Neuigkeiten:

Wiki * German blog * Problems? Please contact info at psiram dot com

Main Menu

Euro-Krise

Postings reflect the private opinion of posters and are not official positions of Psiram - Foreneinträge sind private Meinungen der Forenmitglieder und entsprechen nicht unbedingt der Auffassung von Psiram

Begonnen von NuEM, 02. Januar 2012, 14:31:33

« vorheriges - nächstes »

zwingenberger

Zitat
Es führt also an einer Art europaweitem Länderfinanzausgleich kein Weg vorbei, wenn wir an der Idee eines vereinten Europas festhalten wollen, oder sehe ich das falsch?

Das siehst Du vermutlich völlig richtig. So einen Finanzausgleich gibt es ja auch unter unseren eigenen Bundesländern, und gelegentlich wird da heftig gestänkert, vornehmlich aus Bayern - obwohl die früher die größten Profiteure davon waren und sich den eigenen Aufstieg aus agrarisch geprägten Verhältnissen hauptsächlich durch NRW bezahlen ließen, als dort noch die Schornsteine rauchten. Das meinte ich mit der Abwesenheit eines free lunch: es wird in Staatenbünden und in Bundesstaaten immer welche geben, die zahlen, und solche, die einsacken. Anders wäre es nur, wenn wir uns ein vereintes Europa ohne gemeinsame Währung vorstellen wollen. Aber dann sollte man auch berücksichtigen, dass einzelne kleine Volkswirtschaften viel leichter ein Opfer von Spekulationswetten sind als der große Tanker Euro. Wer erfolgreich gegen eine Niederländische Krone oder einen Alpendollar wetten kann, könnte gegen einen Euro auch ganz empfindlich auf die Nase bekommen.

Ach ja: 
Zitatziemlich sicher ohne S, I, P, IRL...

Kleiner Fehler: es sollte heißen "ziemlich sicher ohne E, I, P, IRL..."

Averell

Zitat von: PaulPanter am 04. Januar 2012, 11:46:04
Politiker sind nicht blöd.
Das ist mir zu pauschal. ;)

Zitat von: PaulPanter am 04. Januar 2012, 11:46:04
Die Deutschen zB. wussten ganz genau, dass Griechenland nicht in der Lage ist eine Währung wie den Euro tragen zu können.
Viele vermutlich! Aber die wußten auch, daß das in ihrer Amtszeit sicher nicht mehr knallt... und sonnen sich heute im Schatten eines grOßen Europäers...

Zitat von: PaulPanter am 04. Januar 2012, 11:46:04
Jeder wusste, dass die Griechen ihre Bilanzen gefälscht haben, trotzdem haben die den Euro bekommen.
Jetzt sind se Pleite und was wird gemacht? Das Land wird weiter ausgesaugt und die Deutschen an vorderster Front. Kein Wunder, dass die Griechen den deutschen das Hakenkreuz gezeigt haben.
Nun mal bitte die Kirche im Dorf lassen und den schwarz-weiß Maler weglegen. Die Griechen haben auch ganz gut abgezockt. Das wird von vielen hier lebenden Griechen ganz kritisch gesehen.

In Wirklichkeit waren es die Bilderberger! :o ::) :-X

zwingenberger

@ PaulPanther und Averell:

Griechenland ist nicht zu retten, und das ist kein deutsches Vorurteil; jeder, der da mal reinguckt, sieht das auf den ersten Blick. Ich kenne kein anderes Land, das eine staatliche Eisenbahngesellschaft unterhält, die bei 100 Mio € operativem Umsatz 700 Mio € kostet, jedes Jahr, und irrwitzige Pensionslasten noch gar nicht mitgerechnet. Griechenland hat viel mehr öffentlich bezahlte Lehrer pro Schüler als Finnland, das uns ja immer als leuchtendes Beispiel vorgehalten wird; und die schickt es mit 55 (Frauen schon mit 50) in Pension. Über die PISA-Daten, die dabei herausschauen, reden wir lieber erst gar nicht. Der vorzeitige und hoch bezahlte Ruhestand kommt für "anstrengende Berufe" generell mit 50 bzw. 55 Jahren. Die Liste anstrengender Berufe verzeichnet unter anderem Friseure, Nachrichtensprecher und Musiker. Die kumulierten Einkommensteuerschulden betragen dort fast 50 Mrd € - bei insgesamt nur 10 Mio Einwohnern, vom Säugling bis zum Greis, und kein Gedanke, das jemals beizutreiben in einem Land, in dem vor Wahltagen die Steuerfahnder beurlaubt werden. Griechenlands fiskalische Strukturen befinden sich auf Drittweltniveau, das gleiche Korruptionsrating hat es längst (Italien übrigens auch, soviel Gerechtigkeit muss sein).

Pardon, das kann man nicht mehr anders ausdrücken: dieses Volk hängt am Tropf lähmender Staatsknete wie ein Junkie an der Spritze. Und irgendwann ist Ende Gelände, was uns Außenstehenden dann eine satte Rezession bescheren wird und aus den Griechen - jedenfalls vorübergehend - wieder ein Volk von Ziegenhirten macht. Kein Gedanke, dass dieses Land eine Zukunft in der Eurozone haben könnte.


zwingenberger

Ja, genau, das ist unter dem Strich der Zaster, um den der griechische Fiskus besch..... worden ist.

Belbo zwei

...ich war letztes Jahr nach langem mal wieder in Griechenland im Urlaub und war über den Zustand des Landes entsetzt. Sowohl die Infrastruktur als auch die allgemeine Qualität der Dienstleistungen unter aller Kanone. Wohl auch ein Beispiel wie sich durch Egoismus, Vetternwirtschaft und Korruption eine emotionale Trennung von Staat und Bürger erreichen lässt.

Averell

Ich betrachte meinen Stammgriechen als guten Freund. Der leidet darunter was da mit seinem Land abgeht, würde aber zum derzeitigen Zeitpunkt auch keine weitere Kohle mehr nachschießen, bzw. privat dort investieren.

Ich hoffe die Ouzo-Brennereien überstehen diese Krise.

Belbo zwei


Averell


Ridcully

Mir geht dieses ganze Gerede von der Euro-Krise auf den Keks. Dem Euro geht es doch ganz gut, warum auch nicht. Steht immerhin der größte Wirtschaftsraum der Welt dahinter und die Finanzpolitik im zweitgrößten ist nun wirklich nicht vertrauenserweckender. Das ist keine Währungskrise.

Krisen gibt es dafür in mehreren anderen Bereichen: lautes Platzen von Spekulationsblasen, vor allem auf dem Immobiliensektor. Dadurch ausgelöst Bankenpleiten bzw. durch massive Staatsinterventionen gerade noch abgewendete Pleiten. Allgemeine Flucht in "sichere" Anlagen (u.a. bescheuerterweise schon wieder Immobilien), was u.a. den Schweizer Franken unsinnig steigen lässt und die Staatsschulden von weniger soliden Staaten unbezahlbar macht. Für die Griechen sind die Zinsen mal eben von 5 auf 15% gestiegen, für die Deutschen dafür von 4,5 auf 0% gesunken. Entsprechend verdient der deutsche Staat an der Krise.

Ursache ist meines Erachtens vor allem, das viele in den letzten Jahrzehnten zu gut verdient haben und davon nichts abgeben wollen. Jedem Haben steht aber irgendwo ein Soll gegenüber, und wenn der Schuldner das nicht mehr begleichen kann ist auch das Haben wertlos. Wenn die Deutschen sich über Jahrzehnte über ihre tollen Handelsbilanzüberschüsse freuen, ist das ein Ungleichgewicht dass irgendwann ausgeglichen werden muss. Entweder in dem die Deutschen ihr Guthaben mal in Waren eintauschen oder aber in dem ihre Schuldner pleite gehen. Gleiches gilt auf individueller Ebene: wer in den letzten 20 Jahren von sinkenden Steuern und stagnierenden Löhnen bei explodierenden Gewinnen profitiert hat, der weiss jetzt schlicht nicht mehr wohin mit dem Geld, weil die Empfänger stagnierender Löhne nicht genug konsumieren können. Und steckt das Geld es in die nächste Spekulationsblase, wo es verbrennt. Oder in Staatsanleihen zu 0% Zinsen oder überteuertes Geld oder sonst eine Geldvernichtungsmaschine.

Lösung: höhere Löhne wo die Wirtschaft brummt (grosse Teile von Deutschland), Eurobonds für gleichmässige Zinsen, mehr Finanzhilfen für die ärmeren Teile Europas, Koordination der Steuerpolitik um den Wettlauf um die niedrigsten Steuersätze zu stoppen. Und Länder wie Griechenland und Italien müssen Steuerhinterziehung effizienter bekämpfen, aber das ist nicht der Kern des Problems auf europäischer Ebene. Dass die Wohlhabenden keine Steuern zahlen wenn sie nicht wollen, wird sonst doch eher als Wettbewerbsvorteil gepriesen.

zwingenberger

Nur mal so am Rande, ein Vorgeschmack auf das, was Griechenland noch bevorsteht, so oder so:

http://www.rp-online.de/politik/eu/griechenland-versinkt-im-elend-1.2701689

Das mit dem Ziegenhüten könnte bald gruselige Realität werden.

@ Ridicully:
Zitat
Jedem Haben steht aber irgendwo ein Soll gegenüber, und wenn der Schuldner das nicht mehr begleichen kann ist auch das Haben wertlos. Wenn die Deutschen sich über Jahrzehnte über ihre tollen Handelsbilanzüberschüsse freuen, ist das ein Ungleichgewicht dass irgendwann ausgeglichen werden muss. Entweder in dem die Deutschen ihr Guthaben mal in Waren eintauschen oder aber in dem ihre Schuldner pleite gehen.
Genau. Nur möchte das hier niemand hören, im Land der Exportweltmeister.

Schon lange bevor es den Euro gab, wurden Strukturhilfen für schwache EU-Länder geleistet. Finanziert wurden diese Töpfe maßgeblich von Deutschland. Gleichzeitig aber hat Deutschland durch die Exportorientierung genau gegenläufig gewirtschaftet. Gerade so, wie eine Klimaanlage, die gleichzeitig kühlt und heizt. Ja, und jetzt, kann man sagen, liegt die Stromrechnung auf dem Tisch, und das Jammern ist groß.

Dr. Ici Wenn

ZitatEinstweilen hat sich die deutsche Darstellung der Dinge durchgesetzt. Nach Auffassung der Kanzlerin Angela Merkel wurde die Krise dadurch verursacht, dass die Peripherieländer über ihre Verhältnisse gelebt haben. Sie drängte daher auf strengere Haushaltsvorschriften als Gegenleistung für eine weitere Finanzierung der verschiedenen Rettungsschirme. Vereinfacht gesagt: die Deutschen sind nur dann bereit, für andere Länder zu zahlen, wenn diese bereit sind, ihrerseits deutscher zu werden.

Es gibt nur ein Problem mit Merkels Logik. Sie beruht auf einer falschen Voraussetzung. Die hohe Staatsverschuldung in den Krisenländern ist ein Symptom für eine weit schwerere strukturelle Krise, aber sie ist nicht das zentrale Problem.

Die wirklich schwierigen Themen sind die unterschiedliche Wettbewerbsfähigkeit und die Zahlungsbilanzungleichgewichte. Bei nüchterner Betrachtung der europäischen Krise fällt Merkels moralisches Lehrstück von den rechtschaffenen Deutschen gegenüber dem gewissenlosen Rest in sich zusammen.

http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/deutsche_selbstgerechtigkeit_verhindert_euro_loesung/

zwingenberger

Manchmal liegen sogar Philosophen gar nicht so falsch. Und manchmal plaudern sie sogar aus, was eigentlich - noch - niemand wissen sollte: http://www.sueddeutsche.de/politik/philosoph-ueber-euro-rettung-nur-phantasten-glauben-noch-an-das-heutige-europa-1.1433201?google_editors_picks=true

Richard David Precht hat in der SZ in einem Nebensatz etwas erwähnt, was auch unter Ökonomen so ganz langsam dämmert:

Zitat...die Idee, Staatshaushalte von der Geißel des Spekulationsgeschäfts zu befreien, passt nicht in den Geist des alten Europas. Da muss nun der Begriff "Inflation" als Angstmacher herhalten, obwohl nahezu alle EU-Staaten, einschließlich Deutschlands, sich insgeheim eine sanfte Inflation dringlich wünschen, um ihre enorme Verschuldung abzuschmelzen

Den Zusammenhang muss man sich klarmachen, wenn man's verstehen will: Inflation begünstigt Schuldner, weil deren Schulden abgewertet werden. Bei den Gläubigern verlieren stattdessen die Forderungen an Wert. Und wer ist der größte Schuldner weit und breit? Genau.

Die Kombination aus Geldwertstabilität und niedrigen Staatsschulden gibt es nur unter ganz besonders günstigen Bedingungen, etwa zu Wirtschaftswunderzeiten. Spätestens in Krisenzeiten muss man eine Priorität setzen. Das bedeutendste Beispiel in der jüngeren Geschichte für eine erfolgreiche Entschuldung eines Staatshaushalts durch gut dosierte Inflation sind vermutlich die USA, die ihre enormen Kriegsschulden nach 1945 auf diese Weise in den Griff bekamen. Ich vermute, da wird auch bei uns die Reise hingehen, mit oder ohne Euro.

0Do3n3rium0

@ zwingenberger

Das ist doch der geheime Plan U der Kanzlerin:

http://www.spiegel.de/wirtschaft/wolfgang-muenchau-nur-der-weltuntergang-kann-den-euro-noch-retten-a-846560.html

Wenns mit den anderen Plänen nicht klappt, dann wird im November der Weltuntergang ausgerufen.

:grins2:
Hilf mit, [url="//psiram.com"]psiram.com[/url] zu verbessern:

[url="http://forum.psiram.com/index.php?topic=9323.0"]http://forum.psiram.com/index.php?topic=9323.0[/url]
[url="http://psiram.com/ge/index.php/Benutzer_Diskussion:0Do3n3rium0"]http://psiram.com/ge/index.php/Benutzer_Diskussion:0Do3n3rium0[/url]

Danke!

Helfen&Mitmachen: [url="http://psiram.com/ge/index.php?title=Mitmachen"]http://psiram.com/ge/index.php?title=Mitmachen[/url]

Conina

Ich glaube, Spiegel braucht man zur Eurokrise nicht zu lesen.

Und an der Münchaukolumne waren nur viele Kommentare gut, die den zerpflückten.

Der Test, den ich heute verlinkte ist echt gut. Da kriegt man  mit, wie schlecht man informiert ist (jedenfalls gings mir so) :


http://www.ftd.de/politik/europa/:wissenstest-zum-euro-e-wie-kompliziert/70061841.html

1. Frage:

ZitatSchon die Frage nach dem richtigen Artikel fällt nicht jedem leicht. Es heißt ...
das EFSF
der EFSF
die EFSF
Man kann das Pferd zum Wasser führen, aber nicht machen, dass es trinkt.