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Identitätspolitik - Allgemeiner Thementhread

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Begonnen von RPGNo1, 25. Januar 2023, 13:52:20

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zimtspinne

Zitat von: eLender am 07. Februar 2023, 23:52:00Es wird wahrscheinlich nicht um irgendwelche Evidenzen gehen (ich denke, die Wirkung der Verhaltenstherapie gilt als gut belegt),

Naja, ist eigentlich auch nur ewiges Rumdoktern an Symptomen bei Störungen und Erkrankungen, für die es bislang keine echten kurativen Ansätze gibt.
Besser als nix und ein Hoffnungsschimmer ist ja auch wichtig.  :-X
Dazu fällt mir gerade ein Spruch von mir aus meiner melancholischen Zeit ein und ich denke, davon gabs viele: Das Licht am anderen Ende des Tunnels ist immer ein entgegenkommender Zug.
Ach ja, die hatte ich auch noch (ist wohl ein berühmtes Zitat auch): Es ist wie es ist und es ist fürchterlich.
:skeptisch:

Ich würde Verhaltenstherapie bei Antidepressiva einsortieren. Dort wirken alle möglichen Effekte aus dem Spektrum der Placeboantworten. Besonders 'wirksam' bei guten Placeborespondern, zu denen ich leider gar nicht gehöre. Irgendwas ist ja immer.
Reality is transphobic.

RPGNo1

Das ist vielleicht eine dumme Frage:

Aber erleben wir aktuell bei der gwup einen Fall "Edgar Wunder 2.0"? Eine Gruppe von Akteuren versucht, die Vereinigung in eine bestimmte Richtung zu treiben und ihr ihre Vorstellungen/Definitionen von "korrektem" Skeptizismus aufzudrängen? Dann wäre es letzten Endes nur folgerichtig, wenn diese Leute austreten und ihren eigenen "skeptischen" Verein bilden. Das hat ja Wunder anno 1999 auch getan.

Scipio 2.0


HAL9000


eLender

So ist das halt, wenn man zum gleichen Thema mehrere Fäden aufmacht: man muss sprunghaft sein.

Zitat von: RPGNo1 am 08. Februar 2023, 10:33:07Aber erleben wir aktuell bei der gwup einen Fall "Edgar Wunder 2.0"?
Gut beobachtet, das hätte ich auch schon schreiben wollen. Damals ging es um ganz ähnliche Dinge. Wunder wollte, dass man auch der "Gegenseite" Zugeständnisse macht. Er vertritt dabei ebenfalls postmoderne Ansichten (dazu publiziert er auch: "Anomalistik"). Es gäbe viele Wahrheiten und die "Wissenschaft" wäre nur eine von vielen. Er hat in einer Talkshow mal zu Ärisch zu Dämlichen gesagt, seine Präastronautik wäre der wissenschaftlichen Erklärung bestimmter Phänomene ebenbürtig :skeptisch:

Das passt halt nicht wirklich zu einer auf Rationalität und Evidenz bauenden Weltsicht, die die GWUP vertritt. Seine Versuche, die GWUP in der Richtung umzubauen, sind ja kläglich gescheitert. Das postmoderne Paradigma passt da einfach nicht rein (es ist dasselbe in Grün) und würde die GWUP sprengen. Das wollen sehr viele Akteure gerne, nicht nur die Querlappen.
Wollte ich nur mal gesagt haben!

RPGNo1

Understanding the new politics of race - Prof. John McWhorter


RPGNo1

ZitatEr kam als schwarz angemalter Mann zu Ministerpräsident Rhein: Hessische Karnevalisten haben für die Aufmachung eines Mitglieds um Entschuldigung gebeten – die Figur soll nicht mehr auftreten.
https://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/wiesbaden-blackfacing-karnevalsgesellschaft-bittet-um-entschuldigung-a-ff39e0b5-71be-4fc7-b617-b9fb8e2137e0

Um diese Figur geht es übrigens.
ZitatDer Mohr von Mörlau ist eine Ober-Mörler Fastnachtsfigur und Symbol der Ober-Mörler Fassenacht. Es handelt sich dabei um ein typisches Beispiel für das sogenannte Blackface, ähnlich dem Zwarte Piet.

Im Codex Laureshamensis, einem Kopialbuch des 12. Jahrhunderts, findet sich für das Jahr 790 die Bezeichnung ,,Moruller Marca", was meist als ,,Mark des Mohren" gedeutet wird. Diese Bezeichnung gab der Gemeinde Ober-Mörlen später ihren Namen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Mohr_von_M%C3%B6rlau


RPGNo1

ZitatRoald Dahl war einer der Star-Autoren des 20. Jahrhunderts, zu seinen Werken gehören Klassiker wie "Charlie und die Schokoladenfabrik", "Die Zwicks stehen Kopf" und sogar ein Drehbuch für einen "James Bond"-Film. Einige dieser Bücher sollen in ihrer englischsprachigen Version bald allerdings in geänderter Form auf den Markt kommen – denn der Verlag hat in den Werken "offensive Sprache" ausgemacht und möchte diese nun entfernen.
https://www.stern.de/kultur/buecher/roald-dahl--verlag-streicht--fett--und--haesslich--aus-literatur-klassikern-33210232.html
 :crazy

eLender

Passt ja gerade wunderbar, es geht noch besser: der Autor Sören Sieg hat ein Reisebuch über Afrika geschrieben, das aber noch von einer Expertin für Textentstellung (hat bestimmt irgendwas mit "Critical ..." studiert) überarbeitet werden musste. Man hätte ja ggf. irgendwen, irgendwie, irgendwo auf den Schlips treten können. Am besten wäre es eh gewesen, man würde gar nichts mehr über fremde Kulturen schreiben. Aber man will ja auch Geld verdienen. Mit fremden Kulturen.

ZitatAn alle, die Bücher schreiben und darin schildern wollen, was ist: meidet das PenguinRandomhouse-Imperium. Dort kommt am Ende das Gegenteil raus, wenn erst der Sensitivity Reader durchgewütet hat. Das sollten auch alle Leser wissen, die sich mit dem Gedanken tragen, ein Werk von denen zu kaufen (u.a. Bertelsmann). Umso vergnüglicher ist hier die Geschichte eines Autors, der einschlägige Erfahrungen sammeln durfte, aus der FAZ.

https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/random-house-schreibempfehlungen-durch-sensitivity-reader-17807141.html

ZitatHier und in den nächsten Kommentaren der Text: Postkoloniale Zensur
Wie mein Buch über Reiseeindrücke aus Afrika ein "Sensitivity Reading" überstanden hat
Von Sören Sieg

Oh wie schön ist Afrika! Couchsurfing auf dem bunten Kontinent" - so sollte der Titel ursprünglich lauten. Ich war mehrere Monate durch Äthiopien, Uganda, Kenia, Tansania, Südafrika und Ghana gereist und hatte darüber mein zwölftes Buch geschrieben. Sechs Wochen nach Abgabe des Manuskripts schrieb mir der Verlag PenguinRandomhouse: "Sie erinnern sich, dass wir viele unserer Texte rassismuskritisch lesen lassen. Das ist ein wichtiges Standardverfahren, das wir seit einer Weile etabliert und schon bei mehreren Werken angewendet haben. Denn leider rutschen immer wieder Betrachtungen, Haltungen, Termini und Überlegungen durch, die beleidigend für schwarze Menschen und generell strukturell benachteiligte Personen sein können. Das geschieht unbewusst. Gerade deshalb und aus unserer Verantwortung als Verlag, Autor*innen und Kreative gegenüber People of Color heraus müssen wir uns Texte aber umso genauer ansehen. Die Kollegin hat sich umfassend mit Ihrem Manuskript beschäftigt und doch einige Punkte gefunden, die auch in unseren Augen be- und überarbeitet werden müssten."
Im Anhang zu dieser Nachricht befand sich mein von der Sensitivity-Gutachterin redigiertes Manuskript. Sie hatte ihre Vorschläge nicht als Kommentar am Rand notiert, sondern bereits etwa zehn Prozent des Textes gestrichen und vieles umformuliert; sie gab mir den Auftrag, mich in postkoloniale Literatur einzuarbeiten und das Buch neu zu schreiben. Ich habe Soziologie studiert und befasse mich seit dreißig Jahren mit Afrika, ich wollte nichts umschreiben und protestierte beim Verlag; wochenlang stand das Projekt auf der Kippe. Der Fall gelangte in diese Zeitung (F.A.Z. vom 16. Februar 2022) und den Deutschlandfunk, der Verlag behauptete, das sensitivity reading geschähe freiwillig, in Absprache mit den Autoren, behutsam und nur um Shitstorms zu vermeiden. Leider ist das unwahr.
Ich verdanke meinen Lektoren viel. Katharina Festner von dtv oder Christoph Steskal von Ullstein haben meine Bücher entscheidend verbessert. Sensitivity reading ist aber kein Lektorat, sondern eine politische Erziehungsmaßnahme, deren Radikalität alle verstehen müssen, die vom und fürs Schreiben leben.
Es beginnt damit, dass meine Sensitivity-Gutachterin alle Adjektive entfernt hatte, die das Äußere von Personen beschreiben: "hübsch", "schlank", "füllig", dick", "hellhäutig", "mit ebenmäßigen Gesichtszügen", "den Kopf glattrasiert", "groß", "klein", "stämmig", "wuchtig", "kräftig"; selbst "warmherzig" streicht sie. Eine Gesprächspartnerin in Nairobi beschreibe ich in meinem Buch wie folgt: "Karungi heißt beautiful. Sie hat ein sehr schmales Gesicht, fast zu schmal für die großen, tiefbraunen Augen und die vollen Lippen, ihre sorgfältig aufgemalten Augenbrauen und der dunkelviolette Lippenstift lassen sie wie eine Kunstfigur aussehen." Daraus macht die Sensitivity-Gutachterin: "Karungi heißt beautiful, und ich finde, der Name passt zu ihr." Der Kommentar dazu: "Sie wissen schon, dass Sie die Körper von Frauen nicht zu kommentieren haben. Besonders wenn es um Frauen geht, können Kommentare zu ihren Körpern für viele Leserinnen in ihren fast sexualisierenden und objektifizierenden Anspielungen unangenehm sein." (Fortsetzung mein nächster Kommentar hier unten)
https://www.facebook.com/ulli.kulke/posts/pfbid0358GipGF7cNpJigpNsWmPT45XXiJnK783wYoynq9o2B2j5ibFTVqZYDdD7MabTvikl
Wollte ich nur mal gesagt haben!

HAL9000

Zitat von: eLender am 18. Februar 2023, 22:37:46"Karungi heißt beautiful, und ich finde, der Name passt zu ihr." Der Kommentar dazu: "Sie wissen schon, dass Sie die Körper von Frauen nicht zu kommentieren haben.
Finde den Widerspruch. Und wer sensitiviert die Senitivity-Readerin?  :hirn:
"Beautiful... - der Name passt zu ihr" ist ein viel plumperer Kommentar zu einem Frauenkörper.

Auf der Arche B ist sicher noch Platz, anstelle der Telefondesinfizierer, denn diese hatten in
den letzten drei Jahre ja durchaus eine Daseinsberechtigung.

RPGNo1

Ich konnte es kaum glauben, dass es ein "Sensitivity Reading" gibt. Aber schon der erste Treffer im Netz hat mich eines besseren belehrt.
https://sensitivity-reading.de/

Es kommt noch besser: Die beiden Gründerinnen, die eine ist türkischer Abstammung und die andere hat (auch) asiatische Wurzeln, beschreiben sich als People of Color.

Sie und ihre weiteren Mitarbeiterinnen müssen in ihren Selbstbeschreibungen ausführen, warum sie denn aufgrund ihrer persönlichen Umstände und Erfahrungen besonders geeignet sind, ein "Sensitivity reading" durchzuführen. Über fachliche bzw. beruflichen Qualifikationen hingegen finde ich wenig bis nichts.

Als einschlägige Literatur zur Vertiefung des Thema "Sensitivity reading" werden werden allerlei Bücher teils aus der identitätspolitischen Ecke verlinkt, während Fachartikel mit peer-Review oder Fachbücher von Experten und Forschern Fehlanzeige sind.

Schwuppdiwupp

Aber es geht auch heute noch anders.

Seit 2019 gibt es erstmalig eine komplette ungekürzte deutsche Fassung aller James Bond Romane und Geschichten.

Auch die - in den 1950-er Jahren normale, heute undenkbare - eindeutig rassistische Originalsprache wurde beibehalten. So findet man in "Dr. No" das Wort "Chineger" (englisch: "Chigroes").

Darüber hinaus werden Schwarze entweder als gutmütige aber abergläubische Gehilfen beschrieben (Quarrel) oder sind hochintelligente aber verschlagene Krimelle (Mr. Big).
Ach, was weiß denn ich ...

RPGNo1

Zitat von: RPGNo1 am 18. Februar 2023, 21:48:20
ZitatRoald Dahl war einer der Star-Autoren des 20. Jahrhunderts, zu seinen Werken gehören Klassiker wie "Charlie und die Schokoladenfabrik", "Die Zwicks stehen Kopf" und sogar ein Drehbuch für einen "James Bond"-Film. Einige dieser Bücher sollen in ihrer englischsprachigen Version bald allerdings in geänderter Form auf den Markt kommen – denn der Verlag hat in den Werken "offensive Sprache" ausgemacht und möchte diese nun entfernen.
https://www.stern.de/kultur/buecher/roald-dahl--verlag-streicht--fett--und--haesslich--aus-literatur-klassikern-33210232.html
 :crazy

Mehr zu den "sensiblen Anpassungen" die in den englischen Werken von Roald Dahl vorgenommen wurden.
https://twitter.com/incunabula/status/1626860237104857089

Dazu auch ein Kommentar von der Präsidentin von PEN America.
https://twitter.com/SuzanneNossel/status/1627066101309018112

Juliette

Dann müssen aber auch ganz dringend Luthers Werke und das AT überarbeitet werden!! Da stehen soooo viele schlimme Sachen drin.  :skeptisch:

HAL9000

Roald Dahl kann sich ja leider nicht mehr wehren, aber vielleicht seine Nachfahren/Erben/Rechteinhaber.
Ich würde mir diese Unverschämheit verbitten. Wenn schon ach so schlimme Sachen drin stehen, dann legt
das Teufelszeug gar nicht mehr auf, aber lasst die Finger vom Text (vor allem, wenn dann so halbgarer
Murks wie bei der "Senitivity-Readerin" des Reisebuchs dabei heraus kommt). Das ist anmaßend.
Recht weit sind wir nicht mehr von einer Bücherverbrennung entfernt. Texas zeigt es, aus anderen
Gründen, vor, wie das heutzutage laufen kann.