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MECFS ist keine erfundene Krankheit

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Begonnen von NeuroMD, 04. Dezember 2023, 22:59:23

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Peiresc

Zitat von: zimtspinne am 16. September 2025, 19:52:45https://mecfsscience.org/history-of-psychosomatic-medicine/

Ich habe schnell mal geguckt.
ZitatMS was not seen as a psychosomatic illness

Although it is sometimes stated that before the discovery of magnetic resonance imaging (MRI) MS was seen as a psychosomatic illness, we have found little evidence for this. We have skimmed several books on the history of MS (for example this, this, this and this one) and found little mention of such views.
Immerhin. Vielleicht lesen die Kämpen ja wenigstens mal diesen Blog.

Natürlich, vorneweg heißt es:
Zitatthere are strong indications that many female MS patients were incorrectly labeled with hysteria in the past. Today, MS symptoms are still frequently dismissed as psychosomatic before patients receive the correct diagnosis.
Was vergessen wird zu erwähnen: und umgekehrt nicht minder. Im Gegensatz zum Blog habe ich für meine These Quellen; irgendwo vorne ist eine verlinkt. Lohnt nicht, nochmal zu suchen.

Und,
ZitatWe even found a relatively recent paper from 2002 which speculates that "MS may be the psychosomatic consequence of early childhood trauma in the form of unsuccessful bonding processes."
Klar, Fringe gibt es bei jeder Wissenschaft - die Medizin macht da absolut keine Ausnahme -, und speziell in der Psychoanalyse. Verlinkt ist aber ein Text aus 1930. Ups.  ;)

eLender

Zitat von: Peiresc am 16. September 2025, 10:49:37Ein Lancet-Editorial aus 2022 referiert die Kritikpunkte an den NICE-Richtlinien

Ist aber schon sach- und fachgerecht zerlegt worden, von einem alten Bekannten

ZitatChristian Zacharias ME/CFS @ChrZacharias
·
13. Feb. 2022
You are severely hurting ME/CFS patients. Why are you fighting us so mercilessly? Is your ideology really more important to you than the well-being of countless people whose lives are effectively over? People who need GET can do that w/o your help.
https://x.com/SFlottorp/status/1492025511920476180
:wut
(direkt an einen der Autoren gerichtet, die anderen Kommis gehen überwiegend in die gleiche Richtung. Die Bubble soll ja angeblich sehr freidvoll sein, aber versammelt sich gerne in Vielzahl und sehr spontan immer da, wo es Zweifel am Glauben gibt. Geht sicherlich nicht um Einschüchterung ::)  Habe gleich im Anschluss noch ein Beispiel)

Zitat von: Peiresc am 16. September 2025, 10:49:37Die prohibitive Preispolitik der seriösen Verlage hat zur Folge, dass die Open-Access-Publikationen, für die über den Daumen gepeilt die Latte niedriger hängt, die öffentliche Diskussion beherrschen.

Sehr richtig (ich z.B. kann den Lancet-Artikel nicht lesen, selbst auf Sci-Hub ist nichts), hingegen sind die ganzen Scheibenbögen frei verfügbar, was wohl auch Strategie ist (und wmgl. auch Notwendigkeit, bei Lancet hätte man eher Probleme mit dem Veröffentlichen). Das verzerrt die ganze Geschichte um Lichtjahre, man nimmt - gewollt oder nicht - einen Bias mit. Ist aber prinzipiell beim Pseudoquack auch so.

Zitat von: zimtspinne am 16. September 2025, 19:52:45Was für die mecfs-Welt die 'psychosomatische Medizin' ist, ist für die Transwelt die veraltete Zweigeschlechter-Biologie.

Ich sach ja, man arbeitet mit der gleichen "Logik" (soll heißen, man verwendet die gleichen Fehlschlüsse bzw. Pseudoargumente). Zweigeschlechtlichkeit und Psychosomatik sollen veraltete Vorstellungen sein, man wäre in der "echten" Wissenschaft längst weiter. Das ist das typische Galileo-Gambit, das die Parallelweltler gerne betreiben.

Die Liste der Beispiel, die das angeblich belegen sollen, ist mir schon gelegentlich an anderen Stellen begegnet (auf X gibt es dazu einen ellenlangen Faden). Da kommt auch Helicobacter pylori und das lustige Magengeschwür vor. Wenn man alleine das als Beispiel nimmt, würde man erkennen müssen, dass das alles sehr für die Psychosomatik bzw. das biopsychosoziale Modell spricht (HP ist nur ein Faktor, der erst im Zusammenspiel mit anderen Faktoren Löcher in die Magengrube brennt. Und er ist keine obligate Zutat)

Die Seite ist lustig, habe nur mal ein wenig nach den Hintergründen geschaut.

ZitatWe do not have a professional background or work experience in academia or medical science. We read a lot of research papers with a special interest in statistical analysis, methodology, and medical history.

Das sind immer die besten Voraussetzungen für die "offene" Betrachtung eines (komplexen) Themas. Der Milchwirt soll ja auch deshalb so viel schlauer als alle Experten sein, weil er eben nicht studiert hat und daher vollkommen unvoreingenommen an die Thematik gehen kann... :o

Aber gut, vll. irre ich mich da auch, habe ja nur kurz reingesehen.

ZitatI explicitly call myself a skeptic even though I realize the term has gotten a bad name. It is often associated with critics who mock people because they believe in incredible ideas like homeopathy or conspiracy theories. I'm not a fan of a righteous tone.

For me skepticism refers to an appreciation of how little we know and how difficult it is to obtain reliable evidence. It's about poking evidence, questioning it to see what holds up, and suspending judgement until we have some robust information. It's also about understanding the history of medicine and the many times we thought we had an effective treatment when we didn't.

Ja, das mit dem "Skeptiker" ist heikel, die Impfgegner bezeichnen sich gelegentlich ja auch als Impfskeptiker. We know so little, nichwa.
Wollte ich nur mal gesagt haben!

eLender

Zum Thema "veraltetes Wissen". Den Beitrag habe ich über die Blase zugespielt bekommen, mit den entsprechenden Anmerkungen (kommt gleich). Man würde längst überholte Vorstellungen ungefiltert in die Welt pusten, und das in einem seriösen Blatt. Gehtgarnicht.

ZitatBemerkenswert ist, dass diese dualistische Denkweise weiterhin sowohl die öffentliche als auch die medizinische Diskussion dominiert. Ein Moment des Nachdenkens genügt, um zu erkennen, dass alle Symptome tatsächlich psychisch sind und ,,im Kopf" entstehen. Wo denn sonst? Selbst der Schmerz einer Person, die einen Tritt ans Schienbein bekommt, entsteht im Gehirn. Und was im Gehirn passiert, ist nicht nur faszinierend, sondern auch entscheidend. Symptome sind nicht einfach passive Spiegelungen körperlicher Ereignisse; sie entstehen aus einem Zusammenspiel von körperlichen Signalen, Emotionen, Erinnerungen, Erwartungen und Kontext.
https://archive.is/sRsUV (SZ: Alle Symptome entstehen ,,im Kopf". Wo denn sonst?)

Das ist kein veraltetes Wissen bzw. eine veraltete Vorstellung, das ist aktueller Forschungsstand, der aber viel weiter ist als die organische / biomedizinische Betrachtung alleine. Die Welt ist komplex, und man kommt ihr nur langsam auf die Schliche.

ZitatZahlreiche Studien zeigen zudem, dass Symptome mit klarer körperlicher Ursache sich von dieser lösen und eigenständig fortbestehen können. Die Beziehung zwischen physiologischen Biomarkern und Symptomen kann von Person zu Person und sogar bei ein und derselben Person je nach Kontext stark variieren.

Er nennt auch Beispiel, die ich hier kürzlich verlinkt hatte.

ZitatErkenntnisse wie diese stellen die traditionelle Entweder-oder-Frage infrage: Ist das Symptom körperlich oder psychisch bedingt? Die einzig sinnvolle Frage lautet: Inwieweit wird ein Symptom durch körperliche Signale beeinflusst und inwieweit durch Prozesse im Gehirn? Und diese Frage gilt für alle Symptome – auch jene mit klarer biomedizinischer Ursache. Darüber hinaus hängt die Antwort von vielen Faktoren ab, sodass der relative Anteil von Körper und Gehirn stark variieren kann.

ZitatHausärzte berichten, dass für drei Viertel der vorgebrachten Beschwerden keine klare biomedizinische Erklärung gegeben werden kann. Ein Drittel aller Konsultationen betrifft Symptome ohne identifizierbare Ursache.
Bei Fachärzten liegt dieser Anteil zwischen einem Drittel und mehr als der Hälfte.

Lesenswert und eigentlich nur referierend. Aber ein Affront für die pillengeilen Geplagten. Man findet bei der SZ (wie nicht anders zu erwarten), nur Kommis in der Form:

ZitatHeal ME @HealMEICC
·
15 Std.
Die Psychosomatik ist seit Jahren in blanker Panik, da sich historisch so gut wie alle ehemals "psychosomatischen" Krankheiten als organisch herausgestellt haben. Ein letztes Aufbäumen vor dem großen Fall.

ZitatPaul@paulbarolo
·
14 Std.
LongCOVID und ME/CFS sind organische Erkrankungen; die Psyche spielt bei der Entstehung keine Rolle. Das ist mittlerweile bewiesen. Die Psychosomatik liegt auch hier erneut falsch; so wie sie es bei MS, Magengeschwür usw. auch war.
https://x.com/SZ/status/1967523516728664116

Jaja, die Kirche glaubt ja auch bis heute an die flache Erde ::)
Wollte ich nur mal gesagt haben!

Peiresc

Zitathttps://archive.is/sRsUV (SZ: Alle Symptome entstehen ,,im Kopf". Wo denn sonst?)

Ich finde den SZ-Artikel ehrlich gesagt überzogen. Tendenziell wird die Macht der Psyche in ihm überschätzt.

Ich nehme ein Beispiel. Es ist das erste, wo er überhaupt auf eine Quelle verweist.
ZitatKürzlich zeigte eine aktuelle Studie mit Tausenden Patienten mit Asthma und COPD, dass psychologische Faktoren die alltägliche Atemnot fünfmal besser erklärten als eine Reihe biologischer Parameter, darunter Lungenfunktionstests.

Das hat mich ein wenig überrascht. Wenn die Lunge kaputt ist, dann kommt man nicht die Treppe hoch, egal wie man darüber denkt.
Hier ist, wie van den Bergh seine Quelle referiert:

ZitatDas erklärt auch den Erfolg von Interventionen, die psychische Faktoren ins Zentrum stellen. Ein Selbstmanagement-Programm für COPD-Patienten, bestehend aus nur sechs Sitzungen, führte laut einer schon 2003 im Fachmagazin Jama Internal Medicine erschienen Studie zu einer 40-prozentigen Reduktion der Krankenhauseinweisungen wegen akuter Atemnot [...]

Aber das ist nicht alles Ommm, sondern:
ZitatThe teaching material consisted of a flip chart designed for health educators; 7 skill-oriented, self-help, patient workbook modules detailing COPD management in all facets of the disease; inhalation technique sheets; and a plan of action.
Das ist deutlich realistischer als das Referat in der SZ. Wenn du weißt, was im Ernstfall zu tun ist, hast du viel weniger Panik, als wenn du ratlos bist. Es gibt eine traditionelle Klage darüber, dass die Kommunikation zwischen Arzt und Patient schlecht ist, d. h. von gewöhnlichen Anweisungen in der Sprechstunde bleibt nicht viel hängen. Schon der bloße Umgang mit Tabletten kann unvorhergesehene Probleme machen, und zwar gewaltige. Schulung kann da gewiss hilfreich sein.

Das ist nicht eine geheimnisvolle, kunstvoll beschworene Macht, die hier zu weniger Einweisungen geführt hat. Natürlich hat es einen Einfluss auf dein subjektives Wohlbefinden, wenn du gelernt hast, mit deinen Symptomen umzugehen. Placebo haben keinen anhaltenden Effekt auf objektive Krankheitsparameter.

RPGNo1

Zitat von: eLender am 16. September 2025, 22:28:01Zum Thema "veraltetes Wissen". Den Beitrag habe ich über die Blase zugespielt bekommen, mit den entsprechenden Anmerkungen (kommt gleich). Man würde längst überholte Vorstellungen ungefiltert in die Welt pusten, und das in einem seriösen Blatt. Gehtgarnicht.

Danke für den Link. Ich musste Omer Van den Bergh erstmal recherchieren. Aber das ist ein Mann, der ganz offensichtlich weiß, wovon er spricht.

https://www.kuleuven.be/wieiswie/en/person/00005032
(At Bhaal Temple)
Karlach: What a pesthole! Can't wait to clear this place out.
Minsc: There will be much trading of threats and insults, no doubt. But Minsc will be ready when it is time for boot to meet butt.
Karlach: You and me both, pal.

eLender

Das letzte Aufbäumen der Psychosomatik wird jetzt mit einem Todesstoß finalisiert. Es ist nicht mehr zu leugnen: ganz schwere körperliche Erkrankung (genetisch veranlagt), daher auch die ganzen körperlichen Auffälligkeiten, die nur den einen Schluss erlauben. Ich erlaube mir, kurz anzumerken, dass da auch echte Blasenforscher beteiligt waren (inkl. Lipman, Tuller und Bateman). Hat aber sicherlich nichts mit den Schlussfolgerungen der Studie zu tun ::)

Ich habe das aus einer der vielen Blasengazetten auf die Pupille bekommen. Man erklärt das dem Laienpublikum, damit die nicht auch noch ermüdende Studien lesen müssen, die noch nicht mal gedruckt sind (also wieder Preprint). Das spart auch den Reviewern die Arbeit.

ZitatLipkin-Studie: Bei ME/CFS reagiert das Immunsystem auf Belastung, als handle es sich um eine Infektion

Kurzzusammenfassung

Eine der bisher größten Studien zu ME/CFS liefert neue Einblicke. Das Immunsystem von Betroffenen ist bereits in Ruhe auffällig aktiv, vor allem jedoch nach körperlicher Belastung zeigt sich die entscheidende Fehlsteuerung. Selbst geringe Anstrengungen lösen übersteigerte Entzündungsreaktionen und Energiestress in den Zellen aus.

Untersucht wurden über 200 Personen. Die Diagnose erfolgte nach CCC und nach Fukuda. Blutproben wurden in Ruhe, unmittelbar nach einem Belastungstest sowie 24 und 72 Stunden später analysiert.

 
Entzündung als Dauerzustand

Zahlreiche Immunbotenstoffe waren dauerhaft erhöht. Belastung verstärkte die Reaktion deutlich und aktivierte Muster, die erklären, warum Post-Exertional Malaise (PEM) so massiv ausfallen kann.

 
Energieblockade

Statt flexibel zwischen Zucker- und Fettverbrennung zu wechseln, blieb der Stoffwechsel blockiert. Messbar waren mitochondrialer Stress, eine eingeschränkte Fettverwertung und eine starre Stoffwechsellage.

 
Leber im Notfallprogramm

Die Leber fokussierte ihre Arbeit auf Entgiftung. Dadurch fehlte Energie, die für Muskeln und Gehirn benötigt wird.
 
Gefäße und Gewebe geschwächt

Wichtige Reparaturprozesse sprangen kaum an. Besonders kleine Blutgefäße reagierten empfindlich, was die Versorgung des Gewebes verschlechterte.

 
Oxidativer Stress

Freie Radikale und eine überschießende Immunantwort setzten Zellen zusätzlich unter Druck und verstärkten die Fehlsteuerung.
 

Die Ergebnisse zeigen klar: Post-Exertional Malaise (PEM) ist kein subjektives Empfinden, sondern Ausdruck biologischer Fehlfunktionen, die durch Belastung messbar aktiviert werden. Das macht die Erfahrungen von Betroffenen wissenschaftlich erklärbar.
https://www.millionsmissing.de/2025-09-14-belastung-loest-bei-me-cfs-immunantwort-wie-auf-krankheitserreger-aus#gsc.tab=0

Aber es ist nah am Original, hier das Abstract:

ZitatMyalgic encephalomyelitis/chronic fatigue syndrome (ME/CFS) is characterized by unexplained fatigue, post-exertional malaise (PEM), and cognitive dysfunction. ME/CFS patients often report a prodrome consistent with infection. We present a multi-omics analysis based on plasma metabolomic and proteomic profiling, and immune responses to microbial stimulation, before and after exercise. We report evidence of an exaggerated innate immune response after exposures to microbial antigens; impaired energy production involving the citric acid cycle, beta-oxidation of fatty acids, and urea cycle energy production from amino acids; systemic inflammation linked with lipid abnormalities; disrupted extracellular matrix homeostasis with release of endogenous ligands that promote inflammation; reduced cell-cell adhesion and associated gut dysbiosis; complement activation; redox imbalance reflected by disturbances in copper-dependent antioxidant pathways and dysregulation of the tryptophan-serotonin-kynurenine pathways. Many of these underlying abnormalities worsened following exercise in ME/CFS patients, but not in healthy subjects; many abnormalities reinforced each other and several were correlated with the intensity of symptoms. Our findings may inform targeted therapeutic interventions for ME/CFS and PEM.
https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2025.07.23.25332049v1

Man hat auch schon Vorschläge, was man da tun kann. NEMs, OL-Medis sind da auch bei.

Ich möchte aber nochmal kurz auf einen Kommi der Gazette zu dem Artikel (bzw. auf einen Kommi zum Artikel) aufmerksam machen, der eigentlich gut in die psychosomatische Ecke passt - beinahe.

Zitat#MillionsMissing Deutschland
@MMissingGermany
·
19 Std.
Die Psychoneuroimmunologie hat schon vor Jahrzehnten gezeigt, dass Immunsystem, Nervensystem und Hormone eng zusammenarbeiten und sich gegenseitig beeinflussen. Damit wurde ein Grundstein gelegt, um zu verstehen, warum Infekte, Verletzungen oder Traumata nicht nur körperliche, sondern auch emotionale und kognitive Folgen haben können. Besonders das Konzept des Sickness Behavior hat hier eine wichtige Rolle gespielt:

Während einer akuten Infektion werden Betroffene inaktiv, ziehen sich zurück. Das ist biologisch sinnvoll, weil der Körper so Ruhe erzwingt und die Heilung unterstützt. Entscheidend ist jedoch, dass dieses Verhalten normalerweise zeitlich begrenzt ist und wieder abklingt, wenn die Infektion überwunden ist.

Genau hier liegt der Unterschied zu ME/CFS. Während beim Sickness Behavior die Immunaktivierung wieder herunterreguliert wird, bleibt sie bei ME/CFS dauerhaft bestehen. Fehlsteuerungen im Immun- und Energiestoffwechsel, Störungen in der Gefäßfunktion und eine massive Blockade der Erholungssysteme führen dazu, dass Belastung nicht nur kurzfristig Reaktionen auslöst, sondern einen pathologischen Zustand. Dieser zeigt sich in Form von Post-Exertional Malaise (PEM), die das Krankheitsbild prägt.

Die Arbeiten von Jared Younger ergänzen dieses Bild entscheidend. Mit Hilfe von PET-Scans konnte er zeigen, dass im Gehirn von ME/CFS-Betroffenen Mikroglia und andere Immunzellen dauerhaft überaktiv sind. Die Aktivitätsmuster ähneln denen, die man während akuter Infektionen beobachtet, nur dass sie hier nicht verschwinden, sondern chronisch bestehen bleiben. Damit wird sichtbar, dass Mechanismen, die ursprünglich für einen vorübergehenden Schutz gedacht sind, bei ME/CFS in einen festgefahrenen, krankhaften Zustand übergehen.

Zusammen mit den systemischen Befunden der Lipkin-Studie von 2025 entsteht ein schlüssiges Gesamtbild. Die Psychoneuroimmunologie erklärt das Grundprinzip, dass Körper und Psyche nicht getrennt zu denken sind. Das Konzept des Sickness Behavior beschreibt die reversible, kurzfristige Immunaktivierung bei Infektionen. Jared Youngers Daten zeigen, dass genau diese Prozesse im Gehirn bei ME/CFS chronisch geworden sind. Lipkin liefert dazu die Bestätigung im Blut, dass auch systemisch Immun- und Stoffwechselwege dauerhaft fehlgesteuert sind.

Damit wird klar: Die Psychoneuroimmunologie hat die Richtung gewiesen, aber ME/CFS geht darüber hinaus. Es handelt sich nicht um eine verlängerte Anpassungsreaktion, sondern um eine systemische Erkrankung mit chronischen biologischen Fehlsteuerungen, die sich durch messbare Marker im Blut und im Gehirn nachweisen lässt.
...
https://x.com/MMissingGermany/status/1968331671989567686

Nuja, gegen Ende wirds dann wieder merkwürdig. Ich hatte oben mal auf einen Nature-Artikel (Studie, die in Science besprochen wird) verwiesen. Da wird das eher umgekehrt gesehen. Der letzte Absatz des Kommis macht vll. klar, worin der Fehlschluss besteht bzw. wo die Irrung steckt. Die kausalen Zusammenhänge sind komplex, aber dass man das jetzt eindeutig in nur eine Richtung lesen können muss, ist (aus der Studie und allen anderen bevor), nicht abzuleiten. Es ist Wunschdenken.

ZitatDie Psyche spielt in diesem Zusammenhang eine Rolle, aber vor allem als Folge der Krankheit und nicht als Ursache. Belastungen wie Schmerz, Isolation oder der Verlust von Fähigkeiten wirken sich selbstverständlich auch seelisch aus. Doch die Grundlage der Erkrankung bleibt biologisch: eine immunologisch-metabolische Fehlsteuerung, die den Normalzustand blockiert und die PEM als Kernmechanismus erklärt.

Und wieder wird schnell auf das dualistische Weltbild gesprungen, obwohl man es doch vorher verworfen hat (zu Recht). Ist natürlich auch bequemer, sich irgendwie mit dem biopsychosozialem Modell auseinanderzusetzen. Wie es gerade passt, man dreht sich im Kreis.

Wollte ich nur mal gesagt haben!