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Kolumne „Klarer Denken“ mit Rolf Dobelli, Die Zeit

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Begonnen von Wolleren, 16. Juli 2012, 22:35:18

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Wolleren

Einfach gut, deswegen hier mal abgetippt.

Titel: "Warum Sie oft blind für das Beste sind."

Aus der Zeit vom 5.7.2012, Seite 57.
(Hervorhebungen von mir)

Sie blättern in einem Prospekt, der Ihnen eine MBA-Ausbildung (Master of Business Administration) schmackhaft machen will. Ihr Blick schweift über die Fotos des efeubehangenen Campus und der ultramodernen Sportanlagen. Überall lachende Studenten im globalen Ethnomix (mit besonderem Akzent auf jungen Frauen, jungen Chinesen und jungen Indern). Auf der letzten Seite finden Sie eine Investitionsrechnung, die zeigen soll, dass sich ein MBA finanziell lohnt. Den Kosten von 100000 Euro steht ein Einkommen gegenüber, das Ihnen netto bis zu Ihrer Pensionierung 400000 Euro mehr bringt als ein Durchschnittsjob von Nicht-MBA-Absolventen. 300000 Euro Gewinn – ein no-brainer, oder? Keineswegs. Sie laufen Gefahr, gleich in vier Denkfallen zu tappen.


  • Die Swimmer's Body Illusion besagt: Der MBA zieht Menschen an, die viel Gewicht auf ihre Karriere legen und darum vermutlich ohnehin ein höheres Einkommen erzielt hätten als der Rest der Bevölkerung – auch ohne MBA.

  • Der zweite Denkfehler: Ein MBA dauert zwei Jahre. In dieser Zeit haben Sie mit einem Lohnausfall von, sagen wir, 100000 Euro zu rechnen. Also kostet der MBA nicht 100000, sondern 200000 Euro. Dieser Betrag, gut investiert, kann schnell mal das zusätzliche erwartete Einkommen durch ein MBA übersteigen.
  • Drittens, einen Betrag über 30 Jahre abzudiskontieren, ist idiotisch. Wer weiß schon, wie die Welt in 30 Jahren aussieht?
  • Viertens, die Alternative ist nicht ,,kein MBA", sondern vielleicht eine andere Ausbildung, die bedeutend weniger kostet und gleichfalls karrierefördernd ist.
Es ist dieser vierte Denkfehler, der uns hier interessiert. Nennen wir ihn Alternativenblindheit: Wir vergessen systematisch, einen Vorschlag mit der nächstbesten Alternative zu vergleichen.
Ein Beispiel aus der Finanzwelt. Angenommen, Sie haben etwas Geld auf dem Sparkonto liegen und fragen Ihren Anlageberater nach einer Empfehlung. Er schlägt Ihnen eine Anleihe vor, die Ihnen fünf Prozent Zinsen erwirtschaftet. ,,Das ist doch viel besser als die ein Prozent auf dem Sparkonto", sagt er. Ist es sinnvoll, die Anleihe zu kaufen? Wir wissen es nicht, denn der Vergleich mit dem Sparkonto ist falsch. Richtigerweise müssten Sie die Anleihe mit allen anderen Anlagemöglichkeiten vergleichen und daraus die beste wählen. So macht es auch der Star-Investor Warren Buffett: ,,Jeder unserer Deals wird am zweitbesten Deal gemessen, der zu einer bestimmten Zeit möglich ist – selbst, wenn es bedeutet, mehr von dem zu tun, was wir bereits tun."

Im Gegensatz zu Warren Buffett sind Politiker ziemlich oft mit Alternativenblindheit geschlagen. Angenommen, die Stadt, in der Sie leben, plant den Bau einer Sportarena auf einem heute unbebauten Stück Land. Die Befürworter argumentieren, dass eine Sportarena der Bevölkerung emotional und finanziell viel mehr bringe als eine leere Wiese. Doch der Vergleich mit der leeren Wiese ist falsch. Richtigerweise müsste man die Sportarena mit allen anderen Möglichkeiten vergleichen, die durch den Bau der Sportarena an diesem Ort unmöglich werden – zum Beispiel den Bau einer Schule, eines Krankenhauses, einer Verbrennungsanlage und so weiter – bis hin zum Verkauf der Wiese und der Anlage des Verkaufserlöses an der Börse.

Und Sie persönlich, sind Sie alternativenblind? Sagen wir, Ihr Arzt entdeckt einen Tumor, der in fünf Jahren zu Ihrem sicheren Tod führt. Er schlägt eine komplizierte Operation vor, die, wenn sie gelingt, den Tumor vollständig entfernt, aber mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent tödlich verläuft. Wie entscheiden Sie? Sie wägen ab: sicherer Tod in fünf Jahren oder 50 Prozent Todeswahrscheinlichkeit nächste Woche. Alternativenblindheit! Vielleich gibt es die Variante einer invasiven Operation, die den Tumor zwar nicht vollständig entfernt, aber viel sicherer ist und die Lebenszeit auf zehn Jahre erhöht. Wer weiß, vielleicht kommt in den gewonnenen Jahren eine Therapie auf den Markt, mit der der Tumor risikolos eliminiert werden kann. –

Fazit: Wenn Sie vor die Wahl zwischen A und dem Status quo (kein MBA, leere Wiese, keine Operation) gestellt werden, tendieren Sie dazu, A mit dem Status quo zu vergleichen. Das ist falsch. Machen Sie sich die Arbeit, und vergleichen Sie A immer auch mit B, C, D, E und F. Sonst macht Ihnen bald jemand ein X für ein U vor.

Warum gibt es an der VHS keine Kurse im Denkenlernen (z.B. auch Dietrich Dörner: Die Logik des Misslingens)? Sollten wir hier mal ein Kursprogramm entwerfen?

Dr. Ici Wenn

Zitat von: Wolleren am 16. Juli 2012, 22:35:18

Warum gibt es an der VHS keine Kurse im Denkenlernen (z.B. auch Dietrich Dörner: Die Logik des Misslingens)? Sollten wir hier mal ein Kursprogramm entwerfen?

Eine gute Idee. Oder eine Blogserie. Ist natürlich viel Arbeit.

Elfenstaub

2-3 Elfen, luftgetrocknet, mit dem Mörser zerstoßen bis die Konsistenz von Puderzucker erreicht ist: Elfenstaub!

Giftig wie Aspartam, süß wie Dihydroxymonoxid und nicht überdosierbar.