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Ein Neuer für die Wiki: Hyperthermie Filderstadt -> Michael Hülser

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Begonnen von Lync, 11. Juni 2013, 14:16:27

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Lync

Hyperthermiebehandlung im Schatten der Filder-Klinik

Heute einen Flyer in Stuttgart in einem Eso-Laden :o
entdeckt. Auf dem Flyer steht in großen Lettern:

"Neue Wege - neue Hoffnung für Menschen mit Krebs"
Wärmebehandlung in der komplementären Krebstherapie

Die Seite im Netz dazu: http://www.hyperthermie-filderstadt.com/?page=1455

Auszug aus dem Flyer: Folgende Studien belegen die Wirksamkeit ergänzender Hyperthermiebehandlungen bei Gebärmutterhalskrebs, Sarkome und Brustkrebsformen: Prof. Dr. van de Zee (Holland), Prof. Dr. Issel (Klinikum München-Großhadern), Prof. Dr. Ellen Jones (USA).

Der Flyer ist unsäglich schlimmer als die Homepage.

Kann ich hier eigentlich auch Fotos (vom Flyer) posten?

Landratte

Zitat von: Lync am 11. Juni 2013, 14:16:27
Hyperthermiebehandlung im Schatten der Filder-Klinik

Heute einen Flyer in Stuttgart in einem Eso-Laden :o
entdeckt. Auf dem Flyer steht in großen Lettern:

"Neue Wege - neue Hoffnung für Menschen mit Krebs"
Wärmebehandlung in der komplementären Krebstherapie

Die Seite im Netz dazu: http://www.hyperthermie-filderstadt.com/?page=1455

Auszug aus dem Flyer: Folgende Studien belegen die Wirksamkeit ergänzender Hyperthermiebehandlungen bei Gebärmutterhalskrebs, Sarkome und Brustkrebsformen: Prof. Dr. van de Zee (Holland), Prof. Dr. Issel (Klinikum München-Großhadern), Prof. Dr. Ellen Jones (USA).

Der Flyer ist unsäglich schlimmer als die Homepage.

Kann ich hier eigentlich auch Fotos (vom Flyer) posten?

Zumindest auf der Internetseite wird es als ergänzende Behandlungsmethode beworben, und in der Uniklinik in München offenbar auch fleissig beforscht: http://www.klinikum.uni-muenchen.de/Medizinische-Klinik-und-Poliklinik-III/de/klinik/hyperthermie-start/index.html

Medizinisch bin ich nur begrenzt gut bewandert (interessierter Laie), aber so auf Anhieb kann ich bis auf die Tatsache, dass für mich soetwas in ein Krankenhaus und nicht in eine ambulante Praxis gehört, nichts Schlimmes feststellen. Ist halt die Frage wie wirksam das Ganze am Ende tatsächlich ist, aber zumindest in der Klinik wird es ausschließlich ergänzend zur schulmedizinischen Behandlung gemacht.

general winter

Zitat von: Lync am 11. Juni 2013, 14:16:27
...Kann ich hier eigentlich auch Fotos (vom Flyer) posten?
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Im Zweifel für die Freiheit.

The Doctrix

Zitat von: Landratte am 11. Juni 2013, 14:45:03
Medizinisch bin ich nur begrenzt gut bewandert (interessierter Laie), aber so auf Anhieb kann ich bis auf die Tatsache, dass für mich soetwas in ein Krankenhaus und nicht in eine ambulante Praxis gehört, nichts Schlimmes feststellen. Ist halt die Frage wie wirksam das Ganze am Ende tatsächlich ist, aber zumindest in der Klinik wird es ausschließlich ergänzend zur schulmedizinischen Behandlung gemacht.

Es gibt keine saubere Evidenz für die gewünschte Wirksamkeit, bei einigen Krebsformen kann Hyperthermie sogar einen aggressiveren Verlauf triggern.
Immer, wenn Du glaubst, dümmer gehts nicht mehr, kommt von irgendwo ein Eso her!



bayle

Was finden wir denn im Deutschen Ärzteblatt dazu?

ZitatStandards für Hyperthermie in der Krebstherapie erstellt
http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/51853/Standards-fuer-Hyperthermie-in-der-Krebstherapie-erstellt?s=hyperthermie
Verschämt heißt es allerdings im letzten Satz der Meldung:
ZitatAllerdings weist die Fachgesellschaft darauf hin, dass der genaue Stellenwert der Therapie noch nicht feststehe.

Schon ein bisschen älter, aber wohl noch aktuell:
ZitatBekanntmachungen: Beschluss über eine Änderung der Anlage B ,,Nicht anerkannte Untersuchungs- und Behandlungsmethoden" der Richtlinie zur Bewertung medizinischer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden – (BUB-Richtlinie) vom 18. Januar 2005

Der Gemeinsame Bundesausschuss hat in seiner Sitzung am 18. Januar 2005 beschlossen, die Anlage B der Richtlinie zur Bewertung medizinischer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (BUB-Richtlinie) in der Fassung vom 1. Dezember 2003 (BAnz. 2004 S. 5678) zuletzt geändert am 21. September 2004 (BAnz 2005 S. 5) wie folgt zu ändern:
I. In der Anlage B ,,Nicht anerkannte Untersuchungs- und Behandlungsmethoden" wird folgende Nummer angefügt:
,,42. Hyperthermie (u. a. Ganzkörperhyperthermie, Regionale Tiefenhyperthermie, Oberflächenhyperthermie, Hyperthermie in Kombination mit Radiatio und/oder Chemotherapie)".
http://www.aerzteblatt.de/archiv/47646/Bekanntmachungen-Beschluss-ueber-eine-Aenderung-der-Anlage-B-Nicht-anerkannte-Untersuchungs-und-Behandlungsmethoden-der-Richtlinie-zur-Bewertung-medizinischer-Untersuchungs-und-Behandlungsmethoden-(BU?s=hyperthermie
Die Hyperthermie scheint aus der Krebs-Mehrschritt-Therapie des Manfred von Ardenne zu stammen. Je mehr man gräbt, umso interessanter wird es:
ZitatHerr Dr. rer. nat. G. Barkleit versucht, ähnlich wie von Ardenne zu Lebzeiten, Gründe für das Scheitern der KrebsMehrschritt-Therapie u. a. in der mangelnden ärztlichen Kooperationsbereitschaft zu sehen. In Wirklichkeit lagen die Dinge damals anders. Von Ardenne zog von Anfang an weitgehende Schlüsse aus simplen Experimenten an Ehrlich-Aszites-Karzinomzellen in vitro. Er weigerte sich strikt, von der experimentellen Krebsforschung geforderte Tierversuche mit standardisierten syngenen Transplantationstumoren vorzunehmen. Bewährte Messgrößen eines potenziellen Therapieeffektes wie Überlebenszeit, Tumorgröße und Zahl der Metastasen waren für ihn irrelevant angesichts eleganter In-vitro-Messkurven von Temperatur, Azidose und Sauerstoffpartialdruck. Auf der Grundlage dieser einfachen In-vitro-Experimente suchte er die Lösung auf technologischem Gebiet und erhielt dank seines Einflusses leider die Erlaubnis zur Hyperthermie an inkurablen Krebspatienten. Ich habe als junger Assistent einige Obduktionen solcher Patienten durchgeführt bzw. mit ausgewertet. Wir haben uns mit histologischen Beschreibungen sehr bald zurückgehalten, nachdem wir erkennen mussten, dass von Ardenne jede im histologischen Befund erwähnte spontane Tumornekrose seiner Therapie zuschrieb und diese Interpretation ohne Rücksprache mit den Protokollanten für publikatorische Zwecke benutzte. Dieses in vielen Varianten wiederkehrende Verhalten, Ignoranz allgemeinen biologisch-medizinischen Basiswissens und Ergebnisinterpretation ohne Konsultation der originären Befunderheber, zwang die meisten der anfangs kooperationswilligen Ärzte und Krebsforscher um ihrer Glaubwürdigkeit willen zur Aufgabe der begonnenen Zusammenarbeit mit von Ardenne. Hinzu kamen regelrechte Bombardements mit Publikationen im ,,Deutschen Gesundheitswesen" und in der Tagespresse, die jedes Mal den absoluten Durchbruch und Therapieerfolg verkündeten. Ans Peinliche grenzten von Ardennes Auftritte bei medizinischen Kongressen. Es bedarf keines Nachdenkens über eine unterstellte naturwissenschaftliche Naivität der damaligen Medizin oder einer Trägheit gegenüber einem angeblich verordneten Paradigmawechsel, um das a priori programmierte Scheitern des von Ardenneschen Konzeptes zu begreifen. . .
Prof. Dr. med. Martin Müller, Weißiger Weg 2, 01324 Dresden
http://www.aerzteblatt.de/archiv/46037/Krebsforschung-Die-wirklichen-Gruende-des-Scheiterns?s=hyperthermie

und:

Zitat... Ob man eine solche monomane Verfolgung eines längst als falsch erkannten Therapieprinzips als innovativ bezeichnet oder sie dem von Bleuler beschriebenem Bereich des autistisch-undisziplinierten Denkens in der Medizin zuordnet, ist eine Frage des Standpunkts. Seriöse Forschungsprogramme zur regionalen, ggf. auch allgemeinen Hyperthermie zur Wirkungsverstärkung von Zytostatika und anderen in der Krebsbehandlung eingesetzten Medikamenten sind auch in Zukunft vertretbar, auch, wenn der bewiesene Nutzen für Patienten trotz vieler gut finanzierter Projekte nach wie vor äußerst begrenzt ist.
http://www.aerzteblatt.de/archiv/46038/Krebsforschung-Eine-merkwuerdige-Verschwoerungstheorie?s=hyperthermie

Landratte

Zitat von: The Doctor am 11. Juni 2013, 17:45:35
Zitat von: Landratte am 11. Juni 2013, 14:45:03
Medizinisch bin ich nur begrenzt gut bewandert (interessierter Laie), aber so auf Anhieb kann ich bis auf die Tatsache, dass für mich soetwas in ein Krankenhaus und nicht in eine ambulante Praxis gehört, nichts Schlimmes feststellen. Ist halt die Frage wie wirksam das Ganze am Ende tatsächlich ist, aber zumindest in der Klinik wird es ausschließlich ergänzend zur schulmedizinischen Behandlung gemacht.

Es gibt keine saubere Evidenz für die gewünschte Wirksamkeit, bei einigen Krebsformen kann Hyperthermie sogar einen aggressiveren Verlauf triggern.
Ok, dann ist das was Anderes. Für mich machte das auf der Seite der Uniklinik einen seriösen Eindruck, aber das soll es ja wohl auch.

Und Edit sagt noch: Danke bayle, für die erhellenden Zitate.

bayle

Und für den nicht mit der Pathologie Vertrauten sollte man noch ergänzen:
Zitat... dass von Ardenne jede im histologischen Befund erwähnte spontane Tumornekrose seiner Therapie zuschrieb und diese Interpretation ohne Rücksprache mit den Protokollanten für publikatorische Zwecke benutzte.
Das Auftreten zentraler spontaner Nekrosen (=abgestorbenes Gewebe) ist ein allgemeines Kennzeichen von schnell wachsenden Tumoren, bei denen das Wachstum der Blutversorgung (die Neoangiogenese) nicht mit dem Sauerstoffbedarf des Tumors schritthält. Es ist absurd, diese Nekrosen als Therapie-Erfolg zu bewerten.