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Die psychologische Dynamik von Verschwörungstheorien

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Begonnen von Harry Wijnvoord, 13. September 2010, 18:55:06

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71hAhmed

Zitat von: Bionic am 18. September 2010, 23:18:54
Reingerät?? Ist ja keine Sekte.

Ist aber manchmal von aussen gesehen nicht weit davon weg und gelegentlich geht das auch fliessend ineinander über. Aber anders formuliert, warum hast du früher an VTs geglaubt und tust es heute nicht mehr?
Wie gesagt, Antworten darauf aus eigener Erfahrung sind auch interessant, weil viele hier das nicht so ganz nachvollziehen können.

Bionic

Ich kann auch nicht viel mehr dazu sagen. Man kann sich halt als etwas besonderes fühlen. Die VT erscheinend spannender. 
Ich werd überlegen, ob mir noch mehr dazu einfällt. Vieleicht wäre es besser, wenn du mich gezielt fragen würdest.

71hAhmed

Zitat von: 71hAhmed am 19. September 2010, 12:30:34
Aber anders formuliert, warum hast du früher an VTs geglaubt und tust es heute nicht mehr?
Wie gesagt, Antworten darauf aus eigener Erfahrung sind auch interessant, weil viele hier das nicht so ganz nachvollziehen können.

Was ist an der Frage ungenau (ausser deiner Antwort)? Versuch doch mal eine ausführliche Antwort mit mehr als zwei Zeilen zum Thema.

Bionic

Ne die Frage ist genau. Das meinte ich damit nicht. Ich bin nicht so gut mit Antworten.. Aber ich werd schauen, ob ich eine genauere Antwort zusammenbekomme. (Aber ich glaub es eher nicht.)

Bionic

Ich kann dir das nur zu erklären versuchen, wenn ich ziemlich von vorne beginne. Hat sicher auch etwas mit meiner Lebensgeschichte zu tun, aber wie genau kann ich dir nicht sagen. Früher als kleines Kind und in meiner Volksschulzeit, bis in meine Hauptschulzeit, habe ich fast alles geglaubt, wenn man mir was erzählt hat. (Vorausgesetzt ich kannte mich da nicht aus.) Über Dinosaurier wusste ich relativ gut Bescheid. Aber wenn ich ein Buch über Paranormales las, dann habe ich das gelesene geglaubt. (Warum sollte jemand etwas Falsches schreiben?) Ne solche kritische Gedanken kannte ich früher gar nicht. Ich hatte wenig Ahnung über die Welt und so nam ich jede Information gutgläubig auf. Ich denke dass ich dann durch TV-Wissenschaftssendungen und Wissenschaftszeitschriften kritischer wurde. Dies war aber sicher nicht ein kontinuierlicher Verlauf. Einmal hat mir mein Vater, in meiner Hauptschulzeit, ein Video über Rationalisten in Indien, von der Bücherei mitgebracht. Dies war schon sicher auch mitentscheidend. Ich war da bei solchen angeblichen Wundern vor diesem Video, glaub schon skeptisch, aber diffuser. (Mein Vater hat früher eher an solche Sachen geglaubt und glaubt heutzutage auch eher noch daran. Also an Gurus, ect.) Was genau die Wende auslöste, weiß ich auch nicht. Besser so? (Dann schreib ich noch mehr dazu.)

71hAhmed

@ Bionic:
So wird das ja mal was. Da kann ich mal nachvollziehen, warum jemand an VTs oder anderes glaubt.Ich finde es immer wieder interessant, solche Theorien zu lesen, manchmal ist auch was dran, was mich zum weitersuchen anregt, aber wirklich ernst nehmen konnte ich das nie.
Und ich habe eine ganze Menge mehr oder weniger esoterische Sachen ausprobiert.

Bionic


71hAhmed

Zitat von: Bionic am 19. September 2010, 21:30:27
Soll ich noch mehr dazu schreiben?

Klar, aber lass dir ruhig was Zeit zum Nachdenken. Vielleicht erst mal ganz traditionell auf einem Blatt Papier vorbereiten, nochmal lesen und dann erst hierher damit.

Kombe

Zitat von: Toiletman am 16. September 2010, 23:28:56
Das denk ich nicht. Hab Geschichte als Minor Fach gehabt an der Uni und auch dort herrschen dumme Aberglauben bei den Leuten fort. Am schlimmsten sind aber Soziologen aber die sind eh allergisch auf Naturwissenschaften an sich weil sie einfach net mögen,

Stimmt nicht, ich arbeite bei den Wirtschafts- und Sozialwissenschaftenler, kann ich jetzt gar nicht behaupten, dass die sehr esoterisch wären. Im Gegenteil. (Vielleicht magst du die Soziologen nicht, und vermutest es sein bei ihnen auch so? ;) ;))

Toiletman

Zitat von: Kombe am 21. September 2010, 06:36:25
Zitat von: Toiletman am 16. September 2010, 23:28:56
Das denk ich nicht. Hab Geschichte als Minor Fach gehabt an der Uni und auch dort herrschen dumme Aberglauben bei den Leuten fort. Am schlimmsten sind aber Soziologen aber die sind eh allergisch auf Naturwissenschaften an sich weil sie einfach net mögen,

Stimmt nicht, ich arbeite bei den Wirtschafts- und Sozialwissenschaftenler, kann ich jetzt gar nicht behaupten, dass die sehr esoterisch wären. Im Gegenteil. (Vielleicht magst du die Soziologen nicht, und vermutest es sein bei ihnen auch so? ;) ;))

Ich habe nicht behauptet, dass die Soziologen sehr esoterisch wären in diesem Paramedizin-Sinne sondern vielmehr, dass sie auf Naturwissenschaft und jegliche biologischen Grundlagen im menschlichen Verhalten allergisch sind, was die Theorien letztlich auch esoterisch macht. Apropos Wirtschaftswissenschaft. Den Homo economicus hat auch noch niemand beweisen können also ist er für mich auch eine esoterische Erfindung. Keine Ahnung ob man den heute noch an der Uni als Modell lehrt aber er zieht sich jedoch durch viele Wirtschaftstheorien hindurch.  Wie konnte jemals irgendwer annehmen, dass der Mensch rational handele?

rincewind

Zitat von: Toiletman am 21. September 2010, 18:35:40
Wie konnte jemals irgendwer annehmen, dass der Mensch rational handele?

Auch Irrationalität kann rational sein. Das ist nicht ganz so einfach. Es kommt dabei auch immer auf die Bezugsebene an. Wenn jemand Stimmen hört, ist es erstmal eine rationale Reaktion, diese Stimmen ausserhalb von sich zu vermuten.
"Rationalität" ist ein gefährlicher Begriff. Weil er eine klare Trennung vorgaukelt, die aber nicht vorhanden ist.

71hAhmed

Zitat von: rincewind am 21. September 2010, 20:05:48
Zitat von: Toiletman am 21. September 2010, 18:35:40
Wie konnte jemals irgendwer annehmen, dass der Mensch rational handele?

Auch Irrationalität kann rational sein. Das ist nicht ganz so einfach. Es kommt dabei auch immer auf die Bezugsebene an. Wenn jemand Stimmen hört, ist es erstmal eine rationale Reaktion, diese Stimmen ausserhalb von sich zu vermuten.
"Rationalität" ist ein gefährlicher Begriff. Weil er eine klare Trennung vorgaukelt, die aber nicht vorhanden ist.


Auch viele von aussen gesehen irrationalen Weltbilder sind in sich rational, wenn man die Grundanahme(n) akzeptiert/glaubt. Man kann auf jeder irrsinnigen Basis ein in sich logisches und rationales System aufbauen.

Harry Wijnvoord

Ich kann mal aus dem eigenen Nähkästchen plaudern. Ich war zwar nie ein Hardcore-VT-Gläubiger, hielt aber ziemlich viel für möglich, was oft mit VTs einhergeht (Aberglaube, Macht der Gedanken...). Angefangen bei Wiedergeburt und Rückführungstherapien, über The Secret, außerkörperliche Erfahrungen usw. Also pretty heavy stuff sozusagen.  ;D

Diese Welt von vorher ungeahnten Möglichkeiten zu entdecken, war eine tiefe Befriedigung für mich. Plötzlich war da etwas, dass neben dem ganzen Chaos und der Komplexität einfach alles erklären konnte. Und das auch noch auf denkbar einfache Weise. Dieser große Sinnzusammenhang, der sich da eröffnete und den ich auch bei VTs ansatzweise spürte, gab tatsächlich dem ganzen Leben mehr Sinn: Jeglicher Kampf, Widerstände und Unwägbarkeiten kamen mir plötzlich logisch vor und ließen sich mit einigen wenigen Theorien erklären.

Irgendjemand hat mal geschrieben, dass sämtliche Kultur auf den Wunsch zurückgeht, unsterblich zu sein. Der Tod, der jedem Menschen irgendwann bevorsteht, ist eine ziemlich große Belastung für viele Menschen. Ich hatte damals das Gefühl, dass das Leben nach mir immer noch einen Sinn ergibt, sozusagen alles verbunden ist und somit auch ich ein bisschen unsterblich bin. Die Erkenntnis, dass es das alles nicht gibt und die Welt einfach so "unsinnig" ist, wie sie mir heute erscheint, war ein ziemlich harter Brocken. Das ging damit einher, dass ich nicht mehr an Gott glaubte und auch nicht mehr an irgendwelche östlichen Philosophien von Wiedergeburt oder höheren Sphären, in denen ein Teil von mir weiter existieren konnte. Zeitgleich stellte ich sämtliche meiner Aberglauben usw. in Frage. Das klingt für Menschen, die als Skeptiker und Rationalisten geboren sind (gibt's das?) vielleicht schwachsinnig, aber dem Tod plötzlich so nackt und ungeschützt gegenüber zu stehen, ist ziemlich bitter, wenn man da als erwachsener Mensch so reinrutscht. Und das ist glaube ich dass, was man durch den Glauben an "Höheres" und somit auch an VTs vermeiden kann, und mit ein Grund warum Menschen mit aller Macht daran festhalten: Es ist einfach ne Existenzfrage. Sobald diese Sachen nicht mehr wahr sind (z.B. widerlegt durch wissenschaftliche Erkenntnisse), steht man ziemlich nackig vor der eigenen Winzigkeit, Unwichtigkeit und der Tatsache, dass man irgendwann vielleicht einfach nicht mehr ist. Es ist total beruhigend, wenn die Welt durch ein so einfaches Gerüst erklärbar und berechenbar wird und über einen hinaus Sinn ergibt.

Was anderes, was ich rückblickend bei mir festgestellt habe, war der Wunsch eine Art Vaterfigur und Autorität zu haben, die mir den Weg weist. Mal war es ein "Therapeut", dann ein esoterisch verwaschener Wissenschaftler, dann wieder ein Meditationsguru. Ich saß wie ein kleiner Junge vor ihnen, schaute hinauf und nickte alles ab, was sie mir erzählten. Mein Glück war gleichzeitig, dass mich diese Führungsfiguren und deren Konzepte bzw. Philosophien, die ich mir da ausgewählt hatte, ziemlich schnell nicht mehr befriedigten oder sogar ziemlich enttäuschten. So sprang ich im Rekordzeit quasi von Philosophie zu Philosophie und von Vaterfigur zu Vaterfigur. Nachdem ich dann so sinngemäß den hundertsten hinter mich gelassen hatte, fragte ich mich: Wenn es Dir immer wieder so passiert, dass Du an etwas so leidenschaftlich glaubst, irgendwann enttäuscht wirst und den Haken an der Sache erkennst, wo kommst Du dann am Ende hinten raus? Die logische Konsequenz und Antwort war: Nur bei Dir selbst und bei der Erkenntnis, dass kein noch so verlockender Erklärungsversuch dieser Welt wahr sein kann. Finde Dich mit der Komplexität ab, finde Dich mit der Unsicherheit ab, finde Dich mit Deinem Tod ab. Und so stellte ich dann auch die größte aller Vaterfiguren für mich in Frage: Den lieben Gott, der irgendwie über alles wacht, was ich tue, mir in schwere Zeiten mit seiner unsichtbaren Hand den Kopf krault und mir gut zuredet: "Wird schon alles gut, Junge."

Ich denke nicht, dass es bei allen so sein muss wie bei mir. Die Gründe sind wahrscheinlich recht unterschiedlich. Aber ich kann ziemlich gut nachvollziehen, warum man an VTs und an Esoterik glaubt. Gleichzeitig geh ich mittlerweile an die Decke, wenn ich darüber lese oder mit jemandem über sowas diskutiere. Gehört vermutlich auch zu meinem Abgrenzungsprozess  ;D.
Wo ich gerade beim Stichwort bin: VTs sind glaube ich auch gut geeignet um sich als Gruppe abzugrenzen. Die Leute empfinden sich als eingeschworene Gemeinde, die besser als alle andere geblickt hat, wie der Laden hier funktioniert.

Federvieh

Ich kann dazu nur sagen, daß ich als ungläubiger aufgezogen wurde. Ich finde es nicht dramatisch, daß der Tod das Ende ist. Das ist eben so und man muß versuchen, daß bissl Leben, daß man so hat, so nachhaltig wie möglich zu leben. Für mich sind Gläubige wie Kinder, die an den Osterhasen oder den Weihnachtsmann glauben. Nichts anderes ist das Christkind. Es ist traurig für mich zu lesen, daß es Menschen gibt, die ihren Tod als Belastung empfinden. Ich möchte nur sehr ungern zu frühzeitig verscheiden, aber wenn ich sterbe, dann ist das für mich das geringste Problem, problematischer wird es für die sein, die mich überleben. Daher sag ich dann immer, man solle sich einfach vorstellen, ich wäre ein heller Stern, der jeden ihrer Schritte begleitet.

Ich fänd es aber ziemlich doof, wenn irgendwann aus dieser Konsolation der Glaube an ein Leben nach dem Tod entstünde.

Harry Wijnvoord

Zitat von: nachteule am 23. September 2010, 14:26:26Daher sag ich dann immer, man solle sich einfach vorstellen, ich wäre ein heller Stern, der jeden ihrer Schritte begleitet.

Aber da siehst Du, dass jeder Mensch seine "Tricks" hat, um den eigenen Tod möglichst schmackhaft zu machen oder ihm die Dramatik zu nehmen. Egal, ob man damit sich selbst oder die anderen beruhigen will. Ist ja bei Menschen, die an Wiedergeburt glauben nicht anders. Es gibt durchaus einige, die völlig in Frieden sterben, WEIL sie eben an Wiedergeburt, Gott oder sonstwas glauben. Aber einfach der nackten Tatsache ins Auge zu schauen, dass diese Existenz und dieses Bewusstsein endet, und alles danach mehr als unsicher ist, ist schon eine ziemlich harte Nuss. Ich wüsste auch nicht, was daran für Dich traurig ist, dass Menschen so empfinden. Nicht umsonst gibt es mittlerweile auch eine säkular-humanistisch motivierte Hospizbewegung. Der Mensch, egal wie vernuftsmäßig er unterwegs ist, hat am Tod zu knabbern, das ist einfach so. Und das meine ich mit Belastung. Oft ist es also eine potentielle Belastung, die man aber mit allen möglichen gedanklichen und verbalen Tricks umgeht. Das betrifft glaub ich sowohl Esoteriker wie auch Rationalisten gleichermaßen. Sie suchen sich nur unterschiedliche Bewältigungsstrategien. Der eine glaubt an Gott, der andere an Wiedergeburt und noch ein anderer ist zufrieden mit der Tatsache, dass das Leben an sich einfach weitergeht.