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Homöopathie apothekenpflichtig ?!

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Begonnen von Superkalifragilistisch, 26. April 2011, 17:44:39

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Superkalifragilistisch

Ich stelle gerade verwundert fest, dass Homöopathie apothekenpflichtig ist. Die Motivation der Hersteller, ihre Mittelchen nur in Apotheken feilzubieten, ist klar: Die Produkte sollen von der Glaubwürdigkeit und Legitimität des Ortes Apotheke profitieren ("product placement") Sie ist dieselbe, wie die Homöopathie im universitären Millieu zu installieren. Doch warum hält der Gesetzgeber schützend seine Hand über ein solches Treiben, das dem Grundgedanken der Qualitätskontrolle zuwiderläuft, es ad absurdum führt? Eine Apotheke ist keine Verkaufsfläche wie jede andere. Selbst, obwohl der Staat auch andere Marktbereiche reguliert und Qualitätskontrollen vorschreibt, setzt sich die Institution Apotheke mit einem Vertrauensplus vom Rest noch einmal ab. Der Apotheker ist kein normaler Verkäufer, kein Händler, ihm kommt ein Status zu wie einem Arzt: Die Erwartung ist, dass für ihn die Gesundheit höheren Stellenwert hat, als das blosse Generieren von Umsatz, das blosse Überreichen von x-beliebiger Ware. Folglich ist die Erwartung also auch, dass alles, was in der Apotheke, mit ihren weissen, medizinischen Schubfächern, von dem Personal in weissen Kitteln, erworben werden kann, auf Wirkung geprüft ist. Voodoo kauft man beim Schamanen, hier erwartet einen medizinische Qualität.

Ein schlauer wie vorhersehbarer Schachzug ist nun, diese Erwartung mit einem Trick auszunutzen: Nicht länger soll ein Produkt in der Apotheke erhältlich sein, weil es wirkt, sondern es soll der Glaube vermittelt werden, dass es wirkt, weil es in der Apotheke erhältlich ist.

Ich verstehe nun das Arzneimittelgesetz glaube ich nicht so ganz, dort heisst es
Zitat(1) Arzneimittel sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen,

1.
    die zur Anwendung im oder am menschlichen oder tierischen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher oder tierischer Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind oder
2.
    die im oder am menschlichen oder tierischen Körper angewendet oder einem Menschen oder einem Tier verabreicht werden können, um entweder

    a)
        die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder
    b)
        eine medizinische Diagnose zu erstellen.
Reicht nur, dass es dazu bestimmt ist, Krankheit zu lindern, oder muss es dafür geeignet sein? Wie verträgt sich der Passus ,,mit Eigenschaften zur Heilung" mit Homöopathie ? Reicht ein Placeboeffekt dafür aus? Die pharmakologische Wirkung wird nur unter Punkt Zwei vorrausgesetzt.

Mir scheint, dieses Gesetz legitimiert diese Betrugsmasche für jeden Betrüger ?!
"Umgekehrt mußte die Psychoanalyse manchen enttäuschten Adepten eines vulgarisierten, auf eine ökonomisch-soziale Theorie reduzierten Marxismus als Bereicherung erscheinen."

Jetzt im Trend: »irgendwas mit Gesellschaftskritik«

rincewind

Über den Binnenkonsens
http://www.psiram.com/ge/index.php?title=Binnenkonsens

gilt der Schraddel als Arzneimittel. Dass der dann in Apos verkauft wird, ist rein rechtlich gesehen logisch.

Nebenbei prangt nach wie vor der Bundesadler auf dem HAB (Homöopathisches Arzneimittelbuch). Der Fisch stinkt halt vom Kopf her ...

Superkalifragilistisch

Hallo rincewind,

bei dem Gesetz zu den "Besonderen Therapierichtungen" geht es da nicht nur um die Kostenübernahme der Krankenkassen ?

Was bescheinigt, oder anders gefragt, was ist der Zweck der Apothekenpflicht ? Das Gesetz scheint jedenfalls keinen Wirksamkeitsnachweis zu kodifizieren. Vielleicht frage ich nochmal meinen Apotheker ...
"Umgekehrt mußte die Psychoanalyse manchen enttäuschten Adepten eines vulgarisierten, auf eine ökonomisch-soziale Theorie reduzierten Marxismus als Bereicherung erscheinen."

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Superkalifragilistisch

Ein Hinweis auf die Wirksamkeit findet sich tragischerweise nicht in §2, allerdings in §8
Zitat§ 8 Verbote zum Schutz vor Täuschung
(1) Es ist verboten, Arzneimittel oder Wirkstoffe herzustellen oder in den Verkehr zu bringen, die

1.
    durch Abweichung von den anerkannten pharmazeutischen Regeln in ihrer Qualität nicht unerheblich gemindert sind,
1a.
    hinsichtlich ihrer Identität oder Herkunft falsch gekennzeichnet sind (gefälschte Arzneimittel, gefälschte Wirkstoffe) oder
2.
    in anderer Weise mit irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung versehen sind. Eine Irreführung liegt insbesondere dann vor, wenn

    a)
        Arzneimitteln eine therapeutische Wirksamkeit oder Wirkungen oder Wirkstoffen eine Aktivität beigelegt werden, die sie nicht haben,
    b)
        fälschlich der Eindruck erweckt wird, dass ein Erfolg mit Sicherheit erwartet werden kann oder dass nach bestimmungsgemäßem oder längerem Gebrauch keine schädlichen Wirkungen eintreten,

    c)
        zur Täuschung über die Qualität geeignete Bezeichnungen, Angaben oder Aufmachungen verwendet werden, die für die Bewertung des Arzneimittels oder Wirkstoffs mitbestimmend sind.

(2) Es ist verboten, Arzneimittel in den Verkehr zu bringen, deren Verfalldatum abgelaufen ist.
Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

Im weiteren nimmt es selbstvergessen allerdings wieder Bezug auf homöopathische Mittel

Zitat(4) Bei Arzneimitteln, die in das Register für homöopathische Arzneimittel eingetragen sind, sind an Stelle der Angaben nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 bis 14 und außer dem deutlich erkennbaren Hinweis "Homöopathisches Arzneimittel" die folgenden Angaben zu machen:

1.
    Ursubstanzen nach Art und Menge und der Verdünnungsgrad; dabei sind die Symbole aus den offiziell gebräuchlichen Pharmakopöen zu verwenden; die wissenschaftliche Bezeichnung der Ursubstanz kann durch einen Phantasienamen ergänzt werden,
2.
    Name und Anschrift des pharmazeutischen Unternehmers und, soweit vorhanden, seines örtlichen Vertreters,
3.
    Art der Anwendung,
4.
    Verfalldatum; Absatz 1 Satz 1 Nr. 9 und Absatz 7 finden Anwendung,
5.
    Darreichungsform,
6.
    der Inhalt nach Gewicht, Rauminhalt oder Stückzahl,
7.
    Hinweis, dass Arzneimittel unzugänglich für Kinder aufbewahrt werden sollen, weitere besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Aufbewahrung und Warnhinweise, einschließlich weiterer Angaben, soweit diese für eine sichere Anwendung erforderlich oder nach Absatz 2 vorgeschrieben sind,
8.
    Chargenbezeichnung,
9.
    Registrierungsnummer mit der Abkürzung "Reg.-Nr." und der Angabe "Registriertes homöopathisches Arzneimittel, daher ohne Angabe einer therapeutischen Indikation",
10.
    der Hinweis an den Anwender, bei während der Anwendung des Arzneimittels fortdauernden Krankheitssymptomen medizinischen Rat einzuholen,
11.
    bei Arzneimitteln, die nur in Apotheken an Verbraucher abgegeben werden dürfen, der Hinweis "Apothekenpflichtig",
12.
    bei Mustern der Hinweis "Unverkäufliches Muster".

Das unterstützt meine Meinung, dass Wissenschaftlichkeit kein ewiges Prädikat ist, sondern ständig gesellschaftlichen Einflüssen unterliegt. Derjenige, der das Gesetz verfasst hat, gehört gefeuert. Das ist organisierter Betrug, nicht weit weg von Korruption. Die Homöopathie-Lobby darf, dank ihrem Filz, wofür andere Leute, die das Gleiche tun, bestraft werden.
"Umgekehrt mußte die Psychoanalyse manchen enttäuschten Adepten eines vulgarisierten, auf eine ökonomisch-soziale Theorie reduzierten Marxismus als Bereicherung erscheinen."

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rincewind


Hallo Superkalli,
Zitat von: Superkalifragilistisch am 26. April 2011, 18:29:01
Hallo rincewind,

bei dem Gesetz zu den "Besonderen Therapierichtungen" geht es da nicht nur um die Kostenübernahme der Krankenkassen ?

Nä. In erster Linie gehts ums Arzneimttelgesetz/recht.

http://www.bfarm.de/DE/Arzneimittel/2_zulassung/zulArten/besTherap/bestherap-node.html

Zitat
Was bescheinigt, oder anders gefragt, was ist der Zweck der Apothekenpflicht ?

http://de.wikipedia.org/wiki/Apothekenpflicht

Eine an sich sicher sehr sinnvolle Sache. Alleine wenn ich mich richtig erinnere, dass z.B. in Spanien Abtibiotika frei verkäuflich sind. Eine kompetente Handelsstation (und Zubereitungsstation ebenso) für Arzneimittel zu haben ist sicher nicht verkehrt.

Zitat
Das Gesetz scheint jedenfalls keinen Wirksamkeitsnachweis zu kodifizieren. Vielleicht frage ich nochmal meinen Apotheker ...

Das wäre eine Sache des Gesetzgebers. Immerhin dürfen heute neue Medis nicht mehr ohne Wirksamkeitsnachweis in den Handel. So es denn als Arzneimittel eingestuft ist.
Natürlich gilt das nicht für - dreimal darfst Du raten - Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen.

Die Apos sind bei dieser unsäglichen Sache das geringste Problem. Die tun nur, was sie tun müssen. Das, was als Arzneimittel gilt, verkaufen. Selbst ein seriöser Apotheker (und ja, es gibt noch welche) muss das tun, und er darf Dir noch nicht mal sagen, dass das Scheiße ist, wenn ein Kunde mit einem Hom-Rezept kommt.

Dass das manche ausnutzen ist klar. In Apos, die im Schaufenster solchen Schraddel stehen haben, gehe ich nicht. Außer im Notfall.


rincewind

Zitat von: Superkalifragilistisch am 26. April 2011, 18:38:06
Das unterstützt meine Meinung, dass Wissenschaftlichkeit kein ewiges Prädikat ist, sondern ständig gesellschaftlichen Einflüssen unterliegt. Derjenige, der das Gesetz verfasst hat, gehört gefeuert. Das ist organisierter Betrug, nicht weit weg von Korruption. Die Homöopathie-Lobby darf, dank ihrem Filz, wofür andere Leute, die das Gleiche tun, bestraft werden.

So isses. Nimm noch den Antroposophen-Quack dazu. Deren Lobby ist genau so stark. Da ist seit Jahren z.B. bekannt, dass Mistelpräparate nicht nur nicht gegen Krebs wirken, sondern auch noch höchstwahrscheinlich schädlich sind, indem sie über Immunstimulation sogar noch Tumorwachstum fördern.

Fahr jemanden besoffen über den Haufen, und Du gehst in Knast (manchmal), verkauf jemanden Schraddel ohne Wirksamkeitsnachweis und der stirbt, weil er nix anderes dagegen tut, so heißt das hierzulande Therapiefreiheit.

merdeister

Wenn ich morgen meinen Homöopathieladen eröffne, weil ich nämlich meine Homöopathie selber herstellen will, weil ich den Apothekern und der Industrie nicht vertraue und weil Homöopathie handverschüttelt besser wirkt (das weiß ich aus Erfahrung) und dann kommt einer und sagt:
"Hey das dürfen Sie nicht, das muss in der Apotheke verkauft werden!"
Dann sage ich:
"Das ist nur die Verpackung"
Darauf der
"Aber da ist ja was drin"
"Das ist nur Deko"
"Ich wette da ist Homöopthie drin"
"Weisen sie mir das mal nach."

Meine Kunden sind natürlich eingeweiht und zahlen für den rebellischen Ansatz gerne noch mal was drauf. Perfekt.



Weiß jemand zufällig von einem leerstehenden Ladenlokal in Freibug oder Tübingen?