Neuigkeiten:

Wiki * German blog * Problems? Please contact info at psiram dot com

Main Menu

Angebliche Vorteile von Hanfpflanzen

Postings reflect the private opinion of posters and are not official positions of Psiram - Foreneinträge sind private Meinungen der Forenmitglieder und entsprechen nicht unbedingt der Auffassung von Psiram

Begonnen von mossmann, 02. März 2017, 10:50:11

« vorheriges - nächstes »

mossmann

Frage an die Agrarexperten unter euch:

Fast überall liest man (auch in Wikipedia) so etwas:

Weder Unkrautbekämpfung noch Pflanzenschutzmaßnahmen sind notwendig.

Das mag ich nicht wirklich glauben. Hanf gehört am Ende ja auch nur zur Ordnung der Rosales.

Kennt da jemand Quellen, die das belegen?
Offizieller Sprecher des gemäßigten Flügels der Psiram-Jugend

ZKLP

Die Zugehörigkeit zur Ordnung der Rosengewächse würde ich nicht überbewerten. Dazu gehören ja auch die Brennnesseln, und die gedeihen erfahrungsgemäß auch ohne Unkrautbekämpfung und Pflanzenschutzmaßnahmen prächtig und bilden gerne regelrechte Monokulturen.

Von der Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft:

http://www.tll.de/ainfo/pdf/hanf0805.pdf
ZitatUnkrautbekämpfung:
Durch die schnelle Jugendentwicklung und somit die rechtzeitige Bodenbedeckung ist keine
Unkrautbekämpfung notwendig.

Krankheits- und Sch‰dlingsbek‰mpfung:
Bisher  konnte  in  den  Versuchen  kein  nennenswerter  Krankheits-  und  Sch‰dlingsbefall  fest-
gestellt werden. Damit ist nach bisherigen Erfahrungen ein Einsatz von Fungiziden und In-
sektiziden nicht erforderlich.

Die bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft ist etwas skeptischer:

https://www.lfl.bayern.de/ips/unkraut/032389/index.php
ZitatIn der Praxis wird die Unkrautregulierung vorwiegend mechanisch mit einem einmaligen Hackgeräteeinsatz durchgeführt. Hanf besitzt eine zügige Jugendentwicklung und eine hohe Konkurrenzkraft gegenüber Unkräutern. Dies trifft besonders auf Bestände zur Fasergewinnung zu, die mit einer höheren Bestandesdichte und massenwüchsigeren Sorten angebaut werden.
[...]
Neben der bestätigten Selektivität von Graminiziden wie Fusilade ME (Fluazifop-P) oder Focus Ultra (Cycolxydim) zeigten im Nachauflauf nur die Spezialpräparate Hoestar (Amidosulfuron) und Lontrel 100 (Clopyralid) eine noch vertretbare Kulturbeeinflussung. In der Anbaupraxis sind damit starke Verunkrautungen mit Quecke (Agropyron repens), Klettenlabkraut (Galium aparine), Distel-Arten (Cirsium ssp., Sonchus ssp.) oder Kamille-Arten (Matricaria ssp.) bekämpfbar. Im Normalfall wird jedoch eine einmalige mechanische Unkrautbekämpfung ausreichend sein.
Zugelassen für den Einsatz in Hanf ist in Deutschland aber keines der genannten Herbizide. Chemische Unkrautbekämpfung wäre also eh nur eine theoretische Option.

Wie üblich, die alleinige Wahrheit gibt es eben nicht.

mossmann

Offizieller Sprecher des gemäßigten Flügels der Psiram-Jugend

RächerDerVerderbten

Bekiff...besorgte Verbraucher fordern: Kein Gift in unseren Drogen!  :grins
If the only thing keeping a person decent is the expectation of divine reward, brother, that person is a piece of shit. Rusty Cohle

Sauropode

Ähn, hüstel, eigene Anbauversuche in einem Blumentopf auf der Terrasse ergaben eine gewisse Anfälligkeit für Mehltau.

ZKLP

Zu der geringen Schädlings- und Krankheitsanfälligkeit von Hanf ist noch zu sagen, dass dies sicher auch daran liegt, dass Hanf ein absolutes Nischenprodukt ist. Grundsätzlich gilt, dass sich die Schädlings- und Krankheitsanfälligkeit einer Frucht mit zunehmender Anbaufläche erhöht. Wäre der Hanfanbau weiter verbreitet, würde es womöglich auch relevante Schädlinge geben.
In Deutschland:
- Anbau komplett verboten bis 1995
- Anbaufläche um die Jahrtausendwende: Max. 4.000 Hektar
- Aktuelle Anbaufläche: Um die 500 Hektar
(Die Euphorie der Anfangsjahre hat sich also nicht bestätigt. Wohl weil sich kein massentauglicher Weg für die Vermarktung von Faserhanf etabliert hat, und solche extensiven Kulturen international kaum wettbewerbsfähig sind.)


Außerdem stammt der Ruf des Hanfs als wenig schädlingsanfällige Pflanze ja noch aus der "guten alten Zeit", als der Anbau zur Fasergewinnung wesentlich ausgedehnter war. Damals hatte Nutzhanf aber noch relevante Mengen an THC. Ein schneller Google sagt zwar, dass Insekten keine Cannabinoid-Rezeptoren besitzen würden, und über eine fungizide Wirkung finde ich auf die Schnelle auch nichts. Aber gegen (!) irgendwas dürfte das Gift THC ja nützlich gewesen sein?



Zitat von: Sauropode am 02. März 2017, 12:14:55
Ähn, hüstel, eigene Anbauversuche in einem Blumentopf auf der Terrasse ergaben eine gewisse Anfälligkeit für Mehltau.
Kann doch nur von Vorteil sein? Die Mykotoxine der Mehltaus dürften die bewusstseinserweiternde Wirkung von THC noch verstärken?
  :shisha:

(Um den Kreis zu schließen: Brennesseln werden auch gerne von Mehltau befallen. Der Wuchsfreude tut das nach meinen Erfahrungen aber keinen Abbbruch  >:(  )

Sauropode

ZitatAber gegen irgendwas dürfte das Gift THC ja nützlich gewesen sein?

Evtl. gegen Weidetiere?

Bekiffte Pflanzenfresser dürften eine leichte Beute für Raubtiere sein.

ZKLP

Möglich, wobei da ja z.B. Bitterstoffe gebräuchlicher sind (Schmeckt THC bitter??). Es bringt der Pflanze wenig, wenn der Karnickel die Pflanze abfrisst, aber erst Stunden später in den Fuchsbau torkelt.
Bei Insekten, die wochenlang an der Pflanze mümmeln, wäre vergiften sinnvoller.

Sauropode

Sicher, aber welchen Sinn haben dann die Phytoöstrogene im Klee, die sie Fertiliät von Pflanzenfressern beeinflussen? Die Wirkung tritt hier auch erst nach dem Hinwegmümmeln der Pflanzen ein.

ZKLP

Der Zusammenhang erscheint mir recht vage, egal ob Klee oder Hanf.
Die meisten Wildpflanzen kommen in der Natur ja üblicherweise nicht gehäuft oder gar in "Monokultur" vor.  Auch Klee nicht, da er auf Grasland von anderen Pflanzen überwachsen wird. Es dürfte sich also kaum ein merkbarer evolutionärer Vorteil ergeben haben, wenn eine Pflanze durch den höheren Gehalt eines Giftes einen "schnellen" Freßfeind sehr langsam vergiftet bzw. unfruchtbar macht.
Für das Vorhandensein solcher Substanzen vermute ich also eher andere (mir unbekannte) Gründe.

Beim Hanf mag noch dazu kommen, dass Pflanzen mit hohem THC-Gehalt erst vom Menschen selektiert wurden, der THC-Gehalt der Wildform also wesentlich geringer war.

Ist aber nur meine persönliche Einschätzung, ohne dass ich mich damit im Detail befasst hätte.

Sauropode

Ich kann auch nur das dazu sagen, was ich persönlich weiß und denke.

Witzig ist, dass man allerhand über doe Wirkung von Alkaloiden auf Mensch und Tier erfahren kann, nur wenig aber, welchen Nutzen die Pflanze davon hat.

Rincewind

Zitat von: Sauropode am 02. März 2017, 13:00:20
Sicher, aber welchen Sinn haben dann die Phytoöstrogene im Klee, die sie Fertiliät von Pflanzenfressern beeinflussen? Die Wirkung tritt hier auch erst nach dem Hinwegmümmeln der Pflanzen ein.

Ist vielleicht Generationen übergreifend wirksam.
Die Pflanze als einzelne wird zwar gefressen, aber dafür gibt es weniger Nachkommen bei den Tieren die die Pflanzen fressen bzw. die Population wird reduziert, das könnte dazu führen, dass die Pflanzenart als solches einen Vorteil in der/den nächsten Gerneration/en hat.

Hm ... selbstlose Pflanzen ... quasi mit Ethik und Moral? Dürfte man die dann überhaupt mit guten Gewissen essen?

Conina

Wenn man die  Gene als das ansieht, was dem Selektionsdruck unterliegt und die Pflanze nur als Vehikel für diese Gene, lässt sich das durchaus evolutionär erklären.
Pflanzen vermehren sich ja auch vegetativ und die Gene werden trotzdem weitergegeben, wenn ein "Klon" ein Tier vergiftet.

https://de.wikipedia.org/wiki/Das_egoistische_Gen#Entwicklung_des_Lebens

Das Buch fetzt. Da ist ein Kapitel über Wettrüsten und verschiedenste konkurrierende Strategien im Inneren von Fruchtverbänden in Feigen drin. Das ist atemberaubend.

https://de.wikipedia.org/wiki/Feigenwespen
Man kann das Pferd zum Wasser führen, aber nicht machen, dass es trinkt.

Sauropode

Es ist nur so, dass der Sekundärstoffwechsel nicht nur an einem Gen hängt. Daher kann ein einziges egoistisches Gen hier nicht die Ursache sein. Es müssten mehrere miteinander kooperierende Gene sein.

Conina

Klar, mit genügend großen Zeiträumen doch kein Problem.
Man kann das Pferd zum Wasser führen, aber nicht machen, dass es trinkt.