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Ultraorthodoxe Juden Mayans Flucht aus dem Mittelalter

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Begonnen von Roadrunner, 14. Februar 2010, 22:35:23

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Roadrunner

krass!

http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,675622,00.html

Zitat
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Das "Paralleluniversum", aus dem Mayan kommt, hat etwa 550.000 Einwohner: Es ist die Welt der ultraorthodoxen Juden, die mitten in Israel in eng geknüpften Gemeinschaften ein ganz auf ihre Religion fixiertes Leben führen. Die Frommen schirmen sich radikal gegen die Moderne ab: Fernsehen ist genauso verpönt wie nichtreligiöse Musik, Telefone und Internet. Die für die Gemeinschaft wichtigen Nachrichten werden über Wandzeitungen verbreitet. Jungen und Mädchen gehen zur Schule, lernen aber hauptsächlich Religion. "Lesen und Schreiben können alle, aber in Mathe war nach dem Einmaleins Schluss", sagt Mayan. "Als ich von der Schule ging, wusste ich nicht, was New York ist. Ich hatte noch nie einen Hund gesehen, weil es bei uns keine Haustiere gibt."

Es ist vor allem diese mangelhafte Bildung, die es Zweiflern fast unmöglich macht, aus dem Korsett des Glaubens auszubrechen, sagt Irit Paneth von "Hillel - the Right to Choose ", einer Organisation, die Aussteigern beim Start in ein normales, modernes Leben hilft. "Wir sind nicht gegen die Religion. Aber die Ultra-Orthodoxie ist wie eine Sekte, die Kinder im Namen der Religion geistig verkrüppeln lässt." Der Bruch mit der Gemeinschaft sei für die meist jungen Abtrünnigen ein Sprung ins Leere. "Sie kommen ohne Geld, ohne Bildung im klassischen Sinne, ohne Chance auf Arbeit", sagt Paneth.

Die Ultraorthodoxen sind die am schnellsten wachsende soziale Gruppe innerhalb Israels: 2025 werden 22 Prozent der Schulkinder aus einer der strenggläubigen Gruppierungen kommen, so Schätzungen der Regierung.

Frauen ernähren die Familien und ziehen die Kinder groß

In den 19 Jahren seit Bestehen der Hilfsorganisation haben sich nur etwa 2000 Aussteiger an Hillel gewandt. "Es gibt Zigtausende, die zweifeln, die raus wollen", sagt Paneth. Doch nur die wenigsten seien bereit und in der Lage, die Opfer zu bringen, die den Abtrünnigen abverlangt würden. Die meisten Familien brächen den Kontakt komplett ab. "Einige halten sogar Trauerzeremonien ab. So, als ob die Tochter oder der Sohn gestorben sei", sagt Paneth.

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Die Pubertät erlebte Mayan als Zeit größter Angst. Als ihre Brüste zu wachsen anfingen, fürchtet sie, Krebs zu haben. So groß war das Tabu um alles Körperliche, dass sie sich lieber zum Arzt schlich, als ihre Mutter zu fragen, was mit ihr los sei. Mit ihrer ersten Periode setzten erneut Panik und Scham ein. Mayan versteckte ihre befleckte Unterwäsche. Als die Mutter sie fand, bekam sie statt einer Erklärung eine Standpauke: Was, wenn der Stiefvater die schmutzigen Höschen gefunden hätte?

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Der zweite Ausflug der Freundinnen endete in einem Desaster. Die Mädchen waren an den Strand gefahren, die frische Sommerbräune verriet sie zu Hause. Für Mayan folgte eine dreijährige Odyssee durch diverse ultraorthodoxe Besserungsanstalten und Pflegefamilien. Die Aufmüpfigkeit sollte ihr ausgetrieben werden, notfalls auch durch fromme Lügen. "Uns wurde immer wieder eingebläut, dass die Säkularen nur darauf warten, uns zu Prostituierten oder Arbeitssklaven zu machen. In der modernen Welt warte nichts auf uns außer die Drogensucht."
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Levy wuchs ebenfalls als "Litaim" auf, auch bei ihm keimten erste Zweifel, als er in die Pubertät kam. Die Regeln der Religionsschule, in der er sein ganzes Leben hätte verbringen sollen, irritierten ihn immer öfter. "Mit Hilfe der Bibel kontrollieren sie dort jedes noch so kleine Detail des Alltags", sagt er und zählt auf: Morgens muss erst der rechte Schuh, dann der linke angezogen werden. Dann werden die Schuhe in umgekehrter Reihenfolge gebunden. Am Sabbat darf der Fisch nur so gegessen werden, dass keine Gräte berührt wird. Ein junger Mann darf die für ihn ausgewählte Braut ein, höchstens zwei Mal für eine Stunde zu einem sittsamen Gespräch in treffen. Dann muss er sich entscheiden, ob er sie heiratet.

Levy begehrte auf, indem er sich ein Taschenradio kaufte, mit Kopfhörern. Unter der Bettdecke im Gemeinschaftsschlafsaal der Jeschiva lauschte er nachts den Klängen der Welt da draußen. Auch er flog irgendwann auf, auch er kam in Besserungsanstalten. Mit 20 wurde er verheiratet - ein weiterer Versuch, seinen Freiheitsdrang zu zähmen. Vier Jahre hielt er in der Rolle des strenggläubigen Vaters und Ehemanns durch, bevor er vor einem Jahr zu dem Entschluss kam, so nicht weiter leben zu können. Er beichtete seiner Frau, dass er den Glauben verloren hatte und bat um die Scheidung. Ohne große Gefühlsregung schnitt er sich die Schläfenlocken ab, die er sein Leben lang getragen hatte: "Mir war schon lange klar, dass all diese Rituale leere Hülsen sind."

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MrBaracuda

Krass? Hm, na, ja. Was kann man schon von ultragestörten erwarten. Da schleicht sich eine gewisse Normalität ein.