend. Aber sogar das reicht doch, oder? ;-)
Und wegen Alkoholismus, tja, ich fürchte da ist in Österreich wirklich noch kein Beamter dafür entlassen worden... Ist eine Berufskrankheit.
Titel: Re: Gute Schulen?
Beitrag von: andy am 06. September 2010, 00:20:15
Zitat von: Graf Zahl am 05. September 2010, 23:53:05

Zitat von: crabel am 05. September 2010, 21:16:33
Um die guten Lehrer geht es mir eigentlich weniger. Die Frage ist eher, wie die Schule/Schulbehörde die Schlechten handhabt.
...
Es ist sicherlich regional unterschiedlich, aber Klassengrößen von 25-30 Schülern halte ich persönlich für nicht förderlich für Disziplin und Lernklima.
Außerdem sind etliche Schulen froh, wenn sie überhaupt genug Leute haben, um den Unterricht abzudecken. Da gibt es vielmals keinen Ersatz für dauerhaft kranke Lehrerkollegen und schon gar nicht für kurzfristig erkrankte. Die Vertretungsreserven sind oft ein Witz und Referendare werden als Lehrer missbraucht, bis es kracht.
Da kann die Schulleitung oft nicht viel machen. Wenn weiter oben der Lehrer- und Geldhahn zugedreht wird, geht nichts.

Und auch Schulwechsel schreibt sich leichter als es manchmal ist. Dazu muss erstmal eine Schule greifbar sein, die auch Platz hat und erreichbar ist.

Da gebe ich dir durchaus recht. Ein Schulwechsel ist sicherlich nicht einfach. Von einer staatlichen in eine private geht aber fast immer, weil der Schüler da Kunde und somit Geldquelle ist.
In der Qualität des Unterrichts sehe ich keinen großen Unterschied zwischen staatlichen und alternativen Schulmodellen (große Ausnahme Waldorf!). Im Zweifelsfall hängt es von der einzelnen Schule ab, wie Lehrermangel und Geldmangel gehandhabt wird. Ich habe schon Schüler aus grandiosen reformpädagogischen Schulen erlebt, aber auch schon welche aus absolut unsäglichen und genau so habe ich das mit den staatlichen Schulen erlebt. Mag aber eventuell auch bundeslandabhängig sein.

Die Schulbehörde ist eine Behörde. Da geht es zu, wie in jeder anderen Behörde. Da ist leider nicht wirklich viel zu erwarten. Entscheidend ist, wie der Schulleiter von seinem Kollegium erwartet, bzw. wie er mit Lehrern umgeht. Der hat wesentlichen Einfluss darauf, wie unterrichtet wird und wer was unterrichtet.

@crabel
Die Sache mit der kritischen Literatur zu Steiner waren die Worte meiner Professorin. Dadurch hat Sie mir quasi das Steiner'sche Konzept nahe gebracht, oder besser ferne. Ich habe aber leider wie gesagt nur noch kritisches zu Waldorf. Die anderen Unterlagen und Bücher habe ich nicht mehr.
Ich kann dir dazu aber gerne mal ein paar Links und Buchtipps zusammenstellen. Nur gib mir bitte ein paar Tage Zeit dafür.
Titel: Re: Gute Schulen?
Beitrag von: crabel am 06. September 2010, 00:25:49
@Graf Zahl
Die Elternsicht kann ich persönlich nicht nachvollziehen, kann sein. Keine Ahnung, an was sich meine Eltern von meinen Lehrern erinnern. Muss sie mal fragen.

Ja, 25- 30 ist Wahnsinn. Wir waren 15 oder 16. Gerade genug die Mindestanzahl für 2 Klassen zu haben. Sozusagen gesegnet.
Ich werfe die Lehrersituation gar nicht den Schulen vor. Klar, ein cleverer Direktor kann was rausholen. Keine Frage. Peanuts. Ich werfe sie der Politik vor. Schule/Lehre/Uni/... sind das wichtigste Gut überhaupt. Die beste Investition in die Zukunft. Ich werfe dem Staat vor, da nicht genug zu tun.
Titel: Re: Gute Schulen?
Beitrag von: crabel am 06. September 2010, 00:32:37
@andy
Keine Hektik! Der Bub wird nächstes Jahr eingeschult, als wirklich nicht dringend. ;-)
Danke nochmal!
Titel: Re: Gute Schulen?
Beitrag von: andy am 06. September 2010, 00:38:43
Zitat von: crabel am 06. September 2010, 00:25:49
Ja, 25- 30 ist Wahnsinn. Wir waren 15 oder 16.

So wenige! Da bin ich dir im Nachhinein noch neidisch. Wir waren 36 - 42. Und es herrschte Zucht und Ordnung! Das war übrigens Anfang der 70er. Ich hatte aber durchaus Mitschüler, die sich an dieser Schule wohl gefühlt haben.
Du hast schon recht mit der Politik. Da liegt die eigentliche Ursache. Andererseits, wenn ich mir die Schulgeschichten meiner Elterngeneration anhöre, dann hat sich wirklich vieles zum positiven verändert. Und unterschätze die Position eines Schulleiters nicht. Der hat schon einen gewissen, nicht unwesentlichen Einfluss darauf, welche Leute er kriegt und ob er sie ihren Fähigkeiten gemäß einsetzen kann. Nur haben die Eltern leider vorher wenig Möglichkeiten den Schulleiter genauer unter die Lupe zu nehmen.
Titel: Re: Gute Schulen?
Beitrag von: crabel am 06. September 2010, 00:48:29
Ja, das glaub ich dir mit der Anzahl! Wir hatte echt Glück. Die Teilerzahl war 30 und wir waren 31 Schüler oder so.
Der Schulleiter hat ganz sicher Einfluss! Mächtigen nochdazu.

Mein Gym Schulleiter war ein hochintelligenter Philosoph, der schon wusste, wie er sich die Dinge richtet. Lustig war es seinen Reden zuzuhören. Ein Satz, 10 Minuten und am Ende hat er die ganzen kurzen Nebensätze aufgelöst. Kein Mensch hat je gewusst wovon er redet und ob das jetzt wirklich korrekt ist.

Aber das meinte ich ja, es kommt eigentlich nur auf die Lehrer(gruppe) an. Ist das Team gut, ist alles super.
Titel: Re: Gute Schulen?
Beitrag von: andy am 06. September 2010, 01:05:13
Zitat von: crabel am 06. September 2010, 00:48:29
Mein Gym Schulleiter war ein hochintelligenter Philosoph, der schon wusste, wie er sich die Dinge richtet. Lustig war es seinen Reden zuzuhören. Ein Satz, 10 Minuten und am Ende hat er die ganzen kurzen Nebensätze aufgelöst. Kein Mensch hat je gewusst wovon er redet und ob das jetzt wirklich korrekt ist.
Nein wie niedlich. Das war bestimmt lustig mit dem.

Ich glaube bei mir war die Teilerzahl bei 38. Aber ich war auf einer ganz sonderbaren Schule. Eine staatlich finanzierte Privatschule. Das heißt, die Schule musste sich an die staatlichen Lehrpläne halten und sonst auch Unterricht wie an staatlichen Schulen machen. Dafür durfte sie kein Schulgeld verlangen. Unsere Lehrer waren teilweise Beamte, teilweise nur Angestellte. Aber es gab eben auch gewissen Freiheiten für die Schule, wie zum Beispiel nicht die Pflicht, die Klassen teilen zu müssen. Nur an den Staatlichen Schulen waren die Klassen meistens auch bis zum Anschlag voll, weil ich bei den berühmten geburtenreichen Jahrgängen war.
Titel: Re: Gute Schulen?
Beitrag von: Conni am 06. September 2010, 07:09:09
Was ich in D. völlig unmöglich finde, ist die Kleinstaaterei im Schulwesen. Schule ist Ländersache und das Niveau höchst unterschiedlich. Aber da will keiner ran, jeder Vorstoß, hier etwas Ordnung zu schaffen, lässt die Länderchefs laut herumgreinen, ob der dann verlorenen "Kompetenz". Es ist eine Schande.

Bedenklich ist auch, dass in den erfolgreicheren Bundesländern der Schulerfolg des Kindes eng mit dem sozialen Status der Familie korreliert, d.h. arme Kinder haben weniger Bildungschancen.
Titel: Re: Gute Schulen?
Beitrag von: Ridcully am 06. September 2010, 09:20:07
Zitat von: andy am 05. September 2010, 23:28:42Du kannst dich aber mal bei Wikipedia durchlesen: Neill, Korczak, Freinet, Montessori. Die waren zwar alle religiös esoterisch motiviert, ..

???

Mir scheint Religion und Esoterik bei allen von dir genannten eine eher geringe Rolle bei ihren pädagogischen Überlegungen gespielt zu haben.

Die Reformpädagogik in Deutschland hat wie viele andere Bereiche enorm unter den Nazis gelitten. Der ganze linke und liberale Flügel wurde zerstört, übrig blieb der völkische und esoterische, wie eben die Waldorfschulen.
Titel: Re: Gute Schulen?
Beitrag von: andy am 06. September 2010, 09:53:52
Zitat von: Ridcully am 06. September 2010, 09:20:07
Mir scheint Religion und Esoterik bei allen von dir genannten eine eher geringe Rolle bei ihren pädagogischen Überlegungen gespielt zu haben.

Die Reformpädagogik in Deutschland hat wie viele andere Bereiche enorm unter den Nazis gelitten. Der ganze linke und liberale Flügel wurde zerstört, übrig blieb der völkische und esoterische, wie eben die Waldorfschulen.

Okay. Das war wohl etwas verallgemeinert. Vielleicht trifft's der Ausdruck ideologisch bedingt besser. Was natürlich durch die damalige Situation zu erklären ist. Keine Frage.
Aber beispielsweise Montessori war überzeugte Theosophin und hat ihr Schulkonzept auf theosophischem Hintergrund entwickelt. Ich sehe das eher als gücklichen Zufall, dass dabei was vernünftiges raus gekommen ist. Außerdem war das, was sie gemacht hat auf ihre Zeit und ihre unmittelbare Umgebung zugeschnitten. Die heutigen Montessorischulen haben da zuweilen durchaus Schwierigkeiten, dies den heutigen Umständen anzupassen. Zumal sie testamentarisch streng festgelegt hatte, dass es keinerlei Modifikation ihres Konzeptes geben darf.
Was Korczak gemacht hat finde ich sehr beeindruckend, sogar erschütternd, dass er sein Leben für seine Schüler geopfert hat. Aber dass er dieses Konzept entwickelt hat war durch die damaligen Umstände und seine Religion bedingt. Auch das ließe sich nicht annähernd auf heutige Zeiten übertragen.
Neill war stark christlich orientiert und sein Konzept hing von seiner ausgeprägten Persönlichkeit ab. Nach seinem Tod ging's mit seiner Schule Summerhill rasant bergab.
Über Freinet weiß ich nicht so arg viel. Aber ich habe schon den Eindruck, dass seine politische Überzeugung religiösen Charakter hatte.

Damit will ich nicht sagen, dass diese Reformschulen schlecht wären. Sie waren zu ihrer Zeit sicherlich richtig und sinnvoll und wichtig. Damals war das staatliche Schulsystem tatsächlich, um es kurz zu fassen, zum in die Tonne kloppen. Nur ist es schon wichtig, auf den Hintergrund zu achten, auf dem diese Schulen aufgebaut wurden und vor allem daruf zu achten, wie viel davon heute noch in diesen Konzepten enthalten ist. Denn was vor huntert Jahren gut und richtig war muß es heute längst nicht mehr sein.
Titel: Re: Gute Schulen?
Beitrag von: andy am 06. September 2010, 10:21:06
Zitat von: Conni am 06. September 2010, 07:09:09
Was ich in D. völlig unmöglich finde, ist die Kleinstaaterei im Schulwesen.
Yep. Das finde ich auch unmöglich. Aber du weißt doch, dass jedes Bundesland die einzig wahre Schulpolitik betreibt. ;-) Ich mag mir gar nicht ausmalen, was passieren würde, wenn staatlich verordnet würde, dass ein einheitliches Schulsystem her muß. Ist das Gemaule ja jetzt schon unerträglich.

Zitat von: Conni am 06. September 2010, 07:09:09
Bedenklich ist auch, dass in den erfolgreicheren Bundesländern der Schulerfolg des Kindes eng mit dem sozialen Status der Familie korreliert, d.h. arme Kinder haben weniger Bildungschancen.
Ja. Das ist wirklich ätzend. Vor allem wo gleichzeitig ständig Chancengleichheit gepredigt wird.
Titel: Re: Gute Schulen?
Beitrag von: Ridcully am 06. September 2010, 10:27:15
Zitat von: andy am 06. September 2010, 09:53:52Okay. Das war wohl etwas verallgemeinert. Vielleicht trifft's der Ausdruck ideologisch bedingt besser. Was natürlich durch die damalige Situation zu erklären ist. Keine Frage.

Irgendeine Ideologie braucht man, wenn man sich eine neue Pädagogik ausdenken will. Man kann die Kinder schlecht nach einem Zufallsprinzip erziehen und dann empirisch überprüfen, was rauskommt. Wofür man ebenfalls wieder eine Ideologie bräuchte, die einem sagt, woran man eigentlich den Erfolg messen soll.

Oder anders: "ideologisch" sind immer die Überzeugungen, die man nicht teilt. Das ist keine sinnvolle Kritik.

Zitat von: andy am 06. September 2010, 09:53:52Aber beispielsweise Montessori war überzeugte Theosophin und hat ihr Schulkonzept auf theosophischem Hintergrund entwickelt.

Ich dachte, sie sei Katholikin gewesen. Aber anscheinend hast du zumindest teilweise recht:

ZitatFreundschaftliche Beziehungen und auch inhaltliche Übereinstimmungen zwischen Montessori und der theosophischen Gesellschaft sind hinsichtlich ihrer tatsächlichen Bedeutung immer wieder zum Gegenstand von Streitigkeiten geworden. Fest steht, daß Maria Montessori von 1939–46 im Hauptquartier der Theosophischen Gesellschaft im indischen Adyar (Madras) lebte und lehrte. Auch lassen sich inhaltliche Entsprechungen zwischen theosophischen Überzeugungen und Schriften v.a. der älteren Maria Montessori aufweisen, für die eine überkonfessionelle Spiritualität eine immer größere Rolle spielte. Auch wenn sich keine Belege finden lassen, die die Ansicht eindeutig begründen könnten, Montessori teile die theosophische Lehre von der Wiedergeburt, und auch wenn Montessori selbst sich zeitlebens als Katholikin bekannt hat, zeigt etwa ihre Auffassung von der »Göttlichkeit« der kindlichen Natur deutliche Parallelen zu Steiners Anthroposophie.
http://www.erziehungskunst.de/artikel/forum/paedagogik-gross-gedacht-montessori-und-steiner-im-vergleich/

Ihre pädagogische Tätigkeit setzte allerdings Jahrzehnte früher ein. Einen Niederschlag hat ihr zumindest in späteren Jahren esoterisches Weltbild allerdings gefunden, die "kosmische Erziehung":

http://de.wikipedia.org/wiki/Montessoripädagogik#Kosmische_Erziehung

Zitat von: andy am 06. September 2010, 09:53:52Was Korczak gemacht hat finde ich sehr beeindruckend, sogar erschütternd, dass er sein Leben für seine Schüler geopfert hat. Aber dass er dieses Konzept entwickelt hat war durch die damaligen Umstände und seine Religion bedingt. Auch das ließe sich nicht annähernd auf heutige Zeiten übertragen.

Seine pädagogischen Konzepte hat er nicht erst im Ghetto entwickelt. Was an ihnen spezifisch jüdisch ist, ist mir unklar.

Zitat von: andy am 06. September 2010, 09:53:52Neill war stark christlich orientiert und sein Konzept hing von seiner ausgeprägten Persönlichkeit ab. Nach seinem Tod ging's mit seiner Schule Summerhill rasant bergab.

Mir scheint er eher durch die Psychoanalyse beeinflusst gewesen zu sein, die man allerdings durchaus als esoterisch bezeichnen kann.

Zitat von: andy am 06. September 2010, 09:53:52Über Freinet weiß ich nicht so arg viel. Aber ich habe schon den Eindruck, dass seine politische Überzeugung religiösen Charakter hatte.

Nämlich welchen?

Entscheidend scheint mir zu sein, ob die ursprünglichen Ansätze zu einem Dogma wurden und so zumindest quasireligiösen Charakter gewonnen haben. Unsinnige Thesen kann man hingegen gerne vertreten, solange man auch bereit ist, sie auch wieder in die Tonne zu treten.
Titel: Re: Gute Schulen?
Beitrag von: rincewind am 06. September 2010, 10:35:56
Nochmal zurück zu Crabels Frage: Es ist zwar schön, wenn sich die Eltern da einen Kopf machen, aber erstmal ist bei sowas abwarten und Ruhe angesagt. Wie ein Kind mit der Schule zurechtkommt, hängt nur zum Teil von der Schulform ab, ganz stark auch von den Umständen vor Ort, von den Lehrern, Freunden etc. Eine staatliche Schule ist grundsätzlich erst mal überhaupt nicht schlecht. Wenn das Kind dazu passt, von seiner Entwicklung und Interessen her, kann es da relativ gut durchschlüpfen. Man sollte es gelassen beobachten.
Titel: Re: Gute Schulen?
Beitrag von: andy am 06. September 2010, 10:41:28
Ridcully,

vielleicht hast du mich missverstanden. Ich will hier Anregungen geben, wie man sich über reformpädagogische Modelle informieren kann. Ich habe weder Lust, noch Zeit hier ein virtuelles Seminar über Reformpädagogik zu halten. Ich erhebe keinesfalls Anspruch auf Vollständigkeit oder absolute Wahrheit. Ich habe allerdings so meine Zweifel daran, dass du Interesse an einer konstruktiven Diskussion hast. Da du unter anderem erziehungkunst.de als Quelle angibts, werde ich vorerst nicht weiter mit dir über die Thematik diskutieren. Bitte suche dir objektive Informationen. Dann können wir gerne weiter reden.
Titel: Re: Gute Schulen?
Beitrag von: Ridcully am 06. September 2010, 12:31:30
Man wird doch wohl noch Anthroseiten als Quelle für Theosophie zitieren dürfen, das ist doch deren Fachgebiet. Und wenn ich schon die Belege für deine Behauptungen suche, dann pamp mich bitte nicht für die Qualität der Quellen an. Ich hab doch schon dazu gelernt, und ich lerne gerne weiter:

ZitatMontessori spricht, ganz im Sinne der Theosophie, vom Gott als allmächtiger kosmischer Architekt alles Werden, der die gesamte kosmische Evolution nach einem intelligenten Plan entworfen hat. Er hat jedem menschlichen Individuum seinen Platz auf der Erde und sein Curriculum zugeteilt. Hier liegt der Ursprung des theosophischen und von Montessori ausgebauten Gedankens einer kosmischen Erziehung
http://www.montessori-paedagogik.info/montessoris-anthropologische-sicht-des-menschen/

ZitatMaria Montessori mit Sohn Mario in Indien 1940

Im Sommer 1939 begab sich Maria Montessori zusammen mit ihrem Sohn Mario auf Einladung der Theosophischen Gesellschaft auf Seereise nach Indien. (...) Ihr beider Arbeitsschwerpunkt lag auf der Erarbeitung einer Konzeption zur Kosmischen Erziehung, einem Bildungskonzept, das natur-, sozialwissenschaftliche und religiös-moralische Perspektiven zu integrieren versucht.
http://www.montessori-deutschland.de/748.html?&MP=207-778

ZitatAnders als in der Waldorfschulen-Bewegung wurde auf die, von den Adyar-Theosophen geförderte Montessori-Schulen-Bewegung keinerlei weltanschaulicher Einfluss genommen.
http://de.wikipedia.org/wiki/Theosophische_Gesellschaft_Adyar

ZitatEine Antwort auf die große Frage der Menschheit sah Montessori in der Versöhnung von Religion und Wissenschaft. Schon 1899 war sie der Theosophischen Gesellschaft beigetreten. Einer Bewegung, die das Göttliche hinter der Evolution erkennen und so eine Art Universalethik begründen wollte. Da, wo ihre Theorie den Pfad der wissenschaftlichen Pädagogik verlässt, um sich auf einer göttlich inspirierten Metaebene auch den letzten Fragen der Menschheit zuzuwenden, wird sie unpräzise und dehnbar. Was dazu führt, dass Montessori in der ganzen Welt unterschiedlich ausgelegt wird, meint Winfried Böhm.
http://www.swr.de/swr2/programm/sendungen/wissen/-/id=3666080/property=download/nid=660374/6i4wss/swr2-wissen-20080830.rtf

Keine Ahnung, ob die Quellen seriöser ist.

Ich hab im Hinterkopf, das die Montessori-Pädagogik recht autoritär und mitnichten irgendwie progressiv ist. Nur könnte ich nicht mehr begründen, wieso. Allerdings scheinen das Kritiker ähnlich zu sehen:

ZitatBei den Recherchen zu Theorie und Praxis der Montessori-Pädagogik bin ich auf eine Reihe von Fragestellungen gestoßen. In thesenhafter Zuspitzung

Montessori-Pädagogik ist eine esoterische Heilslehre

Montessori-Pädagogik ist nicht wissenschaftlich begründet

Montessori-Pädagogik ist einem vormodernen Denken verhaftet

Montessori-Pädagogik zielt auf Anpassung und Gehorsam, nicht auf Freiheit und Selbstständigkeit ab

Montessori-Pädagogik ist untauglich für demokratische, pluralistische Gesellschaften

Montessori-Pädagogik ist kritikresistent

Montessori-Pädagogik ist ein erfolgreiches Franchise-Verkaufsmodell
http://montessori-muenster.info/meine_kritik.htm

Du selbst schreibst, Montessori habe festgelegt, dass es keine Änderungen an ihrem Konzept geben dürfte. Wen sich die Montessoribewegung da tatsächlich dran gebunden sieht, dann muss man wohl sagen, dass es sich um eine Religion und nicht um eine erziehungswissenschaftliche Schule handelt.

Mir scheint, dass die andere reformpädagogischen Modelle in Deutschland leider nicht besonders verbreitet sind und man praktisch nur die Wahl zwischen Schulen der Steinersekte und Montessorisekte hat.
Titel: Re: Gute Schulen?
Beitrag von: crabel am 06. September 2010, 13:03:52
[Ächz. Da fängt man an zu schreiben, geht Mittagessen, Kaffee usw. und schon ist man 5 replys weiter. Ich lass das jetzt aber stehen]
Also, als Laie gesprochen, der die Namen grad mal durch google gejagt und ein paar Links oberflächlich abgeklappert hat:

Montessori ist mir schon eher merkwürdig vorgekommen. Begriffe wie "Kosmische Erziehung" und ein paar der Thesen würde ich schon genauer gegen aktuelles Wissen prüfen wollen.
Neill war offensichtlich mit Wilhelm Reich befreundet. Ok, das der im Alter "merkwürdig" wurde, dafür kann er ja nichts. Aber ich bin da immer skeptisch, wenn jemand mit einem Rübenkopf befreundet ist. Die Leute haben dann oft ähnliche Anschauungen.

Die Korczak Wikipedia-Seite war sehr lesenswert. Hat mich auch beeindruckt und erschüttert. Die wenigen Sätze über seine Philosophie klingen gut.
Die Freinet Pädagogik klingt ganz interessant.
---

Ich habe jetzt auch mal nach lokalen Schulen gegoogelt. Und man hat wohl tatsächlich nur die Auswahl zwischen Montessori und Waldorf. Naja.
Bei aller möglichen Kritik an der "normalen" Schule scheinen mir die Alternativen auch nicht so besonders zu sein. Es bleibt wohl dabei, dass es an den Lehrern als Einzelpersonen hängt...
Titel: Re: Gute Schulen?
Beitrag von: andy am 06. September 2010, 13:33:06
Okay, okay, Ridcully. Ich bin schon wieder friedlich. Du willst wohl wirklich ernsthaft über das Thema reden. Da mach ich gerne mit.

Anthroseiten als Quelle für Theosophie sind für mich ein rotes Tuch. Du kannst leider nicht erwarten, dass die Informationen objektiv sind, weil Steiner sozusagen ein Theosophen-Abtrünniger war. Da bekommst du eher die ver-anthroposophierte Darstellung der Theosophie.
Leider habe ich im Moment wirklich keine Zeit ausführliche Quellen zusammen zu suchen. Ich kann nur wiedergeben, was ich so aus meinem Gedächtnis ausgrabe. Wie gesagt nur als Anregung, ohne Anspruch auf Vollständigkeit oder Richtigkeit.
Die Montessori-Seiten, die du zitierts finde ich eine klasse Quelle. Das sind mal wirklich die Originalinformationen. Die wäre sicher auch für crabels Nachbarn interessant.
Ich weiß außer den Schulen der Steiner-Sekte und der Montessori-Sekte, wie du sie so schön nennst auch keine reformpädagogischen Schulen, die in Deutschland flächendeckend verbreitet wären. Aber wer weiß, was bei crabels Nachbarn in der Nähe so im Angebot ist...
Dass Montessori Katholikin war finde ich naheliegend, wenn man bedenkt wo sie her kommt. Christentum und Theosophie schließen sich aber genau so wenig aus wie Christentum und Anthroposophie. Mit dem Glauben an eine unsichtbare übergeordnete Macht lässt sich so einiger unlogischer Unfug anstellen.
Ich finde jetzt auf die Schnelle keinen auführlichen Text über Montessoris Testament. Ich weiß nur, dass sie bewusst den Kindern nur eine Basis mitgeben wollte, mit der diese sich quasi, sofern sie die Gelegenheit dazu haben auf eigene Intitative weiter bilden können. Einerseits hat sie dabei nicht bedacht, dass mit zunehmendem Weltwissen der zeitliche Aufwand, diese Basis zu vermitteln größer wird. Andererseits hat sie ihr Konzept, wenn ich das richtig in Erinnerung habe auf arme Bauernkinder zugeschnitten, die gar nicht die Möglichkeit hatten, regelmäßig in die Schule zu gehen.
Der richtig große Vorteil, den dieses Konzept dadurch hat ist, dass die Kinder damit vor allem das Lernen lernen. Damit bekommen sie tatsächlich einen soliden Grundstock, mit dem sie sich weiter bilden können. Da hatte ich schon verblüffende Erlebnisse mit Montessorischülern, wie fit die sind, sich Stoff auf Eigeninitiative anzueignen. Der Nachteil ist, dass sich das Konzept ausschließlich und ausdrücklich auf die Grundbildung beschränkt. Von Lehrern weiß ich, dass es zum Beispiel in Bayern ein langwieriger Kampf war, bis an Montessorischulen endlich ein Realschulzweig eingeführt werden konnte. Ob dieses Testamtent, das das alles so fest schreibt noch gültig ist weiß ich nicht. Aber es gibt zum Beispiel keinen Gymnasialzweig an Montessorischulen. Außerdem ist es heute finde ich, nicht mehr so richtig Sinn der Sache, den Kindern den Großteil ihrer Bildung selbst zu überlassen.
Außerdem war Montessori weit überdurschnittlich gebildet. Für ihre Zeit sogar sensationell. Aus diesem Blickwinkel betrachtet finde ich es reichlich elitär, den "anderen" nur eine Grundbildung zu vermitteln. In einem gewissen Maß hat sich das heute natürlich relativiert. Aber dieses Prinzip, ich lehre dich das Lernen und wenn du mehr willst, dann schau alleine wie du klar kommst bremst natürlich viele aus, die eine höhere Bildung anstreben.
Ich hab noch ein kleines Zitat, das vielleicht ganz gut zeigt, dass es Montessori wohl schon geglaubt hat, sie hätte den Stein der Weisen gefunden. Dass die Seite von der ich das habe was taugt kann ich nicht garantieren.
ZitatIhr Werk wurde gemäß ihrem Wunsch von ihrem Sohn, Mario Montessori, weitergeführt. Sie schreibt in ihrem Testament: "... das ist mein letzter Wille, weil mein Werk nur vollendet werden konnte, durch die Inspiration, die ich von ihm empfing, als er ein Kind war, und durch seine hingebungsvolle und beständige Mitarbeit ... Ich hoffe, dass er es zu glücklicher Vollendung führen kann, zum Wohle der Menschheit, die wir beide geliebt haben" (nach Günnigmann 1979, S. 24).
http://www.kindergartenpaedagogik.de/1588.html (http://www.kindergartenpaedagogik.de/1588.html)

@crabel
Mahlzeit!
Da pampe ich den armen Ridcully an, obwohl er nix dafür kann und du kriegst es gar nicht mit. Tz.
Ja. Ich komme auch immer wieder zu dem gleichen Schuss: Ich glaube auch, dass es im Wesentlichen von den Lehrern abhängt, wie gut das Kind in einer Schule aufgehoben ist.
Titel: Re: Gute Schulen?
Beitrag von: andy am 06. September 2010, 14:08:51
p.s.
Wenn ich mir die Zahl meiner Tippfelher anschaue, dann scheint meine eigene Schulbildung auch nicht das Wahre gewesen zu sein.   :o
Ich bitte die Fehler zu entschuldigen. Ihr dürft sie gerne behalten.
Titel: Re: Gute Schulen?
Beitrag von: crabel am 06. September 2010, 14:37:43
Und gleich noch Tippfehler falsch zu schreiben war schon die Krönung  ;D
Aber ist mir vor ner Weile hier ähnlich gegangen, 1 Zeile, 2 richtig peinliche Fehler ::)

Lernen lehren ist finde ich das wichtigste überhaupt. Und auf Verständnis lernen. Macht mir Montessori schon wieder eher sympathisch. Wenn ich mir ihre Lebensgeschichte so durchlese, interpretiere ich mal rein, dass sie sich selbst alles erarbeiten musste und keine bis wenig Hilfe hatte. Und die Fähigkeiten dazu wollte sie an die Kinder weitergeben.

Finde ich eigentlich überhaupt nicht elitär. Die armen Bauernkinder die du ansprichst waren vermutlich in genau der Situation. Niemand half ihnen. Ihnen das Rüstzeug zu vermitteln sich selber zu helfen war vermutlich sogar wirklich der Stein der Waisen. (pun intended)

Der Gedanke kann jetzt natürlich meiner Dichtkunst entsprungen sein, da ich mir im wesentlichen die 2 Wikipedia-Seiten zu der guten Dame durchgelesen habe...
Titel: Re: Gute Schulen?
Beitrag von: andy am 06. September 2010, 15:23:48
Zitat von: crabel am 06. September 2010, 14:37:43
Und gleich noch Tippfehler falsch zu schreiben war schon die Krönung  ;D
Wo ich mich doch sooooo bemüht habe. Möööönsch.

Zitat von: crabel am 06. September 2010, 14:37:43
Lernen lehren ist finde ich das wichtigste überhaupt. Und auf Verständnis lernen. Macht mir Montessori schon wieder eher sympathisch. Wenn ich mir ihre Lebensgeschichte so durchlese, interpretiere ich mal rein, dass sie sich selbst alles erarbeiten musste und keine bis wenig Hilfe hatte. Und die Fähigkeiten dazu wollte sie an die Kinder weitergeben.

Finde ich eigentlich überhaupt nicht elitär. Die armen Bauernkinder die du ansprichst waren vermutlich in genau der Situation. Niemand half ihnen. Ihnen das Rüstzeug zu vermitteln sich selber zu helfen war vermutlich sogar wirklich der Stein der Waisen. (pun intended)

Das Lernen lernen finde ich auch ganz wichtig. Das wird an Montessorischulen auch wirklich gut vermittelt. Zumindest an den Schulen, mit denen ich schon zu tun hatte. Ich glaube auch gerne, dass Montessori selbst wirklich gute Absichten hatte. Es ist ja auch was dabei raus gekomen, mit dem heute noch viele Schüler zu guter Bildung kommen. Der Haken ist halt leider, dass sie das so festzementiert hat. Das mag ich ihr aber auch nicht vorwerfen. Sie konnte sich wahrscheinlich einfach nicht vorstellen, dass sich die schulischen Bedingungen derart verändern können. Ob sie sich selber ihre Bildung wirklich so hart erarbeitet hat, da bin ich nicht ganz überzeugt. Daher der Gedanke mit dem Elitär.

Aber klar, wenn zur Wahl steht, staatliche Schule, Montessori, oder Waldorf, dann würde ich von Waldorf dringendst abraten. Bei den anderen hängt es wohl eher von den konkreten Schulen ab, welche die geeignetere ist. Womit wir wieder bei der Qualität der einzelnen Lehrkräfte sind.
Ich allerdings so ganz persönlich bin immer skeptisch, wenn Pädagogik einen religiösen Hintergrund hat. Da wäre ich nie ganz sicher, was da nebenbei unter Umständen auch unabsichtlich im Unterricht vermittelt wird. Aber das muss natürlich nicht für andere gelten.
Titel: Re: Gute Schulen?
Beitrag von: 71hAhmed am 06. September 2010, 20:50:33
Bei der ganzen Diskussion um Pädagogik bleibt meiner Meinung ein Faktor ziemlich unberücksichtigt, nämlich die Einstellung der Eltern.
Ich habe in der Schulzeit meiner beiden immer wieder, auch ( und gerade auch bei Menschen mit guter Bildung und Ausbildung) fetsgestellt, dass die Verantwortung für die Vermittlung von Fähigkeiten, die früher mal als Sache der Eltern angesehen wurden,(z.B. so altmodische Dinge wie etwas Disziplin, eine gewisse Ordnung halten können, aber auch eine gewisse Selbständigkeit in Alltagsdingen) immer mehr Kindergarten und Schule aufgedrückt werden. Wenn solche Vorraussetzungen nicht schon zuhause vermittelt werden, kann eine Schule das nicht unbedingt leisten, ohne von den leider knappen Ressourcen noch einiges zu verschwenden.

Aber abgesehen davon werden doch auch immer wieder Ansätze aus der Reformpädagogik in den "normalen" Schulbetrieb übernommen; wie die dann umgesetzt werden,liegt wieder am Kollegium und dem Einzelnen.
Titel: Re: Gute Schulen?
Beitrag von: Conni am 06. September 2010, 21:03:39
Zitat von: 71hAhmed am 06. September 2010, 20:50:33
Bei der ganzen Diskussion um Pädagogik bleibt meiner Meinung ein Faktor ziemlich unberücksichtigt, nämlich die Einstellung der Eltern.
....

Das ist fast die wichtigste Komponente. Und das findet schon weit vor der Schule statt. Wenn die Eltern den Kindern keinen Lernwillen, kein Interesse vermitteln, kann der beste Lehrer nichts ausrichten.
Titel: Re: Gute Schulen?
Beitrag von: crabel am 06. September 2010, 21:53:03
Ja, das glaube ich auch! War halt hier in der Diskussion für mich nicht so ein Thema.

Das die Schulen immer mehr aufgebürdet und gleichzeitig immer weniger Geld bekommen finde ich auch ziemlichen Mist. Und ich muss ehrlich sein, Lehrer in einer Integrationsschule in Wien, wo ein großer Prozentsatz der Kinder nicht deutsch kann, aus multikulturellem Umfeld stammt, möchte ich nicht sein. Kein Spaß. Eine Freundin war Betreuerin für schwer erziehbare und/oder straffällig gewordene Mädchen. Sie hat nach 10 Jahren aufgegeben. Konnte nicht mehr. Und sie meinte, es wird schlimmer. Weniger Geld/Betreuerinnen, mehr Jugendliche mit Problemen. Erfolgserlebnisse sind extrem selten.

Ich fürchte, genau das ist auch der Grund warum Privatschulen immer mehr Zulauf bekommen. Die wohlsituierte Mittelschicht schaut drauf das ihre Kinder eine bessere Ausbildung bekommen. Die Schere geht auseinander...
Titel: Re: Gute Schulen?
Beitrag von: crabel am 07. September 2010, 16:40:32
Weils grad dazu passt: OECD-Studie "Bildung auf einen Blick 2010"
http://science.orf.at/stories/1660445/
http://www.oecd.org/document/52/0,3343,en_2649_39263238_45897844_1_1_1_1,00.html