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DEGAM

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Begonnen von cohen, 09. März 2009, 09:40:41

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cohen

ZitatVortrag zum Tagesordnungspunkt 11 (Weiterbildung) im Rahmen der Mitgliederversammlung der DEGAM
(Freitag, 26.09.2008)


Liebe Kolleginnen und Kollegen,

ich blicke nun auf eine 7jährige Amtsperiode als Sprecher der Sektion „Weiterbildung“ der DEGAM zurück. Diese Zeitspanne entspricht nicht von ungefähr den biblischen und anthroposophischen Entwicklungszyklen. Dabei wehte der Allgemeinmedizin, insbesondere bezüglich der Weiterbildungs-diskussion, ständig und aus unterschiedlichsten Richtungen ein strammer Gegenwind ins Gesicht. Jetzt scheint sich dieser Wind doch spürbar zu drehen; mögen den sieben mageren nun also sieben fette Jahre folgen, das wünsche ich uns allen nachdrücklich.

In der gestrigen Sektionssitzung, die ich selten konstruktiv, sachlich und proaktiv erlebte, fiel im Zusammenhang mit dem Rostocker Kompromiss der Begriff eines „historischen Irrtums“; aber irren ist letztendlich auch ein Stück menschlich und es heißt ja auch: „Jeder Fehler ist ein Schatz“. Würde ich also unsere damalige Ausgangssituation und das letztendliche Ergebnis der Ärztetagsdiskussion in das Forum: www.jeder-fehler-zählt.de einstellen, so würde ich unsere damaligen Intentionen folgendermaßen beschreiben:

1.Wir wollten einen einheitlichen, hoch qualifizierten und fünfjährig curricular weiter gebildeten Hausarzt.

2.Wir strebten eine breite primärärztliche Basis an, um die hausärztliche Versorgung langfristig zu sichern.

3.Wir strebten einen problemlosen Zugang zumindest zu den klinisch-internistischen Weiterbildungsstellen an und

4.Wir vertrauten auf die Kraft des Faktischen, die in dem neuen gemeinsamen Gebiet dazu führen sollte, langfristig die versorgungsrelevanten Weiterbildungszeiten und Inhalte (Chirurgie, Pädiatrie, Seminarweiterbildung) wiederzubeleben und zu befördern.

Doch leider kommt es im Leben oft anders, als man denkt.
Das Ergebnis war retrospektiv wenig befriedigend und kann letztendlich mit dem Zitat umschrieben werden: „Und aus dem Chaos sprach eine Stimme zu mir: Lächle und sei froh – es könnte schlimmer kommen; und ich lächelte und war froh – und es kam schlimmer!“

Denn dann kam Münster! Das tragische Resümee dieses Ärztetages lässt sich aus allgemeinmedizinischer Sicht treffend beschreiben: „Gestern standen wir noch am Rande des Abgrundes, heute sind wir schon einen Schritt weiter!“

Aktuell setzt sich aber anscheinend bei Politik und Körperschaften die Erkennt-nis durch, das Kind damals vielleicht mit dem Bade ausgeschüttet zu haben. Sicherlich hat dazu auch das Engagement verschiedener DEGAM-Aktivisten an den unterschiedlichsten Fronten beigetragen (Arbeitsgemeinschaften bei Politik, Bundesärztekammer und Hausärzteverband;  AOLG, Sachverständigenrat etc.). Neben mir haben sich hier insbesondere unser Präsident Michael Kochen, Norbert Donner-Banzhoff, Ferdinand Gerlach,  Harald Abholz, Thomas Lichte und Vittoria Braun hervorgetan. Unsere „subtile Infiltrationskampagne“ nach dem Motto „Steter Tropfen höhlt den Stein“ war hierbei sicher ebenso hilfreich wie das entschlossene politische  Auftreten des Hausärzteverbandes, mit dem auch künftig diesbezüglich  eng kooperiert werden sollte.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es heißt: „Wer seinen Zielhafen nicht kennt, für den ist kein Weg der richtige“. Den aktuellen Rückwind, der freilich längst noch nicht die in der Leichtathletik zulässigen 2m/sec erreicht hat, wollen wir zielorientiert kanalisieren. Unsere Forderungen sind dabei eindeutig:

1.Zurück zum Facharzt für Allgemeinmedizin! Diese Fachbezeichnung entspricht unserer Versorgungsdefinition, ist EU-notifiziert, international anerkannt und logisch in der Weiterbildungs-Systematik (und zwar optional sowohl innerhalb des gemeinsamen Gebietes „Innere und Allge-meinmedizin“ als dritte Facharztkompetenz als auch im Rahmen eines Status „Vor Rostock“).
2.Die WBO muss all die versorgungsspezifischen Inhalte und Richtlinien beinhalten, die unsre tägliche Arbeit abbilden.
3.Wir streben an, sowohl die Chirurgie als auch die Pädiatrie langfristig wieder zu Pflichtfächern in unserer Weiterbildung zu machen; diese Intention wird innerhalb von Verbundstrukturen eher zu realisieren sein, als aktuell (Nadelöhr -Problematik)   
4.Wir fordern die Sicherung  der ambulanten Weiterbildungszeit durch eine tarifgerechte Vergütung und zeitnahe Evaluation (Qualität!).
5.Wir streben weitergehende identitätsstiftende Maßnahmen an. Hierzu zählt die Seminarweiterbildung (alternativ auch weiterbildungsbeglei-tende Fortbildungsgruppen) sowie die Etablierung allgemeinärztlicher  Mentoren als kontinuierliche Ansprechpartner für junge Kolleginnen und Kollegen.

Wenn man also die Situation vor Rostock als versorgungsadäquates Langzeitziel definiert, könnte das Motto heute lauten: „Zurück in die Zukunft!“. Dieses Ziel sollten wir strategisch umsichtig, aber in der Sache kompromisslos und entschlossen ansteuern.

Auch wenn die Vergangenheit gezeigt hat: „Wer kämpft, kann verlieren“ gilt doch auch: „Wer nicht kämpft, hat schon verloren!“.  In diesem Sinne wünsche ich der Sektion und ihrem künftigen Sprecher nicht nur den erforderlichen Kampfgeist, sondern auch eine glückliche Hand und viel Erfolg. Ich selbst möchte mich bei all denen  bedanken, die meine Arbeit konstruktiv und loyal begleitet haben.


Berlin, 26. 09. 2008


Dr. med  Wolfgang Kölling
http://209.85.129.132/search?q=cache:lK11vTkmMJUJ:www.degam.de/weiterbildung/dokumente/Vortrag%2520zum%2520Tagesordnungspunkt%252011...doc+K%C3%B6/2008/DEGAM/Vortrag&hl=de&ct=clnk&cd=1&gl=de

GeMa

Sind unsere Quanten verschränkt?  ;D

cohen

Nee, Freund liest mit.

Ich habe "Kö/2008/DEGAM/Vortrag" in die Suchmaschine eingegeben. ;)

GeMa

Die Herrschaften sollten mal subtil etwas ihre Weiterbildungsprogramme mit Bildung infiltrieren. Dann klappt´s auch mit den Impfempfehlungen.

Übrigens - der Verfasser. Neben einigen Kleinigkeiten zu IGELeien (ist voll gegen das DEGAM IGEL-Papier, tststs) landet man in der Gemeinschaftspraxis und fragt sich, wieso man die aus dem TG Forum schon kennt. Nanodingens ohne Nano.  ::) 

hic fuit

Aus http://www.degam.de/dokumente/aktuell_2009/Positionspapier_3%20-%20ZFA_03_2009.pdf
ZitatZu den unter Punkt 3 aufgeführten Problemen kommen noch weitere hinzu, die einer gesellschaftlichen Klärung bedürfen:
– Sicherlich kommt es durch die Zunahme empfohlener Impfungen auch zu Unsicherheiten bzgl. der Indikationen. Gerade gegenüber der Varizellen-Impfung wurden viele begründbare Vorbehalte laut, z. B. ob ihre generelle Einführung durch die Zahl schwerer oder gefährlicher Verläufe von Windpocken (als Argument herangezogen), tatsächlich gerechtfertigt sei. Zudem besteht durch die Impfung im Kleinkindalter die Gefahr der Verlagerung einer Erkrankung ins höhere Lebensalter, die mit zusätzlichen Risiken behaftet ist. Hier ist die wissenschaftliche Diskussion noch nicht abgeschlossen.
– Auch für andere Impfungen scheint nur ein sehr geringer individualmedizinischer und epidemiologischer Nutzen zu bestehen (Meningokokken Typ C, Pneumokokken). Ob solche Impfungen dann auch ein vertretbares Kosten-/Nutzenverhältnis aufweisen, wird in Zeiten endlicher Ressourcen zunehmend zu einer ethisch legitimierten Frage.
– Ohne sich auf die Seite genereller ,,Impfkritiker" begeben zu wollen, muss auch gesehen werden, dass manche der jüngst empfohlenen Impfungen bzgl. Effektivität, Sicherheit und Verträglichkeit noch nicht abschließend beurteilt werden können (HPV, Rota-Viren).
– Übereilte Einführungen von Impfungen dürften zudem auch zu Spekulationen beigetragen haben, die StIKo sei in ihren Empfehlungen nicht allein von sachlich-wissenschaftlichen Interessen geleitet. Einige nachgewiesene Industrie-Verflechtungen von Mitgliedern der StIKo verstärkten diesen Eindruck.
– StIKo-Empfehlungen und GBA-Richtlinie haben einen normativen Wert erhalten, der entgegen manchem medizinischem Sachverstand in die Nähe rechtlicher Einklagbarkeit geraten ist. Umso wichtiger ist es, dass die StIKo über jeden Verdacht des Industrie-Einflusses erhaben bleibt. Um dem o. g. Eindruck vorzubeugen, ist hohe Transparenz gegenüber der ärztlichen wie nichtärztlichen Öffentlichkeit essentiell.
[... u.v.m.]

Da ich ganz und gar nicht vom Fach bin und sich diese Äußerungen nicht nach Anthros anhören, bitte ich um eine Erklärung, als Anhaltspunkt folgende Fragen:
- Ist es nun angezeigt, den Vorschlägen der StIKo immer zu folgen, oder nicht?
- Ist es möglich, als Impfgegnerfeind die StIKo zu kritisieren?
- Sind hier differenzierte Sichtweisen möglich, ohne gleich einer beknackten "individuellen Impfentscheidung" das Wort reden zu wollen?
- Was ist die DEGAM?

rincewind

Zitat von: hic fuit am 19. April 2009, 11:25:53
Da ich ganz und gar nicht vom Fach bin und sich diese Äußerungen nicht nach Anthros anhören, bitte ich um eine Erklärung, als Anhaltspunkt folgende Fragen:
- Ist es nun angezeigt, den Vorschlägen der StIKo immer zu folgen, oder nicht?
- Ist es möglich, als Impfgegnerfeind die StIKo zu kritisieren?
- Sind hier differenzierte Sichtweisen möglich, ohne gleich einer beknackten "individuellen Impfentscheidung" das Wort reden zu wollen?
- Was ist die DEGAM?

Schau mal hier:

http://www.scienceblogs.de/frischer-wind/2009/03/offener-thread-zum-degamimpfpapier.php

Da wird das ganz gut diskutiert.

Zu einem Teil Deiner Fragen: Man kann die Stiko natürlich kritisieren, ohne als dumpfer Impfgegnerdepp dazustehen. EIn Kritikpunkt ist z.B., dass man der Stiko manchmal Trägheit vorwerfen kann, wenn es um neuere Erkenntnisse geht, z:B. was zeitliche Abstände beim Impfen angeht.

Man muss sich auch im klaren sein, welcher Art die Empfehlungen sind: Die Stiko empfiehlt immer nur Impfungen gegen Erkrankungen gegen die wir im Eintrittsfalle machtlos sind und die ernsthafte Folgen von dauerhafter Behinderung bis Tod haben können.

Eine sehr gute Seite dazu ist übrigens
http://www.impfinformationen.de/

Impfen hat im Übrigen viel mit epidemiologischem Verständnis (dazu gehört Statistik) zu tun, Gebiete, mit denen viele Ärzte nicht unbedingt was am Hut haben. Insofern ist es eher peinlich, was die DEGAM da aufgeführt hat. Die sollten erstmal vor der eigenen Haustüre kehren. Aber das steht alles in dem Link oben.

GeMa

Alle Fragen kann ich Dir - noch - nicht (vollständig) beantworten, bevor Du die nicht präzisiert hast. Im Moment sind die für mich etwas mißverständlich formuliert und ich könnte unnötig in´s Interpretieren verfallen.

zu 1) was bedeutet die Empfehlung?
nicht : das muß geimpft werden, sonst gibt´s paar auf die Finger
sondern :
- die Kassen sind verpflichtet, die Kosten der Impfung zu übernehmen - Stiko Empfehlung ist zwingende Voraussetzung für das weitere "bürokratische" Verfahren zur Kostenübernahme
- die Impfungen sind für die entsprechende Gruppe (dazu unten noch was) sicher/risikoarm
- die Empfehlung entbindet nicht von der individuellen Risiokoabwägung des Arztes für jeden Patienten
- gern verwechselt - Empfehlung heißt nicht Befehl zum blinden Gehorsam (aber erkläre das bitte mal, viel Spaß dabei)  


den Empfehlungen der Stiko kann/sollte man ohne Einschränkungen folgen
- bitte diese Empfehlungen auch mal lesen
- bitte dazu die Bulletins des RKI (ergänzend und in Zusammenarbeit mit der STIKO)
- was empfohlen wird -> siehe Rincewind

Dann wird ganz schnell klar :
- einzelne Impfstoffe, die die DEGAM als Empfehlung der Stiko _behauptet_ , sind von dieser a) überhaupt nicht empfohlen oder b) nur für bestimmte Risikogruppen empfohlen  ... siehe oben

- hier ist leider, leider der DEGAM-organisierte Doktor selbst gefordert, genauso standhaft gegen die Werbemaschinerie in den Medien seine Patienten in vernünftigem Risiko-Nutzen-Verhältnis aufzuklären und nicht zu impfen (siehe a), b), c) ), wie er es gewohnt ist, heroisch gegen die mediale Werbemaschinerie von TCM und Chügeli, ungeeigneten Blödsinn nicht zu verkaufen
- diese Verantwortung (oder Unfähigkeit/Unwille) auf die Stiko abschieben zu wollen, ist lediglich dreist


Kannst Du mir bitte sagen, welche differenzierten Sichtweisen Du meinst?
Wenn möglich, unter Berücksichtung einkommensschwacher Familien, Rentner etc.


@Rincewind
Man hätte in dem Thread noch gut weiterdiskutieren und das eine o. andere Papierchen verlinken können. Dummerweise werden solche Threads reflexartig von irgendwelchen Schwachmaten gekapert.

GeMa

Ich frage mich manchmal, wie groß wäre der Aufschrei gewesen, wenn es keine HPV Impfempfehlung der Stiko gegeben hätte.
2 Klassenmedizin! Krebsimpfung nur für Besserverdiener! Skandal! Protest, Demo, Revolution!!! Haben wollen!!!

hic fuit

Erst mal vielen Dank, der Sonntag ist gerettet.

Meine Motivation: ein befreundeter Internist erzählt mir, dass eine große Hausärzteorganisation sich kritisch mit der StIKo und ihren Empfehlungen auseinandergesetzt hat. Da staunt der Laie (ich), und der Fachmann wundert sich. Der Freund kritisiert die (hohe?!) Anzahl und den (frühen?!) Zeitpunkt der Impfungen.

@GeMa re HPV: richtig, ein echter Catch 22 für die StIKo. War mir noch gar nicht aufgefallen.
@GeMa re Differenzierung: Wogegen in welchem Lebensalter geimpft werden sollte, scheint eben selbst unter Impfbefürwortern, zu denen mein Freund zählt, kontrovers zu sein. D.h. ich meinte eine Differenzierung nach Art der Impfungen.
@rincewind: In Statistik bin ich besser als Normalmediziner, das ist bombensicher. Und das heißt leider, ich muss das DEGAM-Papier richtig durchforsten. Mist.

(Und für alle Fälle noch eine Richtigstellung, die ich von Aribert Deckers zitiere: JEDE Impfentscheidung ist individuell. Geht ja gar nicht anders.)

rincewind

Zitat von: hic fuit am 19. April 2009, 13:11:25
Erst mal vielen Dank, der Sonntag ist gerettet.

Bei dem Wetter?  ;D

Zitat
Meine Motivation: ein befreundeter Internist erzählt mir, dass eine große Hausärzteorganisation sich kritisch mit der StIKo und ihren Empfehlungen auseinandergesetzt hat. Da staunt der Laie (ich), und der Fachmann wundert sich. Der Freund kritisiert die (hohe?!) Anzahl und den (frühen?!) Zeitpunkt der Impfungen.

Das sind üblicherweise Kritiken von Leuten, die nur halbe Ahnung auf dem Gebiet haben. Das zeigt allein, wenn von "hoher Anzahl" gesprochen wird. Entscheidend ist weniger die Anzahl der Impfungen, sondern wie viele verschiedene Antigene man appliziert. So konnten früher in einem Impfstoff gegen eine Krankheit deutlich mehr (unerwünschte) Antigene sein als heute in einem Sechsfachimpfstoff.

Ja und früh? Was meint er denn damit? Es ist ja wohl aus logischen Gründen klar, dass man so früh wie möglich Impfen sollte. Die Grenze ist halt dort, wo man mit nichtakzeptablen Nebenwirkungen zu rechnen hätte. Diese Thematik ist eigentlich gut erforscht, einfach mal "zu früh" in den Raum stellen, genügt da nicht wirklich.

Ohne jetzt Deinem Internisten was unterstellen zu wollen: Diese "zu früh" Geschichte ist üblicherweise ein typisches Anthro-Argument. Den Vogel schießt Martin Hirte (Antho und Kinderarzt) ab mit der Empfehlung, Masern erst ab 14 zu impfen. Würde man das tun, wäre die Impfung überflüssig, weil dann so gut wie alle bis 14 Masern bereits gehabt hätten.

Zitat
@rincewind: In Statistik bin ich besser als Normalmediziner, das ist bombensicher. Und das heißt leider, ich muss das DEGAM-Papier richtig durchforsten. Mist.

Pech gehabt  ;D


Zitat
(Und für alle Fälle noch eine Richtigstellung, die ich von Aribert Deckers zitiere: JEDE Impfentscheidung ist individuell. Geht ja gar nicht anders.)

Keine Sorge, Du wirst hier nicht zerlegt, nur weil Du Fragen hast, die man sich durchaus stellen kann  ;D


GeMa

Ja die Differenzierung - und damit kommen wir direkt zum Kern DEGAM - ist einfach der verd... Sch...job eines Arztes. Gerade dem Internisten sollte das sowas von klar sein.  ???

Genau dafür gibt es a) die ausführlich begründeten Empfehlungen der Stiko, b) die noch einmal differenzierteren, ausführlicheren Bulletins c) diverse Veröffentlichungen (unterschiedlicher Qualität) in den Fachorganen (unterschiedlicher Qualität) und d) Fortbildungsveranstaltungen (unterschiedlicher Qualität).

Zur "unterschiedlichen Qualität" gehört natürlich auch, Zugehörigkeit/Affinität der Verfasser/Fachorgane/Fortbildungsveranstalter/Konferenzausrichter usw. auch sehr ...äh ... unwirklicher oder ideologisch behafteter Vorstellungen über Biologie/Immunbiologie und dem, was einem Menschen als zuzumuten gilt (Krankheit als Entwicklungschance etc.pp). Das ist nicht einfach ausblendbar.

Herausragende Vertreter solcher Ansichten sitzen eben auch im vormaligen und aktuellen Vorstand der DEGAM und nicht wenige an leitenden DEGAM Stellen, die für die ärztliche Weiterbildung ihrer Mitglieder zuständig sind.

Daneben ist auch ein "Binnenkonsens" des Verbandes zu berücksichtigen, der ja auch Mitglieder der eher nicht wissenschaftlich basierten Medizin zu umfassen hat (inklusiver derer, die Heilkunst des Arztes immer stärker als reinen Gewerbebetrieb betrachten, egal ob Igeleien oder Kinesiologie).
Der Ruf nach differenzierten Sichtweisen sollte an ausgerechnet nur dieser Stelle nicht aufgegeben werden  ;)

Man ahnt also direkt, wo der Hund eigentlich begraben ist. Nicht wirklich bei der Stiko und die wird das Gesamtproblem - was eigentlich u.a. ein Fortbildungsproblem ist - eben auch nicht lösen können.

Für die Kritik Deines Freundes, der zu hohen Anzahl und zu zeitigen Verabreichung von Impfungen, sollte er doch eine fundierte Begründungen haben. Irgendwelche belastbaren Daten/Fakten.
Nur der Bezug/Verweis auf das Papier der DEGAM - oder anderweitiges Hörensagen - reicht doch einfach nicht. Im Grunde ist es selbst mit dem Hörensagen nicht einmal weit - man denke nur an Grippeimpfung in Verbindung mit Altenpflegestationen/-heimen.




hic fuit

Zitat von: rincewind am 19. April 2009, 14:16:25
Zitat von: hic fuit am 19. April 2009, 13:11:25
Erst mal vielen Dank, der Sonntag ist gerettet.

Bei dem Wetter?  ;D
Die Alternative besteht im Tapzieren....

Zitat von: rincewind am 19. April 2009, 14:16:25
Diese "zu früh" Geschichte ist üblicherweise ein typisches Anthro-Argument. Den Vogel schießt Martin Hirte (Antho und Kinderarzt) ab mit der Empfehlung, Masern erst ab 14 zu impfen. Würde man das tun, wäre die Impfung überflüssig, weil dann so gut wie alle bis 14 Masern bereits gehabt hätten.
Ah, hier ist das Einfallstor der Schwurbelei! Sehr gut zu wissen.

Zitat von: rincewind am 19. April 2009, 14:16:25
Keine Sorge ...
Ganz sicher? Really? Really really? Really really really?

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Zitat von: GeMa am 19. April 2009, 14:25:35
Genau dafür gibt es a) die ausführlich begründeten Empfehlungen der Stiko, b) die noch einmal differenzierteren, ausführlicheren Bulletins c) diverse Veröffentlichungen (unterschiedlicher Qualität) in den Fachorganen (unterschiedlicher Qualität) und d) Fortbildungsveranstaltungen (unterschiedlicher Qualität).
OK, das muss man als Laie aktiv ausforschen, dass das eben nicht einfach alles pharmamafiainduziert ist, sondern differenziert und begründet und nachvollziehbar. (Ich geh doch lieber tapezieren, glaube ich).

Zitat von: GeMa am 19. April 2009, 14:25:35
Für die Kritik Deines Freundes, der zu hohen Anzahl und zu zeitigen Verabreichung von Impfungen, sollte er doch eine fundierte Begründungen haben. Irgendwelche belastbaren Daten/Fakten.
Nur der Bezug/Verweis auf das Papier der DEGAM - oder anderweitiges Hörensagen - reicht doch einfach nicht. Im Grunde ist es selbst mit dem Hörensagen nicht einmal weit - man denke nur an Grippeimpfung in Verbindung mit Altenpflegestationen/-heimen.
Richtig, eigentlich war das ja nur ad hominem argumentiert, aber selbst ein solches Argument will erstmal entkräftet werden. Das nächste Mal heißt es "Butter bei die Fische".

hic fuit

Soweit so gut. Die Diskussion bei scienceblogs habe ich gelesen, die StIKO-Seiten inklusive des aktuellen Impfkalenders und das DEGAM-Papier auch.
Und tapeziert auch.

Besonders gut war der Hinweis aus den scienceblogs, dass die Quellenverankerung des DEGAM-Papiers schwach ist.
Das ist nämlich so. 1:0.

Fast alle Items des Kapitels 4 kann man bereits als Laie kritisieren. Drei Beispiele:
Zitat- Zur Unterstützung der impfenden Ärzte muss daher zukünftig bei allen Impfempfehlungen das primäre Impfziel klar deklariert werden. Dies kann der individualmedizinische Nutzen, der bevölkerungsbezogene Nutzen oder beides sein.
Dass die Ärzte das zur Beratung brauchen, und dass man ihnen das vorbeten muss, kann ich kaum glauben.
Zitat- Manche etablierte Impfung (z. B. FSME) würde mit einer deutlich geringeren Impfrate vermutlich ebenfalls ihren Zweck erfüllen. Hier erscheint zumindest vom Standpunkt nil nocere eine Einschränkung im Sinn einer engeren Indikationsstellung vernünftig.
Und "nil nocere" heißt "möglichst selten pieksen"? Nur so kann ich der Aussage einen Sinn abringen. Wenn man stattdessen meint, die Epidemiologen hätten bei der Bestimmung der  Gefährdungsgebiete und bei der Bewertung des Infektionsrisikos etwas falsch gemacht, soll man das doch sagen und belegen!
Zitat- Die Entscheidungsfindung über Impfempfehlungen muss wissenschaftlich fundiert (z. B. nach dem Vorbild der Nationalen Versorgungsleitlinien) und nachvollziehbar sein. Dazu gehört die Darstellung der Literaturrecherche und die Kriterien der Literaturbewertung, die Veröffentlichung der beteiligten und konsultierten Fachgesellschaften und Transparenz über den Ablauf des Abstimmungsverfahrens.
– Darüber hinaus ist bei Impfempfehlungen immer der Stand des Wissens zu Nebenwirkungen und deren Häufigkeit darzustellen. Die Indikationsbereiche müssen begründet belegt werden.
Moment mal, soll das heißen, das ist nicht so? Die StIKo arbeitet nicht wissenschaftlich fundiert, die Ärzte können es nicht nachvollziehen, und Beipackzettel mit der Häufigkeit von Nebenwirkungen gibt es auch nicht? Das wäre ein Skandal.
Das hört sich für einen Laien an wie ein knallharter Angriff auf die StIKo, und zwar aus dem Grund, weil man die Informationen mundgerecht serviert haben möchte.
Das einzige, was ich stehen lassen würde, ist die Betrachtung der Honorierung. Wenn Ärzten nur wenige Minuten Zeit gewährt werden, um die notwendige Individualität (Risikofaktoren feststellen) herzustellen und beim Patienten Vertrauen in die Behandlung zu erzeugen, und wenn dann noch die Honorierung erfolgsabhängig ist, muss man sich über ruppige Ärzte nicht wundern.
Insgesamt: 2:0.

Das Thema "Impfen um jeden Preis? Impfmüdigkeit in Deutschland?" wurde völlig verfehlt. Erst wird lediglich auf endliche Ressourcen hingewiesen  (weiter reicht die DEGAM-Ethik offenbar nicht), und dann ist das dritte Kapitel (Impfmüdigkeit) schwach und würdelos.  Anstatt einfach zuzugeben, dass die Durchimpfungsraten bestimmter Bevölkerungsgruppen zu niedrig sind, wird erst einmal ein Widerspruch aufgebaut. Und dann wird in die Richtung argumentiert, dass alle anderen schuld sind, anstatt etwas Konstruktives beizusteuern.
Beschämend ist das, 3:0.

Von zu frühen Impfungen oder einer Kritik an der Anzahl der Impfungen oder der Anzahl der verabreichten Antigene ist in dem DEGAM-Positionspapier keine Rede. Damit hätten sie sich in meinen Augen noch mehr blamiert.
4:0. Schlusspfiff.

Jedenfalls kann ich den Schluss ziehen, dass man als Allgemeinarzt eher Anthro wird denn Epidemiologe. Und daran ist nicht die StIKo schuld.
Ceterum censeo: Als StIKo würde ich der DEGAM eine semmeln.