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Warum sind Ärzte für Paramedizin anfällig

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Begonnen von bayle, 21. September 2012, 16:18:14

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bayle

Wenn ich religiös wäre, würde ich sagen: "Die großen Heiligen waren vorher allesamt große Sünder". Zella-Mehlis, wie wir Franzosen sagen  :grins2:

sumo

faszinierende Geschichte!
Nun habe ich aber den Eindruck, als daß solche "erweckenden Erlebnisse" meist in der umgekehrten Richtung ablaufen, ehemals rational denkende Menschen kommen in eine gesundheitliche Grenzsituation -die sie nicht einmal selbst betreffen muß- und verfallen dann den plakativen und einfachen Thesen der Scharlatane.
Gibt es denn Möglichkeiten, das zu verhindern oder sie zurückzuholen?
Ich weiß, daß es ein Kampf gegen Windmühlen sein kann, ich weiß auch, daß es hier bei Psiram im Endeffekt genau darum geht, ich bin auch auf den scienceblogs und weiß, daß man sich dort intensiv darum bemüht.
Ich bin glücklicherweise momentan nicht betroffen von solchen Geschehnissen, aber in meiner Verwandschaft und Bekanntschaft gibt es einige Personen, denen ich zutraue, recht schnell in die Esoecke abzudriften.
Ich weiß auch, daß es gerade in der Medizin keine schnellen und einfachen Erklärungen gibt, sowas haben nur Schwurbler zu bieten......

bayle

Wenn Du einverstanden bist, The Doctor, dann möchte ich für unsere Diskussion festhalten: Ein möglicher Grund für die Zuwendung zur Paramedizin ist das Ausweichen vor der Realität.

The Doctrix

Zitat von: bayle am 22. September 2012, 07:10:21
Wenn Du einverstanden bist, The Doctor, dann möchte ich für unsere Diskussion festhalten: Ein möglicher Grund für die Zuwendung zur Paramedizin ist das Ausweichen vor der Realität.

Da stimme ich zu. Aber das "warum" dafür ist aus meinem Text nicht so ganz klar geworden. Einer der Mechanismen, die ich mittlerweile erkannt habe, ist, dass Esoterik und Pseudomedizin so unglaublich einfach, so leicht zu verstehen daherkommen. Wenn man bezüglich seiner eigenen Fähigkeiten zutiefst verunsichert ist, ist es eine Wohltat, wenn jemand kommt und sagt, das ist so und so, da kannst Du nichts falschmachen, das funktioniert, ich hab's gesehen. Da stellt man dann auch nicht mehr viele Fragen und eilt freudig in den warmen Schoss der Pseudowissenschaft.
Immer, wenn Du glaubst, dümmer gehts nicht mehr, kommt von irgendwo ein Eso her!

Dr. Ici Wenn

@The Docor: Das ist z.B. auch das perfide an Hamers GNM: 5 "eiserne, unumstößliche biologische Gesetze", die jeder, auch ohne eine Ahnung von Biologie in 5 min versteht. Dazu das Versprechen, man müsse nur einen psychischen Konflikt lösen, könne sich also alle belastenden Behandlungen ersparen. Für Betroffene unglaublich verlockend, leider auch tödlich ...

P.Stibbons

ZitatDazu das Versprechen, man müsse nur einen psychischen Konflikt lösen, könne sich also alle belastenden Behandlungen ersparen.

Es steckt ja ein Körnchen Wahrheit in dieser Sichtweise:

eine Krankheit, gerade auch ein chronisches Leiden, bringt ja vielfältige Wechselwirkungen und Folgen mit sich:
fürs eigene Lebenskonzept, aber auch für Familie und/oder Partnerschaft.
Eine ernsthafte Erkrankung stellt immer irgendwie auch "existenziell" in Frage und demonstriert vor allem, dass man nicht "alles im Griff" hat. Das zieht für den Patienten eine tiefe Verunsicherung nach sich.

Von daher kommt unser wirtschaftlich ausgerichtetes medizinisches "Versorgungssystem" schnell an seine Grenze, denn der Patient hat die Erwartung, dass ihm in einer Phase der Verunsicherung Orientierung zuteil wird. Diese Erwartung kann unter den herrschenden Bedingungen vom Arzt nicht (oder nur punktuell) erfüllt werden.

Die 5 BN bieten in einer Phase der Verunsicherung das Erklärungsmodell "Konflikt" an und signalisieren gleichzeitig:

"Du hast es selbst in der Hand, damit konstruktiv umzugehen" - das wiederum appelliert an das Bedürfnis nach Selbstwirksamkeitserfahrungen: lt Grawe eines der 4 psychologischen Grundbedürfnisse.

Das Gemeine ist die unzulässige Verkürzung und Reduktion auf den Eigenanteil.

=> Der Arzt, der GNM bzw die 5BN anbietet, wird mit dem Dilemma, die Orientierungserwartung des Patienten nicht erfüllen zu können (damit muss sich jeder Arzt irgendwie rumschlagen) auf elegante  Weise fertig:
er verweist den Kranken auf dessen Eigenverantwortung und ist selbst aus dem Schneider.

The Doctrix

Zitat von: P.Stibbons am 22. September 2012, 10:47:27
Die 5 BN bieten in einer Phase der Verunsicherung das Erklärungsmodell "Konflikt" an und signalisieren gleichzeitig:

"Du hast es selbst in der Hand, damit konstruktiv umzugehen" - das wiederum appelliert an das Bedürfnis nach Selbstwirksamkeitserfahrungen: lt Grawe eines der 4 psychologischen Grundbedürfnisse.

Das Gemeine ist die unzulässige Verkürzung und Reduktion auf den Eigenanteil.

Und durch den Eigenanteil hat der Patient gleichzeitig noch Schuldgefühle - die kann man dann gleich noch nutzen, um als hehrer Retter aufzutreten. Dadurch wird die Bindung gleich nochmal enger.
Immer, wenn Du glaubst, dümmer gehts nicht mehr, kommt von irgendwo ein Eso her!

Dr. Ici Wenn

Zitat von: The Doctor am 22. September 2012, 11:08:59
Und durch den Eigenanteil hat der Patient gleichzeitig noch Schuldgefühle - die kann man dann gleich noch nutzen, um als hehrer Retter aufzutreten. Dadurch wird die Bindung gleich nochmal enger.

Aber nur, bis die ersten Tumore aufplatzen.

The Doctrix

Zitat von: Dr. Ici Wenn am 22. September 2012, 11:30:42
Aber nur, bis die ersten Tumore aufplatzen.

Du hast es immer noch nicht kapiert: Tumore sind gut. Da lässt der Körper seinen ganzen Stress, seine Traumata raus, die sonst das Hirn vergiften würden (gilt nicht für Hirntumore, die sind nur die Strafe für zu kritisches Denken). Da musst Du dann nur noch zu Papa Joao nach Brasilien jetten, der meditiert die Dinger dann weg.
Immer, wenn Du glaubst, dümmer gehts nicht mehr, kommt von irgendwo ein Eso her!

Ladislav Pelc

Zitat von: Dr. Ici Wenn am 22. September 2012, 10:36:22
Das ist z.B. auch das perfide an Hamers GNM: 5 "eiserne, unumstößliche biologische Gesetze", die jeder, auch ohne eine Ahnung von Biologie in 5 min versteht.

Hm, ich muss gestehen, dass ich sie bis heute nicht richtig verstanden habe. Die ganze GNM liest sich wie wirres, inhaltsleeres und zusammenphantasiertes Geschwurbel. Mag ja sein, dass jemand mit kaum bis gar keiner Ahnung von der Thematik annehmen könnte, dass es sich um vernünftige, wissenschaftliche Erklärungen handelt (ein fehler, den ich bei einer anderen Thematik früher auch gemacht habe, wie ich gestehen muss), aber verständlich sind weder die 5 "Naturgesetze" noch die meist mitgelieferten Erklärungen dazu. ???

Vermutlich bin ich aber auch nur durch meine schulwissenschaftliche Vorbildung nachhaltig verdorben für derartig geniale Erkentnissewie die des Herrn Dr. Hamer. ::) ;D

Dr. Ici Wenn

Zitat von: The Doctor am 22. September 2012, 11:56:43
Zitat von: Dr. Ici Wenn am 22. September 2012, 11:30:42
Aber nur, bis die ersten Tumore aufplatzen.

Du hast es immer noch nicht kapiert: Tumore sind gut. Da lässt der Körper seinen ganzen Stress, seine Traumata raus, die sonst das Hirn vergiften würden (gilt nicht für Hirntumore, die sind nur die Strafe für zu kritisches Denken). Da musst Du dann nur noch zu Papa Joao nach Brasilien jetten, der meditiert die Dinger dann weg.

Ok, ich seh schon, ich brauch da noch Nachhilfe.

Dr. Ici Wenn

Zitat von: Ladislav Pelc am 22. September 2012, 12:04:16
Vermutlich bin ich aber auch nur durch meine schulwissenschaftliche Vorbildung nachhaltig verdorben für derartig geniale Erkentnissewie die des Herrn Dr. Hamer. ::) ;D

Würd ich mal auch so sehen   8)

bayle

ZitatVermutlich bin ich aber auch nur durch meine schulwissenschaftliche Vorbildung nachhaltig verdorben

Nein, nicht vermutlich, sondern ganz sicher. Das hat die Speerspitze des wissenschaftlichen Fortschritts, der Herr Prof. Walach, nachgewiesen:
ZitatOb jemand, der durch die derzeit übliche medizinische Ausbildung gegangen ist, überhaupt noch ganzheitlich denken, geschweige denn handeln kann ohne extensive Weiter- oder Rückbildung seiner «déformation professionnelle», das sei einmal ganz dahingestellt.
8)

P.Stibbons

Ergänzung:

Das leider ohne Quellenangabe erwähnte Walach-Zitat stammt aus diesem Artikel:

http://content.karger.com/ProdukteDB/produkte.asp?Aktion=ShowPDF&ArtikelNr=275827&Ausgabe=253805&ProduktNr=224242&filename=275827.pdf

http://www.umweltrundschau.de/cms/blickpunkte/651-lintegrative-medizinr-die-kolonialisierung-des-und-die-notwendigkeit-des-ganz-anderen

Zitat
...Patientenzentrierte Versorgung bedeutet zunächst genau das Beiseitelegen von vermeintlich gültigem Wissen, um den Patienten als Individuum zu sehen und zu Wort kommen zu lassen. Dies ist ein Vorgehen, das im Rahmen der Komplementärmedizin eigentlich üblich, aber dem konventionellen Ansatz nicht oder weniger geläufig ist.

Patienten suchen Komplementärmedizin eben genau, weil sie sich mit ihren individuellen Anliegen bei konventionellen Ärzten nicht gesehen fühlen, das haben uns viele Studien gezeigt. Sie wollen, dass ihre seelische Situation berücksichtigt wird, dass man verschiedene Ebenen ihres Daseins bei der Behandlung mit einbezieht und eben genau nicht kompartimentiert.

Anhänger des integrativen Ansatzes werden mir jetzt entgegenhalten, dass Patienten eigentlich genau die Kombination aus konventionell- medizinischem Wissen und komplementärer Heilkunst wollen. Daher sei das Integrative die Antwort. Mir scheint, dies ist eine Fehlinterpretation.

Patienten wollen eine individuelle, ganzheitliche Versorgung, bei der nichts übersehen wird, bei der also gute Diagnostik, wie sie uns die konventionelle Medizin anbietet, und ganzheitliche Behandlung, wie sie Standard bei der Komplementärmedizin sein sollte, zusammengehören.

Ob jemand, der durch die derzeit übliche medizinische Ausbildung gegangen ist, überhaupt noch ganzheitlich denken, geschweige denn handeln kann ohne extensive Weiter- oder Rückbildung seiner «déformation professionnelle », das sei einmal ganz dahingestellt...

Ob jemand, der die derzeit übliche medizinische Ausbildung selbst nur vom Hörensagen kennt, sich darüber ein abfälliges Urteil erlauben kann, sei einmal ganz dahingestellt...

P.Stibbons

Zitat von: bayle am 21. September 2012, 18:53:11
ZitatViele Kollegen sind es leid, dass das ärztliche Gespräch so schlecht vergütet wird und die wirtschaftlichen Notwendigkeiten ihren ärztlichen Selbstanspruch massiv beeinträchtigen.

Ich äußere jetzt einfach einmal einen nicht mehrheitsfähigen Standpunkt, jedenfalls wenn ich den derzeitigen Kanonendonner höre: man kann von Kassentätigkeit leben. Fast fühle ich mich da als whistle blower. Leider hat der letzte Standesvertreter, der seinerzeit ähnlich formuliert hatte (Herr Dr. Ellis Huber), die Medizin schon lange in Richtung Geistheilung verlassen.

Der erwähnte Dr. Ellis Huber sitzt vor allem ganz dick drin in Walachs CAM-Studiengang:

Zitathttp://kwkm.eu/info/Hintergrund.html

Dr. med. Ellis Huber

Leiter des Wahlpflichtmoduls
Ethik - Recht - Wirtschaft

Arzt, Organisationsentwicklung und Beratung

Insofern ist gerade er als roll-model für die Praktikabilität des von dir vertretenen Standpunkts nicht sonderlich gut geeignet.
Oder sollte ich pointierter formulieren:

Er scheint seine Expertise maßgeblich dafür einzusetzen, wie man innerhalb des bestehenden Gesundheitssystems incl. Krankenkassen CAM am besten positionieren und vor allem abrechnen kann.