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Deutsch => Allgemeine Diskussionen => Thema gestartet von: bayle am 21. September 2012, 16:18:14

Titel: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: bayle am 21. September 2012, 16:18:14
Es läuft gerade ein anderer Faden mit dem Titel ,,Wie ähnlich sich Ärzte und (alternative) Heiler doch sind". Ich möchte die Frage mal umformulieren: ,,Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig", und meine vorläufigen Gedanken zur Diskussion stellen.

Thomas Grüter vertritt in seinem Buch "Magisches Denken" (Fischer, Frankfurt/M. 2010) die These, die Anfälligkeit von Ärzten für die Paramedizin hänge mit der Geschwindigkeit des medizinischen Fortschritts zusammen, dem der niedergelassene Arzt nicht folgen könne, so dass er gezwungen sei, die Lücken mit magischem Denken zu füllen.

Ich glaube aber nicht, dass dieser Aspekt die wesentliche Rolle spielt. Meine Einwände sind:

1. Für die Versorgung der Patienten in Wald und Wiese ist die meiste medizinische Forschung nicht hochgradig relevant; überdies sind 90% der medizinischen Literatur redundant. Vor Ort müssen Entscheidungen anhand der Klinik gefällt werden, und die Klinik ändert sich nicht. Die Interessen von Arzt und Patient sind nie deckungsgleich; im günstigen Fall besteht eine gewisse Überschneidung. Gemeinsam ist beiden aber die prinzipielle Unerträglichkeit des Umstandes, dass die Medizin nicht auf alle Fragen eine Antwort hat, selbst nicht auf scheinbar so triviale wie den Rückenschmerz. Die Berichterstattung in den Medien vermittelt ein falsches Bild von den Möglichkeiten der Medizin. Das soll keine Kulturkritik sein, denn das war schon immer so. Ein kurzer Blick in die Vergangenheit zeigt, dass das magische Denken noch viel verbreiteter war, als der medizinische Fortschritt langsamer war. Letztlich ist es nicht der zu schnelle, sondern der zu schleppende Fortschritt der Wissenschaft, der der Paramedizin Raum und Rechtfertigung gibt. Sie ist der "Gott der Lücke".

2) Ich hatte Gelegenheit, die berufliche Entwicklung einiger Kollegen aus der Ferne zu verfolgen. Es war - wenn auch im Nachhinein - bei einigen nicht überraschend, sie in diese Richtung abdriften zu sehen; die Persönlichkeit des "Betroffenen" (betroffen sind wohl eher die Patienten) scheint mir eine Rolle zu spielen. Ich bin nicht sicher, ob es Fragebögen gibt, die diesen Umstand differenziert erfassen. Meine Arbeitshypothese sieht etwa folgendermaßen aus. Die Summe der Skalenwerte für: 1) Naivität, 2) Ignoranz, 3) Zynismus und 4) Geldgier muss einen bestimmten Cut-off überschreiten; wie hoch der jeweilige Anteil der einzelnen Faktoren ist, scheint mir sekundär. In freier Wildbahn lassen sich alle Mischungsverhältnisse antreffen. Diese Maßzahl muss multipliziert werden mit dem Verhältnis des irrationalen zum rationalen Skeptizismus (Skrabanek). Über Interdependenzen dieser Faktoren bin ich mir noch nicht sicher, aber man beachte, dass der Faktor "Intelligenz" in der Rechnung nicht vorkommt. Ich bin mir vollkommen im Klaren darüber, dass die Hypothese in dieser Form noch nicht öffentlich kommunizierbar ist, sofern man nicht auf ständigen Polizeischutz wert legt.
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: Dr. Ici Wenn am 21. September 2012, 17:25:26
Ich schätze den Grüter sehr, aber da gebe ich Dir recht. Die Erklärung kommt vom falschen Ende her. Ein Punkt ist, dass wir zwar zwangsläufig eine Rationalität im praktischen Handeln ausbilden müssen (Erst die Hose, dann die Schuhe, und abends umgekehrt), die Rationalität im abstrakten Handeln (ich gebe ihnen jetzt mal dieses Medikament) aber hart erarbeitet werden muss.

Zwangsläufig trifft man in der Praxis (speziell als Arzt, aber auch als sonstiger Handwerker) öfters mal auf Lücken. Und da sehe ich das auch als eher persönliche Veranlagung (inzwischen). Man kann das mit Blackboxes "füllen" (Ambiguitätstoleranz = einfach leer lassen) oder man muss da zwingend etwas Bildhaftes einfügen, manche Menschen müssen das einfach, sonst verzweifeln sie. Ist keine Wertung, nur meine Beobachtung.

Magisches Denken ist keine Neuzeiterscheinung, sondern schon immer Grundlage unseres Hirns, damit werden wir geboren. Unser Problem ist, dass wir uns so komplexe Systeme geschaffen haben, dass wir dort nicht mehr ohne Rationalität weiterkommen.

Rationalität ist in dem Fall als Einsicht in dieses Problem und die eigene Fehlbarkeit zu verstehen, dass das Offensichtliche eben nicht immer das Richtige ist.

Deine Arbeitshypothese finde ich witzig. Und würde ihr erstmal eher zustimmen.
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: Binky am 21. September 2012, 17:44:27
Ich denke auch auch, daß es der Gegensatz zwischen Berufsalltag und wissenschaftlichem Anspruch der Medizin ist, die einige in eine solche Richung treibt.

Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: bayle am 21. September 2012, 18:10:07
Und ich fürchte, dass es Fachrichtungen gibt, die von vornherein anfälliger sind, z. B.
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: P.Stibbons am 21. September 2012, 18:20:07
Seltsamer Weise gibt es gerade unter Anästhesisten, die vergleichsweise viel messen bzw Studien machen, eine starke Neigung zur Pseudomedizin.

Vor allem, wenn sie sich niederlassen.

Die gute Dame aus Berlin mit Praneohom (Körbler-Kriegsbemalung) ist da keine Ausnahmeerscheinung:

http://www.sanfte-medizin-berlin.de/index.php?mode=UeberMich

http://www.sanfte-medizin-berlin.de/index.php?mode=Praxis&submenu=WeitereInformationen
Zitat
Faszinierende Strichcodes und ihre heilsame Wirkung

Die PraNeoHom ist eine Informationsmedizin, die auf den Forschungen und Entwicklungen des Wiener Elektrotechnikers und Lebens-Energie-Forschers Erich Körbler aufbaut. Sie verbindet die Traditionelle Chinesische Medizin mit den neuesten Erkenntnissen der Bio-Physik und der Radiästhesie. Die inzwischen aus ihr hervorgegangenen Schulen erreichen erstaunliche Heilerfolge.
Das von Erich Körbler® entwickelte Heilungssystem mittels geometrischer Zeichen und Wasserinformierung ist ebenso faszinierend, wie einfach, wie wirkungsvoll.

Schwingungen entscheiden über den Zustand der Materie und damit auch über den Zustand unseres Körpers.

Es ist der Verdienst Erich Körblers, einem Pionier auf dem Gebiet der Lebensenergieforschung, das Zusammenspiel von Körper, Geist und Seele zu begreifen. Die von ihm entwickelten geometrischen Formen können, wenn sie an definierten und energetisch veränderten Punkten (z. B Akupunkturpunkten) angebracht werden, die einströmenden Energien wie Schaltelemente heil bringend verändern.

Alles schwingt, sendet Informationen aus und steht miteinander in Verbindung.
Nach Erich Körblers Lehre können Krankheiten mittels Informationsübertragung wieder in die gesunde Schwingung zurückgebracht werden. Der Körper wird energetisch balanciert und die Selbstheilungskräfte dadurch aktiviert.

Mit diesen Erkenntnissen hat er jahrtausende altes Wissen wieder-entdeckt.

Wieviele Bullshit-Bingo-Treffer haben wir hier versammelt?
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: bayle am 21. September 2012, 18:23:48
Wahrscheinlich hängt das eher mit der Schmerztherapie als mit der Anästhesie zusammen. Da ist der Placebo-Effekt ja bekanntermaßen am größten, und schnelle, wenn auch nicht dauerhafte, Erfolge sind dem Guru da leicht möglich. "HeilOase - Praxis für sanfte Medizin" - "wie ein Krokodil auf der Regenwiese / Übel wird mir, denk' ich dran" (Renft)
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: P.Stibbons am 21. September 2012, 18:29:28
O nein: es gibt ausgezeichnete, völlig seriös arbeitende Schmerztherapeuten gerade unter den Anästesisten.

Und die Deutsche Gesellschaft zum Studium des Schmerzes/ Deutsche Schmerzgesellschaft (http://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Schmerzgesellschaft) ist sicher beispielhaft in ihrer stringent evidenzbasierten Haltung.

Natürlich ist die Schmerztherapie ein sehr komplexer, fachübergreifender  Bereich der Medizin - meist hat man es mit chronischen Leiden und Multimorbidität zu tun. Der psychologische Faktor ist auch nicht zu unterschätzen, denn chronischer Schmerz spielt sich vor allem "im Kopf" ab - was nicht abwertend gemeint ist, sondern die Problematik der Bahnung beschreibt.

All das kann man aber seriös untersuchen.
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: Dr. Ici Wenn am 21. September 2012, 18:31:19
Zitat von: bayle am 21. September 2012, 18:23:48
Wahrscheinlich hängt das eher mit der Schmerztherapie als mit der Anästhesie zusammen. Da ist der Placebo-Effekt ja bekanntermaßen am größten, und schnelle, wenn auch nicht dauerhafte, Erfolge sind dem Guru da leicht möglich.

http://de.wikipedia.org/wiki/Hans-Wilhelm_M%C3%BCller-Wohlfahrt (http://de.wikipedia.org/wiki/Hans-Wilhelm_M%C3%BCller-Wohlfahrt)

Klar ist das so. Schmerz lässt sich "magisch" wunderbar behandeln. Leider die Ursache nicht.
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: bayle am 21. September 2012, 18:33:39
Es gibt aber noch mehr Schmerzgesellschaften, und die sich spinnefeind sind. Sie sind für den Außenstehenden - das heißt allen nicht in ihnen Organisierten - nicht unterscheidbar. Das soll nicht heißen, dass die wissenschaftlichen Gesellschaften explizit in Paramedizin machen, aber für "integrative Medizin" haben viele seriöse Schmerztherapeuten durchaus ein faible.
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: P.Stibbons am 21. September 2012, 18:44:55
@ bayle:
Zitat
Es gibt aber noch mehr Schmerzgesellschaften, und die sich spinnefeind sind.

Genau darum habe ich den Wiki-Link gesetzt:

ZitatDie Deutsche Schmerzgesellschaft (DGSS, bis 2012 Deutsche Gesellschaft zum Studium des Schmerzes e.V.) ist die bisher einzige wissenschaftliche Schmerzgesellschaft in Deutschland...

...Die Ethik-Charta [3] der DGSS hält ethische Richtlinien für den Umgang mit schmerzkranken und sterbenden Patienten sowie für die Schmerzforschung fest, und wurde von Medizinern, Juristen, und Psychologen entwickelt. Die Charta richtet sich sowohl an Behandelnde und Pflegende als auch an Schmerzpatienten sowie deren Angehörige. Die DGSS ist derzeit die einzige Gesellschaft der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) mit einer Ethik-Charta. I..

D.h. man kann, wenn man will, als interessierter Arzt Spreu vom Weizen unterscheiden.

In der Praxis stößt man eher auf solche Probleme:

http://www.dgss.org/fileadmin/pdf/ZahlenundFakten_neu.pdf

Die Frau Mühlberger schreibt übrigens über ihre eigene Motivation:
Zitat1997-1999 folgte eine Ausbildung in chronischer Schmerztherapie und Palliativmedizin in Saarbrücken. 2004 - 2011 arbeitete ich selbstständig mit Kassenarztsitz für Anästhesie in Berlin, im Bereich des Ambulanten Operierens und als Belegärztin in einer Privatklinik.

Neben den klassischen, schulmedizinischen Behandlungsmethoden, legte ich den Schwerpunkt meiner Ausbildungen und Weiterbildungen in den letzten Jahren zunehmend auf alternative Heilmethoden. Je mehr ich die Grenzen unserer bisherigen Medizin erfahren musste, umso mehr kam ich zu der Erkenntnis, dass Apparatemedizin und Medikamente allein zur Gesundung eines Menschen nicht ausreichen.

Was immer das bedeutet.
Viele Kollegen sind es leid, dass das ärztliche Gespräch so schlecht vergütet wird und die wirtschaftlichen Notwendigkeiten ihren ärztlichen Selbstanspruch massiv beeinträchtigen.

Meine Theorie:

Die "alternativen" Angebote werden ja meist privat abgerechnet (und die Patienten sind offenbar gern bereit, diesen Preis zu zahlen)
Das macht unabhängig von KV und Kassenverträgen, und man hat einen frei gestaltbaren Rahmen für das Arzt-Patient-Verhältnis.

Das "alternativmedizinische Angebot" ist dabei  nur Träger der eigentlichen Dienstleistung, über die beide Seiten implizit ein Einvernehmen getroffen haben.

Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: bayle am 21. September 2012, 18:53:11
ZitatViele Kollegen sind es leid, dass das ärztliche Gespräch so schlecht vergütet wird und die wirtschaftlichen Notwendigkeiten ihren ärztlichen Selbstanspruch massiv beeinträchtigen.

Ich äußere jetzt einfach einmal einen nicht mehrheitsfähigen Standpunkt, jedenfalls wenn ich den derzeitigen Kanonendonner höre: man kann von Kassentätigkeit leben. Fast fühle ich mich da als whistle blower. Leider hat der letzte Standesvertreter, der seinerzeit ähnlich formuliert hatte (Herr Dr. Ellis Huber), die Medizin schon lange in Richtung Geistheilung verlassen.
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: P.Stibbons am 21. September 2012, 18:56:42
Mein Hausarzt, den ich sehr schätze, kann kaum von seiner Tätigkeit leben, weil er ständig mit wahnsinnigen Regressforderungen überzogen wird.
Ich halte ihn für einen hochkorrekten, kompetenten und bescheidenen Kollegen, der seine spartanisch eingerichtete Praxis gut organisiert hat.

Es kommt sicher auch auf die Fachrichtung, aber ebenso auf den Praxisstandort an - und auf das Patientenklientel.

An chronisch Kranken, speziell Schmerzpatienten, verdient es sich übrigens als "normaler" Niedergelassener, selbst mit Zulassung Schmerztherapie, im Verhältnis zum nötigen, auch zeitlichen Aufwand, schlecht bis gar nicht.
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: bayle am 21. September 2012, 19:02:03
Klappern gehört zum Handwerk.
Existenzbedrohende Regresse sind sehr selten. Sie können meist abgewehrt werden. Die eigentliche Crux damit ist der Zeitaufwand, der für die Abwehr nötig ist, und die schlaflosen Nächte - man kann seine Praxis 2 Wochen dichtmachen und muss mehrfach in seine Landeshauptstadt fahren, ggf. einen Anwalt nehmen usw. Der Sinn der Regressforderung ist eigentlich ein anderer: Man muss nicht alle Ketzer verbrennen, einer genügt. Dann kuschen die anderen. Kann man deutlich am Verordnungsverhalten mancher Kollegen erkennen.
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: P.Stibbons am 21. September 2012, 19:05:09
Na ja, du bist mir bislang v.a. durch Zynismus aufgefallen.
Von daher wundert es mich nicht, wenn du das etwas großkotzig abferkelst.

Im übrigen
ZitatLeider hat der letzte Standesvertreter, der seinerzeit ähnlich formuliert hatte (Herr Dr. Ellis Huber), die Medizin schon lange in Richtung Geistheilung verlassen.

hat der gute Ellis Huber wohl selbst gemerkt, wo die Nuggets zu finden sind. ::)
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: bayle am 21. September 2012, 19:07:17
ZitatNa ja, du bist mir bislang v.a. durch Zynismus aufgefallen
Das kannst Du nur sagen, wenn Du die Moral gepachtet hast.
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: P.Stibbons am 21. September 2012, 19:41:00
Die Kunst, eine klare Ichbotschaft von einem x-beliebigen Statement zu unterscheiden, liegt ja nicht jedem.
Kann man aber trainieren - als Arzt sollte man diese Kunst beherrschen.

Mit Moral hat das aber schon gar nichts zu tun, eher mit Gesprächskompetenz
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: bayle am 21. September 2012, 19:49:27
ZitatNa ja, du bist mir bislang v.a. durch Zynismus aufgefallen

War das nun eine "klare Ich-Botschaft" oder ein "x-beliebiges Statement"? Ich kann das wirklich nicht unterscheiden.
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: The Doctrix am 21. September 2012, 22:14:23
Okay, den aktuellen Fred habe ich wohl mit zu verantworten, dann kann ich hier auch gleich mal meine Geschichte erzählen (Warnung! Das wird "etwas" umfangreicher!)

Ich hole mal aus:

Eigentlich war ich nie ein "dummer" Mensch. Mit 9 Jahren wurde mein IQ mit 162 getestet, mit Mitte 20 dann nochmal mit 157. In der Schule hatte ich nie viel Mühe, bis ich in der 9. Klasse irgendwie einbrach. In der Oberstufe habe ich mich ebenfalls nie so recht angestrengt, nachdem ich wusste, dass für die medizinischen Studiengänge die Studienplätze aufgrund des TMS ("Test für Medizinische Studiengänge") vergeben wurden. Ich habe den TMS mit 128 Punkten absolviert, d.h. ich gehörte zu den 0.2% Besten des Jahrgangs in Deutschland. So konnte ich mir auch eine 2.7 im Abi problemlos erlauben.

An der Uni habe ich dann dort weitergemacht, wo ich in der Schule aufgehört hatte. Vorlesungen habe ich regelmässig geschwänzt, die Hauptsache war, die Kurse und Seminare am Nachmittag zu bestehen. Meine Kommilitonen im Anatomiekurs haben mich regelmässig dafür gehasst, mit wie wenig Wissen ich durch die wöchentlichen Testate gekommen bin. Und auch in den anderen Fächern kam ich immer irgendwie durch - einzig in Biochemie im 3. und 4. Semester musse ich in 2 von 6 Zwischentestaten in die 2. Runde.

Im Physikum habe ich dann eine 5 geschrieben - aber in der mündlichen Prüfung mit einer 2 souverän ausgeglichen (habe ich eigentlich schon angemerkt, dass ich ein Talent darin habe, andere Menschen zu "belabern"?).

Im "klinischen Studienabschnitt" wurde es dann schon schwieriger. Die Prüfung in Mikrobiologie (mündlich) habe ich erst im 4. Anlauf bestanden (dafür allerdings die gefürchteten Klausuren in allgemeiner Pathologie und allg. Pharmakologie im 1. Versuch). Das erste Staatsexamen bestand ich dann mit Hängen und Würgen im 3. Anlauf (danach wäre ich sonst 'raus gewesen!).

Auch in der Folgezeit konnte ich mich auf mein "Laberpotential" verlassen. Im 7.-10. Semester bin ich durch alle Testate problemlos durchgegangen. Das 2. Staatsexamen bestand ich mit einer schriftlichen 4 und einer mündlichen 2. Das 3. Staatsexamen schliesslich mit einer mündlichen 3.

Aber schon lange vorher hatte ich beschlossen, der somatischen Medizin den Rücken zu kehren, um stattdessen Psychiater zu werden. Warum? Weil man dafür nur wenig Ahnung von körperlichen Leiden haben musste - der ganze Psychokram erschien mir recht überschaubar. Und ich hatte infolhe meiner Prüfungsschwierigkeiten Angstz vor der somatischen Medizin.

So begann ich meine Berufslaufbahn folgerichtig in der Psychiatrie. Aber die letzten 2 Jahre des Studiums waren nicht so ganz spurlos an mir vorübergegangen - ich hatte mir die Unart vieler Psychiater zu Drogen-Selbstexperimenten angeeignet. Das schadete mir allerdings zunächst gar nicht, im Gegenteil: ich war dermassen offen, dass ich mich schnell in einigen sog. "Patienten-Selbsthilfegruppen" engagierte. Ohne zu merken, dass diese zum Teil extrem esoterisch und pseudowissenschaftlcih unterwandert waren (in einem Fall sogar von "Scientology"). Allerdings litt ich in den ersten 2 Jahren nach meinem Studium auch unter extremem Mobbing am Arbeitsplatz, was mich irgendwann dazu brachte, meine Fachgebietswahl zu überdenken.

In den folgenden Jahren geisterte ich durch diverse Fachgebiete, bis ich irgendwann feststellte, dass meine Angst (die mich schlussendlich in die Psychiatrie getrieben hatte, und die nur durch meine schlechten Examensnoten genährt worden war), in der somatischen Medizin zu versagen, völlig unbegründet gewesen war. Ich habe immer häufiger die Erfahrung gemacht, im Ernstfall eben doch das entscheidende Stückchen Wissens völlig unverhofft aus den Tiefen meines Gedächtnisses hervorkramen zu können. Und so beschloss ich irgendwann, in die Hausarztmedizin zu wechseln.

Problematisch war nur: ich hatte meine privaten Drogenexperimente nach meinem Ausstieg aus der Psychiatrie nicht wirklich reduziert. Ausserdem hatte ich in der Zwischenzeit ein paar Leute aus der Szene der "Neo-Paganen" (sog. "Neuzeit-Hexen") kennengelernt. Und ich war auf deren Veranstaltungen und Stammtischen mittlerweile Stammgast.

So nimmt es wohl kaum Wunder, dass ich auch in den Kliniken, in denen ich in der Folgezeit als Assistenzarzt arbeitete, fast jeden Schwachfug ungeprüft übernahm. So lernte ich in einer orthopädischen Klinik die "Magnetfeldtherapie" kennen - und weil der Chefarzt ein grosser Fan dieser "Behandlung" war, verordnete ich diese in der Folgezeit auch fleissig meinen Patienten. Später war ich Assi in einer onkologischen Rehaklinik. Der dortige leitende Oberarzt wandte oft die "Misteltherapie" an - ich folgte ihm selbstverständlich blind.

Und selbst in meinem Privatleben versuchte ich weiter, die "Alternativmedizin" zu verteidigen: ich erinnere mich, mit meiner Frau eine Reportage gesehen zu haben, wie Luc Montangier im Beisein von James Randi (in der Londoner Königlichen Akademie der Wissenschaften) versuchte, die Wirksamkeit der Homöopathie anhand von Experimenten mit Gewebekulturen zu beweisen. Das Experiment scheiterte bekanntermassen grandios. Aber mir fiel sofort eine "Lücke" im Design des Experiments auf: die verschiedenen Kulturen (Verum und Placebo) waren unter denselben Abzügen im Labor verarbeitet worden - wenn Informationen auf Wasser übertragbar waren, musste dies doch auch über die Luftfeuchtigkeit möglich sein! Ich habe sogar dem entsprechenden Forschungslabor in Paris sofort eine entsprechende eMail geschrieben - allerdings nie eine Antwort erhalten...

Mich selber versuchte ich zunehmend in "arkanen Künsten" weiterzubilden - ich übte mit dem Tarot, zusammen mit meiner Frau an telepathischer Kommunikation, oder auch mit Handauflegen (sowohl zur Therapie, als auch zur Diagnostik). Zufällige Erfolgserlebnisse blies ich immer wieder grandios auf, die überwiegenden Versager ignorierte ich kosequent. Und ich war guter Kunde eines privaten "Institutes für komplementäre Medizin", besuchte Seminare in Klangschalentherapie, hawaiianischer Feuerlauftherapie uvm.

Und dann kam der Tag, im Sommer 2008, wo ich (in einer neuen Klinik als Assistenzarzt) mal ein 2jähriges Kind mit einer Maserninfektion als Patientin hatte. Ich hatte mir darüber früher wenige Gedanken gemacht, hatte den Wunsch einiger Eltern auf Impfverzicht auch stets respektiert. Aber hier war ich plötzlich als Arzt gefragt (ich hatte bis dato eher wenig Erfahrung mit pädiatrischen Fragestellungen) - und geriet sofort ins Schwimmen, was ich denn nun tun sollte. Unter einem Vorwand brachte ich Mutter und Kind aus meinem Arztzimmer und studierte erst einmal meine Bücher. Und geriet immer mehr ins Schwimmen. Weil dort so absolut nicht das stand, was ich erwartet hatte.

Ich rief schliesslich meinen Chefarzt hinzu, der einfach nur eine Salbe verordnete (später habe ich herausgefunden, dass er ebenfalls ein Impfskeptiker war). Aber das Erlebte liess mir keine Ruhe. Und so verbrachte ich die nächsten Abende im Internet. Zuerst fand ich mit der Google-Suche nach "Impfen" sehr viele Impfgegnerseiten, die schon fast meine bisherige Meinung bestätigt hätten. Aber zufällig traf ich auch auf einen Wissenschaftsblog, der etwas völlig anderes zu berichten hatte. Und irgendwie - ich weiss bis heute nicht, wie - sprach mich dieser Blog an. Und ich fing an, mir Gedanken zu machen . Und ich recherchierte weiter, fand umfangreiche Studien zum Impfen. Und plötzlich schämte ich mich.

Nach ein paar Tagen war ich unversehends vom Impfskeptiker zum Impfbefürworter geworden. Aber noch mehr: der besagte Blog hatte mir über diverse Verlinkungen die Augen zu noch ganz anderen ("alternativ"-)medizinischen Themen geöffnet.

Und so bin ich schliesslich aufgewacht! Der Rest ist eine andere Geschichte und soll hier und heute nicht erzählt werden... :aetsch:


Uff, das war jetzt ein langer Text - und reichlich anstrengend. Vielen Dank an jeden, der bis hierhin durchgehalten hat. Ich bin sehr gespannt auf Eure Kommentare und/oder Angregungen.
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: The Doctrix am 21. September 2012, 22:22:07
Zitat von: P.Stibbons am 21. September 2012, 18:56:42
Mein Hausarzt, den ich sehr schätze, kann kaum von seiner Tätigkeit leben, weil er ständig mit wahnsinnigen Regressforderungen überzogen wird.
Ich halte ihn für einen hochkorrekten, kompetenten und bescheidenen Kollegen, der seine spartanisch eingerichtete Praxis gut organisiert hat.

Erweise ihm viel Ehre. Er hat sie verdient!   :anbeten: :anbeten: :anbeten: :anbeten: :anbeten:
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: The Doctrix am 21. September 2012, 22:23:32
Zitat von: bayle am 21. September 2012, 19:02:03
Klappern gehört zum Handwerk.
Der Sinn der Regressforderung ist eigentlich ein anderer: Man muss nicht alle Ketzer verbrennen, einer genügt. Dann kuschen die anderen. Kann man deutlich am Verordnungsverhalten mancher Kollegen erkennen.

Das ist jetzt so typisch deutsch... "Wir können nicht alle kriegen - also hetzen wir zumindest einen zu Tode!"
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: Dr. Ici Wenn am 21. September 2012, 22:35:08
@The Doctor: Danke für diese ungewöhliche Offenheit.
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: The Doctrix am 21. September 2012, 22:39:18
Zitat von: Dr. Ici Wenn am 21. September 2012, 22:35:08
@The Doctor: Danke für diese ungewöhliche Offenheit.

Es war nötig.
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: Dr. Ici Wenn am 21. September 2012, 23:11:07
Zitat von: The Doctor am 21. September 2012, 22:39:18
Es war nötig.

Jeder hat irgendwo seine "Erweckungsgeschichte". Und wie wohl hier Konsens ist, hat das alles weniger mit Intelligenz zu tun. Es sind wohl vielmehr Erlebnisse, die das persönliche Konstrukt der Abbildung der Welt erschüttern. Und da steht man dann vor einer Weiche. Kompensationen von erkannten eigenen Irrtümern können ja sowohl in Fanatismus, als auch einer Bescheidenheit bez der eigenen Erkenntnisfähigkeit münden. Verrückt eigentlich, aber dieses Switchen ist durchaus wiederum eine bemerkenswerte Eigenschaft unseres Hirns. Verstehen tu ich das nicht.
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: The Doctrix am 21. September 2012, 23:13:16
Zitat von: Dr. Ici Wenn am 21. September 2012, 23:11:07
Zitat von: The Doctor am 21. September 2012, 22:39:18
Es war nötig.

Jeder hat irgendwo seine "Erweckungsgeschichte". Und wie wohl hier Konsens ist, hat das alles weniger mit Intelligenz zu tun. Es sind wohl vielmehr Erlebnisse, die das persönliche Konstrukt der Abbildung der Welt erschüttern. Und da steht man dann vor einer Weiche. Kompensationen von erkannten eigenen Irrtümern können ja sowohl in Fanatismus, als auch einer Bescheidenheit bez der eigenen Erkenntnisfähigkeit münden. Verrückt eigentlich, aber dieses Switchen ist durchaus wiederum eine bemerkenswerte Eigenschaft unseres Hirns. Verstehen tu ich das nicht.

Das tut, glaube ich zumindest, keiner. Aber vielen Dank für Deine warmen Worte - sie tun sehr gut!   :D
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: The Doctrix am 21. September 2012, 23:15:45
Ich habe übrigens auch schon länger mit dem Gedanken gespielt, meine eigene Geschichte offenzulegen. Gelegenheit dazu wäre (auf diversen Foren und Blogs) schon öfters gewesen. Aber erst heute wusste ich, dass es Zeit dazu war. Nehmt diese Aussage meinethalben, wie Ihr wollt...   manchmal muss man eben doch einfach seiner Intuition folgen...
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: Binky am 21. September 2012, 23:20:50
Es ist schon ok, aber Du weißt, daß nun JEDER das lesen kann. Aber ich denke, Du bist nicht der einzige mit solchen Wandlungen.
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: The Doctrix am 21. September 2012, 23:27:25
Zitat von: Binky am 21. September 2012, 23:20:50
Es ist schon ok, aber Du weißt, daß nun JEDER das lesen kann. Aber ich denke, Du bist nicht der einzige mit solchen Wandlungen.

Ich habe es genau deshalb hier platziert, weil es hier jeder lesen kann. Das ist kein Zufall!
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: Binky am 21. September 2012, 23:31:49
Zitat von: The Doctor am 21. September 2012, 23:27:25
Zitat von: Binky am 21. September 2012, 23:20:50
Es ist schon ok, aber Du weißt, daß nun JEDER das lesen kann. Aber ich denke, Du bist nicht der einzige mit solchen Wandlungen.

Ich habe es genau deshalb hier platziert, weil es hier jeder lesen kann. Das ist kein Zufall!

War je nur eine Frage. Dann kann ich ja in Ruhe meinen Schönheitsschlaf antreten.
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: The Doctrix am 21. September 2012, 23:36:30
Zitat von: Binky am 21. September 2012, 23:31:49
War je nur eine Frage. Dann kann ich ja in Ruhe meinen Schönheitsschlaf antreten.

Gute Nacht! Ich folge bald.
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: Lord Ahriman am 21. September 2012, 23:40:35
Zitat von: Dr. Ici Wenn am 21. September 2012, 22:35:08
@The Doctor: Danke für diese ungewöhliche Offenheit.

+1

Zu Deiner Geschichte fällt mir dieser Satz ein:

The same spiritual fulfillment
That people find in religion
Can be found in science
By coming to know, if you will, the mind of God
( Carolyn Porco )

www.youtube.com/watch?v=1PT90dAA49Q (http://www.youtube.com/watch?v=1PT90dAA49Q)
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: bayle am 22. September 2012, 06:52:20
Wenn ich religiös wäre, würde ich sagen: "Die großen Heiligen waren vorher allesamt große Sünder". Zella-Mehlis, wie wir Franzosen sagen  :grins2:
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: sumo am 22. September 2012, 07:03:11
faszinierende Geschichte!
Nun habe ich aber den Eindruck, als daß solche "erweckenden Erlebnisse" meist in der umgekehrten Richtung ablaufen, ehemals rational denkende Menschen kommen in eine gesundheitliche Grenzsituation -die sie nicht einmal selbst betreffen muß- und verfallen dann den plakativen und einfachen Thesen der Scharlatane.
Gibt es denn Möglichkeiten, das zu verhindern oder sie zurückzuholen?
Ich weiß, daß es ein Kampf gegen Windmühlen sein kann, ich weiß auch, daß es hier bei Psiram im Endeffekt genau darum geht, ich bin auch auf den scienceblogs und weiß, daß man sich dort intensiv darum bemüht.
Ich bin glücklicherweise momentan nicht betroffen von solchen Geschehnissen, aber in meiner Verwandschaft und Bekanntschaft gibt es einige Personen, denen ich zutraue, recht schnell in die Esoecke abzudriften.
Ich weiß auch, daß es gerade in der Medizin keine schnellen und einfachen Erklärungen gibt, sowas haben nur Schwurbler zu bieten......
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: bayle am 22. September 2012, 07:10:21
Wenn Du einverstanden bist, The Doctor, dann möchte ich für unsere Diskussion festhalten: Ein möglicher Grund für die Zuwendung zur Paramedizin ist das Ausweichen vor der Realität.
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: The Doctrix am 22. September 2012, 10:22:18
Zitat von: bayle am 22. September 2012, 07:10:21
Wenn Du einverstanden bist, The Doctor, dann möchte ich für unsere Diskussion festhalten: Ein möglicher Grund für die Zuwendung zur Paramedizin ist das Ausweichen vor der Realität.

Da stimme ich zu. Aber das "warum" dafür ist aus meinem Text nicht so ganz klar geworden. Einer der Mechanismen, die ich mittlerweile erkannt habe, ist, dass Esoterik und Pseudomedizin so unglaublich einfach, so leicht zu verstehen daherkommen. Wenn man bezüglich seiner eigenen Fähigkeiten zutiefst verunsichert ist, ist es eine Wohltat, wenn jemand kommt und sagt, das ist so und so, da kannst Du nichts falschmachen, das funktioniert, ich hab's gesehen. Da stellt man dann auch nicht mehr viele Fragen und eilt freudig in den warmen Schoss der Pseudowissenschaft.
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: Dr. Ici Wenn am 22. September 2012, 10:36:22
@The Docor: Das ist z.B. auch das perfide an Hamers GNM: 5 "eiserne, unumstößliche biologische Gesetze", die jeder, auch ohne eine Ahnung von Biologie in 5 min versteht. Dazu das Versprechen, man müsse nur einen psychischen Konflikt lösen, könne sich also alle belastenden Behandlungen ersparen. Für Betroffene unglaublich verlockend, leider auch tödlich ...
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: P.Stibbons am 22. September 2012, 10:47:27
ZitatDazu das Versprechen, man müsse nur einen psychischen Konflikt lösen, könne sich also alle belastenden Behandlungen ersparen.

Es steckt ja ein Körnchen Wahrheit in dieser Sichtweise:

eine Krankheit, gerade auch ein chronisches Leiden, bringt ja vielfältige Wechselwirkungen und Folgen mit sich:
fürs eigene Lebenskonzept, aber auch für Familie und/oder Partnerschaft.
Eine ernsthafte Erkrankung stellt immer irgendwie auch "existenziell" in Frage und demonstriert vor allem, dass man nicht "alles im Griff" hat. Das zieht für den Patienten eine tiefe Verunsicherung nach sich.

Von daher kommt unser wirtschaftlich ausgerichtetes medizinisches "Versorgungssystem" schnell an seine Grenze, denn der Patient hat die Erwartung, dass ihm in einer Phase der Verunsicherung Orientierung zuteil wird. Diese Erwartung kann unter den herrschenden Bedingungen vom Arzt nicht (oder nur punktuell) erfüllt werden.

Die 5 BN bieten in einer Phase der Verunsicherung das Erklärungsmodell "Konflikt" an und signalisieren gleichzeitig:

"Du hast es selbst in der Hand, damit konstruktiv umzugehen" - das wiederum appelliert an das Bedürfnis nach Selbstwirksamkeitserfahrungen: lt Grawe eines der 4 psychologischen Grundbedürfnisse.

Das Gemeine ist die unzulässige Verkürzung und Reduktion auf den Eigenanteil.

=> Der Arzt, der GNM bzw die 5BN anbietet, wird mit dem Dilemma, die Orientierungserwartung des Patienten nicht erfüllen zu können (damit muss sich jeder Arzt irgendwie rumschlagen) auf elegante  Weise fertig:
er verweist den Kranken auf dessen Eigenverantwortung und ist selbst aus dem Schneider.
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: The Doctrix am 22. September 2012, 11:08:59
Zitat von: P.Stibbons am 22. September 2012, 10:47:27
Die 5 BN bieten in einer Phase der Verunsicherung das Erklärungsmodell "Konflikt" an und signalisieren gleichzeitig:

"Du hast es selbst in der Hand, damit konstruktiv umzugehen" - das wiederum appelliert an das Bedürfnis nach Selbstwirksamkeitserfahrungen: lt Grawe eines der 4 psychologischen Grundbedürfnisse.

Das Gemeine ist die unzulässige Verkürzung und Reduktion auf den Eigenanteil.

Und durch den Eigenanteil hat der Patient gleichzeitig noch Schuldgefühle - die kann man dann gleich noch nutzen, um als hehrer Retter aufzutreten. Dadurch wird die Bindung gleich nochmal enger.
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: Dr. Ici Wenn am 22. September 2012, 11:30:42
Zitat von: The Doctor am 22. September 2012, 11:08:59
Und durch den Eigenanteil hat der Patient gleichzeitig noch Schuldgefühle - die kann man dann gleich noch nutzen, um als hehrer Retter aufzutreten. Dadurch wird die Bindung gleich nochmal enger.

Aber nur, bis die ersten Tumore aufplatzen.
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: The Doctrix am 22. September 2012, 11:56:43
Zitat von: Dr. Ici Wenn am 22. September 2012, 11:30:42
Aber nur, bis die ersten Tumore aufplatzen.

Du hast es immer noch nicht kapiert: Tumore sind gut. Da lässt der Körper seinen ganzen Stress, seine Traumata raus, die sonst das Hirn vergiften würden (gilt nicht für Hirntumore, die sind nur die Strafe für zu kritisches Denken). Da musst Du dann nur noch zu Papa Joao nach Brasilien jetten, der meditiert die Dinger dann weg.
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: Ladislav Pelc am 22. September 2012, 12:04:16
Zitat von: Dr. Ici Wenn am 22. September 2012, 10:36:22
Das ist z.B. auch das perfide an Hamers GNM: 5 "eiserne, unumstößliche biologische Gesetze", die jeder, auch ohne eine Ahnung von Biologie in 5 min versteht.

Hm, ich muss gestehen, dass ich sie bis heute nicht richtig verstanden habe. Die ganze GNM liest sich wie wirres, inhaltsleeres und zusammenphantasiertes Geschwurbel. Mag ja sein, dass jemand mit kaum bis gar keiner Ahnung von der Thematik annehmen könnte, dass es sich um vernünftige, wissenschaftliche Erklärungen handelt (ein fehler, den ich bei einer anderen Thematik früher auch gemacht habe, wie ich gestehen muss), aber verständlich sind weder die 5 "Naturgesetze" noch die meist mitgelieferten Erklärungen dazu. ???

Vermutlich bin ich aber auch nur durch meine schulwissenschaftliche Vorbildung nachhaltig verdorben für derartig geniale Erkentnissewie die des Herrn Dr. Hamer. ::) ;D
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: Dr. Ici Wenn am 22. September 2012, 12:12:55
Zitat von: The Doctor am 22. September 2012, 11:56:43
Zitat von: Dr. Ici Wenn am 22. September 2012, 11:30:42
Aber nur, bis die ersten Tumore aufplatzen.

Du hast es immer noch nicht kapiert: Tumore sind gut. Da lässt der Körper seinen ganzen Stress, seine Traumata raus, die sonst das Hirn vergiften würden (gilt nicht für Hirntumore, die sind nur die Strafe für zu kritisches Denken). Da musst Du dann nur noch zu Papa Joao nach Brasilien jetten, der meditiert die Dinger dann weg.

Ok, ich seh schon, ich brauch da noch Nachhilfe.
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: Dr. Ici Wenn am 22. September 2012, 12:16:12
Zitat von: Ladislav Pelc am 22. September 2012, 12:04:16
Vermutlich bin ich aber auch nur durch meine schulwissenschaftliche Vorbildung nachhaltig verdorben für derartig geniale Erkentnissewie die des Herrn Dr. Hamer. ::) ;D

Würd ich mal auch so sehen   8)
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: bayle am 22. September 2012, 12:42:48
ZitatVermutlich bin ich aber auch nur durch meine schulwissenschaftliche Vorbildung nachhaltig verdorben

Nein, nicht vermutlich, sondern ganz sicher. Das hat die Speerspitze des wissenschaftlichen Fortschritts, der Herr Prof. Walach, nachgewiesen:
ZitatOb jemand, der durch die derzeit übliche medizinische Ausbildung gegangen ist, überhaupt noch ganzheitlich denken, geschweige denn handeln kann ohne extensive Weiter- oder Rückbildung seiner «déformation professionnelle», das sei einmal ganz dahingestellt.
8)
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: P.Stibbons am 22. September 2012, 14:21:32
Ergänzung:

Das leider ohne Quellenangabe erwähnte Walach-Zitat stammt aus diesem Artikel:

http://content.karger.com/ProdukteDB/produkte.asp?Aktion=ShowPDF&ArtikelNr=275827&Ausgabe=253805&ProduktNr=224242&filename=275827.pdf

http://www.umweltrundschau.de/cms/blickpunkte/651-lintegrative-medizinr-die-kolonialisierung-des-und-die-notwendigkeit-des-ganz-anderen

Zitat
...Patientenzentrierte Versorgung bedeutet zunächst genau das Beiseitelegen von vermeintlich gültigem Wissen, um den Patienten als Individuum zu sehen und zu Wort kommen zu lassen. Dies ist ein Vorgehen, das im Rahmen der Komplementärmedizin eigentlich üblich, aber dem konventionellen Ansatz nicht oder weniger geläufig ist.

Patienten suchen Komplementärmedizin eben genau, weil sie sich mit ihren individuellen Anliegen bei konventionellen Ärzten nicht gesehen fühlen, das haben uns viele Studien gezeigt. Sie wollen, dass ihre seelische Situation berücksichtigt wird, dass man verschiedene Ebenen ihres Daseins bei der Behandlung mit einbezieht und eben genau nicht kompartimentiert.

Anhänger des integrativen Ansatzes werden mir jetzt entgegenhalten, dass Patienten eigentlich genau die Kombination aus konventionell- medizinischem Wissen und komplementärer Heilkunst wollen. Daher sei das Integrative die Antwort. Mir scheint, dies ist eine Fehlinterpretation.

Patienten wollen eine individuelle, ganzheitliche Versorgung, bei der nichts übersehen wird, bei der also gute Diagnostik, wie sie uns die konventionelle Medizin anbietet, und ganzheitliche Behandlung, wie sie Standard bei der Komplementärmedizin sein sollte, zusammengehören.

Ob jemand, der durch die derzeit übliche medizinische Ausbildung gegangen ist, überhaupt noch ganzheitlich denken, geschweige denn handeln kann ohne extensive Weiter- oder Rückbildung seiner «déformation professionnelle », das sei einmal ganz dahingestellt...

Ob jemand, der die derzeit übliche medizinische Ausbildung selbst nur vom Hörensagen kennt, sich darüber ein abfälliges Urteil erlauben kann, sei einmal ganz dahingestellt...
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: P.Stibbons am 22. September 2012, 14:31:27
Zitat von: bayle am 21. September 2012, 18:53:11
ZitatViele Kollegen sind es leid, dass das ärztliche Gespräch so schlecht vergütet wird und die wirtschaftlichen Notwendigkeiten ihren ärztlichen Selbstanspruch massiv beeinträchtigen.

Ich äußere jetzt einfach einmal einen nicht mehrheitsfähigen Standpunkt, jedenfalls wenn ich den derzeitigen Kanonendonner höre: man kann von Kassentätigkeit leben. Fast fühle ich mich da als whistle blower. Leider hat der letzte Standesvertreter, der seinerzeit ähnlich formuliert hatte (Herr Dr. Ellis Huber), die Medizin schon lange in Richtung Geistheilung verlassen.

Der erwähnte Dr. Ellis Huber sitzt vor allem ganz dick drin in Walachs CAM-Studiengang:

Zitathttp://kwkm.eu/info/Hintergrund.html

Dr. med. Ellis Huber

Leiter des Wahlpflichtmoduls
Ethik - Recht - Wirtschaft

Arzt, Organisationsentwicklung und Beratung

Insofern ist gerade er als roll-model für die Praktikabilität des von dir vertretenen Standpunkts nicht sonderlich gut geeignet.
Oder sollte ich pointierter formulieren:

Er scheint seine Expertise maßgeblich dafür einzusetzen, wie man innerhalb des bestehenden Gesundheitssystems incl. Krankenkassen CAM am besten positionieren und vor allem abrechnen kann.
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: Dr. Ici Wenn am 22. September 2012, 14:42:36
Was für ein arroganter Schwätzer.
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: P.Stibbons am 22. September 2012, 14:43:30
Du meinst jetzt den Walach, oder?  :kaffee
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: Dr. Ici Wenn am 22. September 2012, 14:44:40
Zitat von: P.Stibbons am 22. September 2012, 14:43:30
Du meinst jetzt den Walach, oder?  :kaffee

Ja. Ich hätte zitieren sollen :angel:
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: P.Stibbons am 22. September 2012, 14:46:00
Indeed.
Jetzt wird aber wenigstens deutlich, warum ich da pingelig bin...
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: Dr. Ici Wenn am 22. September 2012, 14:49:59
Zitat von: P.Stibbons am 22. September 2012, 14:46:00
Indeed.
Jetzt wird aber wenigstens deutlich, warum ich da pingelig bin...

Gerade, wenn ich EINMAL ausnahmsweise nicht zitiere, hauts andere Posts dazwischen ...
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: P.Stibbons am 22. September 2012, 14:53:19
...ja, ich hätt nämlich fast angenommen, du meinst den Huber...
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: The Doctrix am 22. September 2012, 23:04:31
Zitat von: Ladislav Pelc am 22. September 2012, 12:04:16
Die ganze GNM liest sich wie wirres, inhaltsleeres und zusammenphantasiertes Geschwurbel.

Das könnte daran liegen, dass sie ein wirres, inhaltsleeres und zusammenphantasiertes Geschwurbel ist.   :crazy
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: hellesköpfle am 22. September 2012, 23:13:19
Kann einer mal die Diskussion zusammen fassen. Habe dieses Jahr keinen Urlaub mehr.  :(
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: Lord Ahriman am 22. September 2012, 23:53:21
Zitat von: SusanneL. am 22. September 2012, 23:13:19
Kann einer mal die Diskussion zusammen fassen. Habe dieses Jahr keinen Urlaub mehr.  :(

Hier liest die Frau noch selbst. Und ist auch bald Weihnachten. :P
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: bayle am 23. September 2012, 07:10:07
Zitat von: SusanneL. am 22. September 2012, 23:13:19
Kann einer mal die Diskussion zusammen fassen. Habe dieses Jahr keinen Urlaub mehr.  :(
Ist noch nicht soweit. Vielleicht kommen mir noch Erleuchtungen. :kaffee
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: 71hAhmed am 23. September 2012, 10:18:49
Zitat von: SusanneL. am 22. September 2012, 23:13:19
Kann einer mal die Diskussion zusammen fassen. Habe dieses Jahr keinen Urlaub mehr.  :(
Zusammenfassung:
Ärzte sind auch nur Menschen, nix genaues weiss man nicht und Bildung ist KEINE Impfung gegen irrationale Ansteckung. Ebenso unklar ist, welche Faktoren Resistenzen bzw. Überwindung der Symptome begünstigen oder herbeiführen.

Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: bayle am 23. September 2012, 10:51:21
Leider ist die vorläufige Zusammenfassung korrekt. Worüber ich nachdenke: wie könnte eine empirische Untersuchung aussehen, die sich dieser Frage nähert??
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: P.Stibbons am 23. September 2012, 11:08:02
Ich würde mit Fragebögen zur Arbeitszufriedenheit anfangen.

Mein Eindruck:

Ärzte müssen so oft unsinnige Dinge tun, weil sie ihnen durch irgendwelche externen Vorgaben aufgezwungen werden, dass sie schon darauf konditioniert sind, therapeutisch "pragmatische" Dinge zu machen (also etwa ein homöopathisches Mittel verschreiben, weil die Patientin partout darauf besteht und behauptet, es würde ihr sooo gut helfen):

z.B. gibt es die Vorgabe, ein Generikum verschreiben, obwohl die Erprobung im konkreten Fall ergeben hat, dass ein bestimmter Patient mit dem teureren Präparat wegen der für ihn günstigeren Trägersubstanz/Galenik  deutlich besser dran wäre.

Oder - Beispiel ADHS - : es ist nur die Retardform für Erwachsene zugelassen - eine Katastrophe für Schichtarbeiter und eigentlich auch zur individuellen Dosisfindung völliger Quatsch.

Es gäbe noch viele andere Beispiele.
Man wird dazu erzogen, das zu tun, was im Rahmen der bestehenden Vorgaben möglich ist und wenig Ärger im Sinne von zusätzlicher Dokumentationspflicht bereitet (etwa Begründung von off-label- Verschreibungen zur Abwendung von Regressforderungen)

Ob das alles Sinn macht und für den Patienten das Beste ist?  Darüber nachzudenken bedeutet, sich ständig zu ärgern.
Es findet also ein gewisser Abstumpfungsprozess auch gegenüber der "evidenzbasierten" Medizin statt.

Ob die dann tatsächlich immer so evidenzbasiert ist wie angenommen/ behauptet, wäre eine weitere interessante Frage.
Teilweise handelt es sich um ein heraufbeschworenes Idealbild, fürchte ich.
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: Dr. Ici Wenn am 23. September 2012, 16:36:08
Zitat von: P.Stibbons am 23. September 2012, 11:08:02
Ob die dann tatsächlich immer so evidenzbasiert ist wie angenommen/ behauptet, wäre eine weitere interessante Frage.
Teilweise handelt es sich um ein heraufbeschworenes Idealbild, fürchte ich.

Dieses Idealbild ist halt ein Wegweiser, kein Ortsschild.
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: The Doctrix am 23. September 2012, 19:31:10
Zitat von: P.Stibbons am 23. September 2012, 11:08:02
z.B. gibt es die Vorgabe, ein Generikum verschreiben, obwohl die Erprobung im konkreten Fall ergeben hat, dass ein bestimmter Patient mit dem teureren Präparat wegen der für ihn günstigeren Trägersubstanz/Galenik  deutlich besser dran wäre.

Das ist leider etwas, was die Entscheidungsträger in der Politik wohl nie kapieren werden. "Wieso, da ist doch dasselber 'drin, und es ist trotzdem billiger." Arrrrgh!!!   $)
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: bayle am 23. September 2012, 21:13:13
ZitatGenericum
Den meisten Zoff, den man mit Generica hat, hat man aus der Gewöhnung, der Ängstlichkeit und den leichten kognitiven Einschränkungen der älteren Patienten; die Galenik spielt nach meiner Erfahrung eine völlig untergeordnete Rolle. Wartet, ich krieg' gleich den Schlenker: das wäre eine lohnende Aufgabe für die Versorgungsforschung; und nicht die Feststellung, dass "Homöopathika helfen", wie von Frau Prof. Witt. Der Vorwurf, den ich an die Politik habe, ist ein etwas anderer: die wollen keine Forschung, weil dabei herauskommen könnte, dass Generika wirklich problematisch sind, und die bequeme Geldsparmethode nicht einfach so weiterliefe. Im Übrigen aber glaube ich nicht, dass das ein Grund für das Abdriften von Ärzten in die Paramedizin ist: dazu ist das Phänomen einfach zu global, zu alt und zu allgemein.
Zitatevidenzbasiert
evidenzbasiert ist nicht dasselbe wie wissenschaftlich ist nicht dasselbe wie Schulmedizin
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: Conina am 23. September 2012, 21:31:23
Solange Leute die Medikamente von der Kasse bezahlt bekommen, kann es nich teuer und original genug sein.
Wenn das gleiche Zeug auf einem Privatrezept steht, kann es plötzlich nicht generisch und preiswert genug sein.

Es gibt ein paar Arzneistoffe, bei denen die Galenik ziemlich wichtig ist, da lässt es sich aber auch gegenüber der Kasse begründen.
Es kommt auf den Einzelfall an.

Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: bayle am 24. September 2012, 06:04:11
Zitat von: 71hAhmed am 23. September 2012, 10:18:49
Zitat von: SusanneL. am 22. September 2012, 23:13:19
Kann einer mal die Diskussion zusammen fassen. Habe dieses Jahr keinen Urlaub mehr.  :(
Zusammenfassung:
Ärzte sind auch nur Menschen, nix genaues weiss man nicht und Bildung ist KEINE Impfung gegen irrationale Ansteckung. Ebenso unklar ist, welche Faktoren Resistenzen bzw. Überwindung der Symptome begünstigen oder herbeiführen.
Als Zwischenergebnis also vielleicht: Bildung ist notwendig, aber nicht hinreichend

@Conina
Wenn sie selbst bezahlen müssen, werden die Patienten natürlich plötzlich kostenbewusst, klar. Gelegentlich aber, wenn auch selten, erlebt man echte Verzweiflung bei der Umstellung auf Generika.
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: sumo am 24. September 2012, 16:02:49
letztens in de Apotheke, als ich mal wieder meine Blutdrucksenker abholte: Vor mir eine ältere Dame, geschätzt reichlich über 80, die eine Schachtel in der Hand hielt und eine andere Schachtel auf dem Tresen lag. Es stellte sich heraus, daß die Firma das Design der Schachtel verändert hat von rot/blau auf rot mit dünnen blauen Streifen. Schon diese Veränderung hat die Dame sehr stark verunsichert, obwohl sich das Präparat nach den Aufdrucken auf der Packung nicht verändert hat. Die Apothekenmitarbeiterin hat dann lange und behutsam aufgeklärt und konnte die Verunsicherung mildern. Wie es in solch einer Situation mit einem Generikum gelaufen wäre, will ich mir nicht in allen Einzelheiten ausmalen.

Untersuchungen von Dan Ariely haben übrigens ergeben, daß teure Medikamente wirksamer sind als billige und rote Pillen besser helfen......

Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: Truhe am 24. September 2012, 16:04:41
Zitat von: sumo am 24. September 2012, 16:02:49
Untersuchungen von Dan Ariely haben übrigens ergeben, daß teure Medikamente wirksamer sind als billige und rote Pillen besser helfen......

Dabei ging es aber doch sicher nur um die Stärke des Placeboeffektes.
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: sumo am 24. September 2012, 16:12:26
richtig. Aber es ist trotzdem eine sehr interessante Untersuchung, die dort gemacht wurde.
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: The Doctrix am 24. September 2012, 16:21:12
Zitat von: sumo am 24. September 2012, 16:02:49
letztens in de Apotheke, als ich mal wieder meine Blutdrucksenker abholte: Vor mir eine ältere Dame, geschätzt reichlich über 80, die eine Schachtel in der Hand hielt und eine andere Schachtel auf dem Tresen lag. Es stellte sich heraus, daß die Firma das Design der Schachtel verändert hat von rot/blau auf rot mit dünnen blauen Streifen. Schon diese Veränderung hat die Dame sehr stark verunsichert, obwohl sich das Präparat nach den Aufdrucken auf der Packung nicht verändert hat. Die Apothekenmitarbeiterin hat dann lange und behutsam aufgeklärt und konnte die Verunsicherung mildern. Wie es in solch einer Situation mit einem Generikum gelaufen wäre, will ich mir nicht in allen Einzelheiten ausmalen.

Und was erst los ist, wenn der Hersteller eine neue Prägemaschine hat und die Tabletten plötzlich anders aussehen.   :wut

Zitat von: sumo am 24. September 2012, 16:02:49
Untersuchungen von Dan Ariely haben übrigens ergeben, daß teure Medikamente wirksamer sind als billige und rote Pillen besser helfen......

Das nutze ich in meiner Praxis regelmässig aus. Patienten, die nicht so gerne Medikamente nehmen, bekommen Tabletten, die doppelt so hoch als nötig dosiert sind und sollen dann immer eine halbe Tablette nehmen. Bei Patienten, die immer sehr jammerig sind (vor allem bei Schmerzen), bekommen ein Präparat mit halb so hoher Dosis wie gebraucht, davon dürfen sie dann immer 2 Tabletten aufs Mal nehmen.   

:wurst:
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: Dr. Ici Wenn am 24. September 2012, 17:33:44
Zitat von: The Doctor am 24. September 2012, 16:21:12
Das nutze ich in meiner Praxis regelmässig aus. Patienten, die nicht so gerne Medikamente nehmen, bekommen Tabletten, die doppelt so hoch als nötig dosiert sind und sollen dann immer eine halbe Tablette nehmen. Bei Patienten, die immer sehr jammerig sind (vor allem bei Schmerzen), bekommen ein Präparat mit halb so hoher Dosis wie gebraucht, davon dürfen sie dann immer 2 Tabletten aufs Mal nehmen.   

:wurst:

Fieser Trick  ;D ;D
Man erkennt den wahren Psychologen  ;D ;D

Bloß, was macht Du bei Patienten, die jammerig sind und ungern Medis nehmen?
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: Binky am 24. September 2012, 17:36:31
Und bei jemandem wie mir, der ständig die Pillen vergißt, wen man mal welche nehmen muß? Ein Depotpräparat für die gesamte Behandlungsdauer?
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: bayle am 24. September 2012, 17:45:25
ZitatBloß, was macht Du bei Patienten, die jammerig sind und ungern Medis nehmen?
Zurücklehnen und abwarten! ;)
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: The Doctrix am 24. September 2012, 20:33:13
Zitat von: Binky am 24. September 2012, 17:36:31
Und bei jemandem wie mir, der ständig die Pillen vergißt, wen man mal welche nehmen muß? Ein Depotpräparat für die gesamte Behandlungsdauer?

Schon mal 'was von Tablettendispensern gehört?

Für die ganz harten Fälle (Demente & Co.) hat der Doc dann ein spezielles Geschenk: eine Kuckucksuhr, die nur 4x am Tag läutet: morgend, mittags, abends und zur Nacht. Und wenn der Patient dann noch nicht seine Pillen genommen hat, kommt aus der Uhr ein kleiner Holz-Doktor und haut den Patienten mit einer Mini-Baseball-Keule.

:schlaeger
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: The Doctrix am 24. September 2012, 20:35:07
Zitat von: Dr. Ici Wenn am 24. September 2012, 17:33:44
Bloß, was macht Du bei Patienten, die jammerig sind und ungern Medis nehmen?

Ich trage im Besein des Patienten für ca. 3 Monate im voraus in meinem Terminkalender meinen Besuch bei der Beerdigung des Patienten ein.

Kein Witz: das habe ich tatsächlich schon einmal gemacht (und es hat wunderbar funktioniert!).    :rock
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: Dr. Ici Wenn am 24. September 2012, 20:48:43
Zitat von: The Doctor am 24. September 2012, 20:33:13
Zitat von: Binky am 24. September 2012, 17:36:31
Und bei jemandem wie mir, der ständig die Pillen vergißt, wen man mal welche nehmen muß? Ein Depotpräparat für die gesamte Behandlungsdauer?

Schon mal 'was von Tablettendispensern gehört?

Den kann man auch vergessen. Erstens überhaupt aufzufüllen und dann noch zu nehmen.

ZitatFür die ganz harten Fälle (Demente & Co.) hat der Doc dann ein spezielles Geschenk: eine Kuckucksuhr, die nur 4x am Tag läutet: morgend, mittags, abends und zur Nacht. Und wenn der Patient dann noch nicht seine Pillen genommen hat, kommt aus der Uhr ein kleiner Holz-Doktor und haut den Patienten mit einer Mini-Baseball-Keule.

:schlaeger

Ne schöne App oder ein Reminder übers Web funktioniert da besser. So man denn netzaffin ist ;D
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: Dr. Ici Wenn am 24. September 2012, 20:50:42
Zitat von: The Doctor am 24. September 2012, 20:35:07
Zitat von: Dr. Ici Wenn am 24. September 2012, 17:33:44
Bloß, was macht Du bei Patienten, die jammerig sind und ungern Medis nehmen?

Ich trage im Besein des Patienten für ca. 3 Monate im voraus in meinem Terminkalender meinen Besuch bei der Beerdigung des Patienten ein.

Kein Witz: das habe ich tatsächlich schon einmal gemacht (und es hat wunderbar funktioniert!).    :rock

Bin irgendwie froh, dass Du kein Quack bist  ;D
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: Truhe am 25. September 2012, 10:30:45
Zitat von: sumo am 24. September 2012, 16:12:26
richtig. Aber es ist trotzdem eine sehr interessante Untersuchung, die dort gemacht wurde.

Interessant sicher. Aber Deine Behauptung, dass die Medikamente wirksamer sind, ist damit falsch.
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: bayle am 25. September 2012, 10:59:24
Zitat von: Truhe am 25. September 2012, 10:30:45
Zitat von: sumo am 24. September 2012, 16:12:26
richtig. Aber es ist trotzdem eine sehr interessante Untersuchung, die dort gemacht wurde.
Interessant sicher. Aber Deine Behauptung, dass die Medikamente wirksamer sind, ist damit falsch.
Nun sei mal nicht so kleinlich :grins2: Es ist schon das Richtige gemeint.

Aber die Frage ist dennoch bedeutsam. Die Wirksamkeit der gesamten Paramedizin ist letztlich die des Placebo-Effekts. Einige ihrer Vertreter haben das erkannt, aber welche Schlussfolgerungen ziehen sie? Sie möchten mit einer Überinterpretation von Studien und allerlei gedanklicher Akrobatik dem Placebo-Effekt eine Mächtigkeit in der Behandlung von Krankheiten zusprechen ("harnessing the placebo effect") und so ihre Verfahren (TCM usw.) gewissermaßen aus der Kritik nehmen. Wer gegen Paramedizin ist, sei gegen Placebo und beraube somit die Patienten einer wirksamen Therapie. Bekannter Vertreter dieser Haltung ist Ted Kaptchuk. Er klingt vernünftig, ist aber im Kern ein Unsinns-Prophet. Placebo haben keinen dauerhaften Einfluss auf objektive Krankheitsparameter - das ist der Knackpunkt.
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: Truhe am 25. September 2012, 11:07:55
Genau deshalb bin ich an der Stelle so kleinlich. :police:
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: Dr. Ici Wenn am 25. September 2012, 11:21:50
Zitat von: bayle am 25. September 2012, 10:59:24
Aber die Frage ist dennoch bedeutsam. Die Wirksamkeit der gesamten Paramedizin ist letztlich die des Placebo-Effekts. Einige ihrer Vertreter haben das erkannt, aber welche Schlussfolgerungen ziehen sie?

Sie reden nicht mehr von alternativ, sondern komplementär.
Zitat
Sie möchten mit einer Überinterpretation von Studien und allerlei gedanklicher Akrobatik dem Placebo-Effekt eine Mächtigkeit in der Behandlung von Krankheiten zusprechen ("harnessing the placebo effect") und so ihre Verfahren (TCM usw.) gewissermaßen aus der Kritik nehmen. Wer gegen Paramedizin ist, sei gegen Placebo und beraube somit die Patienten einer wirksamen Therapie. Bekannter Vertreter dieser Haltung ist Ted Kaptchuk. Er klingt vernünftig, ist aber im Kern ein Unsinns-Prophet.

Das Gleiche versuchen Witt und Co. an der Chartié. Placebo magisch überhöhen. Würd ich an Stelle der Homöos auch versuchen.

Zitat
Placebo haben keinen dauerhaften Einfluss auf objektive Krankheitsparameter - das ist der Knackpunkt.

Und auf ernsthafte Erkrankungen schon gleich gar nicht. Was auch kein Wunder ist, ändert doch Placebo hauptsächlich (ich weiß, da spielt noch mehr rein) die Wahrnehmung.
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: bayle am 25. September 2012, 11:43:09
ZitatDas Gleiche versuchen Witt und Co. an der Chartié

Willich ist definitiv der Nachbeter von Kaptchuk
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: skeptizistiker am 25. September 2012, 14:51:56
@ bayle:
ZitatPlacebo haben keinen dauerhaften Einfluss auf objektive Krankheitsparameter

Gibt es zu dieser Aussage n bischen Hintergrund für den aufgeweckten Laien?
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: Dr. Ici Wenn am 25. September 2012, 15:03:18
Zitat von: skeptizistiker am 25. September 2012, 14:51:56
@ bayle:
ZitatPlacebo haben keinen dauerhaften Einfluss auf objektive Krankheitsparameter

Gibt es zu dieser Aussage n bischen Hintergrund für den aufgeweckten Laien?


Der Wikipediaartikel ist einigermaßen brauchbar.
http://de.wikipedia.org/wiki/Placebo#Placeboeffekt.2C_Placeboantwort_und_Placebowirkung (http://de.wikipedia.org/wiki/Placebo#Placeboeffekt.2C_Placeboantwort_und_Placebowirkung)

Das Problem ist, dass dieser Effekt nicht wirklich monokausal ist, sondern kaskadisch und rückkoppelnd wirken kann (Eine veränderte Wahrnehmung kann z.B. den Cortisolspiegel verändern, der wiederum die Wahrnehmung etc). Zu allem Überfluss muss man noch unterscheiden zwischen "Studien-Placebo", wo statistische Effekte mit reinspielen können und "echtem Placebo". Das in kurzen Worten zu erklären, ist schwierig.

Edit: Vergessen: Über diese ganze Geschichte ist es dann auch etwas nachvollziehbar, dass keine dauerhaften Effekte, schon gar nicht auf ernsthafte organische Erkrankungen auftauchen.

Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: bayle am 25. September 2012, 15:18:33
Zitat von: skeptizistiker am 25. September 2012, 14:51:56
@ bayle:
ZitatPlacebo haben keinen dauerhaften Einfluss auf objektive Krankheitsparameter

Gibt es zu dieser Aussage n bischen Hintergrund für den aufgeweckten Laien?

Die wesentliche Meta-Analyse ist schon etwas älter, aber von neueren Analysen durch die Bank nicht widerlegt:
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/11372012
Alle, auch neuere, Arbeiten, die über Erfolge von Placebo berichten, versagen regelmäßig in dem Punkt des Nachweises von objektiven Veränderungen (z. B. Lungenfunktionsprüfungen bei Asthma). Bei Parkinson scheint es eine Verbesserung der Beweglichkeit mit Placebo geben zu können, aber die Dauerhaftigkeit dieses Effekts ist nicht nachgewiesen.
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: sumo am 25. September 2012, 19:28:00
okay, Wirksamkeit von Placebo ist ein Streitthema.
In der von mir gelesenen Untersuchung haben Dan Ariely und Kollegen das Schmerzempfinden gesunder Studenten untersucht und sicnd dabei zu dem Schluß gekommen, daß teure Tabletten besser den Schmerz dämpfen als billige und rote besser als andersfarbige. Ob die Verringerung des Schmerzempfindens eine "Wirkung im medizinischen Sinne" ist, kann ich nicht beurteilen, da ich kein Arzt bin.
Die Untersuchungen liefen natürlich auf Placebowirkungen hinaus, da einer der Schlußeffekte war, daß alle(!) verwendeten Tabletten eines Studiendurchganges völlig ohne Wirkstoff waren.
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: bayle am 25. September 2012, 20:05:23
Das war eine typische Untersuchung an Gesunden, die kaum Aussagen über Krankheiten zulässt, und schon gar nicht über anhaltende Störungen wie z. B. chronische Schmerzen. Aber schon die alten DDR-Ärzte wussten, dass Aspirin von Bayer (r) im Silber-Blister aus dem Westen um vieles wirksamer war als die in weiß-gelbes Papier eingepressten Acetylsalizylsäure-Tabletten für 35 Ostpfennige. Dafür haben die keine Studien gebraucht. Der Placebo-Effekt wächst mit dem Quadrat der Entfernung, die der Patient zurücklegen muss; je aufwändiger um so besser. Meditationen in Tibet sind (für den Westeuropäer) deutlich wirksamer als die beim Ayurveda-Fritzen 2 Querstraßen weiter, dafür aber nicht für den Tibeter.

Ich gebe zu, das alles sind Meinungen aus dem Wunderland der Hypothesen.  :grins2:
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: 71hAhmed am 25. September 2012, 20:17:02
Zitat von: bayle am 24. September 2012, 06:04:11
Als Zwischenergebnis also vielleicht: Bildung ist notwendig, aber nicht hinreichend
Auch da bin ich mir nicht so sicher; Bildung kann hilfreich sein, vermindert aber manchmal (mein Eindruck) die Fähigkeit, sich auf dem Boden der Tatsachen zu bewegen und die Dinge so zu akzeptieren, wie sie nun mal sind.
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: P.Stibbons am 26. September 2012, 13:02:30
Zitat von: bayle am 23. September 2012, 21:13:13
ZitatGenericum
Den meisten Zoff, den man mit Generica hat, hat man aus der Gewöhnung, der Ängstlichkeit und den leichten kognitiven Einschränkungen der älteren Patienten; die Galenik spielt nach meiner Erfahrung eine völlig untergeordnete Rolle. Wartet, ich krieg' gleich den Schlenker: das wäre eine lohnende Aufgabe für die Versorgungsforschung; und nicht die Feststellung, dass "Homöopathika helfen", wie von Frau Prof. Witt. Der Vorwurf, den ich an die Politik habe, ist ein etwas anderer: die wollen keine Forschung, weil dabei herauskommen könnte, dass Generika wirklich problematisch sind, und die bequeme Geldsparmethode nicht einfach so weiterliefe. Im Übrigen aber glaube ich nicht, dass das ein Grund für das Abdriften von Ärzten in die Paramedizin ist: dazu ist das Phänomen einfach zu global, zu alt und zu allgemein.
Zitatevidenzbasiert
evidenzbasiert ist nicht dasselbe wie wissenschaftlich ist nicht dasselbe wie Schulmedizin

Hatte Conina im Smalltalk-Faden geposted, gehört aber auch hierher:

http://www.schnurz-egal.de/Schnurz-Egal-Patienteninformation.pdf

ZitatDie Einnahme von Schnurz-Egal® Hauptsache billig über einen längeren Zeitraum, z.B. als Dauermedikation, kann durch das
ständig wechselnde Aussehen von Schnurz-Egal® Hauptsache billig zu einem nachhaltigen Vertrauensverlust und einer
Verdrossenheit gegenüber der Therapie führen.
Der Placebo- Effekt, also jener Anteil der Wirkung, der alleine über das Vertrauen in die Therapie zustande kommt, kann dadurch
stark beeinträchtigt werden.
Auch das Auftreten eines Nocebo-Effekts, also von negativen physiologischen Reaktionen aufgrund einer negativen
Erwartungshaltung ist im Zusammenhang mit der Einnahme von Schnurz-Egal® Hauptsache billig nicht auszuschließen.
Bei älteren Menschen ist die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten des Nocebo-Effektes höher als bei Jüngeren.
Nocebo-Symptome treten signifikant häufiger bei Frauen auf.
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: Dr. Ici Wenn am 26. September 2012, 13:31:36
Zitat von: 71hAhmed am 25. September 2012, 20:17:02
Auch da bin ich mir nicht so sicher; Bildung kann hilfreich sein, vermindert aber manchmal (mein Eindruck) die Fähigkeit, sich auf dem Boden der Tatsachen zu bewegen und die Dinge so zu akzeptieren, wie sie nun mal sind.

Müsste man erstmal definieren, was unter Bildung zu verstehen ist. Für einen Dietrich Schwanitz gehören ja NaWis nicht dazu. Wer sich in diesem Sinne als gebildet begreift, erliegt dann gerne oberflächlichen, falsch angesetzten und vor allem überflüssigen Privat-Heuristiken, getragen durch eine vermeindliche Überlegenheit des Denkens, was regelmäßig zu ziemlichen Peinlichkeiten führt.
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: Omikronn am 26. September 2012, 14:36:57
ZitatAuch da bin ich mir nicht so sicher; Bildung kann hilfreich sein, vermindert aber manchmal (mein Eindruck) die Fähigkeit, sich auf dem Boden der Tatsachen zu bewegen und die Dinge so zu akzeptieren, wie sie nun mal sind.
ZitatMüsste man erstmal definieren, was unter Bildung zu verstehen ist. Für einen Dietrich Schwanitz gehören ja NaWis nicht dazu. Wer sich in diesem Sinne als gebildet begreift, erliegt dann gerne oberflächlichen, falsch angesetzten und vor allem überflüssigen Privat-Heuristiken, getragen durch eine vermeindliche Überlegenheit des Denkens, was regelmäßig zu ziemlichen Peinlichkeiten führt.
Um mal meine 2 cents einzuwerfen: Ich denke dass Bildung vermutlich nicht viel damit zu tun hat, m.A. nach spielt die Mischung aus prägenden Ereignisssen und die Persönlichkeit der Betroffenen eine grössere Rolle. Die Bildung und die nicht-Bildung vergleiche ich in diesem Fall mit einer geteerten Strasse und einem holprigen Feldweg: Auf der Strasse kann man schneller fahren, es geht aber  u.U. auch schneller in die falsche Richtung.
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: Dohle am 28. September 2012, 07:00:21
Zitat von: Dr. Ici Wenn am 26. September 2012, 13:31:36
Zitat von: 71hAhmed am 25. September 2012, 20:17:02
Auch da bin ich mir nicht so sicher; Bildung kann hilfreich sein, vermindert aber manchmal (mein Eindruck) die Fähigkeit, sich auf dem Boden der Tatsachen zu bewegen und die Dinge so zu akzeptieren, wie sie nun mal sind.

Müsste man erstmal definieren, was unter Bildung zu verstehen ist. Für einen Dietrich Schwanitz gehören ja NaWis nicht dazu. Wer sich in diesem Sinne als gebildet begreift, erliegt dann gerne oberflächlichen, falsch angesetzten und vor allem überflüssigen Privat-Heuristiken, getragen durch eine vermeindliche Überlegenheit des Denkens, was regelmäßig zu ziemlichen Peinlichkeiten führt.

Ja das ist o.k., Bildung ist ja grundsätzlich reine Privatsache solange die öffentliche Hand nicht mitspielt, sollte es sein!

Doch wie hier zu sehen, geht alles einen Schritt weiter, wenn ein Landeshauptmann, sein Brotberuf war so nebenbei bemerkt "Religionslehrer" eine
Veranstaltung im öffentlichen Raum wie die hier eröffnet:
http://www.nachrichten.at/oberoesterreich/steyr/art68,976133
im Detail:
http://www.progesundheitsteyr.at/aktionen/details/article/messetage-der-pro-gesundheit-steyr-am-28-und-29-9-2012/?no_cache=1&cHash=ebf44a24324f60551231e24f21ff1c14

und hier sieht man ganz genau was Bildungsinstitutionen machen und in welchem Umfeld sie ihre Vertretungen haben, nicht nur die VIADRINA gehört zu diesen
seltsamen Bildungseinrichtungen. Wie soll man es da einem Mediziner übel nehmen wenn er sein Hauptgebiet die "Heilkunst" etwas erweitert, vielleicht sogar mit irrationalem Wissen?
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: The Doctrix am 28. September 2012, 08:29:36
Zitat von: Dohle am 28. September 2012, 07:00:21
Wie soll man es da einem Mediziner übel nehmen wenn er sein Hauptgebiet die "Heilkunst" etwas erweitert, vielleicht sogar mit irrationalem Wissen?

Weil es seine verdammte Pflicht ist, sich erst einmal über eine Methode und vor allem deren Wirksamkeit sachkundig zu informieren, bevor er seine Patienten damit malträtiert!     >:(
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: Lync am 03. Februar 2013, 09:20:25
Zitat von: The Doctor am 21. September 2012, 22:14:23
Okay, den aktuellen Fred habe ich wohl mit zu verantworten, dann kann ich hier auch gleich mal meine Geschichte erzählen (Warnung! Das wird "etwas" umfangreicher!)

Ich hole mal aus:


Eben erst gelesen.
Vielen Dank.
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: Bartimaeus am 03. Februar 2013, 11:22:56
Ich hab den Beitrag (http://forum.psiram.com/index.php?topic=9631.msg109161#msg109161) auch erst eben gelesen. Hat mir gefallen.  :grins2:
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: DönerMitScharf am 03. Februar 2013, 13:47:57
Hi,
bin neu hier und würde gerne mal kurz berichten wie ich die Sache sehe als jemand der kurz vor Ende seines Studiums steht (Examen im April :grins2:)

Das Medizinstudium ist einfach eine Schule 2.0, auf der nur auswendig gelernt werden soll. Die meisten Medizinstudenten die ich kenne, die sich für Pseudowissenschaften interessieren, sind "leider" nur gute Pauker, die wenig hinterfragen.
Im Medizinstudium wird zu wenig gelehrt, wie medizinischen Wissen entsteht bzw. gesichert wird, also wie Studien ablaufen und so die für den Patienten die beste Behandlung/Therapie sicher gestellt wird.

Viele meiner Kollegen denken einfach, ja Prof. X sagt man behandelt Krankheit Y so und so, ja weil er einfach die Autorität auf dem Gebiet ist. Die verstehen meist gar nicht was an Studien und Arbeit dahinter steckt, manche wissen nicht mal was ne Leitlinie ist.
Und wenn man das jetzt weiter denkt, ist aus deren Sicht der Sprung zu "Horatius Hufnagel Dr. h.c. in Homöopathie sagt Globuli sind besser als Impfung" nicht weit, man bezieht sich einfach auf eine andere Autorität, warum soll der nicht auch Recht haben?

Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: The Doctrix am 03. Februar 2013, 13:53:17
@ DönerMit:

Das Problem liegt darin, dass Biomathematik und Statistik nur ganz kleine Fächer im klinischen Studienabschnitt sind. Ich weiss nicht, wie das heute im Examen ist, aber zu meiner Zeit nahmen diese beiden Fächer gerade mal je 3-4 Fragen unter Hunderten im 1. und 2. Staatsexamen ein. Da macht sich doch niemand die Mühe, den ganzen Kram zu lernen.
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: The Doctrix am 03. Februar 2013, 13:57:55
Wobei dies primär das Problem des Studiums ist. In der Zeit als Assistenzarzt kommen dann die immer noch sehr verkrusteten Hierarchein im System ins Spiel. Wenn Dir Dein Chef sagt, Du sollst eine bestimmte Behandlungsmethode anwenden, dann machst Du das besser auch (oder suchst Dir bald eine neue Stelle). Und wage es bloss nicht, den Chef darauf hinzuweisen, dass "seine" Methode veraltert ist oder verlange gar Belege für deren Wirksamkeit. Solche Querulanten wie Du finden dann nämlich auch in 100km Umkreis keine neue Stelle mehr.

Ist schlimm, ist aber an vielen Kliniken noch so.
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: DönerMitScharf am 03. Februar 2013, 14:23:44
Zitat von: The Doctor am 03. Februar 2013, 13:57:55
Wobei dies primär das Problem des Studiums ist. In der Zeit als Assistenzarzt kommen dann die immer noch sehr verkrusteten Hierarchein im System ins Spiel. Wenn Dir Dein Chef sagt, Du sollst eine bestimmte Behandlungsmethode anwenden, dann machst Du das besser auch (oder suchst Dir bald eine neue Stelle). Und wage es bloss nicht, den Chef darauf hinzuweisen, dass "seine" Methode veraltert ist oder verlange gar Belege für deren Wirksamkeit. Solche Querulanten wie Du finden dann nämlich auch in 100km Umkreis keine neue Stelle mehr.

Ist schlimm, ist aber an vielen Kliniken noch so.

Ja ich weiß, das ist ein Problem. Bei der herrschenden Hierarchie ist man dem Chef schon ein wenig ausgeliefert.

Auch nach der neuen AO ist Statistik natürlich nur ein winziges Fach und für die meistens einfach nur eine von vielen kleinen Hürden bis zum Examen.
Die Kommentare meiner Kommilitonen gingen aber vor allem bei diesem Fach in die Richtung, warum lernen wir sowas??? das braucht man doch sowieso nicht bla bla, obwohl statistik gerlehrt wird, fehlt einfach das Verständnis warum so etwas wichtig ist. Leider auch bei vielen Kommilitonen die eine medizinische Doktorarbeit abgeschlossen haben na ja >:(
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: The Doctrix am 03. Februar 2013, 16:45:03
Bei uns haben sich die meisten der Doktoranden ihre Daten einfach von einem Statistiker auswerten lassen, der hat ihnen dann gesagt, was sie da eigentlich bewiesen hatten. Bzw. warum sie ihre Hypothese jetzt gerade widerlegt hatten und welche ihrer Messdaten sie am besten unter den Tisch fallen liessen, damit es keiner merkt.
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: Hildegard am 03. Februar 2013, 19:22:05
Zitat von: DönerMitScharf am 03. Februar 2013, 14:23:44
Auch nach der neuen AO ist Statistik natürlich nur ein winziges Fach und für die meistens einfach nur eine von vielen kleinen Hürden bis zum Examen.
Witzig, dass das heutzutage ausgerechnet in der von Manchen als unwissenschaftlich geschmähten Psychologie anders ist. Da geht ohne Statistik gar nichts.
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: bayle am 04. Februar 2013, 07:31:00
Der geringe Umfang in statistischer Ausbildung mag ein Aspekt sein, aber ich glaube nicht, dass das so wichtig ist. Ein neunjähriges Kind war in der Lage, die Grundannahmen von Reiki experimentell zu überprüfen.
http://psiram.com/ge/index.php/Therapeutic_Touch#Der_Emily_Rosa-Versuch
Schon die Frage "kann das sein?" genügt, um den meisten paramedizinischen Unfug als Unfug zu erkennen; man müsste sich erst verbilden, um davon abzukommen. Entscheidender als eine formale Ausbildung scheint mir der Erwerb einer kritischen Grundhaltung zu sein, aber wie man die vermitteln kann, wenn sie nicht schon vorhanden ist – das weiß ich auch nicht.
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: sweeper am 04. Februar 2013, 11:31:52
ZitatEntscheidender als eine formale Ausbildung scheint mir der Erwerb einer kritischen Grundhaltung zu sein, aber wie man die vermitteln kann, wenn sie nicht schon vorhanden ist – das weiß ich auch nicht.

Manchmal muss man wohl einfach kapitulieren...  :(
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: DönerMitScharf am 04. Februar 2013, 12:15:45
Ohne jetzt in die Sexismusdebatte stolpern zu wollen, denkt ihr dass Männer eher zu kritischem Denken neigen? Ich vermute mal dass insgesamt auch hier im Forum (abgesehen natürlich von Marlene und anderen?) eher die Männer überwiegen. Im Artikel über Homöopathie wird ja auch erwähnt dass es statistisch eher Frauen sind die zu alternativen Heilmethoden neigen. Und jetzt bitte nicht hauen  :angel:
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: Binky am 04. Februar 2013, 12:26:47
Zitat von: DönerMitScharf am 04. Februar 2013, 12:15:45
Ohne jetzt in die Sexismusdebatte stolpern zu wollen, denkt ihr dass Männer eher zu kritischem Denken neigen? Ich vermute mal dass insgesamt auch hier im Forum (abgesehen natürlich von Marlene und anderen?) eher die Männer überwiegen. Im Artikel über Homöopathie wird ja auch erwähnt dass es statistisch eher Frauen sind die zu alternativen Heilmethoden neigen. Und jetzt bitte nicht hauen  :angel:

Erfahrungsgemäß fallen Frauen eher auf Esoterik/Alternaivkram herein, Männer eher auf Verschwörungstheorien.

Ich habe zudem den Verdacht, irrationales Denken ist ein Bestandteil der Persönlichkeit, der bei einer Person relativ konstant vorhanden ist oder nicht.
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: zwingenberger am 04. Februar 2013, 12:35:03
Männer denken in anderen Disziplinen unkritisch. Der typische Crank ist ein Mann. Der VTler ist ein Mann. Der Mondlandungsleugner ist ein Mann, und selbst die "Impfkritik" ist, jedenfalls bei den Meinungsmachern, überwiegend männlich.

Dass Paramedizin allgemein einen weiblichen Drall hätte, bezweifle ich übrigens auch grundsätzlich. Die allermeisten unsinnigen Ideen haben dort Männer in die Welt gesetzt. Das kann natürlich damit zusammenhängen, dass eine ganze Menge Unsinn, den sich ausgebildete Mediziner ausdachten, aus einer Zeit stammt, als der Frauenanteil an der Ärzteschaft noch vergleichsweise gering war. Mein Tipp lautet denn auch: so wie der Anteil der Frauen an Gewalt- und Straßenverkehrsdelikten ständig steigt, so wird er auch in der Erfindung von Gaga-Heilmethoden steigen. Machen wir uns da nichts vor.
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: Gefährliche Bohnen am 04. Februar 2013, 12:42:22
Zitat von: The Doctor am 03. Februar 2013, 13:53:17
Das Problem liegt darin, dass Biomathematik und Statistik nur ganz kleine Fächer im klinischen Studienabschnitt sind. Ich weiss nicht, wie das heute im Examen ist, aber zu meiner Zeit nahmen diese beiden Fächer gerade mal je 3-4 Fragen unter Hunderten im 1. und 2. Staatsexamen ein. Da macht sich doch niemand die Mühe, den ganzen Kram zu lernen.

Und

Zitat von: DönerMitScharf am 03. Februar 2013, 14:23:44
Die Kommentare meiner Kommilitonen gingen aber vor allem bei diesem Fach in die Richtung, warum lernen wir sowas??? das braucht man doch sowieso nicht bla bla, obwohl statistik gerlehrt wird, fehlt einfach das Verständnis warum so etwas wichtig ist.

Kann ich bestätigen. Außerdem höre ich auch des öfteren Argumente wie "na ja, dann ist es halt nur Placebo, ist doch egal, warum es wirkt... wenn es Person xy halt hilft...".

Zitat von: zwingenberger am 04. Februar 2013, 12:35:03
Männer denken in anderen Disziplinen unkritisch. Der typische Crank ist ein Mann. Der VTler ist ein Mann. Der Mondlandungsleugner ist ein Mann, und selbst die "Impfkritik" ist, jedenfalls bei den Meinungsmachern, überwiegend männlich.

Dass Paramedizin allgemein einen weiblichen Drall hätte, bezweifle ich übrigens auch grundsätzlich. Die allermeisten unsinnigen Ideen haben dort Männer in die Welt gesetzt. Das kann natürlich damit zusammenhängen, dass eine ganze Menge Unsinn, den sich ausgebildete Mediziner ausdachten, aus einer Zeit stammt, als der Frauenanteil an der Ärzteschaft noch vergleichsweise gering war. Mein Tipp lautet denn auch: so wie der Anteil der Frauen an Gewalt- und Straßenverkehrsdelikten ständig steigt, so wird er auch in der Erfindung von Gaga-Heilmethoden steigen. Machen wir uns da nichts vor.

Denke ich auch. Ich glaube, ob mehr Männer oder Frauen auf eine Blödsinn-Theorie abfahren, liegt eher an der Verpackung (sanft, Naturkram, Quantenquark, VT...) als am Blödsinn selbst.
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: DönerMitScharf am 04. Februar 2013, 12:45:01
Zitat von: zwingenberger am 04. Februar 2013, 12:35:03
Männer denken in anderen Disziplinen unkritisch. Der typische Crank ist ein Mann. Der VTler ist ein Mann. Der Mondlandungsleugner ist ein Mann, und selbst die "Impfkritik" ist, jedenfalls bei den Meinungsmachern, überwiegend männlich.

Dass Paramedizin allgemein einen weiblichen Drall hätte, bezweifle ich übrigens auch grundsätzlich. Die allermeisten unsinnigen Ideen haben dort Männer in die Welt gesetzt. Das kann natürlich damit zusammenhängen, dass eine ganze Menge Unsinn, den sich ausgebildete Mediziner ausdachten, aus einer Zeit stammt, als der Frauenanteil an der Ärzteschaft noch vergleichsweise gering war. Mein Tipp lautet denn auch: so wie der Anteil der Frauen an Gewalt- und Straßenverkehrsdelikten ständig steigt, so wird er auch in der Erfindung von Gaga-Heilmethoden steigen. Machen wir uns da nichts vor.

Ich hätte mir den Zusammenhang beim typischen Crank so erklärt, dass es sich bei denen meist um Männer handelt die in Wahrheit um den Unsinn ihrer Ansichten wissen, daran jedoch festhalten weil sich damit ein gutes Geschäft machen lässt (Krebsheiler usw.). Also dass Männer eher ein "geschäftliches" Interesse an Parawissenschaften haben, eher gewinnorientiert sind.
Titel: Re: Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig
Beitrag von: The Doctrix am 04. Februar 2013, 14:32:46
Zitat von: Gefährliche Bohnen am 04. Februar 2013, 12:42:22
Außerdem höre ich auch des öfteren Argumente wie "na ja, dann ist es halt nur Placebo, ist doch egal, warum es wirkt... wenn es Person xy halt hilft...".

Tja, das berühmte "wer heilt, hat recht" dringt bei vielen angehenden Medizinern schon sehr früh ganz tief ins ZNS.