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Homöopathie-Artikel in der Allgäuer Zeitung vom 8.4.17

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Begonnen von Woody, 17. April 2017, 00:07:54

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Woody

Hi!
Ich habe mich nun doch einmal auch angemeldet, um eine Diskussion zu beginnen zum Thema Wie umgehen mit Medien, die Themen gravierend falsch oder einseitig darstellen.

In der Allgäuer Zeitung vom 8.4.17 wurde ein langer Artikel zur Homöopathie abgedruckt. Den Artikel und die nachfolgenden Leserbriefe habe ich als pdf beigefügt.
Der Artikel wurde wohl in der Intention geschrieben, ein ausgewogenes Bild der Argumente von Homöopathie-Gegnern und -Befürwortern zu liefern. Leider ist den Autoren wohl entgangen, dass Ausgewogenheit nicht heißt, längst widerlegten Behauptungen den Fakten als gleichwertig gegenüberzustellen.
Das Ganze setzte sich in den Leserbriefen der folgenden Tage fort. Einem homöopathiekritischen Leserbrief standen vier Briefe von Homöopathiegläubigen gegenüber, die dort unkommentiert ihre haltlosen Behauptungen loswerden konnten.

Meine erste Intention war, mich hinzusetzen und die nachweislich falschen Argumente im Artikel und den Leserbriefen Stück für Stück mit Fakten zu entkräften.
Aber dann hat sich mir die Frage nach der Sinnhaftigkeit gestellt, meine Energie hierein zu stecken.
Mit Job und Kleinkindern zuhause habe ich oft kaum Zeit, die Zeitung überhaupt zu lesen, geschweige denn gut ausformulierte Leserbriefe zu erstellen. Habe ich mir in der Vergangenheit hin und wieder die Mühe gemacht, kam mit einer Ausnahme nie eine Antwort, nicht einmal eine Lesebestätigung etc. der Redaktion zurück. Dass einer meiner Leserbriefe mal gedruckt wurde, schon gar nicht. Das eine Mal dass eine Antwort kam, hier ging es auch um Homöopathie, hatte ich nicht den Eindruck, dass die Redaktionsmitarbeiterin überhaupt verstanden hat, worum es mir ging. Tenor des Antwortschreibens war,  ich sollte doch nicht so auf meiner Position bestehen, sondern so tolerant sein, andere Meinungen auch gelten zu lassen.

Deshalb meine Frage in die Runde: Wie sollte man eurer Meinung nach mit Zeitungsartikeln, die nachweislich falsche Dinge behaupten, umgehen? Es ist einfach ermüdend, sich immer wieder mühsam etwas von seiner knappen Freizeit freizuschaufeln und sich zu bemühen, diese Dinge in Leserbriefen sachlich zu widerlegen, wenn diese Bemühungen offensichtlich nicht ankommen und bei den Redakteuren der Zeitungen zu keiner kritischen Reflexion führen. In der Regel nicht einmal zu überhaupt irgend einer Reaktion.

Ein Beispiel aus der Vergangenheit: Über eine "Gesundheitsmesse", die in erster Linie der Selbstdarstellung diverser esoterischer "Gesundheits-"Anbieter diente, wurde sehr unkritisch berichtet. Auf meinen Leserbrief dahingehend kam nicht einmal eine Eingangsbestätigung.
Hier mal das Vortragsprogramm der Messe: http://meinleben-allgaeu.messe.ag/Vortragsprogramm

In letzter Zeit bin ich deshalb schon entnervt dazu übergegangen, einfach gar keine Zeitung mehr zu lesen. Aber gar keine Auseinandersetzung mit schlechten Journalisten, die ihren Informationsauftrag nicht ernst nehmen, kann ja auch nicht die Lösung sein...

Wie seht ihr die Sache?
Vielleicht hat mal als Single-Student ja noch die Energie und Zeit, sich mit gesellschaftlichen Fehlentwicklungen auseinanderzusetzen. Aber irgendwann halt nicht mehr..

W.

RächerDerVerderbten

ZitatWie sollte man eurer Meinung nach mit Zeitungsartikeln, die nachweislich falsche Dinge behaupten, umgehen? Es ist einfach ermüdend

Lass Dich nicht ständig triggern.

Jeder hat ein paar Themen, die ihn aufheizen, aber die laufen auch weiter, ohne daß man ständig selber Stellung bezieht. Wer sich zu sehr reinsteigert, glaubt irgendwann, er wäre ein Bollwerk, ohne welches der Dammbruch droht.

Außerdem wird bei solchen Themen wie Homöopathie die Macht der besseren Argumente maßlos überschätzt.

Was vielen übereifrigen Skeptikern offensichtlich nicht klar ist: Das Christentum hat man in 2000 Jahren, trotz Studien, nicht aus der Welt geschafft.

Und tatsächlich isses auch gar nicht nötig, es reicht, wenn man den Glauben aus bestimmten gesellschaftlichen Bereichen fernhält.
If the only thing keeping a person decent is the expectation of divine reward, brother, that person is a piece of shit. Rusty Cohle

Groucho

Hi Woody, willkommen!

Zitat von: Woody am 17. April 2017, 00:07:54
Wie seht ihr die Sache?

Naja, Psiram ist letztlich aus dieser Problematik entstanden. Es ist relativ sinnlos, immer und immer wieder die gleichen falschen oder dummen "Argumente" widerlegen zu wollen, es sei denn, es macht einem gewissen Spaß - das ist halt sehr abhängig vom persönlichen Charakter. Besser ist es wohl, Dinge zu dokumentieren, darzustellen und Infos zu geben, wie es im Psiram-Wiki geschieht und dann ggf. Leute einfach nur kurz darauf hinzuweisen. Ganz Viele wissen ja nicht mal, dass z.B. Homöopathie eben keine sanfte Pflanzen-Naturheilkunde ist.

Gegen verbohrte Fanatiker, seien es nun Flachweltler oder Homöopathen kommt man eh nicht an, die leben in ihrer selbstimmunisierenden Argumentekapsel. Aber es gibt genug "normale" Menschen, die sich einfach mit der Thematik noch nicht wirklich befasst haben und z.B. denken, wenn das der Staat zulässt und deckt und es viele tun, wird schon was dran sein. Die kann man erreichen.

Woody

Zitat von: Groucho am 17. April 2017, 11:50:41
Hi Woody, willkommen!

Danke!

Zitat
Aber es gibt genug "normale" Menschen, ...  Die kann man erreichen.

Ich stimme dir zu, dass man Gläubige mit Argumenten nicht erreichen kann. Aber die Journalisten, welche darüber schreiben (und damit Unentschlossene beeinflussen) sehe ich schon in der Pflicht, ihre Arbeit gut zu machen und sich zu hinterfragen, ob sie wirklich so neutral berichten, wie sie vielleicht selbst glauben. Leider scheint aber selbst diese Gruppe an einer Selbstreflexion nicht interessiert.

Ich frage mich halt, worin besteht für mich das richtige Maß. Ich kann mich, wie 'RächerDerVerderbten' richtig schreibt, nicht ständig triggern lassen, andererseits kann die andere Seite, wegsehen nach dem Motto "nicht mein Problem" auch nicht die Lösung sein.

In meinem Umfeld ist es schon schwierig, immer wegzusehen bzw. darüberzustehen.

Das Christentum ist da ein gutes Beispiel. Ich habe als Atheist aus Überzeugung keine Probleme damit, wenn andere gläubig sein möchten und toleriere es, dass die Kirche hier in der bayerischen Provinz viele Gesellschaftsbereiche stark durchdringt. Aber wenn ich beispielsweise gezwungen bin, meine Kinder in eine katholische Krippe, Kindergarten und Grundschule zu schicken, weil es in der Umgebung keine einzige Einrichtung gibt, die nicht einen katholischen Träger hat dann wird meine Toleranz schon arg strapaziert. Insbesondere wenn es keinerlei Interesse gibt, eine Diskussion zum Thema überhaupt zu führen.
Wenn darüber diskutiert wird, dann in der Richtung, dass man als Nicht-Kirchenmitglied doch der Kirche dankbar sein muss (oder gefälligst höhere Beiträge zahlen soll), weil die meisten immer noch glauben, die Kirche würde diese Einrichtungen maßgeblich aus eigenen Mittel im Sinne eines Zuschussgeschäfts finanzieren.

Beruflich sieht es da auch nicht anders aus. Ich arbeite in der Gesundheitsbranche und von den vier Kollegen in meinem Team gibt es nur einen mit relativ "gesunden" Ansichten. Ansonsten eine Homöopathiegläubige, die ohne ein Dutzend Globuli für ihr Kind (gegen Sonnenbrand, aufgeschürfte Knie usw.) gar nicht aus dem Haus geht. Dazu einen vehementen Impfgegner und eine vorgesetzte Ärztin, die selbst Homöopathieärztin ist und darüber regelmäßig Vorträge hält.
Dazu einige Personen im privaten Umfeld, die immer wieder anderen "Ernährungsgurus" hinterherlaufen.

Wenn man ständig beruflich wie privat mit diesem Nonsens konfrontiert wird, ist es halt schwer, drüberzustehen.
Aber ich gebe mein Bestes und versuche zumindest im privaten Umfeld, bei den Menschen die mir wichtig sind, ein bisschen was zu erreichen :-)
Gerade vorgestern wieder erhielt meine Frau von ihrer Hebamme ein Milchzuckerpulver mit "Ferrum D6" zur Behandlung ihres Eisenmangels. Sie hat sich freundlich lächelnd bedankt und nimmt weiter ihre eigenen wirksamen Präparate. ;-)

W.

Groucho

Zitat von: Woody am 19. April 2017, 21:11:08
Aber ich gebe mein Bestes und versuche zumindest im privaten Umfeld, bei den Menschen die mir wichtig sind, ein bisschen was zu erreichen :-)
Gerade vorgestern wieder erhielt meine Frau von ihrer Hebamme ein Milchzuckerpulver mit "Ferrum D6" zur Behandlung ihres Eisenmangels. Sie hat sich freundlich lächelnd bedankt und nimmt weiter ihre eigenen wirksamen Präparate. ;-)

Also, erstmal mein Beileid  :grins2: Das Problem haben viele hier. Der letzte Absatz scheint mir am Wichtigsten: Wenn der Partner nicht auf der (halbwegs) gleichen Linie ist, wird es schwierig, ansonsten kann man überleben, auch mit der Selbsthilfegruppe hier  ;)

Rincewind

Zitat von: RächerDerVerderbten am 17. April 2017, 08:10:25
ZitatWie sollte man eurer Meinung nach mit Zeitungsartikeln, die nachweislich falsche Dinge behaupten, umgehen? Es ist einfach ermüdend

Lass Dich nicht ständig triggern.

Jeder hat ein paar Themen, die ihn aufheizen, aber die laufen auch weiter, ohne daß man ständig selber Stellung bezieht. Wer sich zu sehr reinsteigert, glaubt irgendwann, er wäre ein Bollwerk, ohne welches der Dammbruch droht.

Außerdem wird bei solchen Themen wie Homöopathie die Macht der besseren Argumente maßlos überschätzt.

Was vielen übereifrigen Skeptikern offensichtlich nicht klar ist: Das Christentum hat man in 2000 Jahren, trotz Studien, nicht aus der Welt geschafft.

Und tatsächlich isses auch gar nicht nötig, es reicht, wenn man den Glauben aus bestimmten gesellschaftlichen Bereichen fernhält.

Da geb' ich dir eingeschränkt recht. Man sollte auf jeden Fall achten, dass man sich nicht total verausgabt und am Ende verzweifelt, aber es ist meiner Meinung nach wichtig immer wieder (mal) was dazu zusagen.
Alleine um die, bereits erwähnten, vernünftigen Menschen von dem Irrsinn abzuhalten.

Bei vielen Themen ist es so, dass man bei den Anhängern so gut wie keine Chance hat diese von dem Thema weg zu bekommen, aber wenn man immer wieder aufzeigt welche Fehler bzw. welche Lücken die Theorien haben kann man den Zulauf durch 'unentschlossene' entsprechend vermindern.

Sehr nett ist es auch die Theorien ultra-konservativ auszulegen. Was hätte Samuel H. wohl zu den Dosieranweisungen der DHU gesagt?