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Elektroautos

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Begonnen von Paradox, 03. Mai 2017, 15:19:30

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Nogro

Zitat von: LaDeesse am 14. Januar 2019, 10:48:36
Darum werden Elektroautos de facto mit Kohlestrom geladen - solange, bis Ökostrom allen Strom liefern kann. Also noch ca. 30 Jahre lang.
Mir erscheint das sonnenklar, und den meisten meiner Gesprächspartner mit technischer Vorbildung auch: Möchte jemand ein Elektroauto am öffentlichen Netz laden, dann passiert genau das, was in der kurzen Story beschrieben wurde: Es werden nukleare und fossile Kraftwerke hochgeregelt.
Umkehrschluß: Ich klemme meine Elektroheizung ab (und friere), jetzt kann ein Kohlekraftwerk runtergeregelt werden. Klemme ich sie wieder an, wird sie dann mit 100% Kohlestrom betrieben (Kraftwerk regelt wieder hoch), auch wenn ich 100% Ökostrom beziehe. Richtig?
Es genügt nicht, keine Ahnung zu haben. Man muss auch dagegen sein (Hermann Hinsch)

LaDeesse

Zitat von: Nogro am 14. Januar 2019, 11:01:48
Zitat von: LaDeesse am 14. Januar 2019, 10:48:36
Darum werden Elektroautos de facto mit Kohlestrom geladen - solange, bis Ökostrom allen Strom liefern kann. Also noch ca. 30 Jahre lang.
Mir erscheint das sonnenklar, und den meisten meiner Gesprächspartner mit technischer Vorbildung auch: Möchte jemand ein Elektroauto am öffentlichen Netz laden, dann passiert genau das, was in der kurzen Story beschrieben wurde: Es werden nukleare und fossile Kraftwerke hochgeregelt.
Umkehrschluß: Ich klemme meine Elektroheizung ab (und friere), jetzt kann ein Kohlekraftwerk runtergeregelt werden. Klemme ich sie wieder an, wird sie dann mit 100% Kohlestrom betrieben (Kraftwerk regelt wieder hoch), auch wenn ich 100% Ökostrom beziehe. Richtig?

Strenggenommen ist es so!
Heizung ist aber notwendig. Es hat keinen Sinn, diesen Strombedarf von Beleuchtung oder Strom zum Betrieb von Computern zu unterscheiden.
Propagiere ich jedoch mit einer ökologischen Begründung (!) neue Stromverbraucher, dann sollte ich doch wohl sagen, welche Kraftwerke dafür länger laufen müssen - und dies natürlich in der CO2-Bilanz berücksichtigen.

LaDeesse

Ist diese Kurve jedem bekannt?



Da kann man die Deckungslücke des Ökostroms bewundern. Das macht den beschriebenen Effekt anschaulich: Mehr Gesamtbedarf --> mehr Kohlestrom; denn die regenerativen Quellen können nun mal nicht mehr.

Belbo

Das heisst überall fallen "nichtlineare Grenzkosten" an ausser bei der Erzeugung von Energie durch fossile Brennstoffe und Kernkraft?

LaDeesse

Zitat von: Belbo am 14. Januar 2019, 11:17:05
Das heisst überall fallen "nichtlineare Grenzkosten" an ausser bei der Erzeugung von Energie durch fossile Brennstoffe und Kernkraft?
Der Sinn Deiner Frage ist mir nicht ganz klar, aber: Nein!
Diese Kraftwerke arbeiten vor allem bei niedriger Last unwirtschaftlich, Kohlekraftwerke auch an der Leistungsgrenze. Da geht's aber um Kosten, bei mir um CO2.
Der CO2-Ausstoß macht bei mehr Leistung, als Ökostrom leisten kann, einen Sprung.
Sattel ich dauerhaft Leistungsbedarf oberhalb dieser Grenze obendrauf, muss ich zur ökologischen Bewertung diesen CO2-Ausstoß heranziehen.

Belbo

Zitat von: LaDeesse am 14. Januar 2019, 11:12:48
Ist diese Kurve jedem bekannt?



Da kann man die Deckungslücke des Ökostroms bewundern. Das macht den beschriebenen Effekt anschaulich: Mehr Gesamtbedarf --> mehr Kohlestrom; denn die regenerativen Quellen können nun mal nicht mehr.

Kann man aus der Graphik denn ablesen wieviel CO² weniger freigesetzt worden wäre wenn man komplett auf regenerative Energien verzichtet hätte? Und in wieweit zeigt diese Graphik andere Energiequellen wie z.B. den  Verbrauch von Diesel und Benzin?

LaDeesse

Das ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Es geht mir aber nicht darum, Elektroautos zu verdammen. Zumindest innerhalb von Städten haben die ihren Sinn.
Es geht mir nur darum, ehrliche Bilanzen aufzustellen. Dazu gehört zu sagen, welche Kraftwerke für Elektroautos NICHT abgeschaltet werden können.
Das Thema ist komplex: Die Kraftstofferzeugung verbraucht auch viel Energie - die Bewertungen sind ebenfalls umstritten. Gleiches gilt für die Akkuherstellung.
All dies ändert aber nichts daran, dass Ökostrom nicht ausreicht, E-Autos zu laden. Das müssen die alten Kraftwerke machen.

Belbo

Zitat von: LaDeesse am 14. Januar 2019, 11:23:05
Zitat von: Belbo am 14. Januar 2019, 11:17:05
Das heisst überall fallen "nichtlineare Grenzkosten" an ausser bei der Erzeugung von Energie durch fossile Brennstoffe und Kernkraft?
Der Sinn Deiner Frage ist mir nicht ganz klar, aber: Nein!
Diese Kraftwerke arbeiten vor allem bei niedriger Last unwirtschaftlich, Kohlekraftwerke auch an der Leistungsgrenze. Da geht's aber um Kosten, bei mir um CO2.
Mir geht es darum, dass der CO2-Ausstoß bei mehr Leistung, als Ökostrom leisten kann, einen Sprung macht.
Sattel ich dauerhaft Leistungsbedarf oberhalb dieser Grenze obendrauf, muss ich zur ökologischen Bewertung diesen CO2-Ausstoß heranziehen.

Aber wie sinnig ist es denn diese Zahlen zu vergleichen ohne die Kosten durch die globale Erwärmung und den Energieverbrauch durch Fahrzeuge mit Kohlenwasserstoffantrien mit einzuberechnen und eben auch deren
"nichtlineare Grenzkosten" (preis pro Barrel) einzurechen.

Ich halte den Hype um die s.g. E-Mobilität und die Hysterie um Feinstaub auch für dämlich, finde es aber unklug den irrationalen Gedankengebilden der einen Seite eigene gegenüber zu stellen.

LaDeesse

Zitat von: Belbo am 14. Januar 2019, 11:25:21
Kann man aus der Graphik denn ablesen wieviel CO² weniger freigesetzt worden wäre wenn man komplett auf regenerative Energien verzichtet hätte?

Wie kommst Du denn darauf??

Belbo

Zitat von: LaDeesse am 14. Januar 2019, 11:29:53
Das ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Es geht mir aber nicht darum, Elektroautos zu verdammen. Zumindest innerhalb von Städten haben die ihren Sinn.
Es geht mir nur darum, ehrliche Bilanzen aufzustellen. Dazu gehört zu sagen, welche Kraftwerke für Elektroautos NICHT abgeschaltet werden können.
Das Thema ist komplex: Die Kraftstofferzeugung verbraucht auch viel Energie - die Bewertungen sind ebenfalls umstritten. Gleiches gilt für die Akkuherstellung.
All dies ändert aber nichts daran, dass Ökostrom nicht ausreicht, E-Autos zu laden. Das müssen die alten Kraftwerke machen.

Nochmal, muss das nicht "Das müssen die alten Kraftwerke (grossteils) machen.", heissen?

Genau aus diesem Grund:

ZitatDas Thema ist komplex:

iru

Zitat von: LaDeesse am 14. Januar 2019, 11:29:53
All dies ändert aber nichts daran, dass Ökostrom nicht ausreicht, E-Autos zu laden. Das müssen die alten Kraftwerke machen.
Und das gilt halt für den Toaster genauso, deshalb verstehe ich nicht, was denn nun die E-Autos damit zu tun haben sollen. Klar der Strombedarf steigt, manche behaupten, in 30 Jahren sind 100% Primärenergiebedarf Strom. In diesen Szenarien wird jede Heizung, jedes Fahrzeug, jede Maschine elektrisch betrieben.
Deshalb brauchen wir ja einen massiven Ausbau der EE.
Beim Strom habe ich heute wenigstens anteilig EE, an guten Tagen sind das lokal schon 100% und die Entwicklung bleibt nicht stehen.

sailor

Das "Problem" mit den E-Autos ist, dass sie neue und zusätzliche Verbraucher im Stromnetz sind. "Verbrennungsmotoren" sind ihre eigenen Energieumwandler, die bisher unabhängig von der Stromerzeugung gesehen werden, aber eben zur CO2-Bilanz beitragen. Wandert nun Energieverbrauch von den "autonomen Verbrennern" zu "netzabhängigen E-Autos" bedeutet dies mehr Last im Stromnetz. Dieses Mehr an Last kann mMn nicht zuverlässig aus den beiden großen regenerativen Quellen Wind und Sonne kommen. Der Verbrauch der E-Autos wird sich nicht nach den Leistungszyklen der erneuerbaren Energien richten... und die Menschen wollen JETZT "ihren Tank füllen", nicht bei Sturm oder Sonnenschein. Daher werden große Teile dieser neuen Verbraucher über regelbare Kraftwerke (Kohle, Gas, Öl, Biomasse, Kernkraft) versorgt werden müssen.

Beim Strommix ist also zu beachten: er bildet die Versorgung bisheriger Stromverbraucher im Netz ab. Neue Verbraucher erhöhen den Gesamtbedarf, welcher nur sehr bedingt (lokal/regional und/oder zu bestimmten Zeiten sicher möglich) über EE zu decken ist. Daher wird derzeit ein neues E-Auto mit "bösem Strom" geladen, weil die EE eben nicht so flexibel sind. Wenn die Gesellschaft das Ziel einer 100%EE-Politik verfolgt, dann muss es a) mehr Überlandleitungen geben und b) deutlich mehr Ressourcen in die Erforschung und den Bau von Speicherinfrastruktur fliessen... denn ohne Großkapazitäten ist Versorgungssicherheit nicht zu erreichen... schon gar nicht, wenn man den Mobilitätsenergieverbrauch ins Netz holen will.

iru

Zitat von: sailor am 14. Januar 2019, 12:49:39
Daher wird derzeit ein neues E-Auto mit "bösem Strom" geladen, weil die EE eben nicht so flexibel sind.
Das ist einerseits Spekulation (viele E-Autofahrer laden sogar mit eigenem Strom), andererseits kenne ich auch niemanden, der aus Umweltschutzgedanken E-Auto fährt und nicht gleichzeitig für einen weiteren EE-Ausbau votiert. Von daher stehen bestimmt nicht die E-Auto-Befürworter dem Problem des "bösen Stroms" im Wege und damit auch nicht die E-Autos.
Der Primärenergiebedarf ist bei weitem nicht nur Mobilität, jede Wärmepumpe hat das "Problem"! Im Gegensatz zum Verbrenner ist das Problem aber teilweise schon gelöst, jedenfalls überhaupt lösbar.

ZitatWenn die Gesellschaft das Ziel einer 100%EE-Politik verfolgt, dann muss es a) mehr Überlandleitungen geben...
Ja.

Zitat...und b) deutlich mehr Ressourcen in die Erforschung und den Bau von Speicherinfrastruktur fliessen...
Teilweise, die Netze sollten aber Priorität haben. Ein E-Auto hat praktischerweise einen Speicher.

sailor

Ein Speicher im E-Auto ist aber nicht Selbstzweck, sondern für den Verbrauch bestimmt. Und wenn er leer ist, will der Ottonormalmobilist pronto neuen Saft... wenns den nicht gibt, weil Großbatterie leer, dunkel, windstill, Reaktor und Dampfkessel weg, dann muss er/sie/divers laufen... und das geht doch nicht! ;)

Doch, die E-Mobilität verstärkt das Versorgungsproblem, weil mehr Verbraucher ins Netz geholt werden... und das in signifikanten Maß. Natürlich wirkt "eigenes Laden" dem entgegen, aber auch nicht zu 100%. Sonst würden nicht überall Steckdosen hingestellt... die hängen nicht an der Solaranlage des Eigenheims. Darüber hinaus löst diese Ladeart nicht das Problem mit Nutzverkehr, bspw. wenn man wieder mal Kleinkram online bestellt... Die Liefermengen haben sich in D seit 2012 verdoppelt. Insgesamt verbraucht Mobilität (inkl. Flug- und Schiffsverkehr) in D jährlich 2700 Petajoule, wenn ich mich bei den Nullen nicht verzählt habe entspricht dies 75 Mrd KiloWatt. Wenn davon nur Bruchteile "ans Netz" kommen, wird es interessant...

iru

Das ist aber alles lösbar, so ein Auto steht 23 von 24 Stunden und fährt im Schnitt ein paar km am Tag. Für Transport und Co. sieht das natürlich anders aus, da ergeben sich aber auch ganz andere Möglichkeiten, was Ladestationen und deren Anbindung an das (Mittelspannungs-)Netz angeht.

Mich wundert halt immer, dass das E-Auto jetzt möglichst alle Probleme dieser Welt auf einmal lösen soll. Auf einmal interessiert man sich für Kinderarbeit im Kongo (gab es die vorher nicht?), für die Akkuproduktion und deren CO2-Verbrauch (wachsen Verbrennungsmotoren auf Bäumen?), für "dreckige Stromproduktion" (Diesel- und Benzinproduktion sind sauber?)...
Ja, das E-Auto ist sicher nicht perfekt, hinsichtlich lokaler Emissionen und CO2 bietet es aber bei weitem das größte Potential, das ist einfach so. Wenn man diese beiden Punkte nicht für ein Problem hält, dann braucht man natürlich auch nicht über die Lösung zu diskutieren, aber wenn man das CO2 auf 0 reduzieren will (nicht auf 50% oder 10%), wie soll das ohne Elektromobilität gehen?