Das Thema Atheismus wird auch in Deutschland immer populärer. Die aktuelle ZEIT-Ausgabe widmet sich ihm sogar auf dem Titel:
>>>Diesseits von Gut und Böse (http://www.zeit.de/2010/37/Atheisten-Glauben)
Find ich gut, dass langsam mit dem Vorurteil aufgeräumt wird, man bräuchte einen Glauben um eine Moralvorstellung zu haben. Das widerlegt auch Sam Harris auf eindrucksvolle Weise: >>>Science can answer moral questions (http://www.ted.com/talks/sam_harris_science_can_show_what_s_right.html)
Danke für die interessanten Links, auch wenn ich einiges etwas anders sehe.
Ich bin durchaus auch der Ansicht, das Religion nicht zwingende Vorraussetzung für Moral ist, oder das Atheisten nicht zwangsläufig keine Moralvorstellung besitzen. Aber Sam Harris würde ich, so interessant ich auch finde, was er da sagt, widersprechen.
Ich würde nicht sagen, dass Wissenschaft Antworten auf Fragen der Moral und Ethik liefern kann, jedenfalls nciht alleine. Zwar kann sie möglicherweise ein Werkzeug sein, um fetszustellen, ob etwas richtig oder flasch, gut oder böse ist, wenn man erstmal definiert hat, was richtig und falsch, gut und böse überhaupt ist (von dieser Definition hinge dann vermutlich auch ab, ob man die Wissenschaft als Werkzeug dafür nutzuen kann). Die Definitionen dafür kann sie aber nicht liefern, und somit auch von sich aus keine Antworten auf diese Art von Fragen.
Sam Harris scheint in Richtung Utilitarismus zu argumentieren (gegen den ich eine persönliche Abneigung entwickelt habe), aber der Utilitarismus ist im Grunde genauso wenig wissenschaftlich begründet wie andere Ansichten zu Moral und Ethik.
Woher sollen sich Moral und Ethik denn sonst begründen, wenn nicht aus den Naturwissenschaften?
Zitat von: NuEM am 17. September 2010, 11:44:31
Woher sollen sich Moral und Ethik denn sonst begründen, wenn nicht aus den Naturwissenschaften?
Ist etwas missverständlich formuliert, finde ich. Die NW kann begründen, warum sich Menschen auch ohne Religion ethisch verhalten (im Normalfall). Aber dieses Verhalten gründet nicht auf den NW.
Nein, dieses Verhalten gründet nicht auf den Naturwissenschaften, sondern auf dem Gegenstand der Betrachtung der Naturwissenschaften. Der Grund ist natürlich. Die Begründung naturwissenschaftlich.
Zitat von: NuEM am 17. September 2010, 12:23:00
Nein, dieses Verhalten gründet nicht auf den Naturwissenschaften, sondern auf dem Gegenstand der Betrachtung der Naturwissenschaften. Der Grund ist natürlich. Die Begründung naturwissenschaftlich.
Ok, so ist das klar.
Hier noch ne interessante Studie, die ich heute morgen entdeckt habe. Scheinbar hat der religiöse Glaube einen Einfluss auf die visuelle Wahrnehmung des "großen Ganzen":
>>>Religion causes a chronic biasing of visual attention (http://bps-research-digest.blogspot.com/2010/09/religion-causes-chronic-biasing-of.html?utm_source=feedburner&utm_medium=feed&utm_campaign=Feed%3A+BpsResearchDigest+%28BPS+Research+Digest%29&utm_content=Google+Reader)
ZitatDer Ungläubige hat keinen Grund, fanatisch zu sein. Er muss auch nicht wie Karl Marx die Gesellschaft dergestalt verändern wollen, dass die Frage nach Gott überflüssig wird. Marxens angeblich so humanistische Frühschrift Ökonomisch-philosophische Manuskripte gibt keine Mitteilung darüber, was mit denen geschehen soll, die dennoch diese Frage stellen. Die Geschichte hat dann grausame Auskunft gegeben.
::) - Was für eine bestechende Logik.
@ NuEM: Was du beschreibst, ist keine Begründung von Moral und Ethik, sondern blosse Beobachtung von tatsächlichen Verhaltensweisen. Schon bei der Beschreibung ethischer/moralischer Systeme auf Grundlage dieser empirischen Beobachtungen wirst du wohl den Bereich der Naturwissenschaften verlassen müssen. Kurz: ich hab keine Ahnung, wovon du sprechen könntest.
Und ich verstehe deinen Einwand nicht. Sicher ist es die Beobachtung von Verhaltensweisen. Was denn sonst.
Zitat von: NuEM am 21. September 2010, 14:16:39
Und ich verstehe deinen Einwand nicht. Sicher ist es die Beobachtung von Verhaltensweisen. Was denn sonst.
Ich verstehe Ridcully so, dass die Nawi faktische Verhaltensweisen (Sein) beschreiben, aber aus dieser Beschreibung keine Wertungen bzw. Normativsetzungen einiger Verhaltensweisen (Sollen) herleiten kann. Siehe naturalistischer Fehlschluss.
@Ridcully: Was ist denn an dieser Aussage über den frühen Marx unlogisch? Natürlich folgt aus den ÖPM nicht zwangsläufig, dass Religiöse umerzogen oder liquidiert werden. Lag wohl auch nicht in Marxens Absicht. Aber wenn ich Leuten ein falsches Bewusstsein unterstelle,
kann das eben solche Folgen wie im Stalinismus usw. haben. Ich würde eher den Anfang des Zitates anzweifeln: Natürlich können auch Ungläubige Gründe haben, fanatisch zu sein. Oder meintest du das?
Hinweis: Mein Beitrag hat sich zeitlich mit dem von Tooticki überschnitten, weswegen ich letzteren bei meiner Antwort nicht berücksichtigt habe; ich habe aber keine Lust, alles noch mal zu schreiben, darum bleibt es erstmal so.
Zitat von: NuEM am 21. September 2010, 14:16:39
Und ich verstehe deinen Einwand nicht. Sicher ist es die Beobachtung von Verhaltensweisen. Was denn sonst.
Aber aus der Beobachtung von Verhaltensweisen lassen sich auf naturwissenschaftlichem Wege keine Antwort auf moralische/ethische Fragen ableiten.
Natürlich kann man eine wissenschaftliche Untersuchung darüber machen, wie viele Menschen eine bestimmte Sache oder Handlung für gut oder schlecht, falsch oder richtig halten. Aber das liefert für sich genommen immer noch keine Aussage darüber, ob diese Sache oder Handlung nun gut oder schlecht, falsch oder richtig
ist.
Natürlich kann man jetzt sagen, dass das, was die Mehrheit für gut bzw. schlecht findet, automatisch auch gut bzw. schlecht ist. Aber das ist dann wieder eine Annahme, die eben nicht rational-naturwissenschaftlich begründet ist.
Auch könnte man sagen, dass es so etwas wie gut oder schlecht, falsch oder richtig gar nicht wirklich gibt, sondern nur in der (mehr oder weniger voneinander abweichenden) Vorstellung der einzelnen Menschen. Das wäre auch eine Ansicht, die man vertreten könne; würde dann aber bedeuten, dass Moral und Ethik gar nicht wirklich existieren. Das wiederum führt dann vermutlich zu Hedonismus. (Wenn man weiter geht und konsequent alles nicht rationale, nicht naturwissenschaftlich untersuchbare ablehnt, kommt man meinen Überlegungen nach allerdings zu wirklich "gruseligen" Ideen; aber das führt an diese Stelle vermutlich zu weit.)
Aber wie man es dreht und wendet: Die Naturwissenschaft beschreibt zwar, wie etwas ist, aber nicht, wie das moralisch zu bewerten ist, und kann daher meiner Meinung Nach keine Antworten auf Fragen der Moral und Ethik liefern (auch wenn Sam Harris in seinem Vortrag etwas anderes behauptet.
Ich glaube, hier werden zwei unterschiedliche Perspektiven durcheinander geworfen bzw. vermischt, was natürlich nicht gut gehen kann. Der erste Perspektive ist die des neutralen Beobachters. Der schaut sich das ganze von außen an. Für ihn sind Moral und Ethik keine Begriffe. Er sieht uns als Lebewesen an, die wie alle anderen Lebewesen ihre typischen Verhaltensweisen haben, die rein naturwissenschaftlich gedeutet werden. Sicher deutlich komplexer als die der meisten anderen Lebewesen, bedingt durch unserer herausragendes Gehirn und unsere soziale Lebensweise, aber letztendlich nur eine Art unter vielen, die wertneutral nebeneinander stehen.
Die andere Perspektive ist die des Teilnehmers. Moral und Ethik sind Konzepte die Abstraktionen von Verhaltensweisen darstellen, und einer Bewertung unterliegen. Handlungen können falsch oder richtig sein, moralisch oder unmoralisch. Dies sind keine der Handlung immanenten Eigenschaften, sondern sie werden von den Akteuren, von uns, vergeben, auf der Basis der eigenen persönlichen wie gesellschaftlichen Moralvorstellungen, welche wiederum nicht fest und unveränderlich sind, sondern einer ständigen Entwicklung unterliegen.
Moral und Ethik sind ja keine messbaren Größen, sondern Konzepte, und als solche nur gültig innerhalb des anwendbaren Bereiches, nämlich des menschlichen Verhaltens aus der Perspektive des Menschen betrachtet. Naturwissenschaftlich lässt sich also Verhalten zwar erklären, aber nicht moralisch werten, das geht nur aus der Sicht innerhalb der "moralischen Welt".
Kurz gesagt: Ich stimme darin mit euch überein.
Jetzt könnte ich noch Haare spalten, Moral/Ethik lassen sich durchaus messen :)
Aber schon klar, was Du sagen wolltest, ist angekommen.
Schön, dann wäre das geklärt.
Zitat von: Tooticki am 21. September 2010, 16:06:58@Ridcully: Was ist denn an dieser Aussage über den frühen Marx unlogisch? Natürlich folgt aus den ÖPM nicht zwangsläufig, dass Religiöse umerzogen oder liquidiert werden. Lag wohl auch nicht in Marxens Absicht. Aber wenn ich Leuten ein falsches Bewusstsein unterstelle, kann das eben solche Folgen wie im Stalinismus usw. haben. Ich würde eher den Anfang des Zitates anzweifeln: Natürlich können auch Ungläubige Gründe haben, fanatisch zu sein. Oder meintest du das?
Nein, ich meinte den Teil mit Marx. Der erste Satz soll doch wohl ausdrücken, dass der blosse Nichtglaube kein Grund ist, z.B. die Gläubigen zu verfolgen. Dass seh ich auch so, der Fanatismus basiert wenn dann an dem Glauben an etwas anderes (was nichts religiöses sein muss). Marx muss dafür hier als Beispiel dienen, und da wird es absurd. Denn Marx beschreibt "falsches Bewusstsein" doch gerade nicht als individuelles Fehlverhalten, sondern als Ausdruck objektiver Verhältnisse. Wenn Bedarf an Religion besteht, dann liegt das für ihn an unglücklichen Lebensumständen, also müsse die geändert werden und nicht der Gläubige. Das ist der Kern seiner Religionskritik und deshalb ist es albern ihm vorzuwerfen, dazu nichts gesagt zu haben und deshalb nur "angeblich" humanistisch gewesen zu sein und irgendwie für Stalins Verbrechen mitverantwortlich gewesen zu sein.
Wenn man das Argument auf die Religion zurück bezieht, wäre z.B. Jesus der Vorwurf zu machen, dass er nicht gesagt hat, was mit denen passieren soll, die nicht das Evangelium annehmen wollen. Was offensichtlich Schwachsinn ist, den er hat es doch gesagt: die sind halt nicht gerettet und müssen in der Hölle schmoren oder so. Von irgendwelchen Scheiterhaufen war da hingegen nicht die Rede und diese praktische Vorgehensweise widerspricht auch völlig der Grundidee einer spirituellen Strafe im Jenseits. Den verbrannten Ketzern wird doch die Gelegenheit genommen, doch noch zu Sinnen zu kommen und ihre diesseitige Strafe ist zudem völlig belanglos im Vergleich mit den ewigen Qualen, die folgen. Ich hoffe, ich gottloser Sünder hab das einigermassen korrekt dargestellt.
Zitat von: rincewind am 21. September 2010, 21:06:08
Jetzt könnte ich noch Haare spalten, Moral/Ethik lassen sich durchaus messen :)
Aber schon klar, was Du sagen wolltest, ist angekommen.
Jetzt bin ich neugierig. Wie misst man denn sowas? ???
Zitat von: NuEM am 22. September 2010, 01:09:17
Zitat von: rincewind am 21. September 2010, 21:06:08
Jetzt könnte ich noch Haare spalten, Moral/Ethik lassen sich durchaus messen :)
Aber schon klar, was Du sagen wolltest, ist angekommen.
Jetzt bin ich neugierig. Wie misst man denn sowas? ???
Ich kanns Dir jetzt nicht aus dem Ärmel schütteln, aber es gibt im großen Reich der Psychologie mit Sicherheit (Standard-)Tests dazu. Natürlich kommt da kein absoluter Wert raus ("Du hast eine Ehtik von 9,75"), aber vergleichende Werte zwischen Gruppen z.B.
Man kann Menschen durchaus geeignete Fragen stellen, um Rückschlüsse auf sein ethisches Verhalten zu ziehen.
In England gab es ja kürzlich so eine Studie (Name fällt mir grad nicht ein), wo ethisches Verhalten zw. Religiösen und Atheisten untersucht wurde (in der nicht weiter überraschend eigentlich alle Gruppen ein ähnliches Verhalten an den Tag legten)
Weiß jemand zufällig, wo das zu finden ist?
Dazu muss den Püschologen aber auch zunächst jemand sagen, was ethisches/unethisches Verhalten ist. Darüber kann man schliesslich ziemlich unterschiedlicher Auffassung sein. Natürlich kann man das dann messen, aber damit misst man nicht Moral/Ethik, sondern eben inwieweit Menschen einer bestimmten Moral/Ethik folgen.
Zitat von: Ridcully am 21. September 2010, 23:51:10
Marx beschreibt "falsches Bewusstsein" doch gerade nicht als individuelles Fehlverhalten, sondern als Ausdruck objektiver Verhältnisse. Wenn Bedarf an Religion besteht, dann liegt das für ihn an unglücklichen Lebensumständen, also müsse die geändert werden und nicht der Gläubige. Das ist der Kern seiner Religionskritik und deshalb ist es albern ihm vorzuwerfen, dazu nichts gesagt zu haben und deshalb nur "angeblich" humanistisch gewesen zu sein und irgendwie für Stalins Verbrechen mitverantwortlich gewesen zu sein.
Das falsche Bewusstsein wird natürlich von den Produktionsverhältnissen produziert, Religion als Geist geistloser Zustände usw. Ein Problem bekommt man aber, wenn man die PV ändert und das vermeintlich falsche Bewusstsein bei einigen Personen (und das waren faktisch nicht wenige) bestehen bleibt. Dazu gab es dann solche Thesen wie die von der Eigenträgheit des Überbaus, aber es stellte sich die Frage, was mit diesen Leuten zu tun sei. Man konnte z.B. abwarten, ob die Religion doch noch verschwindet, aber man konnte auch dazu übergehen, sie gewaltsam zum Verschwinden zu bringen. Das Problem von Marx ist nicht so sehr, dass er sich dazu nicht äußert, sondern dass es in seiner Theorie keine handfesten Argumente dagegen gibt, die Träger des falschen Bewusstsein zu liquidieren. Diese Möglichkeit ist bereits in der Theorie dadurch angelegt, dass Bewusstsein durch Praxis bestimmt wird und die Menschheit dadurch in eine marxistische Avantgarde mit richtigem Bewusstsein und in den Rest zerfällt. Dass er selbst die gewaltsame Lösung wohl abgelehnt hätte, dürfte eher damit zu tun haben, dass er ganz selbstverständlich in einer ethischen Tradition stand, die er nicht mitreflektiert, der er aber mit seinem Materialism faktisch den Boden entzieht. Man kann hier durchaus Parallelen zum speziell katholischen Realismus sehen, der auch die Möglichkeit bietet, für sich das richtige Wissen um die Welt zu reklamieren. Ketzerverfolgung an allen Fronten eben. Von einer christlichen Position aus kann man aber dafür argumentieren, dass die Evangelien gerade deshalb keine konkrete Sozialethik bieten, weil das Christentum keine Gesetzesreligion ist, sondern der Freiheit einen besonderen Wert beimisst, indem die menschliche Freiheitsfähigkeit zu Menschen als Abbildern Gottes gehört und damit eine spezifische Würde begründet. Damit hat man dann auch Gründe für Religionsfreiheit und allgemein gegen Zwang in Weltanschauungsfragen. Diesen Wert der Freiheit als solcher gibt es eben im Marxism nicht.
Zitat von: Tooticki am 22. September 2010, 11:42:08Ein Problem bekommt man aber, wenn man die PV ändert und das vermeintlich falsche Bewusstsein bei einigen Personen (und das waren faktisch nicht wenige) bestehen bleibt. Dazu gab es dann solche Thesen wie die von der Eigenträgheit des Überbaus, aber es stellte sich die Frage, was mit diesen Leuten zu tun sei. Man konnte z.B. abwarten, ob die Religion doch noch verschwindet, aber man konnte auch dazu übergehen, sie gewaltsam zum Verschwinden zu bringen.
Ja aber wozu denn? Dazu muss man doch erstmal die Beseitigung von Religion als Ziel an sich definieren, und warum sollte sie das sein, wenn es sich doch bloss um ein Symptom handelt?
Zitat von: Tooticki am 22. September 2010, 11:42:08Das Problem von Marx ist nicht so sehr, dass er sich dazu nicht äußert, sondern dass es in seiner Theorie keine handfesten Argumente dagegen gibt, die Träger des falschen Bewusstsein zu liquidieren.
Erstens sind Personen bei Marx in ihren gesellschaftlichen Funktionen immer austauschbar und daher ihre "Liquidation" sinnlos und zweitens gesellschaftliche Strukturen nicht Selbstzweck, sondern Mittel zum Zweck der menschlichen Emanzipation und Gewalt gegen Menschen daher selbstverständlich rechtfertigungsbedürftig.
Zitat von: Tooticki am 22. September 2010, 11:42:08Diese Möglichkeit ist bereits in der Theorie dadurch angelegt, dass Bewusstsein durch Praxis bestimmt wird und die Menschheit dadurch in eine marxistische Avantgarde mit richtigem Bewusstsein und in den Rest zerfällt.
Das ist Lenin und nicht Marx. Was das direkt mit Liquidation zu tun haben soll, ist mir aber auch schleierhaft. Schliesslich kann die Avangarde kaum den ganzen dummen Rest umbringen, bis nur noch die kleine erleuchtete Elite über bleibt und ... ja was eigentlich?
Zitat von: Tooticki am 22. September 2010, 11:42:08Dass er selbst die gewaltsame Lösung wohl abgelehnt hätte, dürfte eher damit zu tun haben, dass er ganz selbstverständlich in einer ethischen Tradition stand, die er nicht mitreflektiert, der er aber mit seinem Materialism faktisch den Boden entzieht.
Dass der Mensch für den Menschen das Maß aller Dinge sein muss, begründet er meines Wissens nicht, sondern setzt er voraus. Ohne irgendwelche höheren Wesen und Werte hat der Mensch einfach nichts anderes als seine Mitmenschen. Warum sein Materialismus dem den Boden entziehen soll, ist mir unklar. Damit würdest du voraussetzen, dass Idealisten dafür eine tragfähige Endbegründung liefern können und das können sie meines Erachtens genauso wenig. Das ist übrigens genau das typische Christenargument: Atheisten können nicht moralisch sein, weil ihnen eine feste Grundlage für ihre Ethik fehlt.
Zitat von: Tooticki am 22. September 2010, 11:42:08Man kann hier durchaus Parallelen zum speziell katholischen Realismus sehen, der auch die Möglichkeit bietet, für sich das richtige Wissen um die Welt zu reklamieren. Ketzerverfolgung an allen Fronten eben.
Die Frage ist doch nicht, ob jemand meint, die Wahrheit gepachtet zu haben (das ist eher die Regel als die Ausnahme), sondern ob er diese Einsicht anderen aufzwingen muss.
Zitat von: Tooticki am 22. September 2010, 11:42:08Von einer christlichen Position aus kann man aber dafür argumentieren, dass die Evangelien gerade deshalb keine konkrete Sozialethik bieten, weil das Christentum keine Gesetzesreligion ist, sondern der Freiheit einen besonderen Wert beimisst, indem die menschliche Freiheitsfähigkeit zu Menschen als Abbildern Gottes gehört und damit eine spezifische Würde begründet. Damit hat man dann auch Gründe für Religionsfreiheit und allgemein gegen Zwang in Weltanschauungsfragen.
Das ist eine theologische Ansicht, die in der Geschichte des Christentums aber eher randständig war. Es hat doch etwas gedauert mit der Religionsfreiheit und die Christen waren da sicherlich keine treibende Kraft.
Zitat von: Tooticki am 22. September 2010, 11:42:08Diesen Wert der Freiheit als solcher gibt es eben im Marxism nicht.
Ganz im Gegenteil: die Freiheit des Menschen ist
die Leitvorstellung von Marx. Natürlich nicht im Marxismus-Leninismus aka Stalinismus, aber dann soll man doch bitte über den reden wenn man ihn meint.
Zitat von: Ridcully am 22. September 2010, 11:06:15
Dazu muss den Püschologen aber auch zunächst jemand sagen, was ethisches/unethisches Verhalten ist. Darüber kann man schliesslich ziemlich unterschiedlicher Auffassung sein.
Hm, in den eher essentiellen Teilen, die man überall auf der Welt bei allen Menschen antrifft, eher nicht. Wüsste z.B. nicht, wo grundloses Töten anderer Menschen nicht als unethisch gälte.
Zitat von: Ridcully am 22. September 2010, 13:19:32
Dazu muss man doch erstmal die Beseitigung von Religion als Ziel an sich definieren, und warum sollte sie das sein, wenn es sich doch bloss um ein Symptom handelt?
Tja, die Staatsmarxismen haben faktisch doch eine gewisse Wirksamkeit des Überbaus anerkannt, wie auch schon der späte Engels. Selbst wenn Religion den Gang der Geschichte nur verlangsamt, reichte das als Grund aus, um sie zu bekämpfen.
Zitat von: Ridcully am 22. September 2010, 13:19:32
Erstens sind Personen bei Marx in ihren gesellschaftlichen Funktionen immer austauschbar und daher ihre "Liquidation" sinnlos und zweitens gesellschaftliche Strukturen nicht Selbstzweck, sondern Mittel zum Zweck der menschlichen Emanzipation und Gewalt gegen Menschen daher selbstverständlich rechtfertigungsbedürftig.
Ja, allerdings. Die Rechtfertigung bestand darin, das Menschheitssubjekt voranzubringen. Die Einzelsubjekte interessieren da nicht weiter. Wenn dann ganze gesellschaftliche Formationen wie die Kleinbauern im nachrevolutionären Russland im Weg waren, konnte man die zu Tausenden erschießen lassen. "Reibungsverluste" hieß das.
Zitat von: Ridcully am 22. September 2010, 13:19:32
Dass der Mensch für den Menschen das Maß aller Dinge sein muss, begründet er meines Wissens nicht, sondern setzt er voraus. Ohne irgendwelche höheren Wesen und Werte hat der Mensch einfach nichts anderes als seine Mitmenschen. Warum sein Materialismus dem den Boden entziehen soll, ist mir unklar. Damit würdest du voraussetzen, dass Idealisten dafür eine tragfähige Endbegründung liefern können und das können sie meines Erachtens genauso wenig. Das ist übrigens genau das typische Christenargument: Atheisten können nicht moralisch sein, weil ihnen eine feste Grundlage für ihre Ethik fehlt.
Nein, dann hat der Mensch eben nicht einfach seinen Mitmenschen, sondern der moralische Wert exisiterender einzelner Menschen kann vor dem Wert des vermeintlichen Fortschritts für die Menschheit auch verschwindend gering werden, und der Geschichtsdeterminismus ist die direkte Folge der materialistischen Auffassung des Verhältnisses von Idee und Praxis. Der Stalinismus ist darin eben nicht einfach eine Häresie innerhalb der Marxismen, sondern eine mögliche, wenn auch nicht notwendige Konsequenz. Damit behaupte ich nicht, Atheisten und/oder Materialisten könnte nicht moralisch sein. Eine andere Frage wäre aber, ob das, was sie faktisch vertreten, in ihren eigenen Paradigmen widerspruchsfrei zu vertreten ist.
Zitat von: Ridcully am 22. September 2010, 13:19:32
Die Frage ist doch nicht, ob jemand meint, die Wahrheit gepachtet zu haben (das ist eher die Regel als die Ausnahme), sondern ob er diese Einsicht anderen aufzwingen muss.
Die einzigen, die heute noch absolute Wahrheiten verkünden, sind der Vatikan und Nordkorea, insofern nicht die Regel. Ob man seine Überzeugungen anderen aufzwingen kann, hängt davon ab, welchen Wert man einzelnen Menschen beimisst.
Zitat von: Ridcully am 22. September 2010, 13:19:32
Zitat von: Tooticki am 22. September 2010, 11:42:08Von einer christlichen Position aus kann man aber dafür argumentieren, dass die Evangelien gerade deshalb keine konkrete Sozialethik bieten, weil das Christentum keine Gesetzesreligion ist, sondern der Freiheit einen besonderen Wert beimisst, indem die menschliche Freiheitsfähigkeit zu Menschen als Abbildern Gottes gehört und damit eine spezifische Würde begründet. Damit hat man dann auch Gründe für Religionsfreiheit und allgemein gegen Zwang in Weltanschauungsfragen.
Das ist eine theologische Ansicht, die in der Geschichte des Christentums aber eher randständig war. Es hat doch etwas gedauert mit der Religionsfreiheit und die Christen waren da sicherlich keine treibende Kraft.
Das bestreite ich. Es hat zwar lange gedauert, bis sich diese Auffassung durchsetzte, und das geschah erst in den Konfessionskonflikten, aber dieses originär christliche Menschenbild war die einzige treibende Kraft. Was natürlich nicht heißt, dass man es ohne christliche Prämissen nicht vertreten könnte.
Zitat von: Ridcully am 22. September 2010, 13:19:32
Zitat von: Tooticki am 22. September 2010, 11:42:08Diesen Wert der Freiheit als solcher gibt es eben im Marxism nicht.
Ganz im Gegenteil: die Freiheit des Menschen ist die Leitvorstellung von Marx. Natürlich nicht im Marxismus-Leninismus aka Stalinismus, aber dann soll man doch bitte über den reden wenn man ihn meint.
Möglicherweise dachten speziell Marx und Engels an die Freiheit einzelner Menschen, die späteren Westmarxismen sowieso. Tatsächlich konnte man aber die Belange von Kollektiven kategorisch über die von Einzelnen stellen, um damit irgendwann einen Zustand herbeizuführen, in dem es dann Freiheit für alle geben würde, was immer das auch heißen mochte.
Den Marxismen ist es schlechterdings nie gelungen, eine Vermittlung ihrer materialistisch gedachten historischen Notwendigkeit durch die notwendige Bestimmung des Bewusstseins der Einzelsubjekte (das ist spätestens Engels, nicht erst Lenin) und dem Freiheitsbegriff herzustellen, den sie schon alleine deshalb brauchen, um überhaupt zu praktischem Handeln auffordern zu können (Parteien gründen, Revolution veranstalten usw.). Dass es manchmal so aussieht, als wäre der Freiheitsgedanke zumindest bei M/E grundlegend, liegt daran, dass es in deren Werk eine materialistische und eine idealistische Ebene gibt, von denen ich nicht erwarte, dass sie jemals in einer sinnvollen Theorie vereinbar sein werden.
kleiner Unterhaltungsfilm dazu: Black Death.
Schön erzählt, wie Christen und Eso`s sich im 13. Jahrhundert bekämpft haben und der Zuschauer am Ende weiß: beide sind se doch bekloppt und brauchen dem Atheisten nichts über Moral zu erzählen.
Richtig zeigen tun se eigentlich nichts, gilt aber als Horrorfilm.
Zitat von: rincewind am 22. September 2010, 13:42:20
Zitat von: Ridcully am 22. September 2010, 11:06:15
Dazu muss den Püschologen aber auch zunächst jemand sagen, was ethisches/unethisches Verhalten ist. Darüber kann man schliesslich ziemlich unterschiedlicher Auffassung sein.
Hm, in den eher essentiellen Teilen, die man überall auf der Welt bei allen Menschen antrifft, eher nicht. Wüsste z.B. nicht, wo grundloses Töten anderer Menschen nicht als unethisch gälte.
Allerdings gehen die Ansichten, was begründetes Töten anderer Menschen angeht und ob es überhaupt begründbar sein kann, dann doch schon auseinander. Von daher muss man da schon den kleinsten gemeinsamen Nenner festlegen und das dürfte nicht ganz einfach werden.
Ach, der einfachste Trick dafür is doch, demjenigen, den man getötet hat, das Menschsein abzuerkennen. Dann brauch man keine komplizierte Rechtfertigung.
Und meistens wurde als Mensch nur derjenige definiert, der der gleichen Abstammung/ Glaubensbekenntnisses war.
@ Ahmed & Adromir: so ist es.
Zitat von: Tooticki am 22. September 2010, 15:24:06Tja, die Staatsmarxismen haben faktisch doch eine gewisse Wirksamkeit des Überbaus anerkannt, wie auch schon der späte Engels. Selbst wenn Religion den Gang der Geschichte nur verlangsamt, reichte das als Grund aus, um sie zu bekämpfen.
In Russland z.B. war die Kirche auch eng mit der gerade gestürzten Herrschaft verflochten. In der französischen Revolution wurde auch nicht netter mit der Kirche umgegangen, ganz ohne grosse Geschichtsphilosophie.
Zitat von: Tooticki am 22. September 2010, 15:24:06Ja, allerdings. Die Rechtfertigung bestand darin, das Menschheitssubjekt voranzubringen. Die Einzelsubjekte interessieren da nicht weiter. Wenn dann ganze gesellschaftliche Formationen wie die Kleinbauern im nachrevolutionären Russland im Weg waren, konnte man die zu Tausenden erschießen lassen. "Reibungsverluste" hieß das..
Danke für die Geschichtsstunde, mir ist aber unklar, was das mit Marx zu tun hat. Gibt es bei dem etwa ein abstraktes "Menschheitssubjekt"? Ist Klassenzugehörigkeit bei dem eine feste Eigenschaft von Personen, die man dann leider liquidieren muss, wenn sie ihre geschichtliche Rolle erfüllt haben? Wohl eher nicht.
Zitat von: Tooticki am 22. September 2010, 15:24:06Nein, dann hat der Mensch eben nicht einfach seinen Mitmenschen, sondern der moralische Wert exisiterender einzelner Menschen kann vor dem Wert des vermeintlichen Fortschritts für die Menschheit auch verschwindend gering werden,.
Das Problem hast du bei jeder mir bekannten Weltanschauung. Natürlich zählen viele immer mehr als einzelne, und entgegen allen Behauptungen von "unveräusserlichen Menschenrechen" sind die des Einzelnen im Zweifel ein Kollateralschaden.
Zitat von: Tooticki am 22. September 2010, 15:24:06und der Geschichtsdeterminismus ist die direkte Folge der materialistischen Auffassung des Verhältnisses von Idee und Praxis..
Wieso?
Zitat von: Tooticki am 22. September 2010, 15:24:06Der Stalinismus ist darin eben nicht einfach eine Häresie innerhalb der Marxismen, sondern eine mögliche, wenn auch nicht notwendige Konsequenz..
Nein, ist er nicht. Wenn wer auch alle theoretischen Grundannahmen von Marx scheisst und so ziemlich das Gegenteil vertritt, kann man ihn nicht mehr Marxist nennen.
Zitat von: Tooticki am 22. September 2010, 15:24:06Damit behaupte ich nicht, Atheisten und/oder Materialisten könnte nicht moralisch sein. Eine andere Frage wäre aber, ob das, was sie faktisch vertreten, in ihren eigenen Paradigmen widerspruchsfrei zu vertreten ist..
Ja dann erkläre doch mal bitte, wieso Materialismus nicht zu moralischen Verhalten passt und am Besten gleich dazu, wieso das für Idealisten anders aussieht. Das betrifft ja nicht nur Marxisten, sondern es handelt sich wohl bei der übergroßen Mehrheit der Atheisten um Materialisten.
Zitat von: Tooticki am 22. September 2010, 15:24:06Die einzigen, die heute noch absolute Wahrheiten verkünden, sind der Vatikan und Nordkorea, insofern nicht die Regel..
Das sehe ich deutlich anders. Den Anspruch absoluter Wahrheiten haben z.B. auch unsere liberalen Chefideologen.
Zitat von: Tooticki am 22. September 2010, 15:24:06Ob man seine Überzeugungen anderen aufzwingen kann, hängt davon ab, welchen Wert man einzelnen Menschen beimisst..
Auch da bist du auf dem Holzweg. Gerade wenn man ihnen einen hohen Wert beimisst, kann es z.B. sein, dass man ihre Seele retten muss - während sie einem sonst egal wäre.
Zitat von: Tooticki am 22. September 2010, 15:24:06Das bestreite ich. Es hat zwar lange gedauert, bis sich diese Auffassung durchsetzte, und das geschah erst in den Konfessionskonflikten, aber dieses originär christliche Menschenbild war die einzige treibende Kraft. Was natürlich nicht heißt, dass man es ohne christliche Prämissen nicht vertreten könnte.
Na super. Tausende von Jahren metzgeln sich die Christen gegenseitig wegen kleiner Differenzen im Glauben ab und dulden keinerlei abweichende Vorstellungen in ihrem Herrschaftsgebiet und jetzt war das eigentlich originär schon immer eine freiheitliche Ideologie? Komisch, beim Marxismus argumentierst du genau andersrum. Und verglichen mit den voraufgeklärten christlichen Gesellschaften herrschte sogar noch unter Stalin mehr Religionsfreiheit.
Zitat von: Tooticki am 22. September 2010, 15:24:06Möglicherweise dachten speziell Marx und Engels an die Freiheit einzelner Menschen, die späteren Westmarxismen sowieso. Tatsächlich konnte man aber die Belange von Kollektiven kategorisch über die von Einzelnen stellen, um damit irgendwann einen Zustand herbeizuführen, in dem es dann Freiheit für alle geben würde, was immer das auch heißen mochte.
Siehe oben, das Problem gibt es immer und ich bin mir auch nicht sicher, wie man das ausschliessen kann.
Zitat von: Tooticki am 22. September 2010, 15:24:06Den Marxismen ist es schlechterdings nie gelungen, eine Vermittlung ihrer materialistisch gedachten historischen Notwendigkeit durch die notwendige Bestimmung des Bewusstseins der Einzelsubjekte (das ist spätestens Engels, nicht erst Lenin) und dem Freiheitsbegriff herzustellen, den sie schon alleine deshalb brauchen, um überhaupt zu praktischem Handeln auffordern zu können (Parteien gründen, Revolution veranstalten usw.).
Hä? Wenn ich deinen Satz richtig interpretiere, gehst du von einem Marxismus aus, in dem die Geschichte pünktlich nach Fahrplan auf festen Gleisen in die Zukunft dampft. Solche vulgärmarxistischen Vorstellungen sind sicher überaus wirkungsmächtig im Arbeiterbewegungsmarxismus (und zwar auch dem sozialdemokratischen), nur lassen sich gerade die nicht auf Marx stützen, beim dem es eher um Entwicklungstendenzen geht, die natürlich vom Handeln mehr oder weniger freier Menschen beeinflusst werden.
Zitat von: Tooticki am 22. September 2010, 15:24:06Dass es manchmal so aussieht, als wäre der Freiheitsgedanke zumindest bei M/E grundlegend, liegt daran, dass es in deren Werk eine materialistische und eine idealistische Ebene gibt, von denen ich nicht erwarte, dass sie jemals in einer sinnvollen Theorie vereinbar sein werden.
Aha. Und wo ist diese idealistische Ebene bitte?
Zitat von: Adromir am 23. September 2010, 21:08:35
Ach, der einfachste Trick dafür is doch, demjenigen, den man getötet hat, das Menschsein abzuerkennen. Dann brauch man keine komplizierte Rechtfertigung.
Das ist natürlich das Einfachste. Dafür fallen mir aber relativ wenige Beispiele ein, und die beruhen auf konkreten Rechtfertigungen wie z.B. einem Rassismus.
Zitat von: Adromir am 23. September 2010, 21:08:35
Und meistens wurde als Mensch nur derjenige definiert, der der gleichen Abstammung/ Glaubensbekenntnisses war.
Das scheint mir eine eher skurrile Auffassung zu sein. Auch wenn häufig große Unterschiede gemacht worden, kenne ich nur sehr wenige Beispiele dafür, dass das Menschsein tatsächlich an Abstammung oder Glaubensbekenntnis gebunden wurde.
Zitat von: Tooticki am 25. September 2010, 17:53:59
Das ist natürlich das Einfachste. Dafür fallen mir aber relativ wenige Beispiele ein, und die beruhen auf konkreten Rechtfertigungen wie z.B. einem Rassismus.
Das scheint mir eine eher skurrile Auffassung zu sein. Auch wenn häufig große Unterschiede gemacht worden, kenne ich nur sehr wenige Beispiele dafür, dass das Menschsein tatsächlich an Abstammung oder Glaubensbekenntnis gebunden wurde.
Da fallen mir viele Beispiele ein, die auch ohne konkreten Rassismus auskommen. Fremde wurden und werden leicht teilweise als nicht ganz menschlich empfunden und durch die Verwendung eines Stereotyps (der Russe, Jude, Christ, Muslim) als ausserhalb der eigenen Gruppe stehend gekennzeichnet. Und die meisten menschlichen Gruppen begreifen sich mehr oder weniger bewusst als die WAHREN MENSCHEN.
Beispiele für diese Unterscheidung gibt es genug, z.B. unterschiedliche Rechtsprechung für die eigenen Leute, die geduldeten Fremden und die fremden Fremden.