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Front gegen „braune Wunderheiler“

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Begonnen von Roadrunner, 03. März 2009, 18:11:19

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Roadrunner

http://www.np-coburg.de/nachrichten/lokal/kronach/art2396,920133


Zitat

Ressort Kronach
Erschienen am 03.03.2009 00:00
Front gegen ,,braune Wunderheiler"
,,Germanische Neue Medizin" | Schwarzbau am Kronacher Stadtrand gestoppt – Zentralrat der Juden alarmiert
Von Volker Friedrich

Die Errichtung eines Treffpunktes, in dem antisemitischen Thesen verbreitet werden, befürchtet der Aktionskreis Kronacher Synagoge. Die Inhaber des Grundstücks sanieren dort momentan ein altes Gebäude ohne die erforderliche Baugenehmigung, streiten aber jegliche Pläne in Richtung GNM-Zentrum ab.
Bild: Rainer Glissnik

Kronach – Der Aktionskreis Kronacher Synagoge befürchtet die Errichtung eines antisemitischen Zentrums am Rande der Stadt in der Nähe des Schützenplatzes. Das Landratsamt hat gestern aus baurechtlichen Gründen Arbeiten auf einem Grundstück gestoppt, auf dem Anhänger der sogenannten ,,Germanischen Neuen Medizin" (GNM) ein bestehendes Gebäude von Grund auf sanieren. Die GNM verbreitet vor dem Hintergrund medizinisch nicht haltbarer Methoden zur Krebsbehandlung antisemitische Weltverschwörungstheorien.



Die Ideologie


Auf dem kaum einsehbaren Areal wird seit ein paar Wochen gebaut. Der Eigentümer D. V. hat bis vor zwei Jahren aktiv auf Veranstaltungen für die GNM geworben. Begründer der GNM ist der ehemalige Arzt Ryke Gerd Hamer, der wegen illegalen Praktizierens und Betrugs in Deutschland und Frankreich mehrfach in Haft saß. Seiner Theorie zufolge sind Krebserkrankungen beispielsweise sinnvolle biologische Sonderprogramme und Teil eines natürlichen Heilungsprozesses. Operationen lehnt die GNM weitgehend ab, stattdessen verordnet sie Quarkwickel gegen Knochenkrebs und wertet Blut im Stuhl als hoffnungsvolles Signal eines Heilungsprozesses. So löse sich ein Darmkrebs.

D. V. und seine Ehefrau, eine Ärztin, sind Anhänger derartiger Theorien. Im Dezember 2005 veranstaltete D. V. im Kronacher Schützenhaus einen Vortrag von Helmut Pilhar, dem wohl prominentesten Verbreiter der GNM-Ideologie. Pilhar erregte 1995 europaweites Aufsehen, weil er seiner damals sechsjährigen Tochter eine dringend notwendige Tumoroperation verwehrte. Erst nach dem Entzug des Sorgerechts konnte das Mädchen gerettet werden.

Claus Beyerle, ehemaliger Chefarzt der Kronacher Frankenwaldklinik ist entsetzt über die Methoden der GNM. ,,Diese Theorien sind wissenschaftlich völlig unhaltbar und gefährden Menschenleben", sagt er. Gemeinsam mit einer handvoll besorgter Nachbarn steht er am Rande des dicht bewachsenen Grundstücks. Obwohl der Stadtrat der Familie V. trotz mehrfacher Eingaben kein Baurecht erteilt hat, fahren immer wieder Lastwagen auf das Grundstück. Es ist ganz offensichtlich: Dem Ehepaar ist die Entscheidung der Genehmigungsbehörde völlig egal.



,,Rattenfänger"


,,Wir befürchten, dass sie hier ein GNM-Zentrum errichten wollen", sagt Ingrid Steinhäußer. Die Kreisrätin der Frauenliste hat dabei einerseits die latente Gefahr für schwerkranke Menschen im Auge, die in einer existenziellen Notlage nach jedem Strohhalm greifen und deshalb Gefahr laufen, der pseudomedizinischen Vereinigung auf den Leim zu gehen. ,,Wer hilft ihnen gegen solche Rattenfänger?" Darüber hinaus will der Aktionskreis Kronacher Synagoge, in dem sie Mitglied ist, vor allem vor den ,,antisemitischen Wurzeln" der GNM warnen.

Und die reichen bis tief in die braune Ecke. ,,Gran terrorismo medicinale" ist ein Papier überschrieben, in dem sich 1724 Personen ,,im Interesse des deutschen Volkes" an die bayerische Krebsgesellschaft wenden, ihre negative Einschätzung gegenüber der GNM zu revidieren. Initiator der Petition: Martin Gabling, NPD-Chef in Niederbayern und Veranstalter regelmäßiger GNM-Stammtische. Unterzeichner der Petition ist auch das Ehepaar V.

Trotz mehrfacher telefonischer Nachfrage der Neuen Presse wollen sich beide nicht grundsätzlich von GNM distanzieren. Das Thema sei zu vielschichtig. ,,Inzwischen ist das eine regelrechte Hetzjagd der Nachbarn", erklärt D.V., der schriftlich versichert, ,,dass ich auf unserem Grundstück sicherlich kein Zentrum der Germanischen Neuen Medizin errichten werde. Weiterhin ist in Kronach mit meiner Beteiligung kein Stammtisch (der GNM, die Red.) geplant. Zu guter Letzt bin ich kein Mitglied einer antisemitischen Scharlatansekte."

Ungeachtet dessen verschickte D. V. im Dezember vergangenen Jahres an Bekannte eine Niederschrift über eine merkwürdige Konferenz von GNM-Jüngern. Allen Ernstes wird darin behauptet, dass letztendlich 20 Millionen nichtjüdische Patienten sterben mussten, weil die Segnungen der Germanischen Medizin von Rabbinern dem Rest der Menschheit vorenthalten werde. ,,Ein gezielt geplanter weltweiter Genozid", heißt es in dem Papier.

Der Kronacher Landrat Oswald Marr hat gestern die Bauarbeiten der GNM-Sympathisanten am Rande der Stadt fürs erste gestoppt. ,,Wir werden das sehr eng prüfen. So wie es momentan ausschaut, verstoßen die Arbeiten gegen geltendes Recht", sagt Marr.



,,Stimme erheben"


Auf das Thema Antisemitismus in Zusammenhang mit der GNM will sich Marr nicht festlegen, allerdings betont er: ,,Wenn sich da tatsächlich etwas tut in Richtung Rechtsradikalismus, wird Kronach seine Stimme erheben. Wir haben hier eine sehr, sehr starke Bewegung gegen alles, was aus dieser Ecke kommt."

Die Aktivitäten der GNM haben sich bereits bis zum Zentralrat der Juden in Deutschland herumgesprochen. Nach Informationen der NP soll sich Charlotte Knobloch, die Präsidentin, bereits persönlich in den Kronacher Kampf ,,gegen die braunen Wunderheiler" eingeschaltet haben.


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