Neuigkeiten:

Wiki * German blog * Problems? Please contact info at psiram dot com

Main Menu

Krise in der Ukraine

Postings reflect the private opinion of posters and are not official positions of Psiram - Foreneinträge sind private Meinungen der Forenmitglieder und entsprechen nicht unbedingt der Auffassung von Psiram

Begonnen von RPGNo1, 18. Februar 2022, 18:04:53

« vorheriges - nächstes »

Peiresc

Normalerweise scheue ich mich, direkte Kriegsgeschehnisse aus den Threads zu holen, a) sind sie zu unsicher und b) versteh ich nichts davon. Aber manchmal bin ich so berührt, dass ich ne Ausnahme machen muss, auch wenn ich mich blamieren könnte.

Zitat[...] Apparently Putin has ordered everyone to hold their ground. [...]
https://twitter.com/ThreshedThought/status/1574061574989529090

(Stalingrad)

RPGNo1

ZitatPutin und das Peak-Power-Syndrom

Eine Kolumne von Henrik Müller

Russland befindet sich im demografischen Niedergang, wie viele andere Länder auf dem Globus. Die Macht schwindet, die Führer fürchten den Abstieg – das macht sie noch gefährlicher.

https://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/russland-und-die-demografische-krise-wladimir-putin-und-das-peak-power-syndrom-a-2e8bfaf5-0ceb-4f76-b954-36422df93459

Ein Erklärungsansatz dafür, warum Putin und Xi aktuell so handeln. Lässt sich auch auf andere Autokratien und Diktaturen übertragen.

kosh

Zitat von: Peiresc am 25. September 2022, 17:21:15
ZitatWhat is the Russian Orthodox Church making of Putin's mobilisation?

Patriarch Kirill said in his sermon today that soldiers dying in Ukraine would have all their sins washed away
https://twitter.com/francis_scarr/status/1574058496324157440
(mit Videoclip)

Sowas hatte früher mehr Wucht, heute ist das nur noch eine Karikatur. Edward Gibbon, Decline and Fall, über den 1. Kreuzzug:

ZitatIn the council of Clermont, that pope proclaimed a plenary indulgence to those who should enlist under the banner of the cross; the absolution of all their sins, and a full receipt for all that might be due of canonical penance. (28) The cold philosophy of modern times is incapable of feeling the impression that was made on a sinful and fanatic world. At the voice of their pastor, the robber, the incendiary, the homicide, arose by thousands to redeem their souls, by repeating on the infidels the same deeds which they had exercised against their Christian brethren [...]


Und wie endet es? Mit dem vierten Kreuzzug: https://de.wikipedia.org/wiki/Vierter_Kreuzzug

In der wenigen Literatur, die wir aus der Zeit haben, wird die Kreuzzugsidee danach subtil verhöhnt.

Max P

Zitat von: Schwuppdiwupp am 25. September 2022, 15:52:51Guckst du hier.
Ah ja danke, verstehe.


Zitat von: Peiresc am 25. September 2022, 17:21:15
ZitatPatriarch Kirill said in his sermon today that soldiers dying in Ukraine would have all their sins washed away
https://twitter.com/francis_scarr/status/1574058496324157440
Gilt aber nicht für jeden: Kirill macht gläubige Pflicht- und Eiderfüllung zur Voraussetzung. Wer lediglich als Söldner mitkämpft oder weil er schlicht Angst vor 15 Jahren Gulag hat, kommt demzufolge nicht einfach so nach Walhall in den Himmel.
Btw, ich frage mich, ob Kirill schon Panzer und Schießzeug gesegnet hat. Gehört eigentlich zu diesem Re-Enactment-Krieg.  ::)


Peiresc

Noch zu Stalingrad:
ZitatPutin thinks he's fighting Stalingrad. He just hasn't quite figured out which side he's on.
---
Generalmajor Andrey Gurulyov, Mitglied der Staatsduma [WP], fordert dazu auf, endlich Schluss zu machen mit allen Problemen der Menschheit. Sie hat es nicht anders verdient.

ZitatRussian MP Andrei Gurulyev proposes striking NATO forces in Poland with nuclear weapons
https://twitter.com/SamRamani2/status/1574144293585014786A

Verlinkt ist ein Telegram-Post. Google Translate übersetzt:
Zitat[...] Welchen Sinn haben wir, Atomwaffen gegen die Ukraine einzusetzen? Wir haben alle Arten von Nicht-Atomkraft, um dort erfolgreich zu sein und zu gewinnen. Ich verstehe nicht, was wir denken, eine strategische Operation, um kritisch wichtige Objekte zu besiegen, ist dringend erforderlich, Sie müssen damit beginnen und erst dann alles andere! Zweitens leben unsere Leute immer noch in der Ukraine, wir benutzen dort keine Atomwaffen.

Es gibt Tendenzen mit der Verlegung von Nato-Truppen in Polen an die Grenze zur Ukraine, dort, wenn sie auftauchen, dann ist das ein ideales Ziel für taktische Nuklearwaffen, damit nie wieder jemand aufsteigt.

Ich befürchte aufrichtig, dass es in der Ukraine zu einer Provokation mit Hilfe von Atomwaffen aus dem Westen kommt. Wenn es eine nukleare Explosion gibt, wird der Teufel selbst nicht herausfinden, woher sie kam, aber sie werden Russland die Schuld geben. [...]

Eine bestechende Logik: bei Atomschlägen in der Ukraine würde man Russland die Schuld geben, also müsste man die Sache gleich komplett klar machen. Aber der General ist hier ein wenig unüberlegt. Wenn sie Atomwaffen einsetzen, wird es zwar niemanden mehr geben, der noch irgendwem die Schuld geben kann, aber auch keine Russen. Gurulyov ist übrigens manifest korrupt (s. WP), was Galeev zufolge nicht die Ausnahme sondern die Regel ist.

sailor

Der Nato-Fetisch der russen macht kompletten Sinn... aus Sicht der russen: russia Stonk! damit kann es nicht sein, dass die "kleinen Brüder" in der Ukraine den ruhmreichen russischen Soldaten den A*sch aufreißen (was übrigens auch russische Offiziere sehr gern mit ihren Untergebenen machen, aber nur wer sich bückt ist schwul^^). Daher muss es einen Nato-Trick geben, mit dem die Ukrainer in die Lage versetzt werden, den ruhmreichen russischen Soldaten (mit Rektalöffnungsschmerzen)zu trotzen. Erklärungsversuche gibt es viele: Genetisch verbesserte Supersoldaten, Nato-Söldner, Schwarze Magie, degenerierte LBTQ-Doktrin... Letztendlich läuft es auf eine gigantische Verdrängungspsychose hinaus: russland kann nicht einsehen, dass es fucked ist, dass das Militär (literally) fucked ist, dass putin das Land 20 Jahre vergewaltigt und angepresst hat, dass der Traum von Großrussland nur ein Traum ist. Deshalb braucht man die große mächtige Nato als Feindbild, man erhöht sich daran selbst... zumindest zeitweise und nur in der Vorstellung. Real sitzt die Nato da, schüttelt mit dem Kopf und schickt Ausrüstung... keine Armeen. Auch Verlegungen von Nato-Truppen gibt es so nicht (die polnische Armee ist nun auch Nato-Truppe, ganz ohne Selbstbetrug). Man lügt sich selbst an, damit man die Realität verweigern kann.

Scipio 2.0

Ich Frage mich, wie lange Putin dieses Trauerspiel noch weiterführen will?

Max P

Zitat von: sailor am 26. September 2022, 13:04:09dass der Traum von Großrussland nur ein Traum ist.

Weiterhin beengt auf nur 17 Mio. km² leben zu müssen, ist ja auch eine Zumutung. Aber auch dass gönnt der Westen Russland bekanntlich nicht und will es seit jeher zerstückeln. Das heißt, allmählich finde ich die Idee, das russische Imperium in handlichere Staaten zu entflechten, gar nicht mal so abwegig...

sailor

@Scipio: Solange er kann... denn solange er sagt, wer aus dem Fenster fällt, fällt er selbst nicht ;)

Eine Zerstückelung ist jetzt nicht das Beste: Erstens ist die gesamte Infrastruktur und Industrie auf dieses zentralistische Konstrukt ausgerichtet. Neue Wege, die nicht nach Moskau führen müssen erst gebaut werden (weshalb die Chinesen da weit vorn gesehen werden beim "land grabbing"). Zweitens ist auch die gesamte Staatlichkeit wieder auf Moskau ausgerichtet, in vielen Regionen würden die "Regierungen" ersticken ohne die Anweisung aus Moskau wann sie denn auszuatmen hätten. Dazu kommt, dass wichtige Institutionen (Finanzen, Gerichtsbarkeit, Polizei/Militär) durch Moskau direkt gelenkt werden. Hier "nationbuilding" zu betreiben wäre arg. Einzelne Regionen können es schaffen, aber ne Komplettzerlegung ist ne besch...eidene Idee.

RPGNo1

Zitat von: sailor am 26. September 2022, 14:03:57Eine Zerstückelung ist jetzt nicht das Beste:
Einzelne Regionen können es schaffen, aber ne Komplettzerlegung ist ne besch...eidene Idee

Kamil Galeev sieht das Auseinanderbrechen der russischen Föderation als einzige Chance, damit der imperialistische Traum für immer (?) ausgeträumt ist. Aber der ist ja auch kein ethnischer Russe.


Was anderes: Im Osten der Ukraine bei Lyman deutet sich die nächste Niederlage der glorreichen russischen Armee an.

https://www.rnd.de/politik/rueckeroberung-der-ukraine-naechste-niederlage-in-der-ostukraine-fuer-russen-einnahme-von-lyman-VIZSHRHWBNC2XCCWP3K7DDF6WE.html

Wie im Netz gemunkelt wird, hat Putin den Befehl gegeben, die Stadt auf jeden Fall zu halten. Der GröFuPaZ hat nichts aus Stalingrad gelernt und auch nichts aus Adolfs "Festen Plätze"..



Max P

@sailor: Wahrscheinlich hast du Recht, zumal Sibirien und der Ferne Osdten ohnehin kaum Einwohner haben im Vergleich zum westlichen Russland. Andererseits, die SU war genauso zentralistisch aufgebaut und die nichtrussischen Nachfolgestaaten konnten sich - mehr oder weniger - erfolgreich von Russland abnabeln. Wo nicht, war es von den lokalen Machthabern gewollt.

Scipio 2.0

Es ging mal das Gerücht um, dass sich China nur zu gern Teile des russischen Ostens einverleiben würde. Ist da was dran?

Schwuppdiwupp

Zitat von: sailor am 26. September 2022, 13:04:09Letztendlich läuft es auf eine gigantische Verdrängungspsychose hinaus: russland kann nicht einsehen, dass es fucked ist, dass das Militär (literally) fucked ist, dass putin das Land 20 Jahre vergewaltigt und angepresst hat, dass der Traum von Großrussland nur ein Traum ist.

Ein (Alp-)Traum, der nun schon seit Jahhuderten halluziniert wird. Vermutlich bereits seit Peter I. (wenn nicht noch eher); aber ganz sicher seit Alexander III.

ZitatWikipedia: Alexander III. (Russland)
Für Alexander lag die Stärke Russlands in sich selbst. Er war der Ansicht, sein Reich sei von anarchistischen Störern und revolutionären Agitatoren durchsetzt gewesen, die bekämpft werden müssten. Als Instrument der Bekämpfung gründete Kaiser Alexander 1881 die Geheimpolizei Ochrana, die politische Gegner in die sibirischen Arbeitslager sperrte. Als weiteres Problem sah Alexander eine ,,Überfremdung" der Gesellschaft, besonders in Hinblick auf den deutschen Einfluss. Russland sollte ein homogenes Staatsgebilde sein, in dem die ethnischen Unterschiede in religiöser und sprachlicher Vielfalt überwunden werden müssten. Um dieses Ziel zu verwirklichen, startete Alexander eine radikale Politik der Russifizierung, die besonders in Polen und im Baltikum gegen harte Widerstände in der Bevölkerung durchgesetzt werden musste. Denn die Stützen seiner autokratischen Herrschaft sah Alexander in der slawischen Nation, der orthodoxen Kirche und einer einheitlichen Verwaltung. In seiner Politik wurde er von Konstantin Pobedonoszew unterstützt, der als persönlicher Berater des Zaren fungierte und zur grauen Eminenz am Hof aufstieg. In Alexanders Herrschaftsauffassung war für parlamentarische Institutionen und den westeuropäischen Liberalismus kein Platz. Er hob beinahe alle Liberalisierungsvorschläge seines Vaters auf, obwohl er die Leibeigenschaft nicht wieder einführen konnte, zentralisierte die Verwaltung und schwächte die Semstwo-Vertretungen auf dem Lande. Allmählich zog er sich so die Feindschaft aller Klassen in Russland zu.

Macht macht copy 'n' paste und tauscht sowohl "Alexander" gegen "Putin" sowie "Konstantin Pobedonoszew" gegen "Alexander Dugin", hat man wahrscheinlich eine Blaupause für einen späteren Text in Wikipedia über Putins-Regentschaft.

Wie auch immer: Die russische Bevölkerung ist seit jeher aber sowas von fucked durch die jeweiligen Kremlherren - egal, ob sie sich nun Zaren, Generalsekretäre oder Präsidenten schimpfen ließen.
Ach, was weiß denn ich ...

sailor

Die SU hat mit ihrer Zentralplanungswirtschaft die Zentralisation zementiert (wow, Alliterations-Allmeister :D). Das "Abnabeln" war weniger als man von hier aus denkt: Die Ukraine bspw. blieb trotz formaler Unabhängigkeit wirtschaftlich stark an russland gebunden... bzw. litt mit dem dortigen Absturz mit. Belarus hängt heute noch am Tropf. Die "Randgebiete", welche schnell alternative Wege finden/bauen konnten, haben teilweise gewonnen, aber selbst Länder wie Kasachstan oder Aserbaidschan sind mehr oder weniger abhängig von russischer Infrastruktur (was bspw. ein Grund für die Spannungen mit Armenien ist).

Ein Riesenproblem im Zerfall wären die fernöstlichen und polaren Gebiete, insbesondere die, wo es zwar Öl/Gas und andere Bodenschätze gibt, aber keine "flächige" und selbst unterhaltende Bevölkerung. Das würde quasi terra nullius werden und Konflikte ohne Ende provozieren. Dort fehlts nämlich an Staatsvolk und Staatsmacht. Schon unter den Sowjets gabs dort maximal Saisonkräfte... und die indigene Bevölkerung ist deutlich zu geschwächt, als dass sie dort ohne fremde Hilfe ihre Rechte durchsetzen könnte.

zum rnd-link: Die Offensive im Süden war immer mein persönlicher Favorit, aber ich glaube nicht, dass dort ein ähnlich großer Durchbruch zu halten ist. Gelingen kann er und eine Wiederholung des russen-runs ist sehr wahrscheinlich... ich frage mich nur, ob die Ukrainer genug Truppen haben, um dort nach West und Ost den Einbruch zu sichern. Reisner ist übrigens typisch Ösi, sehr "russophil" in seinen Analysen... bzw. er macht die Ukrainer madig, obwohl sie deutlich erfolgreicher sind als die russen (oder auch das kuk Militär ohne Hilfe der Saupreußen^^) :D

RPGNo1

Die Mobilmachung in Russland läuft so "gut", wie es zu erwarten war. Ich fasse zusammen.
  • Rentner, Kranke und Dienstunfähige erhalten den Einberufungsbescheid, da
  • die Regionen/Städte Quoten an Rekruten liefern müssen
  • es werden funktionsunfähige Waffen ausgegeben
  • Unterkunft in den Kasernen ist nicht vorhanden
  • Militärkommissariate werden angezündet

https://www.stern.de/politik/ausland/mobilmachung-in-russland--verschimmelte-gewehre--brennende-kommissariate--32759452.html

Und weiter: Die ersten eingezogenen Soldaten sollen nach nur einem Tag Auffrischungstraining an die Front zum Fleischwolf verschickt worden sein.

https://www.tagesspiegel.de/politik/putins-ubersturzte-teilmobilmachung-unausgebildete-rekruten-schon-jetzt-an-der-front-8683903.html

Zuletzt:
ZitatÜber die Grenze statt an die Front: Tausende Russen im wehrfähigen Alter sind nach Georgien geflohen. Zu Hause erkennen viele Männer noch nicht den Ernst der Lage, sagen sie.
https://www.spiegel.de/ausland/mobilmachung-in-russland-maenner-fliehen-vor-der-einberufung-nach-georgien-a-5b07c264-c7b9-4550-9cd9-feebfa9d986f