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Der Mollath-Prozess

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Begonnen von Plinius, 28. Juni 2014, 11:05:22

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sweeper

Einschätzung des ersten Prozesstages von H.E.Müller:

http://blog.beck.de/2014/07/07/hauptverhandlung-gegen-gustl-mollath-der-erste-tag

Mit der Tätigkeit der Sachverständigen steht er ja etwas auf Kriegsfuß - seiner Meinung nach könne es ausreichen, wenn der Gutachter nur einem Teil der Verhandlung beiwohnt...

Er kann sich wohl nicht vorstellen wie wichtig es ist, das Verhalten des Probanden in unterschiedlichen Konstellationen zu erleben.
With magic, you start with a frog and end up with a prince.
With science, you start with a frog, get a PhD and are still left with the frog you started with...


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Belbo

Zitat von: Plinius am 07. Juli 2014, 13:31:09
Die FAZ von heute durchaus differenzierter:

http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/der-fall-gustl-mollath-spaete-suche-nach-der-wahrheit-13031139.html

Zitat von: sweeper am 07. Juli 2014, 13:48:05
Einschätzung des ersten Prozesstages von H.E.Müller:

http://blog.beck.de/2014/07/07/hauptverhandlung-gegen-gustl-mollath-der-erste-tag

Mit der Tätigkeit der Sachverständigen steht er ja etwas auf Kriegsfuß - seiner Meinung nach könne es ausreichen, wenn der Gutachter nur einen Teil der Verhandlung miterlebt...



Vielleicht könnte ja plötzlich auch ein Ferngutachten nach Aktenlage..........

Plinius

Prof. Müller spielt hier aus meiner Sicht eine äußerst unrühmliche Rolle. Quasi das juristische Pendant zu Przybilla und Ritzer.

pelacani

Zitat von: Plinius am 07. Juli 2014, 13:31:09
Die FAZ von heute durchaus differenzierter:

http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/der-fall-gustl-mollath-spaete-suche-nach-der-wahrheit-13031139.html

Ein verhaltener, sachlicher Text, mit einem nebensächlichen, aber charakteristischen Fehler:
ZitatZum Prozessauftakt scheitert sein Antrag gegen einen psychologischen Sachverständigen.
Psychiatrischer Sachverständiger.

sweeper

Zitat von: Plinius am 07. Juli 2014, 13:56:42
Prof. Müller spielt hier aus meiner Sicht eine äußerst unrühmliche Rolle. Quasi das juristische Pendant zu Przybilla und Ritzer.
Müller lässt in seinen Überlegungen die Position des Sachverständigen selbst unerörtert: dieser wird sich wohl kaum gefallen lassen, zeitweise des Saales verwiesen zu werden, wenn eine fundierte Einschätzung von ihm erwartet wird - eben nicht "nach Aktenlage".
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sweeper

Zitat von: sweeper am 07. Juli 2014, 14:11:10
Zitat von: Plinius am 07. Juli 2014, 13:56:42
Prof. Müller spielt hier aus meiner Sicht eine äußerst unrühmliche Rolle. Quasi das juristische Pendant zu Przybilla und Ritzer.
Müller lässt in seinen Überlegungen die Position des Sachverständigen selbst unerörtert: dieser wird sich wohl kaum gefallen lassen, zeitweise des Saales verwiesen zu werden, wenn eine fundierte Einschätzung von ihm erwartet wird - eben nicht "nach Aktenlage".

Hmmm.. Eben war der Beck-Blog für kurze Zeit nicht erreichbar. Es kommt mir so vor, als habe Prof. Müller noch schnell einige Ergänzungen zum Sachverständigen nachgeschoben: man hätte ihn vorab fragen können, ob er es für nötig hielte, dem gesamten Prozess beizuwohnen oder so ähnlich.
Leider kann ich mit dem Smartphone nicht direkt aus dem Beck-Blog zitieren. 
Ah, jetzt klappt's:
ZitatDa hier das Verhalten des Angeklagten in der Hauptverhandlung 2014 für die Beurteilung seiner Psyche zu den  Tatzeiten in den Jahren 2001 bis 2005 kaum relevant erscheint, geht es letztlich nur darum, dass der Sachverständige sich in der Verhandlung einen Eindruck von der heutigen Persönlichkeit des Angeklagten verschafft. Dafür indes scheint die ,,ständige" Anwesenheit in der Hauptverhandlung aus Aufklärungsgesichtspunkten nicht erforderlich. Insofern hätte ein Beschluss, der dem Angeklagten jedenfalls an einem Teil der Hauptverhandlung ein psychiatrisch unbeobachtetes Agieren ermöglicht, nicht geschadet. Ebenso wenig erscheint es mir abwegig, wenn Herr Prof. Nedopil von sich aus nicht der ganzen Verhandlung folgt, sondern es bei einer Teilbeobachtung belässt, zumal die Situation in der Hauptverhandlung ohnehin nur einen (kleinen und besonderen) Ausschnitt aus den Verhaltensweisen des Probanden zulässt. Nach dem Leitsatz der einschlägigen Entscheidung (BGHSt 19, 367) hätte man Prof. Nedopil auch vorab befragen können, ob er die ständige Anwesenheit als notwendig ansieht. Der Leitsatz lautet:
"Die Pflicht zur Wahrheitserforschung kann das Gericht dazu nötigen, einen Sachverständigen, der sich über die Glaubwürdigkeit eines Zeugen äußern soll, zu der sonstigen Beweisaufnahme hinzuzuziehen, zumal wenn der Sachverständige seine Anwesenheit für erforderlich hält, um möglicherweise weitere tatsächlcihe Anhaltspunkte für die Beurteilung der Glaubwürdigkeit zu gewinnen".

Auch in den Gründen  dieser Entscheidung (BGHSt 19, 367, 368) betont der BGH die Bedeutung der jeweiligen "besonderen Sachlage, die vor allem durch den Wunsch des Sachverständigen ausgelöst werden kann, bei der Erhebung bestimmter Beweise zugegen zu sein".
Ich kann mir nicht vorstellen, dass Prof. Nedopil hier irgendwelche Abstriche im Vorfeld der Verhandlung gemacht hat, nachdem feststand, dass Mollath sich nicht noch einmal begutachten lassen würde...
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sweeper

Noch jemand, der bei Krimi-Gabi in Ungnade fallen wird:

http://m.welt.de/politik/deutschland/article129892822/Nach-zwei-Minuten-kann-Mollath-nicht-mehr-an-sich-halten.html
ZitatMollaths Anwalt Strate findet, dass Petra M. sich drückt: "Dieses Ungemach, hier vor einer Heerschar von friedlichen Journalisten auszusagen, ist ja abzuwägen mit dem Ungemach, das Herr Mollath auszuhalten hatte. Wegen dieser früheren Aussage ist Herr Mollath siebeneinhalb Jahre in einer geschlossenen Anstalt gewesen", wirft Strate ein. Doch das Gesetz ist hier eindeutig, ebenso wie bei dem Punkt, dass ein Sachverständiger zwingend beim Prozess dabei sein muss.
Richterin Elke Escher versucht, einfühlend auf Mollaths Ängste einzugehen. "Ich kann das nachvollziehen, dass Sie es generell als unangenehm empfinden, dass ein psychiatrischer Sachverständiger wieder in einem Gerichtssaal sitzt und Sie ja viele negative Erfahrungen gemacht haben. Das glaube ich Ihnen. Aber ich bin auch hier an die Strafprozessordnung gebunden", redet sie Mollath ins Gewissen. Der spricht von einem "Kriegstrauma, ein Damoklesschwert, das über mir schwebt, wenn Herr Nedopil als Gutachter mit im Gerichtssaal ist und ich mich nicht frank und frei verteidigen kann." Doch auch das hilft nichts – das Gesetz ist eindeutig.

Frage: Wenn sich Mollath schon durch die Anwesenheit von Nedopil retraumatisiert fühlt, was wird geschehen, wenn er Lippert, Wörthmüller, Leipziger gegenübersteht?



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Plinius

Eigentlich müsste Strate angesichts dessen äußerst glücklich sein, dass Mollaths Ex nicht erscheint. Durch sie wäre sein Mandat bestimmt auch retraumatisiert worden  :grins2:

sweeper

Währenddessen schwadroniert sein Mandant ungeniert in die Mikrofone ( lt Welt-Artikel):
ZitatOb tatsächlich Zeugen der HypoVereinsbank gehört werden, die zu den Schwarzgeldverschiebungen etwas sagen könnten, bleibt am ersten Verhandlungstag offen. Die Staatsanwaltschaft sagt, dass die Hauptverhandlung zeigen müsse, "ob diese Beweisanträge von Bedeutung sein können". Mollath aber glaubt daran, dass die Staatsanwaltschaft hier befangen ist. "Die Staatsanwaltschaft wird erst einmal abwarten, welche Anweisungen von oben kommen zu den von unserer Seite gewünschten Zeugen", stichelt er.
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Belbo

Zitat von: sweeper am 07. Juli 2014, 15:33:43
Währenddessen schwadroniert sein Mandant ungeniert in die Mikrofone ( lt Welt-Artikel):
ZitatOb tatsächlich Zeugen der HypoVereinsbank gehört werden, die zu den Schwarzgeldverschiebungen etwas sagen könnten, bleibt am ersten Verhandlungstag offen. Die Staatsanwaltschaft sagt, dass die Hauptverhandlung zeigen müsse, "ob diese Beweisanträge von Bedeutung sein können". Mollath aber glaubt daran, dass die Staatsanwaltschaft hier befangen ist. "Die Staatsanwaltschaft wird erst einmal abwarten, welche Anweisungen von oben kommen zu den von unserer Seite gewünschten Zeugen", stichelt er.


Ich bin mal auf Strates Exit-Strategie gespannt, erstaunlich, dass er es nicht geschafft hat Mollath zu zügeln.

pelacani

Zitat von: Belbo am 07. Juli 2014, 16:01:43
Ich bin mal auf Strates Exit-Strategie gespannt, erstaunlich, dass er es nicht geschafft hat Mollath zu zügeln.
Nein, das ist nicht erstaunlich. Wenn die Diagnosen der Gutachten noch immer stimmen, dann hat er es nicht im Griff, ganz einfach.
Zitat von: Pelacani am 07. Juli 2014, 11:28:34
Und ich denke schon, dass Strate nicht völlig überblickt, was er tut.
Ich wage mal eine Prognose: es wird noch Bedarf an einigen exegetischen Kapriolen in meinungsführenden süddeutschen Blättern entstehen.

edit: ich hatte den WELT-Artikel noch gar nicht gelesen, hier kommt die Bestätigung:
ZitatSein Rechtsanwalt nimmt die erste Abweichung von der gemeinsamen Linie regungslos zur Kenntnis.
Und das nach 2 Minuten Verhandlung. Wenn er es sich nicht selbst ausgesucht hätte, dann hätte der Herr Dr. Strate mein Mitgefühl.

Plinius

Er hat sich das Mandat nicht nur selbst ausgesucht, sondern sich auch bereit erklärt, vorerst pro bono zu arbeiten. Die Gegenleistung ist mit Geld nicht aufzuwiegen: Interviews über Interviews und die Glorifizierung Strates als der beste Verteidiger, den dieses Land gesehen hat.

Belbo