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Transhumanismus

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Begonnen von Scharlui, 25. Dezember 2011, 21:46:41

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Belbo zwei

Zitat von: QuisCustodiet am 19. Januar 2012, 14:07:27
Zitat von: Belbo zwei am 19. Januar 2012, 13:38:53
Das beantwortet aber meine Frage nicht, ob ich denn eingreifen muss wenn ich davon weiss.

Wenn wir eingreiffen könnten, ohne das sonst etwas ethisch wichtiges geopfert werden muss, dann wäre ich dafür, ja.  

Was dann dazu führt, dass Du wenn Du draussen im Garten die Nachbarskatze auf Mäusejagd entdeckst,  die Maus rettest und der Katze veganes Katzenfutter verfütterst? Respekt!

Dr. Ici Wenn

Zitat von: QuisCustodiet am 19. Januar 2012, 12:32:25
Zitat von: Omikronn am 19. Januar 2012, 01:50:19
Zum einen stellt sich mal die Frage ob das Altern wirklich wie eine Krankheit auf ungünstige biochemische Prozesse zurückführt werden kann die durch gezieltes Beeinflussen gestoppt oder umgekehrt werden können.

Was könnte es sonst sein? Die Evolution hat es sicher nicht bewusst eingebaut;
Von Evolution und "bewusst" zu sprechen ist heikel, selbst, wenn ein "nicht" davor steht. Vermehrungsrate und Lebensdauer sind ganz entscheidende Faktoren im evolutionären Wettbewerb. Stichwort Immunsystem.

Zitat
Es scheint mir keinen Grund zu geben, warum es unmöglich sein sollte, die Alterung zu stoppen, oder zumindest extrem zu verlangsamen.  

Behauptet ja auch keiner, dass das aus Prinzip unmöglich wäre.

Zitat
Der Evolution geht es nicht um das Überleben von Arten, sondern um die differentielle Verbreitung von Allelen, also Genen. Und sowieso wäre es eine dumme (und faschistische, siehe Sozialdarwinsimus) Idee, die Ethik aus der Evolution zu erschliessen. Ausserdem wäre es ein naturalistischer Fehlschluss: http://de.wikipedia.org/wiki/Naturalistischer_Fehlschluss

Danke. Ich kenne mich mit der Evolutionstheorie einigermaßen aus und weiß auch, was ein naturalistischer Fehlschluss ist.



Zitat
Zitat von: Dr. Ici Wenn am 19. Januar 2012, 01:45:11
Jaja. Lieber ein Kind am Straßenrand überfahren und dafür zwei Igeljunge retten.

Das Beispiel zeugt davon, das du das Konzept des Speziesismus noch nicht ganz verstanden hast.

Ich habe es lediglich nicht so verstanden, wie du es gerne verstanden haben möchtest.

Dr. Ici Wenn

Zitat von: Omikronn am 19. Januar 2012, 13:34:01
ZitatWir sollten unser Leben nicht nach der Evolution richten, das wäre verrückt, dann wäre Verhütung beispielsweise etwas Schlechtes.
Der Satz ist so schön, den lass ich einfach mal so stehen...

LOL! Den hab ich glatt überlesen, der ist wirklich genial  ;D

QuisCustodiet

Zitat von: Belbo zwei am 19. Januar 2012, 14:11:47
Zitat von: QuisCustodiet am 19. Januar 2012, 14:07:27
Zitat von: Belbo zwei am 19. Januar 2012, 13:38:53
Das beantwortet aber meine Frage nicht, ob ich denn eingreifen muss wenn ich davon weiss.

Wenn wir eingreiffen könnten, ohne das sonst etwas ethisch wichtiges geopfert werden muss, dann wäre ich dafür, ja.  

Was dann dazu führt, dass Du wenn Du draussen im Garten die Nachbarskatze auf Mäusejagd entdeckst,  die Maus rettest und der Katze veganes Katzenfutter verfütterst? Respekt!

Vielleicht, aber wenn wir irgendwann eine Überbevölkerung von Mäusen haben, ist das auch nicht gut. Wenn ich könnte, würde ich die Maus vielleicht schmerzfrei töten und der Katze geben. (Katzen "spielen" oft noch lange mit den Mäusen bevor sie sie töten, was für die Maus sicherlich nicht angenehm ist.) Aber ich kann meine Zeit wohl ethischer nutzen, als auf Mäusejagd zu gehen. Im Moment sehe ich leider nicht, wie wir das Leid der Wildtiere gross verhindern können. Vielleicht sieht das in Zukunft aber anders aus.

Wichtig ist erst einmal, das wir uns um das Leid kümmern, was einfach zu verhindern ist.

Belbo zwei

Zitat von: QuisCustodiet am 19. Januar 2012, 14:20:04
Zitat von: Belbo zwei am 19. Januar 2012, 14:11:47
Zitat von: QuisCustodiet am 19. Januar 2012, 14:07:27
Zitat von: Belbo zwei am 19. Januar 2012, 13:38:53
Das beantwortet aber meine Frage nicht, ob ich denn eingreifen muss wenn ich davon weiss.

Wenn wir eingreiffen könnten, ohne das sonst etwas ethisch wichtiges geopfert werden muss, dann wäre ich dafür, ja.  

Was dann dazu führt, dass Du wenn Du draussen im Garten die Nachbarskatze auf Mäusejagd entdeckst,  die Maus rettest und der Katze veganes Katzenfutter verfütterst? Respekt!

Vielleicht, aber wenn wir irgendwann eine Überbevölkerung von Mäusen haben, ist das auch nicht gut. Wenn ich könnte, würde ich die Maus vielleicht schmerzfrei töten und der Katze geben. (Katzen "spielen" oft noch lange mit den Mäusen bevor sie sie töten, was für die Maus sicherlich nicht angenehm ist.) Aber ich kann meine Zeit wohl ethischer nutzen, als auf Mäusejagd zu gehen. Im Moment sehe ich leider nicht, wie wir das Leid der Wildtiere gross verhindern können. Vielleicht sieht das in Zukunft aber anders aus.

Wichtig ist erst einmal, das wir uns um das Leid kümmern, was einfach zu verhindern ist.

Das ist dann die Einführung der Kosten/Nutzenanalyse in die Ethik.

QuisCustodiet

Zitat von: Belbo zwei am 19. Januar 2012, 14:26:06
Das ist dann die Einführung der Kosten/Nutzenanalyse in die Ethik.

Genau! Das wird schon praktiziert von Ethikern wie Peter Singer. Er empfiehlt zum Beispiel die Organisation "GiveWell", ursprünglich von zwei Hedge-Fund Spezialisten gegründet, welche sich damit beschäftigt, Hilfswerke auf Kosteneffektivität hin zu analysieren. http://www.givewell.org/

PaulPanter

Der soll sich mal schnell Flöhe einfangen. Selbst wenn er sich eine Glatze schneidet, so wurde das mit uns früher gemacht, würden dann die armen Flöhe den Hungertod leiden.
Ein Teufelskreis.
Hier war schon mal ein Veganer, der lieber Scheiße(B12) lecken wollte, als Fleisch zu essen.

Belbo zwei

Zitat von: QuisCustodiet am 19. Januar 2012, 14:33:32
Zitat von: Belbo zwei am 19. Januar 2012, 14:26:06
Das ist dann die Einführung der Kosten/Nutzenanalyse in die Ethik.

Genau! Das wird schon praktiziert von Ethikern wie Peter Singer. Er empfiehlt zum Beispiel die Organisation "GiveWell", ursprünglich von zwei Hedge-Fund Spezialisten gegründet, welche sich damit beschäftigt, Hilfswerke auf Kosteneffektivität hin zu analysieren. http://www.givewell.org/


...finde ich gruselig. Zumal es ja am effektivsten wäre alle Wildtiere grossflächig, schmerzfrei zu töten, um ihnen späteres Leid zu ersparen.

QuisCustodiet

Zitat von: Belbo zwei am 19. Januar 2012, 14:41:51
...finde ich gruselig. Zumal es ja am effektivsten wäre alle Wildtiere grossflächig, schmerzfrei zu töten, um ihnen späteres Leid zu ersparen.

Mit dem Nebeneffekt, dass die Welt dann auch für uns nicht mehr bewohnbar würde. Es macht mehr Sinn, sich für den Transhumanismus einzusetzen, und die Technologien möglichst zum Vorteil aller empfindungsfähigen Wesen zu nutzen. Wenn wir alles töten würde, würde das Leben sicher irgendwann wieder von vorne losgehen, und dann haben wir wieder das gleiche Problem.

P.Stibbons

Zitat von: Belbo zwei am 19. Januar 2012, 14:41:51
Zitat von: QuisCustodiet am 19. Januar 2012, 14:33:32
Zitat von: Belbo zwei am 19. Januar 2012, 14:26:06
Das ist dann die Einführung der Kosten/Nutzenanalyse in die Ethik.

Genau! Das wird schon praktiziert von Ethikern wie Peter Singer. Er empfiehlt zum Beispiel die Organisation "GiveWell", ursprünglich von zwei Hedge-Fund Spezialisten gegründet, welche sich damit beschäftigt, Hilfswerke auf Kosteneffektivität hin zu analysieren. http://www.givewell.org/


...finde ich gruselig....

Hilfswerke auf Kosteneffektivität hin zu analysieren

Auch ne interessante gedanklich-ideologische Verknüpfung




QuisCustodiet

Zitat von: PaulPanter am 19. Januar 2012, 14:39:37
Der soll sich mal schnell Flöhe einfangen. Selbst wenn er sich eine Glatze schneidet, so wurde das mit uns früher gemacht, würden dann die armen Flöhe den Hungertod leiden.
Ein Teufelskreis.

Analog könnte ein Troll hier Menschenrechte kritisieren, weil du beim Kauf von praktisch jedem elektronischen Produkt Zwangs- und Kinderarbeit unterstützt. Sollen wir also jegliche Gedanken dazu aufgeben, dass Menschen Achtung verdienen, und wieder Foltern und Töten usw., nur weil es unmöglich ist, perfekt zu sein?

Zitat von: P.Stibbons am 19. Januar 2012, 14:48:44
Hilfswerke auf Kosteneffektivität hin zu analysieren

Auch ne interessante gedanklich-ideologische Verknüpfung

Was ist "ideologisch" daran, wenn man sicherstellen möchte, dass der "gute Wille", den man hat, wenn man Hilfswerken spenden möchte, wirklich auch (möglichst viel) Gutes zur Folge hat?

Adriano_Mannino

Was mich angeht: Ich habe eine Grundausbildung in Physik genossen und befasse mich daneben seit langer Zeit mit Evolutionsbiologie. Aber das ist für das Argument völlig irrelevant. Wo bliebt hier Dr. Ici Wenn, die Leute darauf hinzuweisen, dass sie nicht ad personam spielen sollten?

Herablassend verhältst einzig du dich, P.Stibbons. Ich sehe hier keine "wiedergekäuten Phrasen", sondern stichhaltige Argumente, auf die du mit keinem Wort eingegangen bist. Andere bringen lächerliche "Einwände", wie dass QuisCustodiet unterstellt habe, die Evolution habe ein Bewusstsein, nur weil er (offensichtlich metaphorisch und wie bei vielen Evolutionsbiologen, u.a. Dawkins, üblich) davon gesprochen hat, was ihre "Ziele" sind und was nicht. Das Beispiel mit den Fischen, die das Augenlicht verlieren, war etwas unglücklich gewählt, die Fische würden es ja in der Tat auch als Individuen nicht mehr brauchen. Dennoch könnte man vielleicht noch sagen, ihr Leben wäre anderswo, mit einer weiteren Sinnesmodalität ein besseres - das stellt die Evolution eben überhaupt nicht zwingend sicher und das war der Punkt! Vielleicht ein anderes Beispiel: Eine evolutionär erfolgreiche Reproduktionsstrategie ist die, möglichst viel Nachwuchs zu zeugen und dann statistisch darauf zu vertrauen, dass wenigstens einige davon das Erwachsenenalter erreichen werden. Das funktioniert, hat aber für die Individuen äusserst grausame Folgen: Die Kindersterblichkeit ist enorm hoch (war sie bei uns Menschen ja auch) und die Mehrheit der Individuen stirbt schon im Kindesalter einen oft grausamen Tod. Das ist die Folge "guter" evolutionärer Anpassung.

<<Was dann dazu führt, dass Du wenn Du draussen im Garten die Nachbarskatze auf Mäusejagd entdeckst,  die Maus rettest und der Katze veganes Katzenfutter verfütterst? Respekt!>>

So kannst du nur "triumphieren", weil du nach wie vor der speziesisistischen Diskriminierung anhängst. Wenn sich Menschen gegenseitig töten und wir eine Möglichkeit haben, so einzuschreiten, dass wir mehr Leid verhindern, als wir verursachen, dann sollten wir das auch tun. Die in der Praxis beste Option ist hier aber schlicht, dass wir aufhören, uns Raubtiere zu züchten und zu halten. Das ist ein kulturelles Luxusbedürfnis, das ethisch kein grosses Gewicht haben kann.

Aber du solltest ohnehin differenzieren. Es ist keineswegs so klar, dass wir verpflichtet sind, auch den Wildtieren zu helfen. Das folgt nur aus dem Utilitarismus. (Die Schlussfolgerung ist keineswegs absurd, sobald man den Speziesismus ablegt: In der Natur verhungern und erkranken jeden Tag Millionen Tiere tödlich oder fallen anderen Tieren brutal zum Opfer. Menschen würden wir in dieser Situation auch helfen. Warum dann den Tieren nicht, die nicht weniger leiden können? Natürlich ist die Sache v.a. ökologisch extrem komplex und schwierig, so dass wir hier über Zukunftsmusik reden. Aber stell dir z.B. vor, es gäbe in ferner Zukunft eine Pille, die Raubtiere gentherapeutisch herbivorisieren würde. Was spräche dagegen? Rein gar nichts, im Gegenteil, damit würde man niemanden schädigen, aber sehr viel Leid verhindern. Und die Pille, mit der man die herbivoren Populationen dann kontrollieren könnte, gibt es ja schon: http://en.wikipedia.org/wiki/Immunocontraception#In_animals

Aber wie gesagt, aus dem Veganismus folgt nicht zwingend, dass wir eingreifen sollten, wenn wir können. Viele Veganer sind nicht Utilitaristen, sondern Deontologen. Solche Ethiken gehen davon aus, dass wir ethische Verpflichtung, nicht aktiv zu schaden, viel grösser ist als allfällige Verpflichtungen, zu helfen, wenn andere leiden oder sich gegenseitig töten. Im Extremfall besteht die ethische Pflicht nur darin, dass wir andere nicht schädigen. Diese Ethik und Politik gilt dann natürlich auch für den menschlichen Bereich und sieht etwa so aus: http://en.wikipedia.org/wiki/Right-libertarianism So weit würden die meisten Leute wohl nicht gehen, aber sie sind auch keineswegs Utilitaristen (insofern müssten sie das auch nicht sein, wenn sie den Speziesismus ablegten). Als Utilitarist ist Singer der Meinung, dass wir genauso verantwortlich sind, Leid zu verhindern und Leben zu retten wie kein Leid zu verursachen und nicht zu töten (darum engagiert er sich auch stark dafür, dass wir unseren Kampf gegen die Weltarmut intensivieren: www.thelifeyoucansave.org). Ein Deontologe hingegen könnte sagen: Dafür bin ich nicht verantwortlich, das habe ich nicht verursacht, darum habe ich auch keine eigentlich Hilfspflicht.

Du siehst: Die Frage nach dem Veganismus ist von der zweiten Frage, ob wir den nicht-menschlichen Tieren (oder auch den menschlichen) immer auch aktiv helfen und einschreiten müssen, wenn sie geschädigt werden, unabhängig. Beim Veganismus geht es zunächst einzig darum, dass wir Tiere (einschliesslich Menschen, natürlich) nicht aktiv schädigen sollten, wenn das unnötig ist. Dagegen ist mir kein einziges rationales Argument bekannt, dafür viele irrationale Ausflüchte und geradezu esoterische Ausreden von Fleischessern, warum sie doch ein Recht hätten, einem Tier ein Messer in die Kehle zu rammen, obwohl das unnötig ist.

Noch einmal: Unnötige Gewalt gegenüber Tieren ist Tierquälerei. Eine "Nutztier"-Haltung kommt nicht ohne massive Gewalt aus. Sie überzüchtet die Tiere massiv, sperrt sie ein, unterdrückt sie in ihrem natürlich Sozialverhalten, trennt sie gleich nach der Geburt von ihren Müttern (weil wir ja an die Milch wollen), transportiert sie leidvoll herum und presst sie schliesslich millionenfach durch enge Schlachtanlagen, wo sie in Stress und Panik geraten, bevor sie (wie die Schweine) qualvoll vergast oder (wie die Rinder) niedergeschossen werden. (Im Übrigen werden alle "Nutztiere" nach einem sehr kleinen Bruchteil ihrer Lebenserwartung getötet, weil sie nicht mehr rentabel genug sind.) Die Betäubungen können aber fehlgehen, man geht von einer Fehlerquote von mehreren Prozent aus. Aber selbst wenn es sich nur um ein Zehntelprozent handelte, sind die Folgen krass: Hunderttausende Tiere werden dann noch bei Bewusstsein aufgeschlitzt. Diese Tatsache ist gut dokumentiert. Das ist brutalste Tierquälerei - und sie ist in einer "Nutztier"-Haltung, die wirtschaftlich halbwegs rentieren soll, schlicht nicht zu vermeiden. Analog für die Eierwirtschaft: http://www.youtube.com/watch?v=lGpJ7J8ReJ4 Alleine in der kleinen Schweiz werden pro Jahr 2,3 Millionen "nutzlose" männliche Küken qualvoll vergast oder bei lebendigem Leibe geschreddert. (In Deutschland werden es daher um die 20 Millionen sein.) Das Ganze ist völlig unnötig, denn wir können uns nachweislich gesund und gut vegan ernähren. Weil dieses Ausbeutungs- und Tötungssystem unnötig ist, ist es tierquälerisch und ethisch nicht zu rechtfertigen.

Zu dieser Schlussfolgerung muss man so oder so gelangen, ob aus utilitaristischer oder deontologischer Sicht. Er geht es darum, dass wir (unnötigerweise) aktiv Leid und Tod verursachen, ja ein ganzes, perverses industrielles System dazu aufgebaut haben. Die Frage, ob es unabhängig davon auch eine Pflicht gibt, Tiere und Menschen nicht nur aktiv nicht zu schädigen, sondern ihnen genauso umfassend zu helfen, ist eine andere. Und sie wird dann so oder anders beurteilt, je nach dem, ob wir eine eher utilitaristische oder deontologische Ethik vertreten. Wie gesagt: Viele Veganer sind Deontologen, so dass sich für sie keine genuine und umfassende Hilfspflicht ergibt. Die meisten Nicht-Veganer sind im Übrigen auch Deontologen.

Noch 'ne allgemeine Bemerkung: Bei EsoWatch geht es um "Realismus als Chance" und das ist gut und richtig so. Das Hauptstatement lautet:

<<EsoWatch versorgt Sie mit dem notwendigen Realismus zu den Themen Esoterik, Religion, Gesundheit, und hilft Ihnen dabei, Ihren Geldbeutel zu schonen. EsoWatch präsentiert falsche Prediger, Ideologen, Scharlatane und Betrüger. EsoWatch versteht sich als kritischer Verbraucherschutz vor scheinheiligen, nutzlosen und wirkungslosen Produkten, Therapien und Ideologien.>>

Sehr gut. Nur: Was sollen Peter Singer, der Veganismus und die Tierrechte an sich damit zu tun haben? Nur weil es einige (wenige!) Idioten gibt, die den Veganismus auch vertreten, folgt daraus noch lange nicht, dass der Veganismus "esoterisch" wäre. Sonst könnte man z.B. auch den Atheismus aufnehmen - auch unter Atheisten gibt es Idioten, die z.B. statt dem Säkularismus einen Staatsatheismus fordern. Und Peter Singer - einer der wissenschaftlich anerkanntesten und einflussreichsten Ethiker überhaupt - unter die "Prediger, Ideologen, Scharlatane und Betrüger" zu stellen, ist einfach nur lächerlich und macht EsoWatch gerade gegenüber vielen Rationalisten (die Leute wie Singer schätzen, die Giordano Bruno Stiftung hat ihn ja unlängst geehrt) leider unglaubwürdig. Das ist schade. Aber selbst wenn einige EsoWatcher der (m.E. lächerlichen) Meinung sind, dass es sich beim Veganismus und den Tierrechten an sich um "esoterische" Konzepte handelt, würde es die intellektuelle Fairness gebieten, dass man keine solche Artikel schaltet, solange von Leuten, die sich selbst nicht weniger als EsoWatcher, Realisten und Rationalisten sehen, heftig widersprochen wird.

EsoWatch wurde nun schon in drei Threads darauf hingewiesen, dass "Peter Singer", "Veganismus" und "Tierrechte" hier nichts verloren haben, im Gegenteil. Getan hat sich noch nichts.

P.Stibbons

ZitatWas ist "ideologisch" daran, wenn man sicherstellen möchte, dass der "gute Wille", den man hat, wenn man Hilfswerken spenden möchte, wirklich auch (möglichst viel) Gutes zur Folge hat?

Die Verknüpfung von Hilfeleistung und "Kosteneffektivität" treibt schon in unserer Krankenversorgung abartige Blüten, weil das Kontrolling mehr und mehr Bereiche dominiert - zu Lasten der Patienten und leider auch der Mitarbeiter.

Es braucht keinen Herrn Singer, um Hilfsorganisationen zu finden, die dem persönlich gewählten Schwerpunkt am besten gerecht werden.

Spendenbereitschaft hat damit zu tun, ob die Hilfsorganisation für den Spender vertrauenswürdig ist - mit einem gewissen Restrisiko, welches durch solche Instanzen transparent gehalten wird.

Ob die Hilfeleistung langfristig das bewirkt, wofür sie programmatisch gedacht war, lässt sich - ob mit oder ohne Herrn Singer - nicht garantieren.


Belbo zwei

<<Was dann dazu führt, dass Du wenn Du draussen im Garten die Nachbarskatze auf Mäusejagd entdeckst,  die Maus rettest und der Katze veganes Katzenfutter verfütterst? Respekt!

>>
ZitatSo kannst du nur "triumphieren", weil du nach wie vor der speziesisistischen Diskriminierung anhängst. Wenn sich Menschen gegenseitig töten und wir eine Möglichkeit haben, so einzuschreiten, dass wir mehr Leid verhindern, als wir verursachen, dann sollten wir das auch tun. Die in der Praxis beste Option ist hier aber schlicht, dass wir aufhören, uns Raubtiere zu züchten und zu halten. Das ist ein kulturelles Luxusbedürfnis, das ethisch kein grosses Gewicht haben kann.

Was als Argument hinfällig ist wenn es sich um eine Wildkatze handelt. Aber das nur am Rande.

ZitatAber du solltest ohnehin differenzieren. Es ist keineswegs so klar, dass wir verpflichtet sind, auch den Wildtieren zu helfen. Das folgt nur aus dem Utilitarismus. (Die Schlussfolgerung ist keineswegs absurd, sobald man den Speziesismus ablegt: In der Natur verhungern und erkranken jeden Tag Millionen Tiere tödlich oder fallen anderen Tieren brutal zum Opfer. Menschen würden wir in dieser Situation auch helfen. Warum dann den Tieren nicht, die nicht weniger leiden können? Natürlich ist die Sache v.a. ökologisch extrem komplex und schwierig, so dass wir hier über Zukunftsmusik reden. Aber stell dir z.B. vor, es gäbe in ferner Zukunft eine Pille, die Raubtiere gentherapeutisch herbivorisieren würde. Was spräche dagegen? Rein gar nichts, im Gegenteil, damit würde man niemanden schädigen, aber sehr viel Leid verhindern. Und die Pille, mit der man die herbivoren Populationen dann kontrollieren könnte, gibt es ja schon: http://en.wikipedia.org/wiki/Immunocontraception#In_animals

Das ist das was mich am meisten stört, mir drängt sich  das Bild von irgendwelchen (geschlechtslosen) sphärischen Engelswesen auf, das ist wohl auch der Punkt der viele an Scientology denken lässt. Und das gefällt mir nicht, menschlich zu sein hat auch viel mit unseren animalischen Wesenszügen zu tun, und mir graust es vor einer Philosophie die das in der von Euch beschriebenen Weise unterdrücken möchte.


QuisCustodiet

Zitat von: P.Stibbons am 19. Januar 2012, 15:20:28
Die Verknüpfung von Hilfeleistung und "Kosteneffektivität" treibt schon in unserer Krankenversorgung abartige Blüten, weil das Kontrolling mehr und mehr Bereiche dominiert - zu Lasten der Patienten und leider auch der Mitarbeiter.

Wenn es "zu Lasten der Patienten und leider auch der Mitarbeiter" geht, dann muss etwas falsch gelaufen sein. Mit Kosteneffektivität ist gemeint, dass man mit den vorhandenen Mitteln den meisten Menschen hilft! Es geht also nicht darum, Geld zu sparen, sondern darum, das Geld, was man sowieso vorhat, einzusetzen, auch gut einzusetzen.

Zitat von: P.Stibbons am 19. Januar 2012, 15:20:28
Es braucht keinen Herrn Singer, um Hilfsorganisationen zu finden, die dem persönlich gewählten Schwerpunkt am besten gerecht werden.

Habe ich auch nicht behauptet. Wenn einer deiner persönlich gewählten Schwerpunkte aber etwas mit den Folgen deiner Handlung zu tun haben, dann tätest du gut daran, die Empfehlungen von Organisationen wie GiveWell anzuschauen.