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Religion und Moral

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Begonnen von Chris224, 28. März 2012, 23:15:49

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prime-pippo

Zitat von: Chris224 am 04. April 2012, 15:43:26

Das "Göttlich" bezieht sich dabei eher auf den Anspruch, dass es anscheinend Werte gibt, die man als allgemeingültig gültig bezeichnen könnte

Sie sind dann allgemein gültig, wenn sie für allgemein gültig gehalten bzw. erklärt werden. Absolut oder göttlich ist da imho gar nichts.


P.Stibbons

Ich erinnere noch mal daran, dass Chris eine Frage gestellt hat, die in eine etwas andere Richtung ging:

ZitatMöglicherweise gibt es dafür ja auch Beweise oder Andeutungen bei den Etnologen, die ja von unserer Zivilisation ziemlich unbehelligt gebliebene Völker und deren Religiöse/Moralische Entwicklung beobachten.
Gibt es hierzu Theorien oder aussagekräftige Beobachtungen?





zwingenberger

Na, sagen wir mal so:

Religion - nein, nicht Gott, denn damit geht man bereits von einem religiösen Vorverständnis aus - ist eine mögliche Quelle von Moral.

Ob sie wertvoller oder wichtiger ist als andere, ist zu bestreiten, denn der Geltungsgrund religiöser Moral ist ein transzendenter und damit ein spekulativer. Ob sie wirkungsvoller ist, ist hingegen eine Frage, die man empirisch untersuchen kann. Und da sieht die Beweislage, soviel mir geläufig ist, eher flau aus.

prime-pippo

Selbstverständlich gibt es gängige Werte, diese ergeben sich aber nicht aus Gott oder ähnlichen Modellen, sondern aus der Fähigkeit des Menschen zur Empathie !

http://de.wikipedia.org/wiki/Goldene_Regel

P.Stibbons

Zitat von: prime-pippo am 04. April 2012, 17:47:28
Selbstverständlich gibt es gängige Werte, diese ergeben sich aber nicht aus Gott oder ähnlichen Modellen, sondern aus der Fähigkeit des Menschen zur Empathie !

http://de.wikipedia.org/wiki/Goldene_Regel

Schönes Beispiel, denn dort heißt es:

Zitat
Europäer im 17. Jahrhundert prägten den Begriff für die in der Bibel überlieferten Regelbeispiele, die das Tora-Gebot der Nächstenliebe (Lev 19,18 EU) als allgemein gültiges und einsehbares Verhalten auslegen.

prime-pippo

Zitat von: P.Stibbons am 04. April 2012, 18:09:30
Zitat von: prime-pippo am 04. April 2012, 17:47:28
Selbstverständlich gibt es gängige Werte, diese ergeben sich aber nicht aus Gott oder ähnlichen Modellen, sondern aus der Fähigkeit des Menschen zur Empathie !

http://de.wikipedia.org/wiki/Goldene_Regel

Schönes Beispiel, denn dort heißt es:

Zitat
Europäer im 17. Jahrhundert prägten den Begriff für die in der Bibel überlieferten Regelbeispiele, die das Tora-Gebot der Nächstenliebe (Lev 19,18 EU) als allgemein gültiges und einsehbares Verhalten auslegen.

Ich bin mir nicht sicher, worauf du hinaus willst. Bevor ich jetzt Schwachsinn schreibe, könntest du kurz erklären, was du mit dem Zitat zeigen/sagen möchtest?

P.Stibbons

Wenn du die Quellen studierst, die im Wiki-Artikel angegeben sind, findest du die jeweiligen philosophischen und/oder religiösen Einflüsse dargestellt, aus denen sich diese Vorstellung speist.

Was ich meinte, ist:

es lässt sich vermutlich nicht mehr auseinander dividieren, woher der Kern der "Goldenen Regel" kommt.
Die ältesten Quellen scheinen ja auf Persien zu verweisen; dort könnten die Juden sie zur Zeit der Babylonischen Gefangenschaft aufgesammelt haben.

ZitatAltorientalische Weisheit

Die um 700 v. Chr. entstandene Spruchsammlung des Achiqar, die ältere Sprüche anderer Quellen aufnahm,[21] war im Alten Orient als Teil einer Weisheitserzählung über einen assyrischen Hofbeamten weit verbreitet. In der nachchristlichen Übersetzung einer frühen, verlorenen syrischen Version in das Armenische finden sich Ratschläge des Achiqar an seinen Sohn, darunter:[22]

   ,,Sohn, was dir übel erscheint, tue deinem Mitmenschen nicht an.
   Was immer du willst, dass dir es die Menschen tun, das tue du allen."
...

Die Schrift Dâdistân-î Dinik (um 880 n. Chr.) überliefert den Antwortbrief eines Hohenpriesters auf einen ihm gestellten Fragenkatalog von Weisen des Zoroastrismus. Im Schlusskapitel erörtern die Empfänger seine Antworten: Der vom Schöpfergott Ahura Mazda gegebene Weg des Guten werde durch allerlei von Ahriman, seinem bösen Gegenspieler, eingegebene Gedanken und Ablenkungen gefährdet. So wie der Dämon den Schöpfer nicht verletzen könne, sondern nur sich selbst, so könnten böse Gedanken nur einen selbst verletzen. Daraus wird gefolgert,[26]

   ,,... dass diese Natur [des Menschen] nur gut ist, wenn sie anderen nicht antut, was immer ihrem eigenen Selbst nicht gut tut."

Hier sieht man quasi eine Entwicklung des Gedankenguts in Persien von 700 vor bis 800 nach Chr. - so weit dies durch Übersetzungen wiedergegeben werden kann.

Die griechischen Quellen scheinen dem gegenüber etwas jünger zu sein.


Die (jüdisch-)christlich Auffassung geht allerdings noch weiter, indem sie lt Jesus von Nazaret ausdrücklich die Feindesliebe zur Überwindung von Ablehnung und Gewalt propagiert.
Dies geht über natürlich empfundene "Empathie" weit hinaus und setzt innere Stärke und eine Willensentscheidung gegen den Instinkt (Selbstschutz) voraus.

prime-pippo


Sind Religionen Quell dieser Werte, oder sind die Wertvorstellungen nicht eigentlich unabhängig von diesen Religionen und drücken sich nur in ihnen aus?

Ist das Gefühl der Empathie nicht Ursache moralischer Prinzipien (diese zeigen nur die konsequente Schlussfolgerung aus diesen Emotionen )?

Chris224

@RolfG:
Zitateiner Religion nachzufolgen, die einen hohen Anspruch an Ethik und Moral stellt.
Religion und Ethik in einem Satz? Pfui  ;D

Ich sehe, dass du erkennst wo meine Probleme liegen.
Wenn man davon ausgeht, dass alle Religionen letzlich alle Betrachtungen und Interpretationen des Menschen sind, folglich also fehlerhaft, ist es schwierig, sich zu entscheiden.
Das es aber zwischen der Betrachtungsweise eines radikalen Islamisten der Wahabitischen Linie und einem Anhäger des Suffismus des gleichen Glaubenssystems oder gar einem Buddistischen Mönchtum diverse Unterschiede in der Art der Ausprägung und der Dominanz religiöser Dogmen sowie deren Auslebung geben mag, ist doch wohl nicht fraglich.
Man wählt dann gewissermaßen zwischen dem größeren und dem kleineren Übel.



prime-pippo

Zitat von: Chris224 am 04. April 2012, 19:11:23

Wenn man davon ausgeht, dass alle Religionen letzlich alle Betrachtungen und Interpretationen des Menschen sind, folglich also fehlerhaft, ist es schwierig, sich zu entscheiden.


Was meinst du in diesem Zusammenhang mit fehlerhaft ??

Chris224

@prime-pippo:

Zitat
Was meinst du in diesem Zusammenhang mit fehlerhaft ??

Wenn ich, ein sei es göttliches Wertesystem interpretiere, oder ein menschlich geschaffenes Wertesystem, sei es durch emphatie oder was auch immer verursacht, besteht immer die möglichkeit der Fehlinterpretation. Da wir alle nicht unfehlbar sind. Die Religionen erheben jedoch den Anspruch, die Aussagen ihres Gottes seien unfehlbar.

Aber eigentlich wollte ich auf etwas ganz anderes hinaus, wie P. Stibbons schon sagte.

Wenn Religion so elementar ist, wie der Anspruch, den sie erhebt, dann muss es doch Hinweise auf die Bildung von Religionen geben.

Sprich, bei Völkern, die von äußerlichen Einflüssen noch nicht verdorben sind, müsste sich doch nachvollziehen lassen, ob die Bildung der örtlichen Religionen, seien es schamanistische oder Tierreligionen oder ein Ahnenkult, mehr von den ethischen/emphatischen Vorstellungen  des gesamten Stammes, mehr von der Machtstruktur der Häuptlinge/Adeligen, mehr von der Angst vor dem Tod/Krankheit oder sonstigen begünstigt worden sind.
Danach könnte man eine Aussage treffen, wie und ob  Moral und Religion sich gegenseitig beeinflussen oder ob beide Systeme unabhängig voneinander existieren. Beeinflusst die Moral die Bildung von Religionen oder ist es eher so, dass die Religion zur Moralbildung beiträgt?

prime-pippo

Zitat von: Chris224 am 04. April 2012, 19:27:32
@prime-pippo:

Zitat
Was meinst du in diesem Zusammenhang mit fehlerhaft ??

Wenn ich, ein sei es göttliches Wertesystem interpretiere, oder ein menschlich geschaffenes Wertesystem, sei es durch emphatie oder was auch immer verursacht, besteht immer die möglichkeit der Fehlinterpretation. Da wir alle nicht unfehlbar sind. Die Religionen erheben jedoch den Anspruch, die Aussagen ihres Gottes seien unfehlbar.

Da der Wert eine subjektive Empfindung ist, kann er selbst nicht fehlerhaft sein.

Dass deine Handlungen als Folge der Fehlinterpretation eines bestehenden Wertesystems diesem widersprechen können ist aber klar.


Zitat von: Chris224 am 04. April 2012, 19:27:32

Sprich, bei Völkern, die von äußerlichen Einflüssen noch nicht verdorben sind, müsste sich doch nachvollziehen lassen, ob die Bildung der örtlichen Religionen, seien es schamanistische oder Tierreligionen oder ein Ahnenkult, mehr von den ethischen/emphatischen Vorstellungen  des gesamten Stammes, mehr von der Machtstruktur der Häuptlinge/Adeligen, mehr von der Angst vor dem Tod/Krankheit oder sonstigen begünstigt worden sind.
Danach könnte man eine Aussage treffen, wie und ob  Moral und Religion sich gegenseitig beeinflussen oder ob beide Systeme unabhängig voneinander existieren. Beeinflusst die Moral die Bildung von Religionen oder ist es eher so, dass die Religion zur Moralbildung beiträgt?


Die Einflüsse auf die Bildung von Religonen sind vielfältig, da allgemeine Aussagen über dominierende Einflüsse zu machen ist sicher schwierig.
Mal schauen, vielleicht hat noch jemand was dazu....

Chris224

@prime-pippo:

ZitatDa der Wert eine subjektive Empfindung ist, kann er selbst nicht fehlerhaft sein.
Genau andersherum:

Gerade weil der Wert eine subjektive Empfindung ist, kann oder vielleicht muss er sogar fehlerhaft sein, denn, wie du bemerkt hast, fehlt ihm die Objektivität bzw. die Allgemeingültigkeit. Das gilt ganz besonders im allgemeinen Bezug auf die Religionen, die ja die Unfehlbarkeit betonen, und im besonderen natürlich auch für meine eigene Interpretation. Entgehen kann man dem Dilemma nur, wenn man seine eigenen Interpretationen nicht über die von anderen erhebt.

ZitatDie Einflüsse auf die Bildung von Religonen sind vielfältig, da allgemeine Aussagen über dominierende Einflüsse zu machen ist sicher schwierig.
Mal schauen, vielleicht hat noch jemand was dazu....

Das hoffe ich auch, vielleicht findet sich ja noch jemand der sich mal mit solchen Feldstudien befasst hat.
Bin gerade mal dem Ansatz von P. Stibbons am nachgehen, vielleicht führt das zu etwas, der hat mir oft ganz brauchbare links und Erklärungen geliefert.



prime-pippo

Zitat von: Chris224 am 04. April 2012, 20:18:03
Gerade weil der Wert eine subjektive Empfindung ist, kann oder vielleicht muss er sogar fehlerhaft sein, denn, wie du bemerkt hast, fehlt ihm die Objektivität bzw. die Allgemeingültigkeit. Das gilt ganz besonders im allgemeinen Bezug auf die Religionen, die ja die Unfehlbarkeit betonen, und im besonderen natürlich auch für meine eigene Interpretation. Entgehen kann man dem Dilemma nur, wenn man seine eigenen Interpretationen nicht über die von anderen erhebt.



Es gibt hier keine objektive Richtigkeit. Alle Wertvorstellungen sind gleichwertig. Wie man dem Dilemma entgeht, hast du richtig erkannt. Man erhebt seine Wertvorstellung nicht über die anderer. Was man aber hingegen versuchen kann ist, dem anderen seine Werte zu erklären und ihm diese Werte nahezubringen.

RolfG

ZitatWas man aber hingegen versuchen kann ist, dem anderen seine Werte zu erklären und ihm diese Werte nahezubringen.
Wieso etwas Geichwertiges vom Gleichwertigen ersetzen lassen?