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Esoterik als Traumaüberwindung?

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Begonnen von Ballajup, 17. September 2011, 20:35:35

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Ballajup

Hallo,

ich lese seit einiger Zeit die Infos auf Esowatch und finde diese Seite sehr informativ und gelungen.

Seit einiger Zeit habe ich Kontakt zu einer jungen Frau die leider durch Missbrauchs- und Gewalterfahrung in der Jugend traumatisiert ist. Sie ist zwar weitestgehend fähig ihr eigenes Leben zu gestallten, ist aber auch sehr Anfällig für Esoterikversprechungen und Karmaglauben.

Daher möchte ich mal wissen in wieweit Esoglaube ein Ausdruck von Traumata und deren psychischer Bekämpfung sein kann. Wenn ich mir z.B. den Artikel über Jessie Marson ansehe, dann haben wir es hier vielleicht mit einem Menschen zu tun der ganz einfach in seiner Jugend schwer traumatisiert wurde und eigentlich professionelle Hilfe benötigen würde. Zumindest in dieser Person sehe ich VErhaltensmuster meiner Bekannten wieder, nur in wesentlich extremerer Weise.

Denken sich diese Leute oft nur eine bessere Welt zusammen um mit ihren eigenen Erfahrungen besser klarkommen zu können?

bierfreund

Ich bin nicht im psychologischen Bereich tätig, möchte aber aufgrund meiner persönlichen Erfahrungen mit Opfern sexualisierter Gewalt auf die Fragestellung eingehen.

Da ich ich beim lesen diverser Diskussionen hier nicht den Eindruck hatte, dass man auf pc Wert legt, antworte ich aus meiner Sicht der Dinge heraus mal sehr direkt.

Jaein.

Es geht gar nicht um "Überwindung", erst recht nicht um "Bekämpfung", es geht um Vermeidung. Bekämpfung und Überwindung von traumatsierenden Erlebnissen gelingen nur über die Auseinandersetzung mit ihnen und dass muss in jedem Fall durch professionelle Hilfe/Begeleitung, gegebenfalls in einer sicheren Umgebung , geschehen. Die Art der Herangehehnsweise, kann dabei völlig unterschiedlich aussehen (statiönär/teilstationär/ambulant/tiefenpsychologisch/multimodal etc).  Die Flucht in "Traumwelten", eigene Welten, Esoterik ist genau das. Es ist eine Flucht vor genau dieser Art der Auseinandersetzung. Je größer der Zeitraum zwischen Erlebnis und Behandlung wird, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit für die Manifestion von Störungen, die dann auch ohne Weiteres immer weitere Lebensbereiche erfassen können. Als Beispiel seien Panikattacken genannt, die erst einen und später scheinbar alle möglichen Auslöser haben können. Genauso wie sich aus ein wenig Esoschnickschnack, ein regelrechter Wahn entwickeln kann.
So wie ich das sehe, ist dieser Wahn, dann nur die "logische" Konsequenz des Gedanken- und Gefühlsgebäudes, das die betreffende Person bereits um sich errichtet hat:

1.)Die Esoterik xxxx (irgendwelchen Mist einfach einfügen), ist der einzige Ausweg aus meinem Unwohlbefinden/unwert fühlen. -> 2.) Es funktioniert nicht -> 3.) Es kann nicht an der Methode xxxx liegen, es liegt an mir ->4.) Steigerung des Unwohlbefindens/unwert fühlens ->5.) Weil es nicht klappt und xxxx funktioniert, muss ich die Dosis erhöhen -> 2.) Es funktioniert nicht ->3.) ->4.) usw.   

Das kann soweit in die Depression führen, dass es im Extremfall im Suizid mündet.

Ich erhebe keinen Anspruch auf absolute Richtigkeit.
Nochmals, ich bin kein Akademiker und habe diesbezüglich auch keine Fachliteratur gelesen, aber ich habe mehrere Fälle kennengelernt. Ich denke dass du die Antwort darauf vielleicht sogar eher in einem Forum für Betroffene, als bei Außenstehenden finden könntest.

MfG


Bobbele

Zitat von: Ballajup am 17. September 2011, 20:35:35
Seit einiger Zeit habe ich Kontakt zu einer jungen Frau die leider durch Missbrauchs- und Gewalterfahrung in der Jugend traumatisiert ist. Sie ist zwar weitestgehend fähig ihr eigenes Leben zu gestallten, ist aber auch sehr Anfällig für Esoterikversprechungen und Karmaglauben.

Ich kenne die junge Frau nicht aber der Begriff "Trauma" macht mich hellhörig.

Es gibt einige wüste Techniken die labilen Menschen "Erinnerungen" an sogenannte Traumata sozusagen einpflanzen, mit derlei Techniken werden von kriminellen und/oder inkompetenten "Therapeuten" zum Teil langjährige Klienten/Patienten generiert (Psychoanalyse, Familienaufstellung, "Primärtherapie", "das Innere Kind", Reinkarnationstherapie etc.).

Falls diese Frau aber tatsächlich traumatisiert ist wäre sie für solche "Therapeuten" ein möglicherweise leichtes Opfer, zumindest solange sie es sich finanziell leisten kann. Dann bräuchte sie aber um so mehr Hilfe, gute Freunde zum Beispiel. Aber wie gesagt, ich kenne die Frau nicht.

Lesestoff: http://induzierte-erinnerungen.com/

MountainKing

Im bei Ulrich Berger verlinkten Artikel über Homöopathie stellt der Autor die These auf, dass viele derer, die sich mit HP beschäftigen oder darauf schwören unter einer larvierten Depression (die also hinter körperlichen Beschwerden versteckt wird) leiden könnten.

http://www.scienceblogs.de/kritisch-gedacht/2011/09/die-attraktivitat-homoopathischer-behandlungen.php

Das würde im Zweifel sicher auch für andere alternativmedizinische Glaubenssysteme zutreffen, ist allerdings eher eine Spekulation ohne direkte Datenbasis.

Bobbele

Zitatist allerdings eher eine Spekulation ohne direkte Datenbasis.

Ein Glaubulist der meint eine larvierte Depression bzw. deren Symptom erfolgreich mit H.-Placebos zu behandeln (das wird ohnehin wohl nur bei leichteren Formen funktionieren) wird kaum zugeben oder einsehen unter einer larvierten Depression zu leiden. Das macht die Datenerhebung wahrscheinlich nicht besonders leicht.

bierfreund

Nachtrag:

Hab mir den Artikel zu Marsson durchgelesen. Dessen Aussagen sind von vorn bis hinten so hanebüchen, dass ich ganz vorsichtig dabei wäre, den Aussagen über seinen angeblichen Missbrauch mit weniger Skepsis entgegenzutreten, als den Übrigen.

bierfreund

Zitat
larvierte Depression

So wie ich das aus dem Artikel herausgelesen habe "lavierte Depression" = psychosomatische Beschwerden ?

Bobbele

Zitat von: bierfreund am 21. September 2011, 09:04:19
Zitat
larvierte Depression

So wie ich das aus dem Artikel herausgelesen habe "lavierte Depression" = psychosomatische Beschwerden ?


Google sagt:
ZitatDie larvierte (verkleidete, versteckte) Depression ist eine Form der Erkrankung, die am schwersten zu diagnostizieren ist.

Oftmals versteckt sie sich hinter einer Vielzahl körperlicher Symptome.

Der Patient klagt über Schmerzen an Organen und Körperteilen, es kann zu starkem Gewichtsverlust oder starker Gewichtszunahme durch Essstörungen kommen, einige haben Schwindelgefühle oder sind chronisch müde und abgeschlagen.

Sie haben Mundtrockenheit, Bauch-, Kopf- und Herzschmerzen. Die Beschwerden sind wechselnd, diffus und schwer einzugrenzen.

Oftmals haben die Patienten eine regelrechte Ärzteodyssee hinter sich mit ebenso vielen unterschiedlichen Diagnosen.
[...]
http://depressionen-abc.com/larvierte-depression

"larviert" kommt von Larve (=Maske), siehe auch den Begriff "entlarven".