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Phytotherapie

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Begonnen von Lonicerus, 06. Oktober 2015, 21:54:10

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Lonicerus

Es geht nicht um unterschiedliche Maßstäbe (diese gibt die EMA vor), sondern um die korrekte Beschreibung von Lemmata in einer Enzyklopädie.
Phytotherapie ist per Definition keine Pseudomedizin, denn Phytopharmaka sind zugelassene Arzneimittel mit Nachweis von Wirksamkeit und Unbedenklichkeit.

Für den interessierten Laien kann man dann in einem solchen Artikel zu anderen Lemmata abgrenzen, bspw. zur traditionellen Pflanzenheilkunde, zu pflanzlichen Nahrungsergänzungsmitteln oder zu biogenen Arzneistoffen. Um mehr geht's mir hier gar nicht.

pelacani

Zitat von: Lonicerus am 07. Oktober 2015, 14:31:47
Phytotherapie ist per Definition keine Pseudomedizin, denn Phytopharmaka sind zugelassene Arzneimittel mit Nachweis von Wirksamkeit und Unbedenklichkeit.
Nein, das ist falsch; leider. Die ,,Phytopharmaka" gehören in Deutschland zu den ,,besonderen Therapierichtungen". Ein Wirksamkeitsnachweis ist nicht erforderlich. Es genügt die ,,Binnenanerkennung"; das ist als Nachweis unbrauchbar.

ZitatArzneimittelrechtlich besteht in Deutschland ein Binnenkonsens die zulassungspflichtigen Arzneimittel der Therapierichtungen Phytotherapie, Homöopathie und Anthroposophische Medizin betreffend. Für sie sieht das deutsche Arzneimittelgesetz vor, dass in der Entscheidung über die Erteilung bzw. Verlängerung einer Vermarktungserlaubnis die ,,medizinischen Erfahrungen" bzw. ,,die Besonderheiten" dieser Therapierichtungen zu berücksichtigen sind.
https://de.wikipedia.org/wiki/Binnenkonsens
Blabla. Ein Einfallstor der Spinner und Geschäftemacher, das seit Jahrzehnten offen steht.

Lonicerus

Zitat von: Pelacani am 07. Oktober 2015, 14:44:49
Die ,,Phytopharmaka" gehören in Deutschland zu den ,,besonderen Therapierichtungen". Ein Wirksamkeitsnachweis ist nicht erforderlich. Es genügt die ,,Binnenanerkennung"; das ist als Nachweis unbrauchbar.
Es gilt EU-Recht, in diesem Falle die Direktive 2001/83/EC und dort explizit die Artikel 10 und 16. Außerdem gibt es die 2004/24/EC.
In der EU werden seit Jahren keine Phytopharmaka ohne Wirksamkeitsnachweis mehr verkauft. Die Zulassung erfolgt wie bereits erwähnt durch die EMA.
Drogen bzw. deren Zubereitung werden durch das Europäische Arzneibuch definiert. Dort ist auch festgelegt, welche Wirkstoffanteile vorhanden sein müssen.
Wenn ich mir in einer Apotheke Frauenmantelkraut kaufe, so kann ich davon ausgehen, dass da 6 bis 8 Prozent Gerbstoffe drin sind, die für die angestrebte Wirkung benötigt werden.

Was Sie ansprechen, ist graue Vergangenheit:
Vor dem Contergan-Skandal gab es im gesamten Arzneimittelbereich keinerlei Nachweispflicht bzgl. Wirkung oder Unbedenklichkeit.
Durch das AMG wurden Richtlinien geschaffen, die 1968 dazu geführt haben, dass mehr als 90 Prozent der Drogen und Drogenzubereitungen aus dem DAB verschwanden (von 867 auf 77). Dies sollte mit dem zweiten AMG in den 70ern wieder etwas ausgeglichen werden: Die Kommission E hat im Auftrag des heutigen BfArM Monographien auf wissenschaftlicher Basis erstellt, darunter auch zahlreiche Negativ-Monographien. Diese Arbeit wurde in den 1990ern auf europäischer Ebene von der ESCOP fortgeführt und liegt nun seit 2004 in den Händern des HMPC bei der EMA. Das HMPC erstellt Metaanalysen auf Basis der verfügbaren Studien und genehmigt nachfolgend Anwendungsgebiete für eine bestimmte Droge. Andere Indikationen dürfen von den Herstellern nicht angegeben werden. Ebenso müssen für Phytopharmaka die gleichen Qualitätsnachweise vorgelegt werden wie für andere Arzneimittel auch.
Einen Sonderstatus haben auf europäischer Ebene heute also nur noch Anthroposphika und Homöopathika. Hier müssen weder Wirkung, noch Unbedenklichkeit nachgewiesen werden. Es gelten lediglich die allgemeinen Qualitätsstandards für Arzneimittel.

Sie erinnern sich an das angebliche Heilpflanzenverbot der EU? Da ging es genau um dieses Thema: Durch die Direktive von 2004 durften nach einer Übergangsfrist bestimmte Produkte in der EU nicht mehr als Arzneimittel verkauft werden, weil eben kein Nachweis bzgl. der Wirksamkeit vorliegt. Das hat unseriöse Pharmaunternehmen aus u. a. Großbritannien dann dazu verleitet, dieses wilde Gerücht zu streuen. Durch die sg. "Health Claims"-Verordnung dürfen diese Firmen aber nun auch bei als Nahrungsergänzungsmitteln deklarierten Produkten nicht mehr mit erfundenen Wirkungen werben.

ajki

Ich habe den Wiki-Artikel nicht aktuell gelesen, halte es jedoch aus der Erinnerung her für durchaus möglich, dass er (genau wie viele andere auch) verbesserungswürdig und -fähig ist. Wiki-Artikel sind ja ohnehin schon von der Bequellung her immer ein work in progress - es muß sich nur jemand finden, der das auch angeht. *Insofern* ist bestimmt jeder *konkrete* Vorschlag hochwillkommen.

Hinsichtlich prinzipieller Fragestellungen in bezug auf die sogenannte "Phytotherapie" habe ich persönlich nur eine einzige, die sich aus einer Art "offiziellen" Quelle herleitet [Kraft K, März R. Die wissenschaftliche Basis der Phytotherapie. Zeitschrift für Phytotherapie 2006; 27: 279–283., pdf], die ich mal gefunden habe. Sie stammt u.a. aus der Feder von Frau Prof. Dr. Karin Kraft, die aus anderen Zusammenhängen her z.B. aus dem sogenannten "Dialogforum Pluralismus in der Medizin" [Achtung, Witten-Herdecke GmbH] hier schon Erwähnung fand. Vorgehalten wird die Quelle auf der Seite der "Gesellschaft für Phytotherapie e.V." (drum: irgendwie "offiziell") und ist wohl mittlerweile relativ veraltet (von 2006 - drum könnte meine Frage nunmehr vielleicht valide beantwortet werden). Ich habe absichtlich nicht nach mehr esoterisch angehauchten Webseiten gesucht, obwohl es die zu Dutzenden gibt, sondern halte mich hinsichtlich dieses Themas weiterhin strikt an das "Beste", was es gibt. Daraus die Zusammenfassung:

ZitatDie Phytotherapie versteht sich als naturwissenschaftliche Therapierichtung, deren Arzneimittel Vielstoffgemische sind [..]. Daraus ergibt sich, dass die Gesamtaktivität eines Phytopharmakons als Summe der Aktionen und Interaktionen seiner Inhaltsstoffe bestimmt wird, wobei die Aktivitäten dieser Inhaltsstoffe pharmakologischer oder biopharmazeutischer Natur sein können. Implizit kann von einem Synergieeffekt immer dann ausgegangen werden, wenn eine Wirkung oder Wirksamkeit nicht mit dem gleichen Nutzen-Risiko-Verhältnis durch einen einzelnen Inhaltsstoff ausgelöst werden kann; auch die Existenz negativer Interaktionen ist möglich. Erste explizite Nachweise von Synergieeffekten liegen vor und bestätigen das Konzept des »Gesamteffektes« bei pflanzlichen Arzneimitteln. Diese naturwissenschaftliche Auffassung des Vielstoffgemisches ist eine explizite Abkehr von der Vorstellung der »quinta essentia« als dem (singulären) Wirkprinzip in Arzneipflanzen. Synergistische Effekte müssen gezielt beforscht werden, in ihrer Nutzung liegt eine große Chance zur Weiterentwicklung der medikamentösen Therapie.

Aus dem Text geht dann hervor, dass essentiell für diese "Therapieform" gilt, dass der Stoff immer aus einer gewachsenen Pflanze/einem Pflanzenteil gewonnen sein *muss* um die angestrebten, angeblich messbaren "Synergie"-Effekte zu erzielen. Im weiteren Text wird dann verklausuliert geschrieben, dass dadurch bedingt bei Wuchs und Herstellungsprozessen nur bedingte Homogenität erzielt werden kann, Evidenz schwer bezeugbar ist, praktisch keine Studienlage besteht (schon gar nicht gesichert replizierte) und so weiter. Aber das ist ja der Altstand von 2006.

Also: ist der angestrebte "Synergie"-Effekt nunmehr oder zwischenzeitlich durch valide und replizierte Studien belegt?

(Ich gehe davon aus, dass solche Studien auch nachvollziehbar erklären würden, warum keine Kombination aus nicht-"natürlich" hergestellten Reinstoffen diese "besondere" Wirksamkeit hat)
every time you make a typo, the errorists win

Lonicerus

So tief würde ich beim Artikel gar nicht gehen, weil das derzeit noch erforscht wird und kaum pauschale Aussagen zulässt. Gut belegt ist, dass verschiedene Kombinationen, bspw. Baldrian und Hopfen, Kapuzinerkresse und Meerrettich oder Myrrhe, Kamille und Kaffekohle, besser wirken als die jeweiligen Einzeldrogen. Bei anderen Drogen, bspw. Artemisia annua, kann man Resistenzen umgehen oder, noch einmal Kapuzinerkresse und Meerrettich, das Anwendungsgebiet deutlich erweitern. Sowas kann man in einem solchen Artikel durchaus erwähnen.

pelacani

Zitat von: Lonicerus am 07. Oktober 2015, 15:25:48
Was Sie ansprechen, ist graue Vergangenheit:
§ 135 SGB V ist geltendes Recht. Sehen Sie's mir nach, dass ich als Laie davon irritiert bin.

ZitatDie Kommission E ist eine selbständige wissenschaftliche Kommission des ehemaligen Bundesgesundheitsamtes (BGA), das heutige Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). In den Jahren von 1980 bis 1994 bestand die Aufgabe der Kommission E darin, wissenschaftliches und erfahrungsheilkundliches Material zu erwünschten und unerwünschten Wirkungen pflanzlicher Drogen zusammenzutragen, auszuarbeiten und zu bewerten. Daraus entstanden die bis heute gültigen Monographien, die als Grundlage für die Neuzulassung und Nachzulassung pflanzlicher Arzneimittel gelten.
http://www.medizinfo.de/arzneimittel/recht/kommission_e.shtml
Diese steinalten Monografien (welche Rolle spielten randomisierte Doppelblindstudien bei ihrer Erstellung?) sind also weiterhin Grundlage der heutigen Anwendung.

Ich nehme mal einen wahllos herausgegriffenen Text aus einer seriösen Quelle (Bundesärztekammer):
ZitatSicherheit und Wirksamkeit der in Deutschland üblichen Phytotherapie unterscheidet sich wesentlich von der Heilpflanzenanwendung anderer traditioneller Medizinsysteme, wie z. B. der Traditionellen Chinesischen Medizin oder der Ayurveda. Dennoch lohnt sich der Rückblick auf die medizinhistorische Entwicklung unserer Phytotherapie im Kontext einer Traditionellen Europäischen Medizin und der Klostermedizin. damals wurden die Heilpflanzen nach ihren humoralpathologischen Wirkungen eingeteilt.
Beruhigend. Aber wie geht es weiter?
ZitatHeilpflanzen mit ausleitender Wirkung könnten zukünftig wieder eine größere Rolle spielen. In der Naturheilkunde spielen ausleitende Heilpflanzen und andere ausleitende Verfahren eine wichtige Rolle; es gibt verschiedene Interpretationsmöglichkeiten des Wirkmechanismus (Stoffwechselanregungen, reflektorische Wirkungen) und bei einigen Verfahren (Blutegel, blutiges Schröpfen) sogar eine erstaunlich gute Evidenz der klinischen Wirksamkeit.
Beunruhigendes Geschwätz.

Zitat von: Lonicerus am 07. Oktober 2015, 15:25:48
Wenn ich mir in einer Apotheke Frauenmantelkraut kaufe, so kann ich davon ausgehen, dass da 6 bis 8 Prozent Gerbstoffe drin sind, die für die angestrebte Wirkung benötigt werden.
In Ordnung, aber was ist die angestrebte Wirkung?

Pubmed: alchemilla: 62 Treffer. Gefiltert nach ,,clinical trial": 1 (in Worten: ein) Treffer. War besser als Placebo bei der Behandlung von Wundheilungsstörungen. Das würde wohl für eine gewöhnliche Arzneimittelzulassung noch nicht reichen.

Suche beim BfArM:
ZitatIhre Suche ergab wenig Treffer. Meinten Sie: ischemia
Nein, meinte ich nicht.

Welche Wirkungen hat es denn nun?
ZitatWirkung  des Frauenmantel gemäss TCM (kalt):

Klärt Leber-Feuer und -Hitze in der Blut-Schicht
Hilft bei äusseren und inneren Wunden
Stoppt Blutungen
Klärt Feuchte Hitze im Dickdarm
Löst Leber-Blut-Stagnationen auf
Klärt Feuchte Hitze in der Blase
Tonisiert das Milz-Qi bei Milz-Qi-Mangel
http://www.naturheilkunde-berlin.eu/frauenmantel_alchemilla_vulgaris/
Ich bitte um Hilfe. Wo kann ich nachlesen, wie die Wirkung von Frauendingsda geprüft worden ist?

Wenn ich auch nur ein bisschen herumgugele so im Internet, dann finde ich, dass der einleitende Satz im Psiram-Wiki
ZitatPhytotherapie (Pflanzenheilkunde) ist die Anwendung von pflanzlichen Teilen oder Extrakten in der Medizin, aber auch in der Pseudomedizin zur Therapie von Krankheiten.
völlig gerechtfertigt ist.

Zitat von: Lonicerus am 07. Oktober 2015, 16:18:22
So tief würde ich beim Artikel gar nicht gehen, weil das derzeit noch erforscht wird und kaum pauschale Aussagen zulässt. Gut belegt ist, dass verschiedene Kombinationen, bspw. Baldrian und Hopfen, Kapuzinerkresse und Meerrettich oder Myrrhe, Kamille und Kaffekohle, besser wirken als die jeweiligen Einzeldrogen. Bei anderen Drogen, bspw. Artemisia annua, kann man Resistenzen umgehen oder, noch einmal Kapuzinerkresse und Meerrettich, das Anwendungsgebiet deutlich erweitern. Sowas kann man in einem solchen Artikel durchaus erwähnen.
Man könnte es vielleicht erwähnen, sofern es dafür zitierfähige Belege gäbe.

Lonicerus

Ich hatte doch geschrieben, dass die Kommission E auf europäischer Ebene von der ESCOP und ab 2004 vom HMPC abgelöst wurde. Natürlich ist das nicht mehr der aktuelle wissenschaftliche Stand. Beim Frauenmantel gilt aktuell die Monographie der ESCOP als einschlägig, weil es noch keine HMPC-Monographie gibt:
http://www.koop-phyto.org/arzneipflanzenlexikon/frauenmantel.php

Ein paar mehr Studien gibt's dann aber schon dazu:
https://scholar.google.de/scholar?q=Alchemilla+vulgaris+clinical&btnG=&hl=de&as_sdt=0%2C5
(Nicht alle Suchergebnisse sind wirkliche Treffer.)

Und Wundheilung ist passenderweise keine anerkannte Indikation. Da ist bspw. Birkenkork sehr viel interessanter, wie neueste Studien eindrucksvoll belegen.

Sie können das ja gerne alles als Pseudomedizin, Voodoo, Zauberei oder Esoterik empfinden - besonders wissenschaftlich ist das dann aber nicht von Ihnen.

ajki

Zitat von: Lonicerus am 07. Oktober 2015, 17:19:46
Sie können das ja gerne alles als Pseudomedizin empfinden

Möglicherweise liegt da der Hund begraben.

Die "Synergie"-Klamotte ist dann eine Hypothese, wenn sie zumindest in Einzelstudien schon Null-geprüft wurde *oder* es dazu mindestens eine theoretisch plausible Ursache-Wirkungs-Verkettung gäbe. Obacht: Nicht wie im zitierten Text aus den Hekatomben von wissenschaftlichen Forschungsarbeiten zu pflanzlichen Wirkstoffen diejenigen cherrypicken, die vermeintlich irgendwas Gewünschtes "zeigen" (und das dann damit entschuldigen, dass die großen Pharmakonzerne ja kein Geld für eigene Studien ausspucken).

Wenn das nicht der Fall ist, haben wir eine Behauptung. Eine unbelegte Behauptung. *UND* eine unplausible Behauptung. Und zwar von der Klasse des Verdünnens und Verschüttelns und Klopfen auf Leder mit bestimmter Kadenz wie bei der Homöopathie.

Also von der Klasse: magisches Denken. Und das heißt: Pseudomedizin at it's core.
every time you make a typo, the errorists win

pelacani

Zitat von: Lonicerus am 07. Oktober 2015, 17:19:46Ein paar mehr Studien gibt's dann aber schon dazu:
https://scholar.google.de/scholar?q=Alchemilla+vulgaris+clinical&btnG=&hl=de&as_sdt=0%2C5
Eine noch präzisere Quellenangabe wäre: Internet. Aber gut.

Treffer 1: unkontrollierte Beobachtung an 48 Patienten – unbrauchbar.
Treffer 2:
ZitatA Double Blinded- Randomized Clinical Study with "Weighlevel", a Combination of Four Medicinal Plants Used in Traditional Greco-Arab and Islamic Medicine
...
Weight and BMI changes for the placebo group were not statistically significant.
Beim Abnehmen hilft es schon mal nicht.
Treffer 3: ein Tierversuch. Wievielen Ratten je Gruppe sie bei der Wundheilung zugeschaut haben, wird aus dem Abstract nicht klar.
Treffer 4: testet antimicrobial activity in vitro von mehreren Tannin-Extrakten. ,,S. jambos extracts" waren besser.
Treffer 5: nicht anklickbar, vielleicht eine Erwähnung in einem Buch (scheint italienisch zu sein).
Treffer 6 ein Patentschrift.
...
Zitat von: Lonicerus am 07. Oktober 2015, 17:19:46(Nicht alle Suchergebnisse sind wirkliche Treffer.)
Ich kann Ihnen nicht widersprechen.

Zitat von: Lonicerus am 07. Oktober 2015, 17:19:46Und Wundheilung ist passenderweise keine anerkannte Indikation. Da ist bspw. Birkenkork sehr viel interessanter, wie neueste Studien eindrucksvoll belegen.
Aber scheint die einzige zu sein, zu der sich überhaupt was finden lässt. Wir können ja jetzt durch die ganze Pflanzenheilkunde jagen, wenn wir bei Thymol und bei Frauenmantel nun doch nicht fündig werden.

Aus Ihrer für einschlägig erklärten Quelle:
ZitatAnerkannte medizinische Anwendung
ESCOP: Unterstützend bei unspezifischen Durchfällen, bei gastrointestinalen Beschwerden und bei Menstruationsschmerzen

Ist das nicht genau die eingangs erwähnte Indikation?
Zitat von: Pelacani am 07. Oktober 2015, 06:09:25
,,typisches Anwendungsgebiet". Letzteres wäre in den entwickelten Ländern: jegliche Krankheit/Unpässlichkeit, die entweder von selber weggeht oder für die keine geprüfte Therapie zur Verfügung steht.

Und wie ist sie empirisch abgesichert, diese Indikation?
alchemilla + diarrhea, hat genau einen Treffer in Pubmed:
ZitatEthnoveterinary medicines used for ruminants in British Columbia, Canada
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC1831764/
[Volltext verfügbar] Was die Viecher zu fressen kriegen. Ich würde das nicht für eine kontrollierte Studie halten.

Mir wird langsam kribbelig. Wo ich auch hingreife bei diesen  ,,wirkungsvollsten" Stoffen mit den ,,eindrucksvollen" Belegen: vor Tisch las man's anders.

Lonicerus

Zitat von: ajki am 07. Oktober 2015, 18:01:56
Also von der Klasse: magisches Denken. Und das heißt: Pseudomedizin at it's core.
Nun schreibt Frau Prof. Kraft in dem von Ihnen verlinkten Artikel ja selbst: "Die Evidenzbasis für synergistische Effekte in pflanzlichen Arzneimitteln ist noch nicht sehr groß." Nachfolgend bringt sie mehrere Beispiele und immerhin ein ganzes Dutzend Einzelnachweise.

Das würde ich jetzt also nicht gerade als "unplausible Behauptung" bezeichnen. Ich sehe auch nicht, wie das der grundsätzlichen Pharmakologie widersprechen sollte. Wenn zwei Wirkstoffe von unterschiedlichen Rezeptoren gebunden werden, so kann das durchaus die Wirkung verstärken. Das ist auch bei Baldrian-Hopfen-Kombinationen der Fall, wo die beiden Drogen über einen unterschiedlichen Wirkmechanismus verfügen.

Zitat von: Pelacani am 07. Oktober 2015, 18:20:24
Mir wird langsam kribbelig. Wo ich auch hingreife bei diesen  ,,wirkungsvollsten" Stoffen mit den ,,eindrucksvollen" Belegen: vor Tisch las man's anders.
Das Frauenmantelkraut war ein Beispiel für eine Droge mit garantiertem Wirkstoffgehalt, wie sie in jeder Apotheke erhältlich ist. Das hatte ich zufällig im Gedächtnis.
AFAIK gibt es derzeit keine Phytopharmaka auf Basis dieser Droge, sondern allenfalls Anthroposophika und/oder Homöopathika.

Bzgl. Thymol können Sie gerne die HMPC-Monographie und die dort erwähnten Studien lesen:
http://www.ema.europa.eu/docs/en_GB/document_library/Herbal_-_HMPC_assessment_report/2010/12/WC500100054.pdf
http://www.ema.europa.eu/docs/en_GB/document_library/Herbal_-_List_of_references_supporting_the_assessment_report/2010/12/WC500100057.pdf

pelacani

Ich darf nochmal?
Zitat von: Lonicerus am 07. Oktober 2015, 11:06:25Thymol wiederum gilt als einer der wirkungsvollsten Stoffe bei bestimmten Atemwegserkrankungen

Und wenn ich hartnäckig nach dem Beleg frage, erfahre ich:
Zitat von: Lonicerus am 07. Oktober 2015, 18:24:32Bzgl. Thymol können Sie gerne die HMPC-Monographie und die dort erwähnten Studien lesen:

Machen wir doch glatt.
Zitat4.3. Overall conclusions on clinical pharmacology and efficacy
There are no clinical data available which would support the well-established use of thyme oil.
http://www.ema.europa.eu/docs/en_GB/document_library/Herbal_-_HMPC_assessment_report/2010/12/WC500100054.pdf

Wie war das nochmal mit dem Wirksamkeitsnachweis, der für Phytotherapeutika vorgeschrieben sei? Mein Eindruck, der natürlich nicht erst heute entstanden ist: da laufen eine Menge ungedeckter Schecks um.

Lonicerus

Zitat von: Pelacani am 07. Oktober 2015, 18:49:29
Mein Eindruck, der natürlich nicht erst heute entstanden ist: da laufen eine Menge ungedeckter Schecks um.
Herzlichen Glückwunsch, Sie haben eindrucksvoll bewiesen, dass Sie selektives Lesen beherrschen! Merken Sie selbst, oder?

Nehmen wir Ihre bevorzugte Suchmaschine und Suchmethode, so erhalten wir für Thymol 137 Treffer:
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/?term=thymol+clinical+trial

Beachten wir das Datum der HMPC-Monographie bzw. deren Redaktionsschluss, so fällt auf: Seitdem ist eine ganze Menge passiert.

Nun haben Sie aber anscheinend auch noch nicht den Unterschied der Artikel 10 und 16 aus der 2001/83/EC bzw. deren Sinn verstanden.

pelacani

Zitat von: Lonicerus am 07. Oktober 2015, 19:05:21
Nehmen wir Ihre bevorzugte Suchmaschine und Suchmethode, so erhalten wir für Thymol 137 Treffer:
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/?term=thymol+clinical+trial

Beachten wir das Datum der HMPC-Monographie bzw. deren Redaktionsschluss, so fällt auf: Seitdem ist eine ganze Menge passiert.

Was soll das jetzt werden. Der Hase ist genug gelaufen. Der Igel hat jetzt die Pflicht, eine bibliografisch korrekte Quellenangabe über zwei unabhängige klinische Studien (kontrolliertes Design, doppelblind) anzubieten und nicht den eigenen Beleg mit den Worten "April, April!" zu kommentieren.

ZitatNun haben Sie aber anscheinend auch noch nicht den Unterschied der Artikel 10 und 16 aus der 2001/83/EC bzw. deren Sinn verstanden.
Nein. Und er ist mir auch egal. Wo sind die Studien? Ersatzweise Meta-Analysen, vorzugsweise Cochrane.

Lonicerus

Ich sagte ja: Selektives Lesen.
Zitat von: Lonicerus am 07. Oktober 2015, 11:06:25
Thymol wiederum gilt als einer der wirkungsvollsten Stoffe bei bestimmten Atemwegserkrankungen, wird aber eher selten isoliert eingesetzt.
Grund: Ist nicht ganz ungefährlich.
Vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Thymol

Zu Thymol gibt es von Cochrane vier Treffer:
http://www.evidence.nhs.uk/Search/Search?om=[{%22srn%22:[%22Cochrane%20Database%20of%20Systematic%20Reviews%22]}]&q=thymol

pelacani

Zitat von: Lonicerus am 07. Oktober 2015, 19:27:29
Ich sagte ja: Selektives Lesen.
Zitat von: Lonicerus am 07. Oktober 2015, 11:06:25
Thymol wiederum gilt als einer der wirkungsvollsten Stoffe bei bestimmten Atemwegserkrankungen, wird aber eher selten isoliert eingesetzt.
Grund: Ist nicht ganz ungefährlich.
Vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Thymol
Was hat das mit dem Wirkungsnachweis zu tun? Nichts.

Zitat von: Lonicerus am 07. Oktober 2015, 19:27:29
Zu Thymol gibt es von Cochrane vier Treffer:
http://www.evidence.nhs.uk/Search/Search?om=[{%22srn%22:[%22Cochrane%20Database%20of%20Systematic%20Reviews%22]}]&q=thymol
Aha. Und hast Du Dir auch die Mühe gemacht, diese Treffer anzuklicken? Na gut, dann rennt der Hase mal wieder los, weil er's nicht lassen kann. 1) Karies ist eine Atemwegserkrankung? Hab ich so noch nicht gesehen, in einem weiteren Sinne vielleicht; und es geht eigentlich um ,,chlorhexidine-containing oral products". 2) ,,On the basis of this meta-analysis, there is no evidence to support the use of either topical or systemic antifungal treatment in the management of CRS." 3) handelt von Fluoridisierung zur Verhinderung von Zahndemineralisierung und 4) handelt von Mundpflege bei Schlaganfallpatienten und ,,found little evidence of how this care is best delivered".

Lieber Selektives Lesen als gar nicht lesen.

Ich habe natürlich trotzdem mal selber in den Thymol-Quellen gebadet.
ZitatMMW Fortschr Med. 2013 Oct 10;155(17):62-3.
[Guidelines recommend herbal phytotherapy for acute cough].
[Article in German]
[No authors listed]
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24340392
Aber wenn man auf der website der MMW sucht: es gibt die Seite 61 und die Seite 64, aber keine Seiten 62/3; oder ich war zu blöd, die zu finden. Außerdem scheint sich das in der Ecke ,,Pharma-Forum" abgespielt zu haben. Da würde ich jetzt nicht unbedingt die peer-reviewed Beiträge vermuten; und bei 2 Seiten Länge kann es höchstens ein kurzes Referat sein. Aber das bringt mich auf die Idee, gleich eine Stufe höher zu suchen:
http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/053-013l_S3_Husten_2014-02.pdf
ZitatAuch für ein Thymian-Efeu-Präparat wurde in einem RCT eine etwas bessere Linderung von Hustensymptomen demonstriert: Unter dem pflanzlichen Präparat wurden an Tag 9 die Hustenanfälle um 77,6% vs. 55,9% unter Placebo reduziert. Eine Verkürzung bzw. Linderung von Hustensymptomen bei akuter Bronchitis wurde ebenso für ein Thymian/Primelwurzel-Präparat in einem RCT nachgewiesen: Unter Verum nahm der BSS (Bronchitis Severity Score) an Tag 3 bis 5 von 12,0±4,4 Punkte auf 6,6±3,0 Punkte ab (Tag 7 bis 9: 1,0±2,1), unter Placebo von 11,7±4,3 Punkte auf 10,2±4,2 Punkte (Tag 7 bis 9: 6,5±4,8). Für Thymian-/Primelwurzel- bzw. Thymian-/Efeu-Präparate liegen keine Berichte über schwere Nebenwirkungen vor (T Ia / A [64]; T Ib / A [65-67]).

In der (abgelaufenen) Leitlinie von 2010 heißt es, mit Bezug auf die gleichen Studien:
http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/020-003l_2010-abglaufen.pdf
ZitatAllerdings wurde die Wirksamkeit einer kombinierten Phytotherapie (Thymian und Efeu, bzw. Thymian und Primel) auf den akuten Husten in zwei randomisierten kontrollierten Studien nachgewiesen [273;274].

Nur sind beide Studien von der gleichen Arbeitsgruppe (Kemmerich et al) und haben eine identische Patientenzahl.
In der Studie von 2006: (Bronchipret® Saft; N = 182) or placebo syrup (N = 179).
In der Studie von 2007: (Bronchipret® TP FCT; N = 183) or placebo (N = 178)

Ok. Aber das wäre Ihr Job gewesen, Wertester. Und es rettet die Phytotherapie nicht vor der Vereinnahmung durch die Paramedizin.