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Organspende

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Begonnen von MrSpock, 07. August 2014, 10:15:20

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MrSpock

Nachdem in einem anderen Thread mehr über die Genderisierung als über den tatsächlichen Inhalt eines Blogs gestritten diskutiert wird, hier mal ein ernster Beitrag:

http://www.hr-online.de/website/rubriken/nachrichten/indexhessen34938.jsp?rubrik=36090&key=standard_document_52606777

ZitatÄrzte der Uniklinik Gießen verweigern einem Kleinkind die Herztransplantation - nach Expertenmeinung regelkonform. Doch die Eltern des kleinen Muhammet wollen die Hoffnung nicht aufgeben. Der Fall rührt an ethische Grundfragen.

ZitatDas Schicksal des Jungen empört inzwischen zehntausende Menschen, vor allem in der Türkei. "Unser Kind wartet gerade auf seinen Tod", hieß es auch am Dienstag wieder auf einer Facebook-Seite, der inzwischen über 56.000 Menschen folgen. Die Uni-Klinik wehrt sich mit einer deutsch-türkischen Pressemitteilung und zweisprachigen Hinweisen auf Twitter. Ärzte und Schwestern wurden bedroht und fürchten um ihre Sicherheit.

ZitatDabei sah es für Muhammet lange Zeit nach einem Happy End aus. Rund 400.000 Euro brachte die Familie zusammen, durch Spendenaktionen in einer Zeitung und im Fernsehen in der Türkei. So viel sollte die in Gießen geplante Transplantation kosten.

Doch kurz vor dem Transport nach Gießen versagte der Kreislauf des seit seiner Geburt an fortschreitender Herzschwäche leidenden Muhammet. Zwar wurde er zurück ins Leben geholt. In Gießen schlossen ihn die Ärzte an ein Kunstherz an. Doch sein Hirn war zu 20 Prozent geschädigt. Die Ärzte sagten die Transplantation ab. "Durch die schwere Hirnschädigung ist der langfristige Erfolg infrage gestellt", sagt UKGM-Professor Werner Seeger.

ZitatDie Mediziner berufen sich auf die Gesetzeslage, nach der ein weiterer Organschaden einer Transplantation entgegenstehe. Die zuständige Kommission der Bundesärztekammer sieht dies ebenso. Die Regeln sind auch so scharf, weil zuvor bei Skandalen der Eindruck entstanden war, es werde bei der Organvergabe mitunter getrickst. Nun müssen sich in Gießen die Ärzte rechtfertigen, dass sie die Regeln strikt befolgen.

Und als sei das alles nicht genug, rührt das Schicksal Muhammets an der Grundsatzfrage, wann ein Mensch wegen anderer Behinderungen seinen Platz auf der Warteliste verliert. Eine in Fulda lebende Cousine der Familie versteht nicht, dass die Ärzte wegen der Hirnschädigung neu abgewogen haben. "Ein behinderter Mensch hat auch ein Recht auf Leben", sagt sie.

ZitatDer Leiter der Ethikkommission der Deutschen Transplantationsgesellschaft, Richard Viebahn, unterstützte in der "Süddeutschen Zeitung" die Haltung der Gießener Ärzte. "So traurig es im Einzelfall ist: Wir müssen konsequent sein." Spenderorgane seien extrem selten, sagte Viebahn. "Wenn Muhammet dieses Herz bekommt, wird ein anderes Kind keines bekommen." Die Deutsche Stiftung Patientenschutz erklärte hingegen, eine Behinderung dürfe kein Kriterium sein.
Von allen Seelen, die mir begegnet sind auf meinen Reisen, war seine die menschlichste. (In Memoriam Groucho)

Zitat aus Star Trek II.

Ladislav Pelc

Ohne auf den konkreten Fall einzugehen, da ich ihn nicht beurteilen kann:

Es ist eben das Problem, dass es weit mehr Patienten gibt, die eine Organtransplantation bräuchten, als es Spenderorgane gibt, was heißt, dass nur manche eins bekommen. Und für die, die keins bekommen, bedeutet das in aller Regel, dass sie sterben.

Nach welchen Kriterien soll man nun entscheiden, wer ein Organ bekommt, wer also überleben darf und wer sterben muss? Ich glaube, eine wirklich gerechte Möglichkeit gibt es da nicht, es bleibt eine eigentlich unmenschliche Festlegung. Immer wird es Eltern geben, die entsetzt und wütend sein werden, dass ihr Kind keins bekommt. Und immer wird es ab und an Zeitungsartikel wie diesen geben, wo der Leser sich angesichts des Bildes vom armen kranken Kind denkt: "Natürlich sind Regeln wichtig, aber in diesem Fall sollte man doch eine Ausnahme machen!" Und dabei nicht weiß oder verdrängt, dass das dazu führen würde, dass man wahrscheinlich den Eltern eines anderen Kindes sagen müsste: "Tut uns Leid, Ihr Kind wird sterben. Wir hätten eigentlich ein passendes Herz gehabt, aber wir haben es dann ausnahmsweise doch lieber dem kleinen Muhammet gegeben. Da haben Sie doch sicherlich Verständnis für?" Denn das Kind ist nicht in der Zeitung abgebildet. (Noch nicht, denn wenn man so etwas tatsächlich täte, würde natürlich keine Stunde vergehen, bevor überall vom neuen Transplantationsskandal die Rede ist und gefragt wird, wie man sowas nur tun konnte.)

Vor diesem Hintergrund kann ich die bisherigen Skandale auch durchaus verstehen: Als Arzt will man auch nicht in der Situation sein, zuzusehen, wie ein Patient, den man behandelt, stirbt, weil er ein Organ bräuchte, und man genau weiß, dass er es nicht bekommen wird, weil nicht genug verfügbar sind. Da ist die Versuchung groß, etwas zu "mogeln", um ihn möglichst weit oben auf die Liste zu bekommen, selbst wenn man weiß, dass das bedeutet, dass stattdessen ein anderer stirbt. Das ist natürlich falsch, aber sehr verständlich. Ärzte sind auch nur Menschen, und in aller Regel liegt ihnen das Wohlergehen ihrer Patienten durchaus am Herzen. Und es entspricht der Natur des Menschen, jemanden, den man vielleicht schon Monate kennt und von dem man selbst sieht, wie er leidet, den Vorzug zu geben vor jemandem, den man nicht mal dem Namen nach kennt, nie kennen wird und der nur rein zufällig das Pech hat, jetzt doch nicht das lebensrettende Organ zu bekommen, weil man es dem eigenen Patienten "zugemogelt" hat. Natürlich sit das ethisch fragwürdig, aber eben menschlich.

Ich sehe auch keine wirkliche Lösung, solche schrecklichen Geschichten wirklich zu verhindern, solange nicht genügend Spenderorgane verfügbar sind.

Und das traurige ist, dass ich fürchte, dass Geschichten wie diese die Menschen eher dazu bringen wird, nicht in eine Organspende sei (es bei sich selbst durch einen Organspendeausweis, oder bei verstorbenen Angehörigen) einzuwilligen, weil in in dem Zusammenhang ja dauernd so schlimme Dinge zu lesen sind, und so dafür sorgen, dass die Probleme eher größer als kleiner werden.

Conina

Ich spiel mal den Teufelsadvokaten:


Handel mit Spenderorganen.

Man könnte einführen, dass nach dem Tod die Organe verkauft werden können, und die Verbliebenen dafür Geld bekommen.
Das wäre eine Art Lebensversicherung, die die Familie ein bisschen absichert.

Damit dürfte es deutlich mehr verfügbare Spenderorgane geben.

Menschen reagieren auch auf Anreize und nicht nur auf Verbote und Zwang.
Man kann das Pferd zum Wasser führen, aber nicht machen, dass es trinkt.

uran

Zitat von: Conina am 08. August 2014, 18:06:51
Ich spiel mal den Teufelsadvokaten:
Und so wirst du Teil von jener Kraft, die stes das Böse will, und stets das Gute schafft.  :teufel

Zitat von: Conina am 08. August 2014, 18:06:51
Handel mit Spenderorganen.

Man könnte einführen, dass nach dem Tod die Organe verkauft werden können, und die Verbliebenen dafür Geld bekommen.
Das wäre eine Art Lebensversicherung, die die Familie ein bisschen absichert.

Damit dürfte es deutlich mehr verfügbare Spenderorgane geben.

Menschen reagieren auch auf Anreize und nicht nur auf Verbote und Zwang.
Wenn man beim Abschließen einer Lebensversicherung nur noch ein zusätzliches Häkchen machen muss, einen direkten Vorteil hat und dann auch noch ein gutes Gewissen haben kann, dann bringt das sicher mehr als nett fragen.

Zitat von: Ladislav Pelc am 08. August 2014, 16:37:49
Und das traurige ist, dass ich fürchte, dass Geschichten wie diese die Menschen eher dazu bringen wird, nicht in eine Organspende sei (es bei sich selbst durch einen Organspendeausweis, oder bei verstorbenen Angehörigen) einzuwilligen, weil in in dem Zusammenhang ja dauernd so schlimme Dinge zu lesen sind, und so dafür sorgen, dass die Probleme eher größer als kleiner werden.
Schlimmer wirken sich glaub ich eher solche Schlagzeilen aus:
http://www.welt.de/regionales/muenchen/article109642559/Klinik-soll-Alkoholikern-Leber-verpflanzt-haben.html
Dass es nicht genügend Spenderorgane gibt, sehen die meisten ein, auch dass deshalb ein kleines Kind sterben muss. Aber wenn dann so Schlagzeilen kommen, wie dass Alkoholikern Lebern transplantiert werden, dann kann man sich vorstellen, wie das am Stammtisch hochkocht, bei der 4. Halbe Bier.

MrSpock

Update:

ZitatDie Uniklinik Gießen sucht für den kleinen Muhammet nach einem Krankenhaus im Ausland. Der schwerkranke Junge aus der Türkei erhält wegen einer Hirnschädigung hier kein Spenderherz. Ärzte und Pflegekräfte werden deshalb massiv angefeindet.

ZitatDie Entscheidung begründete das Klinikum mit dem "durch verschiedene Vorkommnisse" inzwischen massiv beschädigten Vertrauensverhältnis zu den Eltern des kleinen Muhammet. "Hinzu kommen erhebliche Störungen des Klinikbetriebes", sagte Klinikumssprecher Frank Steibli. Er sprach von massiven Drohungen gegenüber Ärzten, Pflegekräften und Eltern anderer Kinder. Steibli sagte, Klinikmitarbeiter würden von Fürsprechern der Eltern inzwischen verbal und körperlich bedrängt und bedroht. Das Klinikum habe einen Sicherheitsdienst für das Kinderherzzentrum beauftragen müssen. Auch über Facebook werde der Klinik vorgeworfen, ein Spenderherz deshalb zu verweigern, weil der Junge aus der Türkei komme.

ZitatDas Kleinkind war zu einer Herztransplantation nach Gießen gebracht worden. Doch kurz vor dem Transport aus Istanbul Ende März erlitt es einen Kreislaufstillstand und dadurch einen nach Einschätzung der Ärzte irreversiblen Hirnschaden. Die Transplantation könne und dürfte nun nicht mehr durchgeführt werden, heißt es im Klinikum.

http://www.hr-online.de/website/rubriken/nachrichten/indexhessen34938.jsp?rubrik=36090&key=standard_document_52689437

Fettung von mir.
Von allen Seelen, die mir begegnet sind auf meinen Reisen, war seine die menschlichste. (In Memoriam Groucho)

Zitat aus Star Trek II.