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WikiWatch...

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Begonnen von P.Stibbons, 03. November 2010, 16:58:02

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Lilly

Heute steht was zu Wiki-Watch in der FAZ, Seite 42 (Hier prüft der Staatsbürger das Insulin noch persönlich). Wer flink ist sollte sich die Zeitung von heute noch schnell holen. Denn: der Artikel wird von den WikiWatchern beklagt und FAZ-net darf den Artikel nicht online dokumentieren.

Zu lesen hier:

http://www.faz.net/artikel/C31013/wiki-watch-zum-artikel-hier-prueft-der-buerger-das-insulin-noch-persoenlich-30453452.html

Zitat:

02. Juli 2011
Den seit gestern (1. Juli) auf FAZ.net zu lesenden und in der heutigen Printausgabe (2. Juli) publizierten Artikel ,,Hier prüft der Bürger das Insulin noch persönlich" nehmen wir aus presserechtlichen Gründen bis auf weiteres von unserer Homepage. Unser Autor Jörg Wittkewitz hatte darin Manipulationen von Wikipedia-Artikeln, vor allem medizinischen Inhalts, aufgezeigt, die teilweise von denselben Personen vorgenommen wurden, die für ,,Wiki-Watch" tätig sind.


P.Stibbons

Interessant auch die Hintergrundinfos hier:

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/1/17/IQWIGundCo.pdf

Hier werden Details über die Sockenpuppen und die betroffenen Artikel leicht verständlich erklärt
Mich interessieren dabei besonders die Versuche, die Arbeit des IQWIG zu diskreditieren:

Sawicki musste ja später aus anderen Gründen zurücktreten; sein Nachfolger Jürgen Windeler ist GWUP-Mitglied...

P.Stibbons

Hier mal ein paar Hintergründe zu Fritzsches alten Konflikten mit Wikipedia

Den Links in seinen Artikeln bin ich mal systematisch nachgegangen...
Kleine Kostprobe:

http://www.psychophysik.com/h-blog/?p=91

http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,508726,00.html

Fritzsche zum   WikiScanner von Virgil Griffith :

ZitatQuelle aus Psychophysik, wie oben angegeben:

....Geht es in den Medien um die Qualität von Wikipedia-Artikeln oder um Manipulationsversuche in der Online-Enzyklopädie, so folgt die Berichterstattung in vielen Fällen einem einfachen, romantisch naiven Raster: 1. Böser Benutzer oder böse Firma versucht Wikipedia- Manipulation. 2. Die gute Wiki-Community deckt alle Manipulationen früher oder später auf. Wie zuletzt in der Berichterstattung über den WikiScanner von Virgil Griffith redigieren und kopieren hier gewöhnlich 98% aller Redakteure Agenturmeldungen, ohne selbst recherchiert zu haben und fachkompetent zu sein. Dabei gibt es auch den umgekehrten Weg: 1. Administratoren bilden eine Seilschaft und setzen ihren POV (Wiki-Slang für ,,persönliche Sichtweise") aggressiv durch. 2. Beschweren sich Benutzer via Vermittlungsausschuss oder Schiedsgerichtsverfahren, so laden die angeklagten Administratoren Mitglieder ihrer Seilschaft ein, um die Anträge abzublocken. Wer aus Sicht der Admin-Seilschaft renitent ist, geht das Risiko ein, gesperrt zu werden....

Verschiedene Indizien sprechen für die Vermutung, dass die deutsche Wikipedia in starkem Maße von einer Admin-Seilschaft beeinflusst wird, welche weltanschaulich der Skeptiker-Vereinigung GWUP e. V. nahe steht und sich zum Teil sehr aggressiv für eine generelle Anti-Alternativmedizin-Haltung unter Wikipedia einsetzt. Die sich hier abspielenden kafkaesken Szenen gehen noch weit über die aktuell im SPIEGEL zitierten »vier absurdesten Wikipedia-Debatten« hinaus. Mehr Informationen dazu unter:

openPR: Wikipedia im Privateigentum von Nina Gerlach?         http://www.openpr.de/news/153137/Wikipedia-im-Privateigentum-von-Nina-Gerlach.html
H.Blog: »Wikipedia, Agitprop und Nina Gerlach«        http://www.psychophysik.com/h-blog/?p=84  

Zum Wiki-Scanner:    

http://www.dradio.de/dlf/sendungen/kulturheute/661602/

http://en.wikipedia.org/wiki/WikiScanner

http://www.wired.com/politics/onlinerights/news/2007/08/wiki_tracker

http://cacm.acm.org/opinion/interviews/25107-wikiscanner-creator-virgil-griffith/fulltext

http://virgil.gr/31.html













P.Stibbons

Zitat von: Lilly am 02. Juli 2011, 18:58:59
Heute steht was zu Wiki-Watch in der FAZ, Seite 42 (Hier prüft der Staatsbürger das Insulin noch persönlich). Wer flink ist sollte sich die Zeitung von heute noch schnell holen. Denn: der Artikel wird von den WikiWatchern beklagt und FAZ-net darf den Artikel nicht online dokumentieren.

Zu lesen hier:

http://www.faz.net/artikel/C31013/wiki-watch-zum-artikel-hier-prueft-der-buerger-das-insulin-noch-persoenlich-30453452.html

Zitat:

02. Juli 2011
Den seit gestern (1. Juli) auf FAZ.net zu lesenden und in der heutigen Printausgabe (2. Juli) publizierten Artikel ,,Hier prüft der Bürger das Insulin noch persönlich" nehmen wir aus presserechtlichen Gründen bis auf weiteres von unserer Homepage. Unser Autor Jörg Wittkewitz hatte darin Manipulationen von Wikipedia-Artikeln, vor allem medizinischen Inhalts, aufgezeigt, die teilweise von denselben Personen vorgenommen wurden, die für ,,Wiki-Watch" tätig sind.



Zitat:

"....Diese Internet-Plattform, die eigentlich für die Überprüfung von Eingriffen in Wikipedia-Artikel zuständig ist, firmiert als ,,Arbeitsstelle im Studien- und Forschungsschwerpunkt ,Medienrecht' der Juristischen Fakultät der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder)". Deren Leiter Wolfgang Stock und Johannes Weberling kündigten juristische Schritte an. Die Redaktion wird den Fall gleichwohl weiterverfolgen."

Binky

Zitat von: Lilly am 02. Juli 2011, 18:58:59
Heute steht was zu Wiki-Watch in der FAZ, Seite 42 (Hier prüft der Staatsbürger das Insulin noch persönlich). Wer flink ist sollte sich die Zeitung von heute noch schnell holen. Denn: der Artikel wird von den WikiWatchern beklagt und FAZ-net darf den Artikel nicht online dokumentieren.

Zu lesen hier:

http://www.faz.net/artikel/C31013/wiki-watch-zum-artikel-hier-prueft-der-buerger-das-insulin-noch-persoenlich-30453452.html

Zitat:

02. Juli 2011
Den seit gestern (1. Juli) auf FAZ.net zu lesenden und in der heutigen Printausgabe (2. Juli) publizierten Artikel ,,Hier prüft der Bürger das Insulin noch persönlich" nehmen wir aus presserechtlichen Gründen bis auf weiteres von unserer Homepage. Unser Autor Jörg Wittkewitz hatte darin Manipulationen von Wikipedia-Artikeln, vor allem medizinischen Inhalts, aufgezeigt, die teilweise von denselben Personen vorgenommen wurden, die für ,,Wiki-Watch" tätig sind.



Der FAZ-Artikel ist hier in voller länge lesbar:


Hier prüft der Staatsbürger das Insulin noch persönlich
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Hier prüft der Staatsbürger das Insulin noch persönlich
Las sich der Wikipedia-Eintrag zu einem Medikament nicht gerade noch ganz anders? Änderungen im Sinne der Pharmaindustrie rücken das wissenschaftliche Projekt ,,Wiki-Watch" ins Zwielicht.


Weltweit nutzen Schüler und Studenten heute das Online-Lexikon Wikipedia bei Hausaufgaben und Seminararbeiten. Auch hierzulande verschaffen sich Hunderttausende täglich Rat. Aber ein Lexikon, das im Internet öffentlich und gemeinsam von den Nutzern erstellt und verbessert wird, hat seine Tücken. Erfahrene Wikipedia-Autoren kämpfen an vielen Stellen gegen inhaltlichen Vandalismus, plumpen Unsinn und strategisch plazierte Informationskampagnen. In Frankfurt an der Oder wurde ein Projekt ins Leben gerufen, dass Transparenz über die Qualität der Artikel schaffen will.

Mit statistischen Mitteln wird bewertet, wie gut ein einzelner Eintrag bei Wikipedia ist. Wiki-Watch soll Transparenz über die Qualität der Einträge herstellen. Die Forscher firmieren unter der Adresse des PR-Unternehmers Wolfgang Stock, ehemaliger Politikredakteur dieser Zeitung, der das Unternehmen zusammen mit Rechtsanwalt Johannes Weberling leitet. Wiki-Watch weist sich aus als ,,Arbeitsstelle im Studien- und Forschungsschwerpunkt ,Medienrecht' der Juristischen Fakultät der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder)".

Wie groß ist die ,,Arbeitsstelle", die immerhin die wissenschaftliche Beobachtung der gesamten Wikipedia verspricht? Nach Auskunft von Rechtsanwalt Weberling sind in der Arbeitsstelle ,,insgesamt drei Personen tätig": er selbst, Stock sowie ein Student der Rechtswissenschaft. Keiner der etatmäßigen Professoren der Juristischen Fakultät der Viadrina ist Mitglied der Arbeitsstelle. Weberling, der in Berlin eine auf Presserecht spezialisierte Kanzlei betreibt, ist Honorarprofessor. Stock begrüßt die Besucher der Internetseite der Arbeitsstelle ebenfalls als Professor – er verdankt seinen Professorentitel der Gustav-Siewerth-Akademie, einer winzigen Privathochschule im Dunstkreis des katholischen Traditionalismus.

Seit Herbst 2010 kann man auf www.wiki-watch.de jeden Wikipedia-Artikel plus Zusatzinformationen einsehen: Sechs Sterne versprechen einen zuverlässigen Artikel. Da es auch in der Realität nur selten Hotels mit so vielen Sternen gibt, sind fünf schon ein Garant für gute Informationen. Doch wer kontrolliert die selbst ernannten Kontrolleure? Denn es gibt deutliche Anzeichen, dass sowohl der Leiter Stock wie auch einige freiwillige Helfer des Projekts selbst Einträge bearbeiten, bevor sie bewertet werden. Wie auf diese Weise eine neutrale Bewertung vorgenommen werden kann, bleibt fraglich.

Während eines Vortrags vor dem Wirtschaftszirkel des Cartellverbands der katholischen deutschen Studentenverbidnung in Düsseldorf hält Stock Ende 2010 in seiner Funktion als geschäftsführender Gesellschafter der PR-Firma Convincet GmbH einen Vortrag zum Thema ,,Krisenprävention und Soziale Medien". Soziale Medien sind Angebote im Internet, bei denen die Nutzer selbst die Inhalte erstellen, wie Blogs, Fotoportale oder eben Wikipedia. Der Referent bringt ein reales Beispiel, um sein Wissen über professionelle Kommunikation zu erläutern: Die Sanofi-Aventis-Aktie verzeichnete 2009 infolge der öffentlich bezweifelten Wirksamkeit eines neuartigen künstlichen Insulin-Präparats einen Kursrückgang. Der Hintergrund: Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG) hatte in der April-Ausgabe einer Fachzeitschrift auf möglicherweise bestehende Krebsrisiken hingewiesen. Am 14. April 2009 wird bei Wikipedia ein neuer Artikel im Themenfeld Medizin erstellt.

Dieser Eintrag erhält den Titel ,,Insulin Glargin", das ist künstliches Insulin, das aus gentechnisch veränderten Proteinen hergestellt wird. Insuline sind ein Milliardengeschäft, solange die Kassen die Medikamente erstatten. Wikipedia verfügt über eine eigene Medizin-Redaktion mit erfahrenen Fachleuten und beobachtet in diesem Sommer viele Auffälligkeiten rund um Insulinartikel, die in engem Zusammenhang mit Nutzerkonten stehen, die damals dem Haushalt Stocks und heute dem Projekt Wiki-Watch zugeordnet werden. Eines der Konten gehört dem Nutzer Wsto. Vier Jahre zuvor hatte Wolfgang Stock sich selbst als Wikipedia-Nutzer Wsto identifiziert. Seit dem 8. Oktober 2010 heißt das Benutzerkonto Wsto aber Kan900.

In einem elfseitigen Dossier wird von Wikipedia-Nutzern anhand von Indizien der Schluss nahegelegt, dass es sich bei den Konten (Wsto/Kan900, K.atarina.w und Dr. Dibelius) sehr wahrscheinlich um ein und denselben Nutzer handelt.

Wer seinem Wort Gewicht verleihen will, besorgt sich mehrere Konten, die dieselbe Meinung vertreten. Im Internet werden sie als ,,Sockenpuppen" bezeichnet. Stock erklärt: ,,Ich lebe in einem Haushalt, in dem sich bis zu acht verschiedene, erwachsene Personen eine dynamische IP teilen. Es ist gut möglich, dass wir früher mit Accounts auf verschiedenen Laptops eingeloggt blieben und nicht bei jedem Edit immer der tatsächliche Editor angemeldet wurde." Stock habe auch einmal unabsichtlich über das Nutzerkonto namens K.atarina.w einer Bekannten dort mitdiskutiert. Offenbar interessierte sich dieser große Haushalt damals sehr für Insulin und die Wikipedia-Profile von Sanofi-Aventis und dessen Vorstandsvorsitzendem.

So verwundert es nicht, dass der Eintrag Sanofi-Aventis, Hersteller des unter dem Handelsnamen Lantus in Deutschland erhältlichen, neuartigen Insulins, mehrfach in firmenfreundlicher Richtung optimiert wurde. Er gilt mittlerweile als einer der am besten bewachten Artikel der deutschen Wikipedia. Einer der Nutzer, die dort editieren, ist Wsto/Kan900. Am selben Tag, als der neue Artikel zum Insulin Glargin erstellt wird, erweitert er das Profil des Pharmariesen um einen positiven Hinweis auf die besonders lange Wirkungsdauer des künstlichen Insulins unter dem Handelsnamen Lantus. Auch über Chris Viehbacher, den Vorstandsvorsitzenden von Sanofi-Aventis, wird ebenfalls im April 2009 ein Wikipedia-Artikel erstellt. Der Nutzer Investor, der beide Artikel bei Wikipedia einstellte, gab ein Jahr später die Ergebnisse einer offiziellen Wiki-Watch-Umfrage bekannt.

Nun kommt das IQWIG ins Spiel. Dieses Institut wird von den Krankenkassen finanziert und prüft neue Arzneimittel – auch daraufhin, ob eine Erstattung der Kosten sinnvoll sei. Es war der Pharmaindustrie wegen seiner kritischen Haltung lange ein Dorn im Auge. Das Institut hatte mit dem Angstbegriff ,,Krebsrisiko" Zweifel an der Harmlosigkeit des künstlichen Insulins von Sanofi-Aventis in der Zeitschrift ,,Diabetologia" angemeldet. Dieser Verdacht ist bis heute umstritten. Eine fehlende Kassenerstattung hätte Einbußen in Milliardenhöhe bedeutet.

Als der Wikipedia-Nutzer Wsto/Kan900 im April 2009 den Artikel Sanofi-Aventis bearbeitet, erweitert er auch den Eintrag des IQWIG-Instituts um einen ganzen Abschnitt mit der Überschrift ,,Kritik", ohne dabei Quellen anzugeben. Auch der Eintrag zum damaligen Leiter des IQWIG, Peter Sawicki, wird von ebendiesem Nutzer am selben Tag um einen Abschnitt ,,Kritik" erweitert. Stock begründet seine Beiträge zum Themenkomplex mit seiner aktiven Haltung als Staatsbürger, er wollte Argumente in die politische Diskussion einbringen, die seinerzeit eine erhebliche Rolle gespielt hätten.

Das Projekt Wiki-Watch hat bei einigen Artikeln in beide Richtungen gearbeitet: Artikel werden erstellt oder bearbeitet, und später wird die Güte der Autoren und Quellen statistisch ausgewertet. Denn der Wikipedia-Nutzer namens Investor, der den heftig diskutierten Artikel ,,Insulin Glargin" sowie den Eintrag zu Chris Viehbacher im Online-Lexikon erstmals anlegte, war derselbe, der die Ergebnisse einer Umfrage der Wikipedia-Administratoren in das System der Wikipedia einstellte. Dies war eine offizielle Umfrage des Wiki-Watch-Projekts an der Viadrina-Universität.

Es bedarf einer speziellen Auffassung von Forschung, um die Qualität der Einträge bei Wikipedia eigenhändig zu optimieren und im selben Projekt die Güte der Artikel statistisch zu bewerten. Tatsächlich läuft eine modifizierte Auswertungssoftware der University of Santa Cruz auf den Webservern von wiki-watch.de, die die eigentliche Arbeit des Projekts leistet. Transparenz stellen sich die um Neutralität bemühten Helfer bei Wikipedia anders vor. Ein anonym publiziertes elfseitiges Dossier weist Stock die umfangreichen Editiervorgänge rund um das künstliche Insulin nach. Auffällig ist vor allem, dass er vorher und nachher diesen Themenkomplex nicht bearbeitet hat. Er kritisiert, dass dieses Dossier keinem realen Namen zuzuordnen sei. Als ein Wikipedia-Nutzer Stock im Februar 2011 auf den Kontext zwischen dem Vortrag über ,,Krisenprävention und Soziale Medien" sowie den Editiervorgängen von Wiki-Watch im Pharmaumfeld hinweist, verschwinden zwei Tage später aus dem offiziellen PDF-Dokument der Vortragspräsentation ein paar Seiten.

Leider ist die Geschichte noch nicht zu Ende. Denn es geht bei derart ,,professionellen" Wikipedia-Bearbeitungen nicht nur um Artikel über Firmen und Produkte, auch eine rigide Weltanschauung kann das Neutralitätsgebot der freien Enzyklopädie behindern.

Viele Nutzer aus religiösen, strenggläubigen Kreisen bearbeiten seit Bestehen von Wikipedia die Artikel von evangelikalen Organisationen. In diesen Gruppierungen wirken auch Kräfte mit, welche homosexuelle Jugendliche von ihrer Neigung ,,heilen" wollen, obwohl schon die Annahme einer Therapie von Homosexualität in der internationalen Sexualwissenschaft als unwissenschaftlich gilt. Das Deutsche Institut für Jugend und Gesellschaft, für das Wolfgang Stock bis vor kurzer Zeit noch im Wissenschaftlichen Beirat saß, ist so eine Institution. So ist auch in diesem thematischen Zusammenhang ein offizielles Nutzerkonto des Forschungsprojekts Wiki-Watch aufgefallen. Dazu die Wikimedia Deutschland e.V.: ,,Ein Check-User-Verfahren soll der Überprüfung dienen, ob ein angemeldeter Wikipedia-Benutzer unter verschiedenen Benutzer-Account-Namen aktiv war oder ist. Zusätzliche Nutzerkonten werden von einigen Hauptbenutzern nur angelegt, um eigene Standpunkte als Mehrheitsmeinung darzustellen. Im Ergebnis legten die im Check-User-Verfahren ausgewerteten Daten nahe, dass der Benutzer des Accountnamens ,Diskriminierung' in dem relevanten Themenfeld mit weiteren Accounts aktiv war. Des Weiteren ergab sich als Ergebnis die nicht fernliegende Möglichkeit, dass der Inhaber des Benutzernamens ,Diskriminierung' auch unter dem Benutzernamen ,Wiki-watch-de' editiert hat."

Weberling räumt in seiner Stellungnahme ein, dass dieser Nutzer Zugang zum Benutzerkonto wiki-watch.de hatte – in der Folge sei ein Vier-Augen-Prinzip beim Bearbeiten von Artikeln eingeführt worden. Pikant ist dabei, dass dieser Nutzer bei den sensiblen Artikeln, die schon seit Jahren besonders hart von strenggläubigen Christen beeinflusst werden, einige umstrittene Editiervorgänge vornahm und heftige Diskussionen auslöste, teilweise mit kruden evangelikalen Stellungnahmen. Offenbar waren hier aber nicht mehr Wolfgang Stocks Familienmitglieder involviert. Denn die Wiki-Watch zugeschriebenen Nutzerkonten hatten über eine exotische Anonymisierungssoftware Zugang zu Wikipedia. Verschleierungstaktiken bei einem akademischen Projekt? Eine Vorbildfunktion für Offenheit und Transparenz beim Thema freies Wissen im Netz stellen sich die Eltern und Lehrer, die Wikipedia empfehlen, sicherlich anders vor.

Beim Demokratie-Kongress 2010 der Konrad-Adenauer-Stiftung erklärt Stock laut dem Bildungswerk der Stiftung in einer Grundsatzrede einen denkwürdigen Vorgang: Inzwischen seien wir ,,im virtuellen Raum hauptsächlich von Monopolen umgeben". Stock klärt hinsichtlich der Dominanz von Internet-Angeboten wie Wikipedia, Google, Facebook oder Amazon deren Motive auf: Geld verdienen, Daten sammeln, teilweise auch das Denken ihrer User beeinflussen – Objektivität und harte Fakten blieben dabei allerdings auf der Strecke. Dass Wikipedia auf Spendengelder angewiesen ist, war dem langjährigen Wikipedia-Profi offenbar kurzzeitig entfallen.

Offenbar gelangt das, was Stock unter harten Fakten versteht, über eine ,,zuverlässige" Öffentlichkeitsarbeit in die sperrigen Sozialen Medien des Internetzeitalters, um dort die politische Diskussion zu erweitern. Dann wird es vom universitären Forschungsprojekt nach neutralen Kriterien der Transparenz bewertet, ohne dass der Besucher von www.wiki-watch.de erfährt, welche Beiträge von Stock oder den Helfern eigenhändig optimiert wurden und welche Motive sie dazu getrieben haben. Innovative, nicht-staatliche Projekte wie Wikipedia, die die Öffentlichkeit als Nutzer wie auch als engagierte Autoren einbeziehen, sind jedoch auf echte Transparenz angewiesen.

Rechtsanwalt Weberling wies gegenüber dieser Zeitung auf die ,,Besonderheit des Studien- und Forschungsschwerpunkts Medienrecht" hin, ,,dass er seit seiner Gründung ausschließlich drittmittelfinanziert ist, zu seiner Finanzierung also keine Etatmittel der Universität verwendet werden". Angaben zu den Drittmittelgebern für die Arbeitsstelle Wiki-Watch wollten deren Leiter nicht machen.
jörg wittkewitz

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Ich wünsche weiterhin noch einen schönen Streisand-Effekt.  ;D

P.Stibbons

Hier beklagen sich einige Komplementärmediziner  über angeblich tendenziöse Darstellung ihrer CAM-Angebote in der Wikipedia:

http://www.neuraltherapie-blog.de/?p=1068

Die Kommentare sind allesamt aufschlussreich....

Im Zusammenhang mit den derzeit ans Licht kommenden Verstrickungen der WikiWatch-Projektleiter wirkt sies hier geradezu bizarr:
Zitat
Neuraltherapie.Blog schreibt:
22nd.Februar 2010 um 10:22

Sehr geehrter Herr Dr. Ortner,

vielen Dank für Ihren Kommentar. Bitte erlauben Sie mir eine kleine Anmerkung zu Ihrem Hinweis:

"Soviel Ignoranz, Unbedarftheit und Unwissenheit traue ich einer Person die so eine Seite betreut gar nicht zu, das macht schon den Eindruck einer bewussten Irreführung."

Die systematische sowie pseudowissenschaftliche Diskreditierung von komplementärmedizinischen Therapieformen innerhalb der deutschsprachigen Wikipedia wird nach meinem Kenntnisstand von Anhängern der sog. Skeptikerbewegung und sog. Brights betrieben.

Die jeweiligen Autoren und Admin-Seilschaften stehen dem Verein GWUP e.V. und der Organisation Brights Deutschland nahe. Speziell Brights Deutschland verfügt (anders als die GWUP) über erhebliche finanzielle Mittel. Siehe auch: Benutzer-Seite GWUP/FOSSA und Benutzer-Seite FOSSA/Dumbs bei Wikipedia.

Verbindungen zur Pharmaindustrie sind mir ausschließlich in Großbritannien bekannt. Auch hier bedienen sich Lobbyorganisationen wie z. B. der pharmafinanzierte Verein Sense About Science der Skeptiker- und Brights-Bewegung. Hintergrundinformationen hierzu finden Sie im Artikel:

Homöopathie und UK-Pharmalobbyismus. DZVhÄ-Chef Curt Kösters: ,,Hut ab vor der Kampagnenfähigkeit dieser Leute!"

Beste Grüße

Claus Fritzsche
(Redaktion Neuraltherapie.Blog)

und aktuell:

ZitatJörg Lehnert schreibt:
3rd.Mai 2011 um 23:13

In diesem Zusammenhang wäre auch der Wikipedia Artikel über psiram.com zu benennen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Esowatch

Esowatch Sympathisanten auf Wikipedia haben ihren Einfluss genutzt, um den hohen Bekanntheitsgrad von Wikipedia für Esowatch.com Zwecke zu missbrauchen. Auf psiram.com wird nahezu jedes alternative Heilverfahren in Misskredit gebracht.


P.Stibbons

Gehört in den größeren Themenkontext von Wiki Watch:

http://www.wikipedia-watch.org/wikitort.html

Der Comic unten ist angesichts der derzeitigen Entwicklungen ungewollt doppeldeutig...hängt unten dran...hoff ich... ;)


P.Stibbons

http://meedia.de/internet/kritischer-report-wiki-watch-doht-faz/2011/07/04.html

Zitat...Wie es nun im Streit mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung weitergeht, ist noch unklar. "Ich bin im Gespräch mit der FAZ. Die Frage ist, wie wir die Geschichte wieder aus der Welt kriegen und wie die Zeitung den entstandenen Rufschaden wieder ausgleichen will", sagte Weberling. Auch in Frankfurt ist man sich offenbar noch nicht über die nächsten Schritte im klaren. Wittkewitz kündigt allerdings schon einmal an: "Wir hätten auf jeden Fall noch genügend Material, um die Geschichte weiterzudrehen."

Sollte sich der Anwalt gegen die Frankfurter Redaktion durchsetzen, will er in einem nächsten Schritt gegen die Online-Kopien des Textes vorgehen: "Ich bin davon überzeugt, dass wir die meisten Hinweise auf den falschen Text sehr schnell aus dem Internet bekommen."..

Harlequin

ZitatSollte sich der Anwalt gegen die Frankfurter Redaktion durchsetzen, will er in einem nächsten Schritt gegen die Online-Kopien des Textes vorgehen: "Ich bin davon überzeugt, dass wir die meisten Hinweise auf den falschen Text sehr schnell aus dem Internet bekommen."..

Endlich jemand der versteht wie das Internet funktioniert. Das klappt nämlich ganz sicher! Danke für diese Wortmeldung...
Man braucht vor der Liebe Gottes keine Angst zu haben. Er hat seit 2.000 Jahren niemand mehr geschwängert.


rincewind

Zitat von: Harlequin am 04. Juli 2011, 16:32:20
Endlich jemand der versteht wie das Internet funktioniert. Das klappt nämlich ganz sicher! Danke für diese Wortmeldung...

Jau, die Jungs haben die volle Medienkompetenz, bin auch gerade schwer beeindruckt.

Wolleren

Die FAZ legt nach! Jörg Wittkewitz schreibt:
http://www.faz.net/artikel/C31013/kritik-an-wiki-watch-schon-grossmutter-war-zuckerkrank-30461557.html

Stocks Verteidigungslinie scheint nun zu sein, dass er die mittlerweile zugegebenen Edits in der Wikipedia (unserem Schwesterprojekt, ha!) als engagierter Staatsbürger VOR seinem wiki-watch-Engagement vorgenommen hatte. Einige Indizien sprechen deutlich dagegen, trotz Stocks eidesstattlicher Versicherung.

Drei Highlights des in der Printausgabe 2/3 einer Seite füllenden Artikels:
Der Leiter des Studienschwerpunkts Medienrecht an der Viadrina (:kotz:) ist Wolff Heintschel von Heinegg, und dieser Jurist (Öffentlichkeitsrechtler) "legt Wert auf die Feststellung, dass Stock einfacher Lehrbeauftragter der Fakultät sei. ... Sofern durch die Begrüßungsseite des Internet-Auftritts von Wiki-Watch der Eindruck erwweckt werden könnte, Stock, der einen Professorentitel einer winzigen katholischen Privathochschule führt, sei Professor an der Frankfurter Fakultät, sei womöglich eine Richtigstellung erforderlich."

Die Auswertung der Qualität der wikipedia durch wiki-watch erfolgt mit naiven Kennzahlen durch die Software WikiTrust, eine linguistische Analyse etwa erfolgt nicht. Dazu führt die FAZ als Experten Justin Gilbreath (München) und Nicolas Erbs (Darmstadt) an.

Süffisant schließt der Artikel mit einem von Stock formulierten Monatsgebet, das er "in seiner Eigenschaft als Vorstandsmitglied des Christlichen Medienverbundes KEP für die evangelikale Evangelische Allianz formuliert hat":
"Was hätte Jesus, was hätten seine Jünger in dieser Situation getan? Sie hätten die "neuen Medien" beherzt ergriffen und zur Verkündigung eingesetzt!..."
Ein gewisses Sendungsbewusstsein, gepaart mit finanziellen Interessen und Doppeldenk, kann man Stock demnach wohl nicht absprechen. Vielleicht sollte er Öffentlichkeitsarbeit für die Homöopathielobby leisten, die findet solche Leute einfach toll.

Disclaimer: Selbstverständlich ist das hier reines CDU-Bashing ohne jede inhaltliche Grundlage. Ich bin mir dessen bewusst.

Copa

http://www.zeit.de/2011/29/Kommentar

ZitatDoppelexistenz

Das zweifelhafte "Wiki-Watch" schädigt den Ruf der Europa-Universität Viadrina, kommentiert Christoph Drösser.

Honorarprofessoren zeichnen sich meist dadurch aus, dass sie kein Honorar erhalten. Sie kommen aus der Praxis und bringen für einen »Ehrenlohn« ihre Erfahrungen in Forschung und Lehre ein.

Auf solche Lehrbeauftragte stützt sich auch die juristische Fakultät der Viadrina-Universität in Frankfurt (Oder) in ihrem Forschungsschwerpunkt Medienrecht. Im vergangenen Oktober trat Wolfgang Stock an die Fakultät heran und erbot sich, unentgeltlich eine »Arbeitsstelle Wiki-Watch« einzurichten, die ein kritisches Auge auf die Diskussionen und Bearbeitungen der großen Online-Enzyklopädie werfen sollte. Diesem geschenkten Gaul schaute der Lehrstuhlinhaber Wolff Heintschel von Heinegg nicht weiter ins Maul. Heute, so darf man vermuten, bereut er das zutiefst.

Wolfgang Stock war kein unbeschriebenes Blatt: ehemaliger Redakteur von FAZ, Berliner Zeitung und Focus, erzkonservativer CDU-Politiker, evangelikaler Aktivist, der aggressiv gegen Homosexuellen-Verbände auftrat. Außerdem besitzt Stock eine PR-Agentur, die Unternehmen bei ihren Aktivitäten in Sozialen Netzen berät....


Graf Zahl

http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/0,1518,786515,00.html#ref=rss

Zitat
Gegendarstellung

Info

Auf www.spiegel.de vom 09.09.2011 schreiben Sie in der Rubrik "Netzwelt-Ticker" unter der Überschrift "Forscher locken 120.000 Mails in die Tippfehler-Falle" über mich:

    "Stock wurde Berater einer Pharmafirma und veränderte unter dem Wikipedia -Kürzel Wsto (dann später Kan900; Wikipedianer werfen ihm noch viele weitere sogenannte Sockenpuppenkonten vor) Enzyklopädie-Einträge in für die Firma günstiger Weise."

Hierzu stelle ich fest:

Ich habe zu keinem Zeitpunkt Sockenpuppenkonten, sondern stets nur ein Benutzerkonto unterhalten.

Soweit zudem der Eindruck erweckt wird, ich habe während meiner Tätigkeit für eine Pharmafirma Enzyklopädie-Einträge zu dieser Pharmafirma verändert, ist dies falsch. Vielmehr habe ich die genannten Enzyklopädie-Einträge vor Beginn meiner Beratungstätigkeit für die Pharmafirma vorgenommen.

Sie schreiben weiter im Zusammenhang mit der Arbeitsstelle Wiki-Watch:

    "[...] erklärt die Europa-Universität Viadrina Frankfurt in einer Mitteilung [...]. Das Projekt werde nun ohne Stock weiterlaufen."

Diese Darstellung ist falsch. Nach dem Verzicht auf meine Tätigkeit als Leiter der Arbeitsstelle Wiki-Watch arbeite ich weiter als einer von drei Mitarbeitern der Arbeitsstelle an dem Projekt.

Berlin, den 13.09.2011, Prof. Dr. Wolfgang Stock

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