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Der Placebo-Effekt - bewusster Einsatz als Therapeutikum??

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Begonnen von niedlich, 10. Mai 2010, 18:20:24

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Wazir

Ist also N-Acetyl-L-Hydroxyprolin ein Placebo, welches man nicht geben sollte?

So einfach ist es nicht, oder?

40_Fieber

Es ist ganz einfach: Es ist verboten, dem Patienten etwas zu verabreichen über das er nicht korrekt aufgeklärt wurde.

Das ist Körperverletzung.
http://kidmed*info/

Wazir

Hansaplast auf das geschürfte Knie des brüllenden Blags: Nicht erlaubtes Placebo?
Ärtzliches Pusten auf die Prellung an der Kinderstirn: Nur nach Aufklärung?

40_Fieber

Weder das Eine noch das andere ist invasiv.
Aber sobald man eine Pille zur Hand nimmt, muß man den Patienten aufklären. Wirkung, Nebenwirkung, etc.. Und die sollte möglichst mit dem Teil übereinstimmen, das man verabreicht, sonst wars ne Fehlaufklärung und bei Versagen sitzt man mit dem halben Hintern im Knast. Da gibt es überhaupt keine Diskussion.


http://kidmed*info/

Wazir

Hydroxyprolin hab ich jahrelang gegeben, weil ich der Meinung war, es hülfe.
Literatur gab es ja genug.
Es hat  -nach Aussage der Pat.-  gelindert.

Heute weiß ich: Quatsch.

So einfach ist es nicht.
Invasiv oder nicht.

40_Fieber

Zitat von: Wazir am 02. Juni 2010, 00:36:40
Hydroxyprolin hab ich jahrelang gegeben, weil ich der Meinung war, es hülfe.
Literatur gab es ja genug.
Es hat  -nach Aussage der Pat.-  gelindert.

Solange Du Literatur hast, ist alles gut. Dann ist das eben Stand der Forschung.
Aber wenn jemand mit Kopfschmerzen kommt und Du verabreichst ihm absichtlich ein Placebo weil das Deiner Meinung nach - überspitzt ausgedrückt - bei dem Psycho genügt, dann mußt Du ihn aufklären und kannst nicht behaupten dieser Zucker sei eine Kopfschmerztablette.
http://kidmed*info/

Wazir

Zitat von: 40_Fieber am 02. Juni 2010, 00:41:10Solange Du Literatur hast, ist alles gut. Dann ist das eben Stand der Forschung. 
Da hamwas!
Das Problem.
So argumentieren die Quacks auch, wenn sie auf Literatur verweisen.
Die Eso-Literatur ist zur Zeit wohl der prosperierendste "Literatur"-Bereich.

Nein, es ist nicht einfach, Fieber.
Ich kann den Leuten ja auch "Adenosin 1"- erhöhen, indem ich irgend welche Noxen, z.B. mit Akupunkturnadeln setze.

Ist invasiv, lindert, wenn die Leute das glauben und die Theorie dazu ist komplett hirnrissig.
Aber wenn Ömchen das will....
Bevor sie zum Quack um die Ecke geht und sich Mondstrahlen D10 homöopatisch verabreichen lässt.

Dass wir uns nicht missverstehen: Wir sind nicht verschiedener Meinung, was Quack angeht.


Der Thread heißt: Bewusster Einsatz.
Das geht nur, wenn man wirklich Ahnung hat, Erfahrung und Menschenkenntnis.





Bionic

Zitat von: 40_Fieber am 02. Juni 2010, 00:15:32
Es ist ganz einfach: Es ist verboten, dem Patienten etwas zu verabreichen über das er nicht korrekt aufgeklärt wurde.
Bei Medikamenten-Tests ist das aber anders, oder?
Weißt du warum Placebos, als Scheinoperation helfen können?

40_Fieber

Zitat von: Wazir am 02. Juni 2010, 00:51:07
So argumentieren die Quacks auch, wenn sie auf Literatur verweisen.

Ich meine doch Literatur, nicht Schund.

Zitat
Nein, es ist nicht einfach, Fieber.
Ich kann den Leuten ja auch "Adenosin 1"- erhöhen, indem ich irgend welche Noxen, z.B. mit Akupunkturnadeln setze.

Nehmen wir doch mal an das stimmt. Was nutzt diese Erhöhung, wenn das Zeugs nach einer Stunde zerfällt (auch ein Ergebnis dieses Tests) und der Patient wieder Schmerzen hat, weil der Arm ab ist?
Da ist der Patient doch mit einem Opiat besser bedient.

Zitat
Der Thread heißt: Bewusster Einsatz.

Bewußter Einsatz ist ein Ding der Unmöglichkeit. Dann belügt man den Patienten. Außerdem kann man den Lügenschweiß echt riechen.
Als Lügen-Opfer (nicht wirklich ich, ich habe den Lügner nur hochgejagt) bin ich da ganz strikt dagegen. Diese unethische Show hat mir einen ordentlichen Vertrauensverlust in Ärzte beschert. Beim Quack erwarte ich nichts anderes. Beim Arzt schon.
Und ich bin sicher, auch dieser Arzt dachte er hätte Erfahrung und Menschenkenntnis. Wer denkt das nicht von sich?

Ein bewußter Einsatz von Placebo ist unethisch. Und wenn Dein Patient schlau ist - oder noch schlimmer, ein Angehöriger - dann bist Du geliefert.
http://kidmed*info/

40_Fieber

Zitat von: Bionic am 02. Juni 2010, 01:21:44
Bei Medikamenten-Tests ist das aber anders, oder?

Nein, gar nicht. Da wird der Patient aufgeklärt, daß er entweder Verum oder Placebo bekommt.

ZitatWeißt du warum Placebos, als Scheinoperation helfen können?

Scheinoperationen sind in D gänzlich verboten. Aber es gibt genug OPs, die eigentlich unsinnig sind. Und wenn man ein künstliches Kniegelenk gegen eine Schein-OP hätte antreten lassen, hätte sicherlich das künstliche Knie gewonnen. Es kommt immer nur darauf an, was man vergleicht. Vergleicht man Pfusch mit Pfusch, ist beides gleich gut.
http://kidmed*info/

Wazir

Zitat von: 40_Fieber am 02. Juni 2010, 01:23:09Ein bewußter Einsatz von Placebo ist unethisch. Und wenn Dein Patient schlau ist - oder noch schlimmer, ein Angehöriger - dann bist Du geliefert.
Da bin ich anderer Meinung, Fieber.
Und ich habe Erfahrung, bin nicht doof, bin fachkundig.

Wir alle  (sicher auch Du) machen ständig irgend etwas in Richtung Placebo, wo es angebracht ist (Pflaster, Pusten, Sauberkeit, professionales Outfit...).
Röntgen ist invasiv. Ich brauch das oft nicht, aber wenn der Pat das will? Placebo?
Das ist kein Lügen, das ist ethisch vertretbar, wenn ich damit verhindere, dass der Pat. sich in unegale Hände begibt.

Vielleicht habe ich nur eine andere Definition von Placebo im Kopp als Du.
Dann sind wir ja doch einer Meinung.

Bionic

Zitat von: 40_Fieber am 02. Juni 2010, 01:28:40
Nein, gar nicht. Da wird der Patient aufgeklärt, daß er entweder Verum oder Placebo bekommt.
He super! Eine Frage, eine Antwort! Danke!  :D (Das schaffen hier nicht alle..)
Ok. Ja versteh ich.
Zitat von: 40_Fieber am 02. Juni 2010, 01:28:40
Aber es gibt genug OPs, die eigentlich unsinnig sind. Und wenn man ein künstliches Kniegelenk gegen eine Schein-OP hätte antreten lassen, hätte sicherlich das künstliche Knie gewonnen. Es kommt immer nur darauf an, was man vergleicht. Vergleicht man Pfusch mit Pfusch, ist beides gleich gut.
Naja was ich weiß hat man es erfolgreich bei Bandscheiben-OP´s gemacht. Gabs das bei Knie-OP´s nicht?

40_Fieber

Zitat von: Wazir am 02. Juni 2010, 01:32:48
Vielleicht habe ich nur eine andere Definition von Placebo im Kopp als Du.
Dann sind wir ja doch einer Meinung.

Ich denke schon. Daran sieht man auch, daß ein Placebo unberechenbar ist. Der eine bekommt Blutdruck, wenn er einen weißen Kittel sieht, der nächste fühlt sich gleich besser.
Der eine freut sich über Hyaloronspritzen, der nächste wirft Google an und hält Dich fortan für einen Scharlatan.

Das ist im Übrigen der richtigere Schluß aus der angeblichen "Wirkung" von Placebo-Operationen:

http://www.swr.de/odysso/-/id=1046894/nid=1046894/did=2258352/1pbhsst/index.html

Zitat
Aus den vereinigten Staaten stammt eine Studie, die ein anderes arthroskopisches Standardverfahren vollkommen in Frage stellt: Die Knorpelglättung. In der Studie wurde bei der Hälfte der Patienten mit Knieschmerzen eine echte Knorpelglättung nach allen Regeln der Kunst durchgeführt. Der anderen Gruppe wurde die Operation nur vorgegaukelt. Bei ihrer vermeintlichen Operation bekamen sie kleine Schnitte am Knie und sahen auf einem Monitor Bilder einer echten OP. Das Ergebnis: Auch nach zwei Jahren gab es keinen Unterschied zwischen Patienten mit der echten und der Placebo-Operation. Ist die OP an sich also wirkungslos? Reiner Hightech-Schamanismus?

Diese Studie wird nur ständig von den Placebo-Freunden verdreht aufgesagt.
http://kidmed*info/

40_Fieber

Auch sehr nett und eine gute Idee obendrein:

http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?id=28375

Zitat
Hrobjartsson und Götzsche haben unter diesen Studien 114 gefunden, an denen noch eine dritte Gruppe von Patienten teilgenommen hat: Die hat gar keine oder lediglich eine ,,übliche" Therapie erhalten. Aus diesen Studien haben sie dann extrahiert, wie es den mit Placebo behandelten Patienten im Vergleich zu denen ergangen ist, die gar keine zusätzliche Therapie erhalten haben.
Das Ergebnis: Placebos hatten bei einer Reihe von Krankheiten keine messbaren Effekte auf den Verlauf. Lediglich bei subjektiven Beschwerden wie Schmerz ergab die Auswertung einen Hinweis, dass die Gabe einer ,,Zuckerpille" die Symptome besser linderte als gar keine Pille. Die Schlussfolgerung fällt krass aus: ,,Als Forschungsinstrument in Studien seien Placebos zwar weiterhin notwendig", schreiben Hrobjartsson und Götzsche, ,,aber außerhalb gibt es keine Rechtfertigung für den Einsatz von Placebos."

http://kidmed*info/

Wazir

Zitat von: 40_Fieber am 02. Juni 2010, 02:07:28Auch sehr nett und eine gute Idee obendrein:
http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?id=28375
Danke für diese Quelle, Fieber!

Zitat von: Ärzteblatt...,,Kontext-Effekt" nennt. ,,Damit meine ich die Situation und die Atmosphäre, die ein Arzt durch die Art und Weise schafft, wie er mit seinem Patienten umgeht:
Nimmt er sich Zeit? Geht er auf ihn ein? Wie gut erklärt er die Krankheit?"...
Ein Ergebnis war, dass vor allem Ärzte, die emotionales Einfühlungsvermögen mit verständlicher Information verbanden, die besseren Therapieergebnisse hatten im Vergleich zu eher unbeteiligt und verschlossen auftretenden Kollegen....

Ich meinte also den "Kontext-Effekt" und habe ihn "Placebo" genannt.

Mein Fehler