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Gute Kritiken der strukturalistischen Psychoanalyse?

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Begonnen von Superkalifragilistisch, 05. Mai 2013, 21:10:03

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Superkalifragilistisch

Der Strukturalismus ist nicht an sich verkehrt. Sowohl bei eher konstruktivistischen Auslegungen wie bei Bourdieu, als auch bei Lévi-Strauss.

Aber der "linguistic turn" mißbraucht die Entdeckung des symbolischen Zeichens, um wieder Historie zu treiben. Um uns wieder einmal zu erklären warum die Dinge sind, wie sie sind. Dabei schreibt Foucault im Vorwort Deleuze/Guattaris Anti-Ödipus:

ZitatQuestions that are less concerned with why this or that than with how to proceed.

Worin besteht der Trick der Poststrukturalisten? Der Trick der Lacanier besteht darin, uns die Operationen des Unbewußten, die Blumenbergschen Metaphernwelten, als strukturalistisches Symbol zu verkaufen. Ein alter, fauler, stinkender Fisch gehüllt in neues Suhrkamp-Papier. Es ist falsch, wenn Freud behauptet, daß die Operationen des Unbewußten symbolisch wären. Sie sind rein metaphorologisch (http://de.wikipedia.org/wiki/Absolute_Metapher). Seine Signifikanten sind niemals symbolische Zeichen, sondern plumpe Zeichen auf Signifikate, die metaphorisiert werden. Sein Unbewußtes ist Projektion und Theater, welches das Uneinholbare der Absoluten Metapher nie erreicht.

Was uns die strukturalistischen Analytiker präsentieren ist eine Schein-Symbolik. Die Signifikanten gewinnen ihre Geschmeidigkeit nur vermöge der Metapher.

Kennt ihr also gute Bücher, welche nicht den Strukturalismus als solchen verwerfen, sondern den Mißbrauch durch psychoanalytische Schwurbler wie Lacan?

Ich habe zum Beispiel den Elegenaten Unsinn nicht gelesen, gibt es hier jemanden, der das getan hat?
"Umgekehrt mußte die Psychoanalyse manchen enttäuschten Adepten eines vulgarisierten, auf eine ökonomisch-soziale Theorie reduzierten Marxismus als Bereicherung erscheinen."

Jetzt im Trend: »irgendwas mit Gesellschaftskritik«

Groucho

Zitat von: Superkalifragilistisch am 05. Mai 2013, 21:10:03
Ich habe zum Beispiel den Elegenaten Unsinn nicht gelesen, gibt es hier jemanden, der das getan hat?

Ja. Hier. Ich kann allerdings mit Deiner Sprache in dem Post nichts anfangen. Historizismus ist doch ein alter Hut, mit Poststrukturalismus kann ich nichts anfangen, vielleicht hat mir Sokal deswegen so gefallen.

Mag sein, dass ich schlicht überfordert und nicht gescheit genug bin, solche Sätze wie

ZitatEs ist falsch, wenn Freud behauptet, daß die Operationen des Unbewußten symbolisch wären. Sie sind rein metaphorologisch (http://de.wikipedia.org/wiki/Absolute_Metapher). Seine Signifikanten sind niemals symbolische Zeichen, sondern plumpe Zeichen auf Signifikate, die metaphorisiert werden. Sein Unbewußtes ist Projektion und Theater, welches das Uneinholbare der Absoluten Metapher nie erreicht.

zu verstehen. Plumpe metaphorisierte Zeichen auf Signifikate, die niemals Symbolische Zeichen sind ... Sorry, das ist ein Dickicht im Wörterwald, tatsächlich eine Projektion einer uneinholbaren Methapher. Ich verstehe schlicht nicht, welchen Erkenntnisgewinn man aus sowas ziehen soll außer der, dass unsere Sprache Optionen zur völligen Absurdität bietet, Grammatik nicht mit Semantik zwingend verbunden ist. Ich stehe einfach nicht auf intellektuelle Hütchenspiele.


bayle

Zitatgute Bücher, welche nicht den Strukturalismus als solchen verwerfen, sondern den Mißbrauch durch psychoanalytische Schwurbler wie Lacan?
Alan Sokal, Jean Bricmont: Eleganter Unsinn. Wie die Denker der Postmoderne die Wissenschaften missbrauchen. Beck, München 1999, macht sich über Lacan angemessen lustig. Allerdings habe ich nicht darauf geachtet, ob sie die Kirche des Strukturalismus dabei stehen lassen, wohl eher nicht. Auch Deleuze, Guattari, Kristeva, Irigaray u. a. werden schlüssig als intellektuelle Hochstapler dargestellt.

edit: oh, es ist alles schon gesagt. Ich kam um Zehntelsekunden zu spät.

Robert

@ Groucho und bayle, man kann sich kürzer fassen und nur ein einziges Wort verschwenden: "Hääää?"

:grins

Superkalifragilistisch

Zitat von: bayle am 05. Mai 2013, 21:37:02
Zitatgute Bücher, welche nicht den Strukturalismus als solchen verwerfen, sondern den Mißbrauch durch psychoanalytische Schwurbler wie Lacan?
Alan Sokal, Jean Bricmont: Eleganter Unsinn. Wie die Denker der Postmoderne die Wissenschaften missbrauchen. Beck, München 1999, macht sich über Lacan angemessen lustig. Allerdings habe ich nicht darauf geachtet, ob sie die Kirche des Strukturalismus dabei stehen lassen, wohl eher nicht. Auch Deleuze, Guattari, Kristeva, Irigaray u. a. werden schlüssig als intellektuelle Hochstapler dargestellt.

edit: oh, es ist alles schon gesagt. Ich kam um Zehntelsekunden zu spät.
Mhh Mhh aha, der Strukturalismus ist also samt und sonderlich "Kirche des Strukturalismus" aber Du weist mich zurecht, wenn ich die Analytiker als Sektierer bezeichne?  :o

Kannst Du Beispiele aus dem Buch nennen?


@Groucho, ich dachte Blumenberg würde hier hoch im Kurs stehen, hat er doch die Legitimität der Moderne in endlosen Welzern verteidigt?  ;)
"Umgekehrt mußte die Psychoanalyse manchen enttäuschten Adepten eines vulgarisierten, auf eine ökonomisch-soziale Theorie reduzierten Marxismus als Bereicherung erscheinen."

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Groucho

Zitat von: Robert am 05. Mai 2013, 21:46:22
@ Groucho und bayle, man kann sich kürzer fassen und nur ein einziges Wort verschwenden: "Hääää?"

:grins

Über Strukturalismus kann man schon diskutieren, das ist nicht verkehrt.

Robert


Groucho

Zitat von: Superkalifragilistisch am 05. Mai 2013, 21:50:58
@Groucho, ich dachte Blumenberg würde hier hoch im Kurs stehen, hat er doch die Legitimität der Moderne in endlosen Welzern verteidigt?  ;)

Keine Ahnung, ich halte mich eigentlich aus sowas raus, und ein "wir" gibt es im Forum eher nicht.
Und wenn einer die Moderne verteidigen will, jamei. Soll er halt, ist ja nix Strafrechtliches, eher was ziemlich Dummes, und das ist ja nicht verboten.

Groucho

Zitat von: Groucho am 05. Mai 2013, 21:57:46
Zitat von: Robert am 05. Mai 2013, 21:46:22
@ Groucho und bayle, man kann sich kürzer fassen und nur ein einziges Wort verschwenden: "Hääää?"

:grins

Über Strukturalismus kann man schon diskutieren, das ist nicht verkehrt.

Ergänzend, weil wohl doch zu kryptisch: Strukturalismus ist als Phänomen interessant. Denkarten und Lösungsansätze lassen sich ja tatsächlich auf gewisse Strukturen zurückführen. Allerdings sind die weniger zur Welterklärung geeignet, als zur Analyse des Vertretenden, seiner Sozialsysteme und Artzugehörigkeit. Man könnte böse sagen, das ist die humanoide Ausprägung des sehr erfolgreichen Mimikry, wird immer gerne genommen, da die Kosten-Nutzen Relation ziemlich gut ist.

Auf deutsch: Wer gut schwafeln kann, ist im Vorteil.

Superkalifragilistisch

Klar, wenn ich das Geschwurbel höre wird mir schlecht. Alles vom poststructuralism generator abgeschrieben :)
Deshalb wäre es ja wichtig, zu zeigen, wo die Theorien zum Schwurbeln mißbraucht werden und wo nicht. Die Referenz auf Foucault, Lacan, oder Derrida gehört für den werdenden Feuilleton Schreiberling schlicht in die Dissertation rein - basta.

Ich finde den Anti Ödipus und Tausend Plateaus äusserst interessant, aber die Sprache ist schlimm - sowie der Cyberkommunismus, der dem Ganzen übergestülpt wird. Daher finde ich folgende Kritik am Organlosen Körper und der nomadischen Kriegsmaschine sehr gut.

http://www.heise.de/tp/artikel/6/6344/1.html
"Umgekehrt mußte die Psychoanalyse manchen enttäuschten Adepten eines vulgarisierten, auf eine ökonomisch-soziale Theorie reduzierten Marxismus als Bereicherung erscheinen."

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Superkalifragilistisch

"Umgekehrt mußte die Psychoanalyse manchen enttäuschten Adepten eines vulgarisierten, auf eine ökonomisch-soziale Theorie reduzierten Marxismus als Bereicherung erscheinen."

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bayle

Zitat von: Superkalifragilistisch am 05. Mai 2013, 21:50:58
Mhh Mhh aha, der Strukturalismus ist also samt und sonderlich "Kirche des Strukturalismus" aber Du weist mich zurecht, wenn ich die Analytiker als Sektierer bezeichne?  :o
Die ,,Kirche" kam eher von meiner Assoziation ,,die Kirche im Dorf lassen", was Sokal/Bricmont sicher nicht tun.  ;)
Mit dem Strukturalismus hatte ich bisher eher indirekten Kontakt. Und alles, was ich bisher über ihn gelesen habe, hält mich davon ab, mich ernsthaft damit zu beschäftigen. Das Gefühl, dabei etwas zu verpassen, habe ich seit Sokal/Bricmont nicht mehr.

ZitatSokal und Bricmont zitieren Lacan: ,,... So also symbolisiert das erektionsfähige Organ den Platz des Genießens, nicht als es selbst, nicht mal als Bild, sondern als der dem begehrten Bild fehlende Teil: darum auch ist es dem [Wurzel aus -1] des weiter oben produzierten Bedeutung gleichzusetzen, des Genießens, den es durch den Koeffizienten seiner Aussage der Mangelfunktion des Signifikanten wiedererstattet: (-1)."

Und sie kommentieren: ,,Wir gestehen, dass es uns bedrückt, wenn unser erektionsfähiges Organ mit [Wurzel aus -1] gleichgesetzt wird. Dies erinnert uns an Woody Allen, der sich in Der Schläfer gegen die Umprogrammierung seines Gehirns wehrt: ,Sie dürfen mein Gehirn nicht anrühren, das ist mein zweitliebstes Organ!'"
http://blog.psiram.com/2012/08/karl-popper-zum-110-geburtstag/#comment-20230

Homeboy

Dann gebe ich auch mal meinen Senf dazu:

Ich finde Foucault bereichernd. Er schreibt selbst, dass er am Anfang seiner Bücher nicht weiß, was am Ende herauskommt, das ganze ein Prozess, eine Entwicklung, wenn man so will eine Reise ist. Damit lässt er Widersprüche in seinen Büchern zu (immunisiert gegen diese), zugleich aber relativiert er seine Arbeit insofern, als das selber denken bei ihm wohl erwünscht ist.

Seine Textprodukte:
1. Überwachen und Strafen
2. Ordnung der Dinge
3. Gouvernementalität
(mehr habe ich nicht gelesen)
sind wohl historisch betrachtet gelegentlich unhaltbar, seine Analysen und die Blickwinkel die er gelegentlich eröffnet, sind dennoch erkenntnisreich. Ich persönlich fand ja Norbert Elias mit seinem Zivilisationsprozess deutlich aufgebauschter und erkenntnisärmer, insgesamt bedeutend schwächer, als etwa Foucault. Vielleicht ists aber Geschmackssache.

Das eigentliche Problem mit Strukturalisten (überhaupt französischen Autoren), sei es Bourdieu, Foucault usw. habe ich mit deren Schreibe.
Gerade die beiden genannten finde ich an sich gut und für meine Forschung brauchbar, ABER ich bin leider darauf angewiesen sie in der deutschen Übersetzung zu lesen und das macht es anders. Im Französischen gilt deren Schreibe als gut, ins Deutsche übersetzt hat es etwas von den Fiberträumen eines Mystikers auf Stoff.
Bourdieu-Texte sind ganz anders, wenn er einen Aufsatz auf Englisch schrieb, für englischsprachige Leser, dann ist auch die Übersetzung dessen ins Deutsche absolut klar, gegliedert, leicht verständlich, quasi strukturierter Sturkturalismus.

Poststrukturalisten kann ich nicht viel mit anfangen. So finde ich etwa Judith Butler interessant, aber nur insofern, dass sie mich auf interessante Ideen bringt. Machmal glaube ich dann, es wären ihre Ideen, versuche es im Text zu finden und scheitere - ihre Texte missverstehe ich scheinbar, bzw. verstehe ich explizit nicht.

Superkalifragilistisch

Bourdieu schreibt doch sehr klar. Allerdings wiederholt er sich ziemlich oft bzw. verstreut seine Erkenntnisse wie ein Puzzle über alle möglichen Werke/Artikel und man darf sich bei Hyperbourdieu und persee.fr wieder zusammensetzen.
Ich persönlich empfinde Norbert Elias' Schreibweise (sowie seinen Messianismus) als Qual.   ;D
"Umgekehrt mußte die Psychoanalyse manchen enttäuschten Adepten eines vulgarisierten, auf eine ökonomisch-soziale Theorie reduzierten Marxismus als Bereicherung erscheinen."

Jetzt im Trend: »irgendwas mit Gesellschaftskritik«

Homeboy

Goffman schreibt klar. Manchmal auch Max Weber.

Bourdieu versucht es zwar, aber er schreibt halt für ein französisches Publikum mit französischen Lesegewohnheiten. Ich glaube letztlich geht es um genau diese Lesegewohnheiten, die in der Übersetzung unlesbare Texte produzieren - ich denke da z.B. an Egon Fridell "Kulturgeschichte der Neuzeit" in der Englischübersetzung.

Neben den unsäglichen Übersetzungen französischer Texte wäre natürlich die hirn(i)windungsstärk deutscher Nebeltexte zu nennen. Ich verweise auf Mark Twain:
http://www.alvit.de/vf/de/mark-twain-die-schreckliche-deutsche-sprache.php