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?Krebspatienten profitieren von ihrem Glauben?

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Begonnen von Rincewind.ii, 09. September 2015, 16:05:36

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Rincewind.ii

Deutsche Apothekerzeitung 34/2015 berichtet von Metaanalysen

hat jemand Hintergrundmaterialien zu den drei Studien?
hier das Komplett-Zitat:
<<<<<<<<<zitat ein<<<<<<<<<<<<
DAZ 34 / 20.08.2015
Kann Religion helfen?
Krebspatienten profitieren von ihrem Glauben
bk | Können Religion und Spiritualität die Situation von Krebspatienten beeinflussen? Zu dieser Frage wurden in den letzten zehn Jahren über 2000 Studien veröffentlicht. Die verschiedenen Arbeiten weisen jedoch teils konträre Ergebnisse sowie große methodische Unterschiede auf. Nun haben Forscher aus den USA die vorhandenen Daten verglichen.
Die Ergebnisse wurden als Serie von drei Metaanalysen in der Zeitschrift ,,Cancer" publiziert. Die einzelnen Analysen befassen sich mit den Auswirkungen von Religion und Spiritualität auf die physische, mentale sowie soziale Gesundheit von Krebspatienten. Bei der Auswertung war es besonders schwierig, die vielfältigen Methoden zur Einschätzung von Spiritualität in eine einheitliche Systematik zu bringen. Hierfür erwies es sich als sinnvoll, Spiritualität in die drei Dimensionen emotional, kognitiv und verhaltensbezogen zu klassifizieren.
Insgesamt wirkten Religion und Spiritualität auf alle Bereiche der Gesundheit positiv, dabei war der Einfluss auf die mentale Gesundheit besonders ausgeprägt. Vor allem die emotionale Dimension der Spiritualität, beschreibbar z.B. durch den Glauben an einen Sinn des Lebens und eine übergeordnete Macht, wirkte positiv. Auch Patienten, die ihre Erkrankung auf kognitiver Ebene in ihr Glaubenskonzept integrierten, zeigten einen verbesserten Gesundheitszustand. Keinen Einfluss zeigten hingegen religiöse Verhaltensweisen wie regelmäßige Gottesdienstbesuche. Bei einigen Patienten konnte sich der Glaube auch negativ auswirken. Dies war dann der Fall, wenn sich die Patienten in geistiger Not befanden oder mit ihrem Schicksal haderten.
Die Autoren merken an, dass ihre Analyse aufgrund der schwierigen Datenlage Einschränkungen unterliegt. Auch wurden ausschließlich Querschnittsdaten ausgewertet. Longitudinalstudien könnten z.B. zusätzlich Aufschluss geben, wie die Krankheit im Gegenzug auf die Spiritualität wirkt.
Die drei Metaanalysen markieren den Ausgangspunkt für weitere Arbeiten zum Zusammenhang zwischen Religion und Gesundheitszustand. Belastbare Ergebnisse würden zur Klärung der sensiblen Frage beitragen, ob spirituelle Interventionen bei Krebspatienten Bestandteil des Therapiekonzepts sein sollten. 
Quelle: Jim HSL et al. Cancer. 2015, Salsman JM et al. Cancer. 2015, Sherman AC et al. Cancer. 2015
DAZ 2015, Nr. 34, S. 8

>>>>>>>>>zitataus<<<<<<<<<<<

pelacani

Hallo!

Da hast Du ja in aller Unschuld ein abendfüllendes Programm angefordert  8).

Ich kümmer mich, aber muss um Geduld bitten.

pelacani

Im Grunde ist das trivial. Wer gläubig ist (und in den USA soll das ja angeblich die übergroße Mehrzahl der Menschen sein), fühlt sich besser, wenn er in existenziellen Krisen beten kann, priesterlichen Beistand hat o. ä. Da ist nichts Überraschendes dran.

Außerdem haben solche Untersuchungen die Tendenz, gewöhnliche Interventionen mit in Beschlag zu nehmen, z. B. finden sich bei Reviews/Meta-Analysen ,,unkonventioneller Medizin" plötzlich auch mal physiotherapeutische Interventionen auf der Haben-Seite, und man könnte sich hier gut vorstellen, dass jede Art von Ommm (in Dt. z. B. progressive Muskelrelaxation oder AT) mal eben als spirituell gebucht worden ist. So in etwa wären meine Ausgangshypothesen, vor der Vertiefung in die Literatur.  :crazy

Groucho

ZitatLongitudinalstudien könnten z.B. zusätzlich Aufschluss geben, wie die Krankheit im Gegenzug auf die Spiritualität wirkt.

Wenn nix mehr geht, an Gott glauben geht immer. Da wird es longitudinal bestimmt positive Ergebnisse geben, zwangsläufig. Jetzt geh ich wieder ins Körbchen, bin ganz leise und warte, was Pelacani rausfindet.

Krebskandidat

Naja, demjenigen, der den Einfluss von Religiosität/Spiritualität auf den Gesundheitszustand untersucht, würde ich schon fast per se einen bias unterstellen.
"wenn gott nicht das universum und unsere physik gesetze geschaffen hat dann wie kann es sein dass wasser bei genau 0 Grad friert und bei genau 100 Grad kocht? Zufällig 2 runde zahlen, was wäre die wahrscheinlichkeit?"

Groucho

Zitat von: Krebskandidat am 09. September 2015, 19:36:21
Naja, demjenigen, der den Einfluss von Religiosität/Spiritualität auf den Gesundheitszustand untersucht, würde ich schon fast per se einen bias unterstellen.

Würde ich nicht so sehen. Religion/Spiritualität hat ohne Frage großen Einfluss auf die Psyche mancher Menschen. Das kann man nicht negieren, nur weil man es für Unsinn hält.
Das ist auch evolutionär durchaus begründbar. Forschung auf dem Gebiet muss nicht biased sein. Kann natürlich.

pelacani

Zur Literatur. Wenn ich die angegebenen Arbeiten richtig identifiziert habe, dann handelt es sich um zwei Meta-Analysen (deren Datenbasis identisch ist) und ein Editorial, alle von der gleichen Arbeitsgruppe.

http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/cncr.29350/abstract
http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/cncr.29352/abstract
http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/cncr.29349/full

Und es gibt noch ein zweites Editorial, das offenbar in der Meldung nicht erwähnt wird:
http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/cncr.29351/full
aber auch das ist von der gleichen Arbeitsgruppe.

Das ist schon die erste Auffälligkeit, denn es ist unüblich, denjenigen, der die eigentliche Arbeit einreicht, gleich auch noch mit dem Editorial zu betrauen. Er wird ja wohl kaum der eigenen Arbeit im Editorial widersprechen, auch dann nicht, wenn es in der Fachwelt unterschiedliche Meinungen zu einem Thema geben sollte (und wo ist das nicht der Fall).

Wir können uns also die Editorials sparen und wenden uns den Meta-Analysen zu. Ich nehme mal die von Jim HSL et al, greife wahllos ein paar Sätze raus und sage, was mir dazu einfällt.

ZitatINTRODUCTION
[...]
The National Health Interview Survey found that 69% of cancer patients reported praying for their health, whereas only 45% of the general US population did.2 R/S can help cancer patients find meaning in their illness3 and provide comfort in the face of existential fears,4 and these patients can receive support from a community of likeminded individuals.5
Das mag man vielleicht glauben, aber man sieht nicht, wie sich daraus eine Frage ergeben könnte, die zu bearbeiten sich lohnen würde. Egal wie nun das Ergebnis ausfällt: die Gläubigen werden weiter beten, und die Ungläubigen werden weiterhin entweder regressiv, also auch beten (sofern sie ursprünglich konfessionell sozialisiert sind), oder nicht. Die Todesfurcht ist seit der Antike als eine Triebkraft der Religion bekannt.

ZitatGreater clarity is needed to advance research and clinical applications with respect to the role of R/S across the cancer continuum from diagnosis and active treatment to survivorship and the end of life.
Daraus ergibt sich die (für wen auch immer) wichtige Frage, ob Beten die Überlebenszeit verlängert; eine Frage, die im Kern identisch ist mit der Frage, ob es psychische Einflüsse auf die Überlebenszeit gibt.

ZitatTo this end, we conducted a series of meta-analyses to quantitatively summarize associations between R/S and patient-reported mental, social, and physical health outcomes.11,12
Aber so heiß wird es nun doch nicht gegessen. Die Überlebenszeiten sind nicht im Fokus – an der Stelle ist offenbar nichts zu holen.

ZitatThe current study focuses on physical health outcomes, including physical well-being, functional well-being, and self-reported physical symptoms.
Man vermutet: reine Fragebogen-Items; subjektives Erleben; keine objektivierbaren Symptome.

ZitatSearch Strategy
[...]
Studies were included if they (1) had an adult sample (>=18 years old) having a current or past diagnosis of cancer or undergoing procedures for a diagnosis of cancer at the time of study entry; (2) assessed an R/S variable; (3) assessed a physical, mental, or social health variable; and (4) reported an effect size measuring the bivariate association between R/S and health.
Was nicht vorkommt: in irgendeiner Weise verblindete Studien (von doppelblind braucht man nicht zu reden; obwohl - mit den "intercessory prayers" wäre das ja möglich).

ZitatDescriptive and measure development or validation studies were included if they otherwise met study inclusion criteria. Data from intervention studies were included except when the relation between R/S and health outcomes was potentially confounded by intervention effects.
Jede Art von Beobachtung zählt (von Kausalität braucht man nicht zu reden). Außerdem: haben die überhaupt mal bei einer theologischen Fakultät nachgefragt, ob die das überhaupt untersuchen dürfen?

ZitatDo not put the LORD your God to the test
Mt. 4, 7 u. ö.


An dieser Stelle kann man aufhören mit dem Lesen. Mein Eingangstest ist nicht bestanden:
Zitat von: Pelacani am 05. Juni 2014, 07:53:03
Zitat von: sweeper am 04. Juni 2014, 18:59:12
Weißt du, wie man im Groben schon rausfinden kann (aber nur, wenn man sich fachlich auskennt!), ob ein langer, wissenschaftlich daher kommender Text einigermaßen seriös ist?
Ich guck erst mal nach Material und Methode. Wenn mich das interessiert, was man auf diese Weise herausfinden kann, dann lese ich es.

Allenfalls könnte man sich noch ein, zwei Einzelstudien anschauen, die hier mitverwurstet wurden. :gaehn:

Krebskandidat

Zitat von: Groucho am 09. September 2015, 19:48:50
Zitat von: Krebskandidat am 09. September 2015, 19:36:21
Naja, demjenigen, der den Einfluss von Religiosität/Spiritualität auf den Gesundheitszustand untersucht, würde ich schon fast per se einen bias unterstellen.

Würde ich nicht so sehen. Religion/Spiritualität hat ohne Frage großen Einfluss auf die Psyche mancher Menschen. Das kann man nicht negieren, nur weil man es für Unsinn hält.
Das ist auch evolutionär durchaus begründbar. Forschung auf dem Gebiet muss nicht biased sein. Kann natürlich.

Mehr sag ich auch nicht. (Daher die Verwendung von "fast" in meinem Satz.)

Was ich meine ist, dass ich zum Beispiel niemals so ein "abgefahrenes" Thema beackern würde. Ist mir einfach zu unseriös. Der Grundgedanke der dahintersteht ist ja anschließend (wenn man auf eine positive Korrelation gestoßen ist - oder sie mehr oder weniger aus dem statistischen Nirvana gezaubert hat) sagen zu können, dass wir alle besser leben würden, wenn wir spiritueller wären. Und damit bin ich nicht einverstanden. Es wird einfach nicht viele Leute geben, die das neutral und objektiv untersuchen, weil genau diese Leute kein Interesse dazu haben.
Und wie Pelacani gerade so schön aufgezeigt hat, liege ich mit meinem Vorurteil leider richtig.
"wenn gott nicht das universum und unsere physik gesetze geschaffen hat dann wie kann es sein dass wasser bei genau 0 Grad friert und bei genau 100 Grad kocht? Zufällig 2 runde zahlen, was wäre die wahrscheinlichkeit?"

Groucho

Zitat von: Krebskandidat am 09. September 2015, 20:39:45
Mehr sag ich auch nicht. (Daher die Verwendung von "fast" in meinem Satz.)

Was ich meine ist, dass ich zum Beispiel niemals so ein "abgefahrenes" Thema beackern würde. Ist mir einfach zu unseriös. Der Grundgedanke der dahintersteht ist ja anschließend (wenn man auf eine positive Korrelation gestoßen ist - oder sie mehr oder weniger aus dem statistischen Nirvana gezaubert hat) sagen zu können, dass wir alle besser leben würden, wenn wir spiritueller wären. Und damit bin ich nicht einverstanden. Es wird einfach nicht viele Leute geben, die das neutral und objektiv untersuchen, weil genau diese Leute kein Interesse dazu haben.
Und wie Pelacani gerade so schön aufgezeigt hat, liege ich mit meinem Vorurteil leider richtig.

Und was ich sagen wollte (reichlich undeutlich): Vielleicht wäre es gut, wenn sich mehr Leute, die eben nicht biased sind, sich damit befassen würden. Das Phänomen ist ja nun mal da und stellenweise hoch wirksam - wenn auch nicht in wünschenswertem Sinne.

edit: (ich drücke mich wirklich unklar aus heute) Mit hoch wirksam meine ich natürlich nicht im sinne von lebensverlängernd oder heilend. Wirksam im Kopf der Menschen, der Wahrnehmung, Folgerungen und Umgang mit der Situation.

eLender

Ist wohl prinzipiell das gleiche Problemchen wie bei der HP. Alleine dazu Studien durchzuführen, die falsch positive Resultate zeigen (und damit vermehrt veröffentlicht werden), verzerrt jedes Review / jede Metaanalyse.
Wollte ich nur mal gesagt haben!

pelacani

Die Meta-Analyse von Sherman et al ist noch großzügiger im Studieneinschluss (oder genauer: wahrscheinlich nicht, denn die Datenbasis ist offenbar identisch mit der von Jim HSL; nur dass das bei Jim et al nicht erwähnt wurde):
ZitatData were included from observational investigations, instrument validation studies, and clinical trials (if derived from pretreatment baseline assessments or from a control group).
Es waren nicht einmal Kontrollgruppen erforderlich, sondern es genügte ein Vergleich mit Baseline. Solches Design ist im allg. das Papier nicht wert, auf dem es gedruckt wird.

ZitatCONFLICT OF INTEREST DISCLOSURES
The authors made no disclosures.
Mich hätte an dieser Stelle die Konfession der Autoren interessiert.

duester

Zitat von: Groucho am 09. September 2015, 19:48:50
Religion/Spiritualität hat ohne Frage großen Einfluss auf die Psyche mancher Menschen. Das kann man nicht negieren, nur weil man es für Unsinn hält.
Das ist auch evolutionär durchaus begründbar.

Die Frage ist aber, ob es tatsächlich die Religion ist, oder ob es sich nicht um eine Fähigkeit handelt, die mit Religiosität einfach nur korreliert, wie z.B. die Fähigkeit belastenden Lebensereignissen einen Sinn zu geben. Strenggläubige Muslime z.B. blühen in belastenden Lebenslagen quasi auf, weil sie davon ausgehen, dass Allah den prüft, den er liebt. Damit ist eine Krankheit keine Ruptur im Lebenslauf, sondern eine Erhöhung. Das geht auch ohne Religiosität: Jemand, der in der Lage ist, in einer Krankheit z.B. einen Test für seine Fähigkeit, Krisen zu bewältigen sieht, der wird die Behandlung besser durchstehen, als jemand, der mit der Sinnlosigkeit hadert. Also ist vielleicht schon ein Bias in der Fragestellung, indem die Autoren nicht prüfen, ob es nicht die zugrundeliegenden Überzeugungen und Persönlichkeitsmerkmale sind, die zur Krankheitsbewältigung beitragen. Allerdings: Wenn es sich um eine Meta-Analyse handelt, mussten sie analysieren, was da ist - und vermutlich gibt es einfach mehr Forschung zum Zusammenhang von Religion und Krisenbewältigung, als zu - sagen wir mal - Stoizismus und Krisenbewältigung.

duester

Zitat von: Pelacani am 10. September 2015, 11:01:43
ZitatCONFLICT OF INTEREST DISCLOSURES
The authors made no disclosures.
Mich hätte an dieser Stelle die Konfession der Autoren interessiert.
:laugh: Stimmt eigentlich. Wäre ich nie drauf gekommen, aber: Recht hast du. Wenn man das konsequent weiterdenkt, müsste an der Stelle noch viel mehr offen gelegt werden.

pelacani

Hier kann man gut erkennen, worauf das zielt.
Zitat[...]
Results: Overall, 61 eligible papers were identified, comprising over 20,044 physician reports. Religion and spirituality are discussed infrequently by physicians although frequency increases with terminal illness. Many physicians prefer chaplain referral to discussing religion and/or spirituality with patients themselves. Such discussions are facilitated by prior training and increased physician religiosity and spirituality. Insufficient time and training were the most frequently reported barriers.
[...]
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/26269325
(Hervorhebung durch mich). Eine zirkuläre Logik: Die Schlussfolgerung aus dieser ,,Forschung" ist ihre Voraussetzung. Und sie ist nicht unvernünftig. Seit Pascal weiß man: gläubig wird man, indem man immer wieder in die Kirche geht.

pelacani

Zitat von: Rincewind.ii am 09. September 2015, 16:05:36
hat jemand Hintergrundmaterialien zu den drei Studien?

Auf meinen Streifzügen bin ich auf das folgende Papier von John Paley, Sheffield, gestoßen.
ZitatWhy the cognitive science of religion cannot rescue 'spiritual care'
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/26308949
Es nimmt nicht direkt Bezug auf die medizinische empirische Forschung, ,,ob Religion hilft", hat aber sehr wohl mit deren Konzeptualisierung zu tun. 

Religion ist ein nicht-adaptives Nebenprodukt der Evolution, wie ein Bauchnabel. Diese These begründet Paley ebenso knapp wie schlagend. Er erwähnt vier grundlegende evolutionär wirksame Mechanismen,
•   Hypersensitive Agency Detection Device (HADD): in allen Dingen eine Absicht sehen (hohe Rate falsch positiver Deutungen, aber im Einzelfall lebensrettend),
•   Theory of mind (ToM): Fähigkeit, das Verhalten anderer Menschen zu interpretieren
•   Social exchange regulator (SER): Fähigkeit zu behalten, wer wem was und warum schuldet, Fähigkeit zum ,,Sozialkontrakt"
•   Minimally counterintuitive concepts (MCI): - das verstehe ich am wenigsten; gemeint ist wahrscheinlich, dass Wunder am geeignetsten sind, oral tradiert zu werden, weil sie ein (einzelnes) Prinzip verletzen, also ,,merkwürdig" sind.

Diese Mechanismen sind Basis des unreflektierten Glaubens, evolutionär bedingt und daher relativ kulturunabhängig. Der reflektierte Glauben versucht, solche Dinge zu systematisieren. Religion ist unreflektierter plus reflektierter Glaube. Und sein Fazit zu diesem Abschnitt seiner Ausführungen:
ZitatReligion is a by-product of evolution, a spandrel, like bassoon playing and video gaming. It is not adaptive in itself, but it hitch-hikes an evolutionary ride with the cognitive mechanisms that are.

Soweit die Ausgangsbasis. Kommen wir zu Religion und Spiritualität in der Medizin.
ZitatHowever, the health care literature usually insists that spirituality is quite distinct from religion, which is said to be just one form – among many others – of spiritual expression. Indeed, most authors explicitly reject any definition of spirituality which links it too closely to religion (Dyson et al., 1997; Baldacchino & Draper, 2001; Miner-Williams, 2006; Fisher, 2011).
Soweit ich erkenne, spielt diese Unterscheidung in den von der Apothekerzeitung begrüßten Untersuchungen (aber wahrscheinlich haben sie nur eine Pressemeldung wiedergegeben) keine Rolle, und sie wird auch nicht diskutiert.

ZitatKevern appears to assume that spirituality is by definition an individual matter, intrinsically 'internal', whereas religion is collective and 'external'.  [...] However, 'outer/inner' is by no means the only way of construing the difference between religion and spirituality.
Aber was ist Spiritualität denn dann? Und in der Medizin?
ZitatThe range of things classified as 'spiritual' in this tradition is staggering. The term has become a sort of conceptual sponge, absorbing an apparently inexhaustible list of items: humanistic psychology, Jungian psychology, borrowings from the Tao and Buddhism; complementary therapies, bodywork, astrology, tarot; the appreciation of art, poetry and music, the contemplation of nature; religion, hope, the search for meaning and purpose, well-being, relationships; moral values, ecological concerns, political ideals; work, leisure, sport, personal gain, providing physical care; ideas about unity, energy, connectedness, transcendence; and more (Ross, 1994, 2006; Dyson et al., 1997; Coyle, 2002; Bash, 2004; Miner-Williams, 2006; Swinton & Pattison, 2010). Examples of 'spiritual need' include a retired teacher missing the job; a man being blackmailed about a gambling problem; a woman suffering personality change as a result of dementia; a vegan refusing hospital meals; a man worried about his family following a myocardial infarction; a man with aphasia not wanting to have a gastronomy tube inserted; and so on (McSherry, 2006). This list cuts across the distinction between 'inner' and 'outer'.

Noch einmal zurück zur Frage, ob Religion ,,natürlich" ist:
Zitat... the idea that religion is [...] 'fundamental' or 'natural'. In one sense, this is true: Religion is an effect of cognitive mechanisms that have been hard-wired by evolution. In another sense, though, it is misleading because religion itself is not hard-wired. The idea of being  'predisposed' to religion is ambiguous in the same sort of way.
[...]
McCauley's (2011) way of expressing the idea is better. Human beings are not disposed to religion; they are susceptible to religion. HADD and ToM are selected for; religion and attributing-agency-to-geometrical-patterns are not. Religion and attributing-geometrical-agency both piggy-back on something which is 'fundamental' to human beings; they are not themselves fundamental in the same way.
[Hervorhebung im Original]

Und schließlich:
ZitatThe academic literature on 'spirituality' in the health services is about classification [...] The classification question is ideologically driven. [...] In other words, it is changing what 'spiritual' refers to but hanging on to the cloud of religious associations that the word inevitably possesses.

Im weiteren beschreibt er ausführlich und mit plastischen Beispielen, dass das Label ,,Spiritualität" für so gut wie alles, was als Beispiel dafür angeführt wird, überflüssig ist.
ZitatTo sum up, then, 'spirituality' discourse is being applied to a massively wide range of health and illness concepts which until recently managed perfectly well without it. [...] As a sociologist has observed, soon there will be nothing left that counts as not spiritual, except 'a concern with fitted kitchen units and grouting' (Bruce, 2002).
Endlich mal ein Soziologe, dem ich zustimmen kann  :teufel. Der Text ist zur Gänze sehr lesenswert, ich habe hier nur Teilbereiche herausgreifen können.