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Psycholytische Therapie

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Begonnen von hallo, 08. Dezember 2013, 20:29:04

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Zitat von: Peiresc am 02. Juli 2023, 07:12:21Es tut sich was, endlich:
Das wollte ich gestern schon verlinken, aber dann habe ich die blaue Pille geschluckt ;)

Ich sehe das nicht mehr ganz so kritisch, man muss jede Möglichkeit verfolgen und ggf. nutzen, wenn es tatsächlich eine therapeutische Bedeutung haben könnte. Hier werden zwei Indikationen mit zwei unterschiedlichen Substanzen genannt: MDMA für PTBS und Psilocybin für schwere, behandlungsresistente Depressionen. Da gibt es Hinweise, dass das eine therapeutische Wirkung haben kann, aber nur in Verbindung mit einer begleitenden Therapie (MDMA etwa hat eine bestimmte Wirkung, die man für eine Behandlung einer PTBS nutzen kann).

Es mag etwas früh sein, das jetzt regulär zu ermöglichen. Ich habe mich immer nur gefragt, warum es nicht schon längst verbreiteter eingesetzt wird, wenn die Hinweise auf eine positive Wirkung so deutlich sein sollen. Das macht mich immer noch stutzig. Das wird nicht nur daran liegen, dass es sich um "böse" Drogen handelt, die man immer noch am liebsten vom Erdboden verschwinden lassen möchte.

Natürlich hat das Zeugs Missbrauchspotential und ist garantiert nicht harmlos (MDMA ist potentiell süchtig machend, Psilocybin eher nicht). Aber man muss sich dabei immer vor Augen führen, dass man auch so an das Zeugs ziemlich leicht ran kommt. Aktuell zu MDMA:

ZitatDie Pille zur Party – in Berliner Technoclubs ist Ecstasy nichts Besonderes. Der darin enthaltene Wirkstoff MDMA putscht nicht nur auf, er verbreitet auch ein wohliges Gefühl von Tanzlust, Liebe und Wärme. Leider ist es manchmal viel zu viel Wärme: Der Körper überhitzt und dehydriert, im Gehirn herrscht eine Art Dauerfeuer der Nervenzellen und am Ende stehen im schlimmsten Fall Koma und Tod.

Zuletzt ist das mindestens einmal passiert. Nicht in einem Berliner Club, sondern in ländlicher Umgebung. In Mecklenburg-Vorpommern starb eine 13-Jährige, eine 14- und eine 15-Jährige kämpften um ihr Leben. Alle sollen hoch dosierte Drogen genommen haben, die Pillen sind unter dem Namen "Blue Punisher" geläufig. Auch in Brandenburg könnte der Tod einer 15-Jährigen mit ihnen in Zusammenhang stehen. Schon eine halbe Pille könne mitunter tödlich sein, sagen die ermittelnden Beamten.
https://www.t-online.de/region/berlin/id_100200054/-blue-punisher-warum-ecstasy-pillen-mit-so-viel-mdma-in-umlauf-sind.html

An Psilocybin kommt man wohl noch leichter ran, nicht nur auf der Kuhwiese. Die Pilze lassen sich einfach züchten, es gibt auch Sporen einfach zu erwerben. Und die Australier können zur Not auch Kröten lecken (die sind ziemlich potent).

ZitatIm frühen 20. Jahrhundert wurde sie deshalb nach Australien eingeführt, um auf den Zuckerrohrplantagen Schädlinge zu vernichten – insbesondere Zuckerrohrkäfer. ...

Einige Menschen machen sich die Aga-Kröte jedoch zunutze: Die Inhaltsstoffe ihres Hautsekrets haben eine berauschende Wirkung. Das Sekret wird in der Regel geraucht oder zu einem Sud gekocht. In seltenen Fällen lecken die Konsumenten das Sekret direkt von der Kröte ab.
https://www.onmeda.de/gesundheit/drogen/aga-kroete-id201013/

Dann doch lieber die Pille vom Doc  :o (aber das wird sich kaum einer leisten können; im Artikel werden astronomische Preise genannt). Das wird wahrscheinlich auch dazu führen, dass man sich das Zeugs vermehrt selbst reinfährt, angesichts der (vermeintlich) heilbringenden Wirkung (die, wie gesagt, nur im therapeutischen Setting überhaupt plausibel ist und wozu es Studien gibt).

Zu dem vermuteten Wirkungsweg: der Link von zimtspinne ist mir neu, bisher hatte ich das als nicht belegte Hypothese verstanden. Man wirft sich das Zeugs ein und die Birne wird neu gebootet. Danach ist die Festplatte defragmentiert und der Datenfluss läuft wieder sauber. Oder so.

(Ich dachte immer, durch die Pilzpillen würden im Hirn die Neuronen durch Pilzhyphen ersetzt / verstärkt  und dadurch die Vernetzung gefördert (so wie beim Waldgehirn, durch Wohlleben zweifelsfrei nachgewiesen ::) ). Einzige Nebenwirkung: verstärkter Appetit auf totes Holz.)
Wollte ich nur mal gesagt haben!

Marvel Stella

OT

Zitat von: eLeaderMan wirft sich das Zeugs ein und die Birne wird neu gebootet. Danach ist die Festplatte defragmentiert und der Datenfluss läuft wieder sauber. Oder so.

OMG, hör bitte auf. Ich hab mich fast an meinem Frühstück verschluckt.  :rofl

Ich finde diese saloppe Sprache so erfrischend genial :-DDD
Die Aufmerksamkeit des Menschen auszubeuten, ist des Menschen nicht würdig!

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Zitat von: Marvel Stella am 03. Juli 2023, 10:14:27Ich hab mich fast an meinem Frühstück verschluckt.
;D

Schön zu sehen, dass es hier noch Leute mit Humor gibt, die auch noch lachen können :grins2:
Wollte ich nur mal gesagt haben!

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Also doch, das Hirn wird wieder auf Anfang gesetzt. Klingt eigentlich toll, das hatte auch Albert Hoffmann (der mit Lucy in the Sky...) mal gesagt und es jedem empfohlen, damit man sich seine kindliche Neugier und Begeisterungsfähigkeit wieder zurückholen kann. Aber man will es natürlich auch für ernstere Dinge verwenden.

ZitatNun ist der Effekt von MDMA wenig überraschend: Es gilt als »Empathogen« und Kuscheldroge. In der aktuellen Arbeit wiederholte die Gruppe das Experiment mit anderen Psychedelika: Ketamin, Psilocybin, LSD und Ibogain. Dabei zeigte sich ein Zusammenhang zwischen der Wirkdauer und der Zeitspanne, in der sich ein Fenster für Verhaltensänderungen öffnete: Nach Gabe von Ketamin – das beim Menschen ungefähr 90 Minuten wirkt – waren die Tiere im Schnitt eine Woche sozialer. Bei Ibogain, dessen Effekte mehr als zwölf Stunden anhalten können, waren es vier Wochen. Die Idee, dass Psychedelika eine kritische Phase neu starten, könnte erklären, warum all diese Substanzen einen therapeutischen Nutzen haben (etwa bei Depressionen und Posttraumatischer Belastungsstörung), obwohl sie unterschiedlich auf das Neurotransmittersystem wirken.
https://www.spektrum.de/news/drogen-zeitreise-fuers-gehirn/2156406

Moment mal, das Zeugs macht einen empathischer!? Das ist doch so ein Frauending, wie wir letztens lesen mußten. Als Kleingameter ist das aber ein wenig heikel. Man könnte eine andauernde Neigung entwickeln, sich Industriechemikalien in das Gesicht zu schmieren und ungemütliches Schuhwerk zu tragen :-X  Das sind ggf. die Nebenwirkungen, die man halt abwägen muss. Wenn ich also Chinesisch lernen will, um an einer englischen Uni zu studieren...
Wollte ich nur mal gesagt haben!

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Beim Krautreporter (da ist der Name wohl Programm ;D ) habe ich dazu einen interessanten Artikel gefunden:

ZitatEines der größten Probleme ist laut Fried die Langzeitwirkung von LSD. Denn in der Psychedelikaforschung wurden Langzeiteffekte bisher kaum erforscht, da Studien meist nur kurze Zeiträume erfassen. Trotzdem ziehen laut Fried Wissenschaftler:innen häufig unhaltbare Schlüsse. ,,Es ist sehr problematisch zu behaupten, eine Depression sei ,geheilt', weil es jemandem nach einer Woche LSD besser geht." Denn eine Depression ist eine Krankheit, die sich über längere Zeiträume hinweg zieht.
...
Ein Problem, das die Durchführung von Studien mit Psychedelika weiter erschwert, ist ihre außergewöhnliche mediale Präsenz. Stell dir mal vor, wir würden eine Studie über die Wirkung von Bananen bei Alkoholabhängigkeit durchführen. Eine Gruppe der Patient:innen bekommt Bananen, die andere nicht.

Ein Jahr zuvor beginnen Journalist:innen und Autor:innen, unzählige Texte und Bestseller wie ,,Banane, Banane, keine Fahne" über den heilenden Effekt von Bananen zu schreiben und es werden Filme wie ,,Banana Medicine", Netflix-Serien mit dem Titel ,,How to change your liver 🍌" produziert, und auf Insta kursieren süße Fotos von Hunden im Banana-Body.
Wir sehen französische Bulldogge im Bananen-Body, vor gelbem Hintergrund und hinter einer Banane

Die Kampagne für Bananen wird die Gruppe der Studie beeinflussen, die Bananen bekommt. ,,Nicht, weil die Banane so toll ist, sondern weil das Placebo, das durch die Medien gehypt wird, jetzt besser funktioniert", so Fried. Beeinflusst wird dadurch jedoch auch die zweite Gruppe, die zwar keine Bananen bekommen hat, dem Hype aber auch ausgesetzt war. Das kann demotivieren. ,,Und das wiederum kann für eine Studie ausschlaggebend sein und zu signifikanten Ergebnissen führen, obwohl die Banane tatsächlich natürlich nicht besser funktioniert als das Placebo der Kontrollgruppe", so Fried.

Felix Müller bestätigt das. ,,Vermutlich beeinflusst das die Studienergebnisse, keine Frage. Deshalb brauchen wir größere Studien, die Menschen erfassen, die gegenüber der Behandlung mit Psychedelika kritischer eingestellt sind."

,,Shit", denke ich. Der Bananentrick funktionierte auch bei mir. Was habe ich wohl noch übersehen?
https://krautreporter.de/4702-ist-lsd-das-verbotene-wundermittel-gegen-depressionen

Hm, seit ich (wieder) Bananen esse, fühle ich mich auch energiegeladener. Muss an den Kalorien liegen ::)

Gut, wenn es die Wissenschaft schon nicht belegen kann, dann werden es halt die Unterwelt-Gurus machen. Immer diese Evidenznachweise! Ts, dabei wussten doch schon die Schamanen vor 10.000 Jahren...

ZitatIch übersetze das mal: LSD wird NICHT die Psychotherapie bei Depressionen revolutionieren. Der schillernde Zug ist abgefahren. Allerdings reagieren bestimmte Menschen bockig und wollen das nicht akzeptieren. Laut einem Schweizer Experten gibt es in Deutschland zwischen 500 und 1.000 Untergrundtherapeuten, die nicht auf die Zulassung von LSD und anderen Psychedelika warten wollen und deshalb am Gesetz vorbei Menschen damit behandeln. Das größte Problem hierbei ist, dass die Konsumenten nicht überprüfen können, welche Substanzen sie in welcher Dosis verabreicht bekommen.

Man findet sie in jeder U-Bahn.
Wollte ich nur mal gesagt haben!

eLender

Es gibt zum Thema immer mal wider gute, fundierte Artikel in n-tv. Aktuell wird eine neue Studie, die mal wieder den Durchbruch verkündet, behandelt. Aber man spart auch nie an Kritik. Ich hatte das oben bereits erwähnt, der kopfstehende Kontinent will das jetzt für jedermann freigeben - ohne (harte) Evidenz.

ZitatSolche Phase-III-Studien stellen die letzte Phase im Entwicklungsprozess eines Medikaments dar, bevor es nach gründlicher Prüfung aller Studienergebnisse durch die zuständigen Behörden zugelassen werden kann. In diesen Studien werden die Arzneimittel an einer größeren Patientengruppe erprobt, um zu sehen, ob sich die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit auch bei vielen unterschiedlichen Menschen bestätigen lässt. Und diese stehen für die Pilz-Substanz derzeit noch aus.

Trotzdem hat Australien kürzlich als erstes Land der Welt Psilocybin zur Therapie von Depressionen zugelassen - und gleichzeitig auch das synthetische Amphetaminderivat MDMA, das auch Bestandteil der Droge Ecstasy ist, zur Behandlung von posttraumatischen Belastungsstörungen. "Der Entscheidungsträger erkannte an, dass ein Bedarf an neuen Therapien für behandlungsresistente Erkrankungen wie behandlungsresistente Depression (TRD) und posttraumatische Belastungsstörung (PTSD) besteht", begründete die Australische Arzneimittelbehörde TGA die mit strengen Vorschriften verbundene Entscheidung. Die Psychotherapie mit Psilocybin und MDMA habe sich bei der Behandlung dieser Erkrankungen als potenziell nützlich erwiesen.

Ein Schritt, der auf Kritik stieß: So merkte eine Expertengruppe in einem offenen Brief an, der im Fachblatt "Australian & New Zealand Journal of Psychiatry" veröffentlicht wurde, dass die Forschung zwar vielversprechend sei, allerdings noch viele Fragen offenblieben.

Die vier Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler schreiben darin, dass sie die einzige registrierte aktive Forschungsstudie im Land zum Einsatz von Psilocybin bei Depressionen verantworteten und dennoch nicht von der TGA hinzugezogen wurden: "Warum wurden die lokalen Experten nicht konsultiert? Wir wissen es nicht." Sie kritisieren, die Arzneimittelbehörde habe dem Druck der Öffentlichkeit und von Lobbygruppen nachgegeben ohne ausreichenden Beweise, die eine breite Anwendung rechtfertigen würden.
https://www.n-tv.de/wissen/Magic-Mushrooms-Linderung-bei-schweren-Depressionen-article24379522.html

Erinnert mich an Pubertätsblocker... ::)
Wollte ich nur mal gesagt haben!

eLender

Wenn es schon nicht die Birne rebootet, es öffnet eine Pforte zu Gott. Man muss nicht mehr glauben, man sieht es dann auch.

ZitatDie Zahl der Konfessionsfreien in den USA steigt. Das heißt jedoch nicht, dass sie ohne Rituale, Glauben und Spiritualität leben. Sie brauchen nur keinen Gott mehr. Sie haben das Göttliche in psychedelischen Drogen entdeckt. Wie Psilo-Pilze wachsen psychedelische Kirchen aus dem Boden.

Sie wenden sich zwar von den konventionellen Kirchen ab, aber nicht alle "nones", wie Menschen ohne Religionszugehörigkeit in den USA genannt werden, wollen ohne Spiritualität, Glauben und Gemeinde leben. Dazu brauchen sie weder Jesus noch Maria, ihnen reichen "Zauberpilze", also  psilocybinhaltige Pilze, Ayahuasca oder LSD. In "Gottesdiensten" üben sie ihre Rituale aus. Laut Umfragen lehnen die Mitglieder:innen der psychedelischen Kirchen Religion nicht ab. Sie mögen spirituelle Gemeinschaften und religiöse Rituale.
https://hpd.de/artikel/gott-zauberpilz-21822

Da fällt mir direkt wieder C. Castaneda ein...
Wollte ich nur mal gesagt haben!

Schwuppdiwupp

In der TAZ (online, 19.03.24) ist ein ein Artikel über chronische Despressionen. Dabei wird auch die Therapie mit Psilocybin erwähnt.

Zitat,,Die Studien legen nahe, dass die psychedelische Erfahrung für die Wirksamkeit der Therapie eine Bedeutung hat", erklärt Gründer. ,,Das Erlebnis muss intensiv sein. Dabei spielt es anscheinend keine Rolle, ob es sich um eine angenehme spirituelle oder eine herausfordernde Erfahrung handelt, was man im Volksmund auch Horrortrip nennt." Ein Proband erzählte Gründer, er sei trotz der Vorbereitungen und des Settings in dem gemütlichen Raum mit der angenehmen Musik über sechs Stunden durch die Hölle gegangen. Er habe sich mit den schwierigsten Teilen seiner Psyche auseinandersetzen müssen. Aber dabei wesentliche Muster überwunden.

[...]

Wie genau Psychedelika Depressionen lösen können, ist wieder mal ungeklärt, doch es gibt Hinweise, dass sie die Hirnstruktur entscheidend verändern. In früheren Studien zeigten Hirnscan-Bilder aus dem MRT eine Zunahme der Verbindungen zwischen den Neuronen, und das über Wochen und Monate.

Das ist ein Zeichen für Neuroplastizität und somit des sich verändernden und anpassenden Gehirns. Die Probandinnen sprechen nach der psychedelischen Erfahrung von einer emotionalen Gelassenheit und erhöhten Flexibilität.
Ach, was weiß denn ich ...

eLender


Zitat von: Schwuppdiwupp am 19. März 2024, 16:24:34In der TAZ ist ein ein Artikel über chronische Despressionen.

Langer Artikel, interessant und deprimierend zugleich. Ich habe den Fehler gemacht, auch noch in die Kommis zu schauen...

ZitatEs ist alarmierend zu sehen, dass Ableismus ein Problem in unserer Gesellschaft darstellt, insbesondere in Form von Mentalismus.

Vorthmann kann sich trotz der widrigen Umständen glücklich schätzen, dass er "weiß", männlich und als Angehöriger der Mehrheitsgesellschaft wahrgenommen wird.

Andere werden es wohl schwieriger haben.
Wollte ich nur mal gesagt haben!