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Identitätspolitik - Allgemeiner Thementhread

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Begonnen von RPGNo1, 25. Januar 2023, 13:52:20

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Max P

Zitat von: Typee am 01. November 2024, 19:33:45wenn ich alles zu eliminieren trachte, was keinen sprachlichen Eingeborenenstatus hat, gäbe es nicht einmal einen ,,Kiosk", dessen Stammbaum nach Persien reicht.
Der Allgemeine Deutsche Sprachverein wollte in seinem Bestreben, die deutsche Sprache von fremdländischem Unrat zu säubern, schon 1915 bsw. den Vierzylinderexplosionsmotor durch den Viertopfzerknalltreibling ersetzen. Der ADSV wirkte noch weit bis in die Nazizeit hinein, aber selbst Hitler wurde das Ganze zu bunt: https://de.wikipedia.org/wiki/Allgemeiner_Deutscher_Sprachverein#Das_Ende_des_ADSV

Peiresc


Schwuppdiwupp

Ach, was weiß denn ich ...

Typee

Zitat von: Schwuppdiwupp am 01. November 2024, 23:26:53Genauso wie der "Gesichtserker".
Erker stammt aus dem Französischen. Ein Arquier war ein Bauteil an Festungen, in dem Bogenschützen saßen.
The universe is under NO obligation to make sense to us
(Neil deGrasse Tyson)

Juliette

Zitat von: Typee am 01. November 2024, 13:19:00In Frankreich hat es die Académie Francaise über 300 Jahre lang verstanden, eine Modernisierung der Landessprache zu verhindern - bis sich Englisch als neue lingua franca durchsetzte. Ein bizarres Rückzugsgefecht gegen das Eindringen englischer Begriffe wollte die Politik in der Mitte der 90er Jahre ausfechten: es wurde ein  Gesetz über die Verwendung der französischen Sprache erlassen, das zumindest den Gebrauch von Anglizismen im öffentlichen Sprachgebrauch verbieten und teilweise sogar mit Sanktionen bedrohen wollte. Dafür mussten ganz nebenbei für eine ganze Menge von Dingen völlig neue, irgendwie frankophon klingende Vokabeln erfunden werden.

Jetzt mal ganz abgesehen davon, dass ich grundsätzlich nichts gegen fremdsprachliche Einflüsse in einer Sprache habe, auch nicht im Deutschen - vielleicht habe ich mich da nicht klar genug ausgedrückt. Ich will auf keinen Fall die deutsche Sprache von fremdländischem Unrat säubern oder eine Modernisierung der Landessprache verhindern. Dichtet mir nicht etwas an, das ich nicht geschrieben habe. Es gibt auch etwas zwischen transaktivistischer Ideologie und transfeindlicher AFD-Rethorik.

Englisch hat sich in Frankreich ganz gewiss nicht als lingua franca durchgesetzt, vor allem existiert es beruflich in den Gebieten Ökonomie, Sport und Informatik und vielleicht in gewissen Pariser Zirkeln. Paris ist nicht Frankreich, so wie Rom nicht Italien ist. Das habe ich schon an Ulrich Wickerts Büchern kritisiert, dass er praktisch aus dem Pariser Lebensgefühl seine Texte schrieb. Und die Anglizismen, die sich teilweise schon vor Jahrzehnten durchgesetzt haben, wie "Pöb", oder in neuerer Zeit "Trömp" oder "Bieden", kann ich irgendwie nicht ernst nehmen. Allein durch die Aussprache werden sie französisiert, so wie das "Böfflamott" in Bayern kaum noch als Französisch zu erkennen ist. Und wer würde glauben, dass das urdeutsche Wort "mutterseelenallein" aus dem Französischen kommt? Es gibt ja auch viele Worte, die vom Französischen ins Englische und wieder zurückgewandert sind wie bacon, camping, manager, challenge, tennis, denim, mayday, flirt und eine Menge mehr. Aber erfreulich ist es, dass heute sehr viel mehr Franzosen^ Englisch sprechen als vor 20 Jahren.

Eine Sache, die ich als sehr kurzsichtig einschätze, ist die Erfindung von technischen Fachausdrücken auf Französisch, zB bei der Computertechnik. Man bürdet den Menschen dadurch auf, alles doppelt zu lernen. Dafür haben sehr viele Pflanzen in Frankreich die botanischen Namen bekommen und nicht in jeder Region einen anderen, wie sehr oft in Deutschland.

Aber abgesehen davon gibt es nicht nur im Deutschen die sogenannten "falschen Freunde" wie realisieren, fokussieren und unzählige mehr:

https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_falscher_Freunde#Englisch
https://de.wikipedia.org/wiki/Falscher_Freund
https://www.ef.de/blog/language/falsche-freunde/

Und falsche Freunde sind vielleicht sprachökonomischer, aber eben falsch. Aber ich werde diese Entwicklung sicher nicht verhindern, wie ich alte weiße Frau schon sagte.  ;)

Manche Anglizismen folgen auch der Mode und verschwinden irgendwann wieder wie cool oder Teenager. Das ist eben lebendige Sprache.


zimtspinne

Teenager glaub ich nicht, das bleibt. Gibt es schon seit 💯 Jahren bestimmt. Außerdem keine dt Entsprechung vorrätig.
Reality is transphobic.

Max P

Zitat von: Max P am 01. November 2024, 20:51:31
Zitat von: Typee am 01. November 2024, 19:33:45wenn ich alles zu eliminieren trachte, was keinen sprachlichen Eingeborenenstatus hat, gäbe es nicht einmal einen ,,Kiosk", dessen Stammbaum nach Persien reicht.
Der Allgemeine Deutsche Sprachverein wollte in seinem Bestreben, die deutsche Sprache von fremdländischem Unrat zu säubern, schon 1915 bsw. den Vierzylinderexplosionsmotor durch den Viertopfzerknalltreibling ersetzen. Der ADSV wirkte noch weit bis in die Nazizeit hinein, aber selbst Hitler wurde das Ganze zu bunt: https://de.wikipedia.org/wiki/Allgemeiner_Deutscher_Sprachverein#Das_Ende_des_ADSV
P.S.:
Ein später Nachhall dieser Bemühungen war z.B. das Amtsdeutsch der Deutschen Bundespost, das keine Tele(ph)fone kannte, sondern nur Fernsprecher oder Fernsprechgeräte.

Max P

Zitat von: zimtspinne am 02. November 2024, 11:58:08Teenager glaub ich nicht, das bleibt. Gibt es schon seit 💯 Jahren bestimmt. Außerdem keine dt Entsprechung vorrätig.
Doch, ganz früher hieß das Backfisch. Wobei das nur Mädchen meinte, soviel ich weiß. Männliche Teenager waren Halbstarke.


Schwuppdiwupp

Zitat von: Typee am 02. November 2024, 08:57:06Erker stammt aus dem Französischen. Ein Arquier war ein Bauteil an Festungen, in dem Bogenschützen saßen.
Oha! :merci:
Ach, was weiß denn ich ...

HAL9000

Zitat von: Juliette am 02. November 2024, 11:32:44... Eine Sache, die ich als sehr kurzsichtig einschätze, ist die Erfindung von technischen Fachausdrücken auf Französisch, zB bei der Computertechnik...
Ohja, da haben sich ein paar "Sprachpuristen" gehörig ausgetobt. Aber nicht nur bei den Begriffen,
sondern auch bei der Tastaturbelegung. Ich kenne sonst keine, die so extrem von QWERTY abweicht.
Ich fluche jedes Mal, wenn ich gezwungen bin, auf einer französischen Tastatur zu arbeiten.
Alleine mit der Buchstabenhäufigkeit und dem flüssigen Tippen kann das nicht erklärt werden.
Da waren für mein Gefühl Leute am Werk, die sich vornahmen, möglichst weit von der englischen
Belegung abzuweichen.

/Offtopic eines manchmal Geplagten

Juliette

Zitat von: HAL9000 am 02. November 2024, 15:57:13Ich fluche jedes Mal, wenn ich gezwungen bin, auf einer französischen Tastatur zu arbeiten.

Das kann ich gut verstehen. Allein schon die Zahlen mit der Shifttaste.  ::)

RPGNo1

Ein Videotipp.

ZitatIdentitätskrise – Kritik an der aufgeklärten Gesellschaft | unter den linden

Es polarisiert, es regt auf und hat das Potential unsere Gesellschaft zu spalten. Es geht um "Wokeness" – einst ein Aufruf zu mehr Aufmerksamkeit für Gerechtigkeits- und Diversitätsfragen mit dem Ziel jedem das gleiche Gewicht in seiner Teilhabe zu ermöglichen.

Das empfanden viele angesichts der Überheblichkeit westlicher Gesellschaften als notwendig, doch heute sprechen viele im Zusammenhang mit Wokeness von einer Überhöhung von Partikularinteressen.

Sehen nur noch das aggressiv Spaltende und das Denunzieren von Andersdenkenden. Die Folge: Der Begriff Identität gewann an überbordender Bedeutung und wird von der linken Wokeness-Bewegung genau wie von rechten Identitären gleichermaßen instrumentalisiert.

Wie also nun steht es um eine Bewegung, die durchaus einmal gewertschätzt werden konnte, unsere liberale Demokratie zu bereichern und zu verteidigen?

Michaela Kolster diskutiert dies mit ihren Gästen:
➡️ Prof. Ulrike Ackermann, Politikwissenschaftlerin und Freiheitsfroscherin
➡️ Jens Balzer, Autor und Publizist
(At Bhaal Temple)
Karlach: What a pesthole! Can't wait to clear this place out.
Minsc: There will be much trading of threats and insults, no doubt. But Minsc will be ready when it is time for boot to meet butt.
Karlach: You and me both, pal.

Rabenaas

Zitat von: Typee am 23. Oktober 2024, 17:29:10...übrigens nicht in einem  Nischenverlag erschienen, sondern beim ehrwürdigen C.H.Beck.

Ebenfalls vor kurzem im C.H. Beck-Verlag erschienen: "Lob der Identitätspolitik" von Karsten Schubert.
Dem FAZ-Feuilletonisten hat es nicht gefallen: https://archive.is/rrEdp

RPGNo1

Zitat von: Rabenaas am 05. November 2024, 16:36:56Ebenfalls vor kurzem im C.H. Beck-Verlag erschienen: "Lob der Identitätspolitik" von Karsten Schubert.
Dem FAZ-Feuilletonisten hat es nicht gefallen: https://archive.is/rrEdp

Aha.  ::)

ZitatForschungsgebiete
  • Zeitgenössische kritische politische Theorie (an der Schnittstelle von französischem Denken, Kritischer Theorie und politischer Liberalismus, insbesondere radikale Demokratietheorien)
  • Zeitgenössische sozialkritische Ethik (insbesondere intersektionale Theorie sowie Debatten um Identitätspolitik, 'Cancel Culture', 'Political Corretness' und Wissenschaftsfreiheit)
  • Queere, schwule und feministische Theorie
  • Michel Foucault (insbesondere seine politische Philosophie und Biopolitik)
  • Kritische Rechtstheorie, Menschenrechte, globale Demokratisierung

Aktuelle Forschung: Radikaldemokratische Theorie der Identitätspolitik
In meiner aktuellen Forschung entwickle ich eine radikaldemokratische Theorie der Identitätspolitik. Die Grundthese ist, dass Identitätspolitik notwendig für die Demokratisierung der Demokratie ist. Dies liegt daran, dass Exklusion und Diskriminierung innerhalb aktueller demokratischer Institutionen auch ein Problem der politischen Epistemologie sind, das heißt, sie hängen mit den Möglichkeiten und Blockaden von politisch relevantem Wissen zusammen. Für die Perspektive der Mehrheitsgesellschaft ist es schwer, strukturelle Diskriminierungen zu verstehen und angemessen zu thematisieren, insbesondere weil sich diese Mehrheitsperspektive oft so versteht, als würde sie eine universelle Auffassung formulieren, bei der die soziale Position gar keine Rolle spiele. Leichter fällt diese Thematisierung vom partikularen Standpunkt der von Diskriminierungen Betroffenen. Das disruptive Durchbrechen etablierter Verständnisse des Universellen durch partikulare Identitätspolitik ist deshalb zentral für die weitere Demokratisierung der Demokratie.

Ich entwickle die radikaldemokratische Theorie der Identitätspolitik in drei Teilprojekten:
  • Analyse der Abwehr von Demokratisierung durch die konservativen Kampfbegegriffe 'political correctness' und 'cancel culture'
  • Entwicklung einer konstruktivistischen Konzeption von Identitätspolitik als aktive Herstellung von partikularen Standpunkten (mit Berücksichtigung von digitaler Kommunikation und dem Problem potentiell verzerrter Repräsentation durch elite capture)
  • Untersuchung des Verhältnisses von Partikularität/Universalität bzw. Macht/Vernunft bei identitätspolitischer Demokratisierung (erste Kurzveröffentlichungen)

Mitgliedschaften und Funktionen
Mitglied der DVPW-Theoriesektion Gender und Diversity Kommission

https://www.karstenschubert.net/ueber/

Was für ein "wunderbares" intellektuell klingendes elitäres Geschwafel. Identitätspolitik im Gewande der Demokratisierung. Oder wie ich es nenne: Ein Wolf im Schafspelz, der Kreide gefressen hat.

(At Bhaal Temple)
Karlach: What a pesthole! Can't wait to clear this place out.
Minsc: There will be much trading of threats and insults, no doubt. But Minsc will be ready when it is time for boot to meet butt.
Karlach: You and me both, pal.

eLender

Zitat von: RPGNo1 am 05. November 2024, 17:21:30Was für ein "wunderbares" intellektuell klingendes elitäres Geschwafel.
Noch nicht mal das, es ist eine Art Kinderbuch für die letzten Verblödeten. Dass sich sowas überhaupt noch verkaufen läßt. Gut, man kann sich denken, wer das kauft.

ZitatDie Blindheit setzt sich fort, wenn der Autor unter anderem dem Transgenderaktivismus im Unterschied zu seinen Kritikern ein hohes Maß an Reflektiertheit bescheinigt.
:facepalm
Genau die, die sich eine Absolution erhoffen, weil sie selber merken, wie dogmatisch sie eigentlich sind. Ein letztes Aufbäumen..?
Wollte ich nur mal gesagt haben!