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Anarchismus

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Begonnen von Dr. Ici Wenn, 29. April 2012, 15:43:05

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Robur

Zitat von: Dr. Ici Wenn am 29. April 2012, 20:12:57


Aber solche Projekte sind ja innerhalb unseres Systems offensichtlich möglich. Finde ich auch gut. Aber ich würde gerne zur Ursprungsfrage zurückkommen: Brauchen wir z.B. dann eine Polizei? Was ist mit jemandem, der sich im Projekt nicht so verhält, wie gefordert?


Dann soll das Problem die Gruppe als solche auch lösen - und nicht ein kleiner Teil dieser Gruppe, der dazu mit irgendeiner Machtbefugnis ausgestattet ist, die sich evtl. verselbstständigt!

Arno

Zitat von: Binky am 29. April 2012, 20:15:59
Das endet zwangläufig in Gewalt, ob nun als Bügerkrieg oder Diktatur des Proletariats (örks...) inklusive (Um-)erziehung all jener, die da nicht mitmachen wollen, also nicht das "richtige" Bewußtsein haben (Gulags, Berufsverbote usw.).  #) #) #)

Super Satz. "Zwangsläufig" weit vorne, "Gulag weiter hinten" und am Ende drei Kotzsmileys --> bereits ferigen Beitrag wieder gelöscht, Faustregel hier nicht politisch zu diskutieren lieber doch beachtet.

Viel Glück Robur.

71hAhmed

Zitat von: Robur am 29. April 2012, 19:19:33
Sicher: keine MAcht für niemand .... :-)  (wobei mensch natürlich vorsichtig sein muss: MAcht wird auch von der Gemeinschaft ausgeübt. Gemeinsame verbindliche Absprachen haben eine Ordnungsmacht - diesen Zweck sollen die Absprachen ja auch erfüllen. Also besser: keine Personen oder einzelne Gruppen von Personen dürfen MAcht über andere haben.)
Da sehe ich aber, wenn es sich nicht nur um "kleine" Gruppen/Kommunen handelt, sondern um eine komplexer organisierte technische orientierte Gesellschaft, massive Schwierigkeiten.
Viele überregional zu organisierenden Infrastrukturen (Energie, Kommunikation mal als Beispiele) erfordern zum reibungslosen Betrieb nicht nur sehr spezialisierte Fachleute sondern auch häufg schnelle Entscheidungen zur Aufrechterhaltung des Betriebs. (-> Netzstabilität)
Daraus ergibt sich schon automatisch eine Machtposition der Amtsinhaber, die sehr schwer zu kontrollieren ist, da immer das Argument im Raum steht:" Ihr wollt Strom?, dann haltet euch an unsere Linie".
Konsensentscheidungen aller werden auch um so langwieriger und schwieriger, je grösser die davon betroffene Gemeinschaft ist.

Insgesamt halte ich Anarchie, genauso wie Kommunismus oder ernsthaftes Leben nach religiösen Vorschriften nur in vergleichsweise kleinen Gruppen möglich, wenn es auf freiwilliger Basis realisiert werden soll.
Letzten Endes werden wir bei jedem Ansatz prüfen müssen, inwieweit welche Ansätze eine sinnvolle Weiterentwicklung ermöglichen, ohne den einen oder anderen von vorneherein auszuschliessen.

Zitat von: Robur am 29. April 2012, 19:19:33
Aber daraus abzuleiten, dass auch niemand versuchen wird Macht auszuüben - nun, das würde ich für naiv halten! Da wird mensch schon aufmerksam sein müssen und solchen Tendenzen und Versuchen entgegenarbeiten müssen.
Wie willst du das machen, wenn der, der Macht ausüben will, das auch durchsetzen kann, weil er eben aufgrund von Fachkenntnissen nicht mal schnell ersetzt werden kann?

Chris224

ZitatMüssen sich  denn eigentlich eine gewisse "Selbstsucht" und "Gemeinwohl" immer einander ausschließen?
Nein, aber nach meinen Erfahrungen ist da genau das Problem. Solange du Leute dabei hast, die das so verstehen, ist es kein Problem.
Aber auch dann wäre Anarchie nur ein Modell für einen Kreis von Menschen, die diese Einsichtsfähigkeit besitzen, oder sich zu einem Kollektiv zusammengeschlossen haben.
ZitatAlso ich habe während meines Lebens in versch. Gruppen/Kommunen schnell verstanden, dass das Wohl der Gemeinschaft auch mir direkter Vorteile bringt - nicht nur, aber durchaus auch in materieller Hinsicht. Also dem Gemeinwohl zu nützen, hat auch meinen Egoismus bedient...
Read more: http://forum.psiram.com/index.php?topic=8632.new#new#ixzz1tSZXB2sl
Das hört spätestens dann auf, wenn Hormone und die freie Liebe mit ins Spiel kommen-
ab da kannst du fast jede Kommune in den Wind schießen, obwohl es bei einigen zu funktionieren scheint.

Verstehe mich nicht falsch, mir wäre es lieber, alle Menschen seien Anarchisten als andersherum. Die Ideale des Anarchismus liegen weit höher, als diejenigen jeder anderen Gesellschaftsform. Und in diese Richtung hinzuarbeiten, die Menschen zu mehr Aufgeschlossenheit, Einsicht, Solidarität, Hilfsbereitschaft, Gewaltfreiheit und vielen anderen idealen des Anarchismus zu erziehen halte ich auch nicht für völlig verkehrt, aber dazu benötigt man nicht die Anarchie als Gesellschaftsform.

Nur kommt jetzt der Punkt, an dem ich nicht mehr weiterweiß.


Nämlich ob das Prinzip des Anarchismus für alle Menschen erreichbar wäre, weil die natürliche Struktur seines Denkens und Handelns mit diesen Idealen in Einklang zu bringen ist.
Das würde nur unter der Vorraussetzung für alle klappen, wenn es aus der grundlegenden Persönlichkeit aller, zumindestens einer sehr großen Mehrheit der Individuuen heraus stattfinden würde, und nicht abhängig von unterschiedlicher Einsichtsfähigkeit oder der Erlernbarkeit im Bezug auf altruistische Verhaltensweisen abhängig wäre.

Ich bin froh, zu sehen, dass andere Kommunen besser funktioniert haben, als unsere Versuche, behaupte aber weiterhin, dass diese Lebensart lediglich für eine priviligierte, einzelne Gemeinschaft durchzuführen ist, und sich nicht als Prinzip für eine ganze Gesellschaft eignet.

Binky

ZitatHm, davon distanziert sich der Anarchismus ja eben, soweit ich das verstanden habe.

Er distanziert sich davon, aber die Folgen einer auf den Ideen des Anarchismus aufgebauten Gesellschaft wären eben jene. Der Mensch handelt immer egoistisch, selbst, wenn die Motive zunächst altruistisch aussehen. Ich stelle mir eine Großstadt vor, ein eher konservativ geprägtes ländliches Gebiet mit allen dafür typischen Bevölkerungsgruppen. Vom Migranten, der kaum der Sprache mächtig ist, über den Handwerksmeister, dem Autonomen bis hin zum Dorfpfarrer.....

Die einen wollen Sharia, die anderen sind liberal, die nächsten katholisch. Jeder will Recht haben. Es bleibt nur spannend, wer zuerst zur Waffe greift. Da die Anarchisten aufs richtige Bewußtsein zählen, gibts dann wohl keine Polizei, eine Justitz auch nicht.  Da bleibt fast nur noch ein Umerziehungslager. Oder wie soll das funktionieren?


Antitainment

@Robur
Mmh, also im kleinen Kreise kann ich die Idee der Gruppenlösung ja durchaus als anwendbar betrachten, aber auf eine Gesamtbevölkerung betrachtet landet man mit Selbstjustiz bei Lynchjustiz.
Das klappt in der Praxis meiner Ansicht nur, wenn man einen idealen Menschen voraussetzt, da ansonsten von fair kaum eine Rede sein kann. Aber das Konzept ist bisher noch nie wirklich im großen Maßstab aufgegangen.

Um mal Popper ins Rennen zu schicken:
Grenzenlose Freiheit führt zur Tyrannei der Starken über die Schwachen. (in einer gesamtgesellschaftlichen Betrachtung)
Zahlen, Statistiken ... das ist alles total Sarrazin! Ihr müsst richtig fühlen! FÜHLEN! Darum geht es.

Binky

Zitat von: Antitainment am 29. April 2012, 20:31:38
....... auf eine Gesamtbevölkerung betrachtet landet man mit Selbstjustiz bei Lynchjustiz.
Das klappt in der Praxis meiner Ansicht nur, wenn man einen idealen Menschen voraussetzt, da ansonsten von fair kaum eine Rede sein kann. Aber das Konzept ist bisher noch nie wirklich im großen Maßstab aufgegangen.

Um mal Popper ins Rennen zu schicken:
Grenzenlose Freiheit führt zur Tyrannei der Starken über die Schwachen. (in einer gesamtgesellschaftlichen Betrachtung)

Genauso meine ich das.

Dr. Ici Wenn

Zitat von: Robur am 29. April 2012, 20:21:05
WEnn du denn umbedingt ne konkrete Antwort brauchst: eine institutionalisierte Polizei bedarf es m. E. nicht

Ok. Aber dann eine nicht instiuonalisierte? Was unterscheidet die dann von einem Lynchmob? An welche Regeln halten sich die dann?

Zitat
Wenn Privateigentum nicht mehr die Rolle spielt - wenn ich meinen Bedarf unproblematisch decken kann - was soll dann klauen?

Find ich jetzt naiv, die Behauptung. Also, mir gehts ja auch so, jemandem was zu klauen ist mir zuwider, ich brauche es auch nicht, soweit klar. Aber sowas geht von einer idealen Gesellschaft aus, in der es keinerlei Ungerechtigkeiten gibt. Zudem kann man den Bedarf eine menschen natürlich nicht auf nur lebenserhaltende Dinge reduzieren - Was ist mit Macht, Ansehen, Kunst etc. - da wird es keinen Streit geben, wenn alle genug zu essen haben?

Zitat
Zitat
Hm, ok, der Anarchist will also die Demokratie abschaffen, sehe ich das richtig?

Die Logik deines Schlusses erschließt sich mir leider nicht ...

Nuja, Demokratie impliziert ja zumindest nach heutiger Auffassung Gewalltenteilung, das widerspricht sich dann.


Zitat
Du meinst explizit hier in unseren Gefielden oder besser in den Industrienationen... Die, auf deren Kosten wir diesen Wohlstand  geschaffen haben, sind bisher ja zum Glück weit weg ...


Nein, ich meine das weltweit.

Zitat
Aber das ändert sich ja auch schon: der Wohlstand (übrigens sicher nur ein Indikator für die Lebensqualität! Und obs der wichtigste ist, erscheint mir zumindest fraglich.

Eine Definitionsfrage. Für mich heisst Wohlstand Freiheit, das zu tun, was ich möchte.

Zitat
Also bei mir definiert sich die Lebensqualität und meine Zufriedenheit nicht über das Zweithandy und ein geiles Auto - eher über so etwas wie Zusammenhalt, Verlässlichkeit, ja, auch der Begriff "Solidarität" ist mir wichtig - auch wenn er gerade nicht umbedingt modern ist ...)

Nuja, ich sehe das ja auch so, aber ich weiß noch nicht, wozu ich da unser System stürzen sollte.

Zitat
ist bei vielen am sinken. Die Schere zwischen Arm und Reich ist so groß, wie seit ewigen Zeiten nicht mehr

Mit Verlaub, das ist jetzt aber völliger Unsinn. Ich empfehle dringend historische Bildung. So über die letzen 1000 Jahre reicht.

Zitat
und sie wächst weiter. Die Zahl derer, die in prekären Verhältnissen leben, nimmt zu. Also, ich finde es nicht so toll bei uns .... Und die Perspektive für die Zukunft behagt mir nun auch nicht gerade...

Aber einen Internetzugang gibts noch ...



Chris224

ZitatDu meinst explizit hier in unseren Gefielden oder besser in den Industrienationen... Die, auf deren Kosten wir diesen Wohlstand  geschaffen haben, sind bisher ja zum Glück weit weg ... Aber das ändert sich ja auch schon: der Wohlstand (übrigens sicher nur ein Indikator für die Lebensqualität! Und obs der wichtigste ist, erscheint mir zumindest fraglich. Also bei mir definiert sich die Lebensqualität und meine Zufriedenheit nicht über das Zweithandy und ein geiles Auto - eher über so etwas wie Zusammenhalt, Verlässlichkeit, ja, auch der Begriff "Solidarität" ist mir wichtig - auch wenn er gerade nicht umbedingt modern ist ...) ist bei vielen am sinken. Die Schere zwischen Arm und Reich ist so groß, wie seit ewigen Zeiten nicht mehr und sie wächst weiter. Die Zahl derer, die in prekären Verhältnissen leben, nimmt zu. Also, ich finde es nicht so toll bei uns .... Und die Perspektive für die Zukunft behagt mir nun auch nicht gerade...

Read more: http://forum.psiram.com/index.php?topic=8632.msg96949#msg96949#ixzz1tSdtsSEk

Unabhängig von der anarchie debatte, regt mich genau das auch auf. Vor allem die mangelnde Solidarität, die ist aber eine der Mindestvorraussetzung dafür, dass man Anarchist sein kann, wie soll das gehen in dieser Welt?

Zitat
Und ja: es hat geklappt! Die Haken und Ösen sitzen ganz woanders...
Read more: http://forum.psiram.com/index.php?topic=8632.new#new#ixzz1tShaQQH6

Das würde mich eher interessieren, woran hat`s letztlich gelegen, oder waren es nur ganz einfache, persönliche Entscheidungen, einen anderen Weg zu gehen?

Bobbele

Zitat von: Dr. Ici Wenn am 29. April 2012, 20:44:30
Zitat von: Robur am 29. April 2012, 20:21:05
WEnn du denn umbedingt ne konkrete Antwort brauchst: eine institutionalisierte Polizei bedarf es m. E. nicht

Ok. Aber dann eine nicht instiuonalisierte? Was unterscheidet die dann von einem Lynchmob? An welche Regeln halten sich die dann?

Sorry wenn ich dazwischenquatsche, aber dieses Beispiel trifft mE genau den Punkt. Wenn manche Verteidiger der anarchistischen Idee auch noch einen Millimeter weiter über die realen Konsequenzen ihrer Utopie nachdenken würden wären sie keine Verteidiger der anarchistischen Idee mehr. Aber nein, das geht scheinbar nicht. Ist es Verblendung? Unerfahrenheit? Dummheit? Ich weiß es nicht.

Anarchie kann im kleinen Rahmen (2er Beziehung, WG z.B.) vielleicht funktionieren, man muss sich dazu nichtmal mit dem Begriff "Anarchie" befassen, darüberhinaus macht die menschliche Natur dieser Schnapsidee aber einen gewaltigen Strich durch die Rechnung. Reine Utopie halt, nicht der Rede wert.

Das wollte ich nur mal loswerden.




Robur

Zitat von: Dr. Ici Wenn am 29. April 2012, 20:44:30


Mit Verlaub, das ist jetzt aber völliger Unsinn. Ich empfehle dringend historische Bildung. So über die letzen 1000 Jahre reicht.

Na gut, ich habe bewusst nicht "noch nie" geschrieben - ich hätte wohl auch den Begriff "ewig" nicht wählen dürfen. Tatsache ist aber, dass die Schere sich weiter öffnet. Es gab in derVergangenheit durchaus Zeiten, in denen sie sich eher geschlossen hat. Was man dfa nun als ewig bezeichnet, dürfte sich bei jedem unterscheiden. Also ist "völliger Unsinn" m. E. auch danebengegriffen....


Zitat

Aber einen Internetzugang gibts noch ...


?????  Sachliche Diskussion?   Den Smiley will ich nicht - ich wollte nur Fragezeichen!!)

Ich wünsch erstmal ne Gute Nacht!

71hAhmed

Schnapsidee würde ich das nicht nennen, aber die Frage der praktischen Umsetzung im grossen Rahmen wird immer sehr idealistisch betrachtet.
Gilt aber für viele andere gute Ideen genauso.

Bobbele

ZitatSchnapsidee würde ich das nicht nennen, aber die Frage der praktischen Umsetzung im grossen Rahmen wird immer sehr idealistisch betrachtet.
Gilt aber für viele andere gute Ideen genauso.

Anarchismus ist in erster Linie eine Philosophie, da er mehr in der Theorie als in der Praxis (wenn überhaupt) stattfindet.

Als Teenager haben wir viel über solche Möglichkeiten diskutiert, auch über andere Weltanschauungen/Utopien. Die Bezeichnung Schnapsidee wäre für uns eine Beleidigung gewesen, da hast du recht...

Chris224

ZitatSchnapsidee würde ich das nicht nennen, aber die Frage der praktischen Umsetzung im grossen Rahmen wird immer sehr idealistisch betrachtet.
Gilt aber für viele andere gute Ideen genauso.

Read more: http://forum.psiram.com/index.php?topic=8632.0;topicseen#ixzz1tSsIEKqz

Wir sind weiter gegangen als nur zu diskutieren, sind aber schon in einem relativ kleinen Kreis an genau den Problemen die Dr Ici Wenn geschildert hat, gescheitert.

Ich halte es trotzdem nicht für völlig verfehlt, die Philosophie auf etwas breiterer Ebene zu diskutieren, da viele der Ideale auch für eine Pluralistische Gesellschaft oder eine Demokratie erstrebenswert sein können, vorrausgesetzt man betrachtet es in der Tat als eine nie zu erreichende Utopie, zu der jeder einzelne trotzdem nach seinem Wissen und Gewissen einen Beitrag zu leisten aufgefordert sei.

Bobbele

Zitat von: Chris224 am 29. April 2012, 21:54:44
Ich halte es trotzdem nicht für völlig verfehlt, die Philosophie auf etwas breiterer Ebene zu diskutieren
Hier werden Sie geholfen  ;D