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Die Mär vom "viel trinken"

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Begonnen von Wolleren, 20. Juli 2011, 22:16:37

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Wolleren

Nicola von Lutterotti schreibt heute in der FAZ auf Seite N1 den meinerseits sehnsüchtig erwarteten (s.u.) Beitrag:
"Viel trinken müssen - eine Mär?"

Darin:
"Die einschlägigen Fachgesellschaften raten, täglich mindestens eineinhalb Liter - das sind sechs bis acht Gläser - Flüssigkeit aufzunehmen. Solche vom Durst unabhängige Trinkvorgaben hält die britische1 Allgemeinärztin Margaret McCartney aus Glasgow für Unsinn. Wies sie im "British Medical Journal" erklärt (doi: 10.1136/bmj.d4280), entbehren derartige Empfehlungen einer soliden wisenschaftlichen Grundlage."

"Ähnlich kritisch äußern sich die amerikanischen Nephrologen Dan Negoianu und Stanley Goldfarb2 von der Universität in Philadelphia (Pennsylvania) im Journal of the American Society of Nephrology" (Bd. 19, S. 1041). Nicht nachvollziehbar ist demnach, wer die mittlerweile Trinkmengenempfehlungen3  in Umlauf gebracht hat und auf welchen Forschungserkenntnissen diese beruhen.4"

"Wie die Erfahrungen im Ausdauersport zeigen, führt eine übermäßige Flüssigkeitszufur bei manchen Menschen zu einer kritischen Verdünnung des Elements Natrium im Blut. Im Extremfall mündet ein solcher Natriummangel, eine Hyponatriämie, in Wasseransammlungen in den Organen bis hin zu einer - unter Umständen tödlichen - Hirnschwellung." Die Häufigkeit von sportbedingten Hyponatriämien habe Ende des vergangenen Jahrhunderts auf einmal stark zugenommen, schreibt Timothy Noskes vom Institut für Sportwissenschaften der Universität in Cape Town/Südafrika im "British Journal of Sports Medicine" (Bd. 75, S. 475)."

"Maßgeblich verantwortlich für diese Störung ist vielmehr ein übermäßiger Flüssigkeitskonsum - ob mit oder ohne Zusatz
von Elektrolyten". (James Winger, ebd., Bd. 45, S. 646)

1 Laut Ben Goldacre ist besonders im UK die Ernährungexpertenlobby unglaublich mächtig und verbreitet haufwenweise Unsinn. Feinde wird Frau McCartney genügend haben.
2 Die zwei wurden in diesem Forum bereits einmal zititert.
3 In der hiesigen Schule werden den Kindern 3 Liter seitens des Lehrkörpers empfohlen (es scheint da einen unheilvollen Wettbewerb zu geben).  Da der Lehrkörper gegen wissenschaftliche Veröffentlichungen erfahrungsgemäß immun ist, wird auch die nächste Generation sich ständig vorwerfen, zu wenig zu trinken.
4 Was die Verbreitung von Mist angeht, da wissen wir schon, woher das kommt....

Seit 20 Jahren habe ich eins gehabt: RECHT! HA! Diese Wasserprediger sind elende Wichtigtuer und glauben noch ganz andere Sachen! Danke fürs Debunking an die FAZ.

Lilly


Belbo zwei

...gegen alle Mythen bei Sport und Ernährung kann ich nur die Seiten von Herrn Dr. Moosburger empfehlen.

http://www.dr-moosburger.at/pub/pub020.pdf

http://www.dr-moosburger.at/publikationen.php

zwingenberger

Der Vollständigkeit halber: Augenärzte raten vermehrt zu größeren Trinkmengen, wenn erhöhter Innendruck festgestellt wird.

M.E. verhält sich das hier wie überall sonst: Übermaß und Ideologie sind schädlich. Wenn man nicht gerade gegen irgend ein Zipperlein anarbeiten muss, sollte man sich auf seine somatische Intelligenz verlassen.

Beim Sport werden die Karten immer etwas anders gemischt. Wenn ich bei langen Ausdauerleistungen mit dem Trinken warte, bis sich der Durst meldet, ist die Leistung längst eingebrochen. Aber solche Situationen sollte man eben nicht für den Alltag verallgemeinern.

Superkalifragilistisch

"Umgekehrt mußte die Psychoanalyse manchen enttäuschten Adepten eines vulgarisierten, auf eine ökonomisch-soziale Theorie reduzierten Marxismus als Bereicherung erscheinen."

Jetzt im Trend: »irgendwas mit Gesellschaftskritik«

Belbo zwei

Bleibt neben dem Sport noch die Behauptung, dass im Alter oft das Durstgefühl nachlässt und sich Senioren daher oft zum Trinken zwingen müssen. Mal schauen obs dafür verlässliche Quellen gibt.

Wolleren

Zu den Alten, die angeblich das Trinken vergessen, ist ärztlicherseits zu hören, dass deren mangelndes Durstgefühl häufig von fehlendem Essen, insb. fehlendem Salz im Essen, stammt.

glatzkopf

Sorry, aber das Trinken müssen/wollen/können im Alter ist
fast immer mit einem anderen Problem gekoppelt:
alles was Du oben rein schüttest, muss auch mal wieder
unten raus. Wenn Du also nicht mehr so gut zu Fuß
bist und auch sonst auf Hilfe angewiesen, brauchst
Du bei so einer intimen Sache immer die schnelle Hilfe einer
anderen Person. Wenn das nicht so funktioniert oder
wenn Du dich schämst, weil Du geistig noch nicht so
ganz weggetreten bist, machst Du Dir auch schon mal
in die Hose. Darum versuchst Du, so wenig wie möglich
zu trinken. Woher ich das kenne? Meine Frau und meiner
Einer sind freiwillig in einem Altenpflegeheim tätig.
Da wollen wir nicht hin wenn wir mal noch älter
und vieleicht hilfloser sind. Dann lieber Kal. 45.

Ratiomania

Zitat von: glatzkopf am 02. August 2011, 05:02:13
Sorry, aber das Trinken müssen/wollen/können im Alter ist
fast immer mit einem anderen Problem gekoppelt:
alles was Du oben rein schüttest, muss auch mal wieder
unten raus. Wenn Du also nicht mehr so gut zu Fuß
bist und auch sonst auf Hilfe angewiesen, brauchst
Du bei so einer intimen Sache immer die schnelle Hilfe einer
anderen Person. Wenn das nicht so funktioniert oder
wenn Du dich schämst, weil Du geistig noch nicht so
ganz weggetreten bist, machst Du Dir auch schon mal
in die Hose. Darum versuchst Du, so wenig wie möglich
zu trinken. Woher ich das kenne? Meine Frau und meiner
Einer sind freiwillig in einem Altenpflegeheim tätig.
Da wollen wir nicht hin wenn wir mal noch älter
und vieleicht hilfloser sind. Dann lieber Kal. 45.


Kann ich aus persönlicher Erfahrung auch sagen. Die zu Pflegende Person müsste entweder dauernd auf Toilette, was anstrengend ist und eventuell Hilfe erfordert. Oder Windeln. Beides kann als sehr demütigend (eventuell zusätzlich/generell zur sonstigen Pflege) empfunden werden.

Persönliche Mist-Meinung: Alt werden is nix für Weicheier. Und auch nix für diejenigen die glauben erweiterte Hilfsmittel wären peinlich und demütigend. Zu allen anderen "Hilfsmitteln" kann man imho keine rationale Grenze ziehen, da kack ich auf die "gesellschaftliche Abgrenzung" der amorphe Masse und deren Meinung und "Normen".

Belbo zwei

...ist das nachlassende Durstgefühl im Alter also doch wieder eine Mär auf die ich reingefallen bin  ::)

Tezcatlipoca

Zitat von: Wolleren am 20. Juli 2011, 22:16:37
In der hiesigen Schule werden den Kindern 3 Liter seitens des Lehrkörpers empfohlen
Für Schüler aber sehr vorteilhaft: sie haben immer eine gute Ausrede, um mal den Klassensaal zu verlassen (um mal eine zu qualmen oder sich über Details der Klausur zu informieren...). ::)
Gruß, T.


Nichts, was ein Mensch sich auszudenken in der Lage ist, kann so unwahrscheinlich, unlogisch oder hirnrissig sein, als dass es nicht doch ein anderer Mensch für bare Münze halten und diese vermeintliche Wahrheit notfalls mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln verteidigen wird.

Wirsing

Und im Zweifel kann der Schüler sich nach verpatzter Klausur darauf berufen, er habe einen Wasserkopf gehabt  ;D.

rincewind

Die 3 L Empfehlung für Schüler habe ich überlesen. Vollmeise.

Tezcatlipoca

Zitat von: rincewind am 03. August 2011, 16:49:45
Die 3 L Empfehlung für Schüler habe ich überlesen.
Schon vor Jahrzehnten sind Schüler von selbst auf diese Idee gekommen.
Ich entsinne mich etlicher Schulkameraden, die ihren Flüssigkeitshaushalt in der nahe gelegenen Kneipe auf Höhe hielten und daher in den letzten Schulstunden immer besonders gute Laune hatten. ;D
Gruß, T.


Nichts, was ein Mensch sich auszudenken in der Lage ist, kann so unwahrscheinlich, unlogisch oder hirnrissig sein, als dass es nicht doch ein anderer Mensch für bare Münze halten und diese vermeintliche Wahrheit notfalls mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln verteidigen wird.

rincewind

Zitat von: Tezcatlipoca am 03. August 2011, 16:59:56
Ich entsinne mich etlicher Schulkameraden, die ihren Flüssigkeitshaushalt in der nahe gelegenen Kneipe auf Höhe hielten und daher in den letzten Schulstunden immer besonders gute Laune hatten. ;D

Sowas ist wenigstens logisch nachvollziebar  ;D