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Homöopathen betrügen ...

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Begonnen von General Stumm v. Bordwehr, 01. Juni 2011, 08:59:08

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General Stumm v. Bordwehr

Es ist ja nicht neu, was der E. Ernst in diesem Interview sagt. Erwähnenswert ist aber, dass in den Massenmedien nicht nur viel Unsinn serviert wird, sondern (gelegentlich) auch mal etwas Vernünftiges:


http://science.orf.at/stories/1683407/

P.Stibbons

General, ich nehme mir die Freiheit, den Abschnitt übers Betrügen im Zusammenhang zu zitieren:

Zitat>>Homöopathika wirken als Placebos: Meinen Sie, man sollte sie in der Medizin gezielt einsetzen?

E.E.:   Placeboeffekte sind wichtig für jeden Kliniker und jeden Patienten. Aber um sie hervorzurufen, brauche ich kein Placebo. Wenn ich einem Migränepatienten ein echtes Mittel gebe, und das mit Hingabe, Empathie, Zeitaufwand und Verständnis mache, wie das ein guter Arzt machen sollte, dann profitiert der Patient doppelt: von der spezifischen Therapie und zugleich vom Placeboeffekt. Wenn ich ihm hingegen nur ein Placebo - sprich Homöopathie - gebe, betrüge ich ihn um etwas, das ihm eigentlich zusteht.

>>Jetzt haben gerade die Homöopathen den Nimbus, dass sie sich mehr Zeit nehmen für ihre Patienten, dass sie netter sind und nicht nur Krankenscheine ausfüllen ...

E.E.:  Das stimmt auch. Homöopathen sind meist sehr gute Ärzte in dem Sinne, dass sie verstehen, wie wichtig Verständnis und Zuwendung sind. Das berechtigt sie aber nicht, ihre Patienten hinters Licht zu führen und Placebos zu verabreichen. Medizin ist Kunst und Wissenschaft. Wenn ein Arzt nur Wissenschaft einsetzt, liegt er falsch und betreibt keine gute Medizin. Wenn ein Arzt nur Kunst einsetzt, ebenso. Gute Medizin besteht aus beiden Elementen.

Hier liegt das eigentliche Dilemma in der Patientenversorgung.

Dem gewissenhaften Arzt wird es von seinem System nicht honoriert, dem Patienten Zeit, Empathie und Zuwendung zu geben.
Der Patient wünscht diese Zuwendung und hat auch ein Recht darauf.
Er ist bereit, dafür viel Geld zu bezahlen: auch aus eigener Tasche, wenn es sein muss.


General Stumm v. Bordwehr

Zitat von: P.Stibbons am 01. Juni 2011, 09:14:47
Dem gewissenhaften Arzt wird es von seinem System nicht honoriert, dem Patienten Zeit, Empathie und Zuwendung zu geben.
Der Patient wünscht diese Zuwendung und hat auch ein Recht darauf.
Er ist bereit, dafür viel Geld zu bezahlen: auch aus eigener Tasche, wenn es sein muss.

Ich halte das nur für EINEN, wohl richtigen, Aspekt. Aber nicht jeder Patient will (!) oder braucht diese "Zuwendung"; das Verhältnis Arzt - Patient ist doch ein bisserl komplexer (wie jede zwischenmenschliche Beziehung). Das ist der eine Teil.

Dazu kommt, dass ich für das Aufblühen medizinischen Schabernacks vor allem eine gesellschaftliche Grundströmung verantwortlich mache. Und ich gehöre auch nicht zu jenen, die meinen, man müsse nur die naturwissenschaftliche Ausbildung erhöhen und dieser Unfug würde verschwinden. Gegen diese Grundströmung kannst du mit (sachlichen) Argumenten nicht anrennen.


Sie wird von selbst wieder verschwinden. Die Frage ist eben nur: wann?

P.Stibbons

Etwas off-topic, aber indirekt doch zum Thema:

http://aerztetag2011.aeksh.de/lesenswert/interview_mit_prof_joerg-dietrich_hoppe.html
Zitat
SHÄ: Welchen Herausforderungen muss sich die Gesundheitspolitik in den nächsten Jahren stellen?

Hoppe: Das sind im Wesentlichen vier Dinge:

    Die Finanzausstattung der gesetzlichen Krankenversicherung muss verbessert werden.
   
    Die Debatte um die Priorisierung muss zwangsläufig intensiviert werden.
   
    Der Arztberuf muss wieder attraktiver werden. Dazu gehört neben verbesserten Rahmenbedingungen ein Abbau der Bürokratie, die bei jedem klinisch oder praktisch tätigen Arzt rund 30 Prozent seiner Arbeitszeit ausmacht.
   
    Das System der IGELei in den Arztpraxen muss kritisch hinterfragt werden.
    Wir erleben derzeit einen Wildwuchs von angebotenen Gesundheitsleistungen, der aus Ärzten mitunter Kaufleute macht.
    Das kann dem Ärztestand noch großen Schaden zufügen und unter   anderem dazu führen, dass eine Diskussion über die Einführung von Gewerbesteuern vom Zaun gebrochen wird.



celsus

Ah, ich wollte auch gerade auf den ORF-Artikel hinweisen.

Wie wäre es mit ein paar prägnanten Zitaten aus dem Artikel im Esowatch-Blog? Sollte nicht fehlen, finde ich.
The best thing about science is that it works - even if you don't believe in it.

General Stumm v. Bordwehr

Zitat von: celsus am 01. Juni 2011, 10:54:40
Ah, ich wollte auch gerade auf den ORF-Artikel hinweisen.

Wie wäre es mit ein paar prägnanten Zitaten aus dem Artikel im Esowatch-Blog? Sollte nicht fehlen, finde ich.

Gespannt bin, ob der STANDARD davon berichtet.  :D

P.Stibbons

Zitat von: General Stumm v.  Bordwehr am 01. Juni 2011, 09:29:21
Zitat von: P.Stibbons am 01. Juni 2011, 09:14:47
Dem gewissenhaften Arzt wird es von seinem System nicht honoriert, dem Patienten Zeit, Empathie und Zuwendung zu geben.
Der Patient wünscht diese Zuwendung und hat auch ein Recht darauf.
Er ist bereit, dafür viel Geld zu bezahlen: auch aus eigener Tasche, wenn es sein muss.

Ich halte das nur für EINEN, wohl richtigen, Aspekt. Aber nicht jeder Patient will (!) oder braucht diese "Zuwendung"; das Verhältnis Arzt - Patient ist doch ein bisserl komplexer (wie jede zwischenmenschliche Beziehung). Das ist der eine Teil.

Dazu kommt, dass ich für das Aufblühen medizinischen Schabernacks vor allem eine gesellschaftliche Grundströmung verantwortlich mache. Und ich gehöre auch nicht zu jenen, die meinen, man müsse nur die naturwissenschaftliche Ausbildung erhöhen und dieser Unfug würde verschwinden. Gegen diese Grundströmung kannst du mit (sachlichen) Argumenten nicht anrennen.


Sie wird von selbst wieder verschwinden. Die Frage ist eben nur: wann?

Hier schreibt einer was zu  Rahmenbedingungen für das  Aufblühen medizinischen Schabernacks:

http://www.kinderarzt-grunert.de/cms/kinderarzt/front_content.php?idcat=152

ZitatStatement für eine adäquate Versorgung von Kindern und Jugendlichen in einer pädiatrischen Schwerpunktpraxis und offener Brief an die Bundesministerin für Gesundheit Ulla Schmidt und die Staatsministerin im bayerischen Staatsministerium Christa Stewens


Sehr geehrte Damen und Herren,


der neue EBM, beschlossen nach Richtlinien des Gesundheitsministeriums unter aktiver Mitarbeit der gesetzlichen Krankenkassen, macht eine medizinische Versorgung von Kindern und Jugendlichen in einer qualifizierten Praxis mit wichtigen Praxisschwerpunkten für Kinder- und Jugendmedizin praktisch unmöglich.
Das pädiatrische Kapitel ist ausgesprochen ,,schlampig" erstellt worden. Wichtige diagnostische Methoden wie die Verschlussdruckmessung sind jetzt in meiner Praxis nicht mehr als Kassenleistung durchführbar. Gleiches gilt für Gesprächsleistungen und Koordination bei schwerwiegenden Entwicklungsstörungen und neurologischen Erkrankungen. Dafür könnte ich z.B. eine Rektoskopie mit Polypabtragung durchführen und abrechen!? Hier erübrigt sich jeder Kommentar.
Schon der letzte EBM machte eine adäquate Versorgung sehr schwer. Der jetzige Zustand ist jedoch das unrühmliche Ende einer permanenten Verschlechterung der Situation kompetenter pädiatrischer Praxen. Gleichmacherei und eine Versorgung auf minimalem hausärztlichen Niveau scheint eher gefragt als kompetente pädiatrische Betreuung.
Ich bin seit Jahren gezwungen, meine Praxis über sonstige Einnahmen zu finanzieren, um überhaupt noch arbeiten zu können. Im Einzelnen werden Einnahmen aus
- Ultraschallseminaren (hier bieten wir mit der Firma Sonokolleg seit Jahren die besten Ultraschallkurse in Deutschland an. Wir haben in knapp 20 Jahren mehrere Tausend Ärzte im Ultraschall ausgebildet.)
- Privatpatienten
- Ayurveda-Therapien
- Honoraren unserer Bücher
- der Yoga-Schule und den Yogalehrer-Ausbildungen meiner Frau
für die Mitfinanzierung der Kassenpraxis verwendet. Trotz aller Bemühungen sind wichtige Investitionen seit längerem nicht durchführbar!
Wir arbeiten derzeit ca. 65 Stunden pro Woche und ,,gönnen" uns seit Jahren nicht mehr als 2(!!) Wochen Urlaub im Jahr.
Die Unterfinanzierung der Praxen durch eine unzumutbare Bezahlung kassenärztlicher Leistungen ist seit Jahren der Politik und den Kassen bekannt. Die jetzige Verschlechterung ist allerdings nun nicht mehr hinnehmbar!
Ich habe seit Jahren zum Nutzen meiner Patienten und als Gesundheitsservice für die Kinder und Jugendlichen Leistungen erbracht, die eigentlich nie im EBM abgebildet waren, wie Ernährungs- und Bewegungs-/Sportberatung (fällt derzeit ca. zehnmal täglich an!) bei diversen Erkrankungen, Beratung hinsichtlich Schulproblemen, weitere wichtige Vorsorgen (U7a, U10, U11, J2); Nutzen meiner vielfältigen Beziehungen zu kompetenten Professoren und Spezialisten auf pädiatrischem Gebiet (zeitaufwendig und nicht bezahlt), etc.. Außerdem habe ich regelmäßig wichtige Leistungen weit über mein Punktzahlgrenzvolumen praktisch zum Nulltarif durchgeführt. Nun ist das Ende meiner Belastbarkeit erreicht!
Ausreichende Versorgung haben Politik und Krankenkassen mit dem EBM 2008 beschrieben und festgelegt. Jetzt bekommen wir als Ergebnis diese ,,ausreichende" Versorgung.
Untersuchungen, Beratungen, Serviceleistungen, etc.,  welche nicht ausdrücklich im EBM abgebildet sind und(!!) auch tatsächlich bezahlt werden, können ab sofort nicht mehr als Leistung der gesetzlichen Krankenkassen erbracht werden.  Jede andere Reaktion wäre für meine und jede andere Praxis sowie für meine Gesundheit ruinös.
Beim jetzigen Punktwert und einem Budget von ca. 1000 Punkten steht für jeden Patienten ein Gesamthonorar von ca. 37 Euro (nach aktuellen Berechnungen könnten es auch nur 25 Euro sein) pro Quartal (3 Monate!) zur Verfügung, auch wenn ein Patient fünfmal oder zehnmal zur Behandlung kommt!  Sie können sich leicht ausrechnen, welche tatsächliche Zeit inkl. Verwaltungsaufwand für jeden Patienten bleibt, wenn ich meine Praxis kostendeckend führen will und muss. Dazu kommt ein Mengenbudget, Zeitbudget und ein Medikamentenbudget. Gleichzeitig werden von den gesetzlichen Krankenkassen erhebliche Summen für Werbung bis hin zur Fernsehwerbung, Bonusprogramme bis hin zum Urlaub in Mallorca und ähnliche für die Patientenversorgung ,,besonders wichtige" Dinge ausgegeben.
Die jetzige Situation empfinde ich als Katastrophe für einen zivilisierten und reichen Staat....

Ob das realistisch ist, kann ich nicht beurteilen.
Homöopathie kommt halt "gesund" und "ganzheitlich" rüber, wird offenbar daher gern auch privat bezahlt  und bietet vermutlich  - wie auch das erwähnte Ayurveda etc. - ein inzwischen für manche unverzichtbares Zusatzeinkommen.

Arno


celsus

Zitat von: General Stumm v.  Bordwehr am 01. Juni 2011, 10:58:12
Zitat von: celsus am 01. Juni 2011, 10:54:40
Ah, ich wollte auch gerade auf den ORF-Artikel hinweisen.

Wie wäre es mit ein paar prägnanten Zitaten aus dem Artikel im Esowatch-Blog? Sollte nicht fehlen, finde ich.

Gespannt bin, ob der STANDARD davon berichtet.  :D

Nicht direkt, aber http://derstandard.at/1304553392483/Schluss-mit-dem-Hokuspokus
The best thing about science is that it works - even if you don't believe in it.