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Kritik am Konzept der 'psychischen Krankheit' 'psychischen Störung'.

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Begonnen von BasementBoi, 14. Juni 2014, 09:07:50

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Belbo

Zitat von: BasementBoi am 15. Juni 2014, 10:15:00
Zitat von: sweeper am 15. Juni 2014, 10:00:34
Ein Denkfehler liegt schon mal hier begründet:
ZitatWas ist daran so schwer zu verstehen, das Psychoanalyse und Psychiatrie sich das gleiche Krankheitsmodell teilen und deshalb die Ergebnisse beider Disziplinen eher bescheiden sind?
Psychiater und Psychoanalytiker vertreten keineswegs ein identisches "Krankheitsmodell":

Die Psychoanalyse führt alle Störungen auf frühkindliche Bindungserfahrungen zurück, die später "aktualisiert" werden - und dies auch noch OHNE zur Kenntnis zu nehmen, dass Menschen von vorn herein unterschiedliche neurobiologische Veranlagungen mitbringen

Der (biologischen)Psychiatrie hingegen geht es gerade um diese neurobiologischen Unterschiede; dabei spielt die Lebens-und Lerngeschichte incl Bindungserfahrungen als eine Quelle von Störungen immer mit hinein.

Du hattest vermutlich einfach Pech mit deinem Therapeuten.
Außerdem ist es ein Fehler, von deiner individuellen schlechten Erfahrung auf das gesamte System zu verallgemeinern.

Die Psychoanalyse betrachtet Verhaltensprobleme als Ausdruck innerer Konflikte, meistens bezogen auf die Sexualität.
Genauso wie in der Psychiatrie wird hier also ein im Patienten liegende Ursache als Grund für abweichendes Verhalten angenommen.

Nun ist es aber unmöglich zu genau zu sagen, welches Verhalten auf die biologie und welches auf die Umwelt, bei Menschen natürlich gesellschaftliche Einflüsse zurückzuführen sind. Sonst wüsste man schon längst viel mehr über die Ursachen vieler 'psychischer Erkrankungen'.

ZitatDas ist nichts anderes als etwas, das im Deutsch sprachigen Raum das "Bio-Psycho-Soziale Störungsmodell" genannt wird.
Es bedeutet, dass ein Störungsbild mehrdimensional erfasst wird, wobei grob vereinfacht etwa diese Dreiteilung entsteht:
1) genetische bedingte  neurobiologische "Verwundbarkeit" (alles, was sich im Prinzip "messen" lässt)
2) Persönlichkeit & Sozialisation (Bedingungen in der Herkunftsfamilie ->Bindungsstile/ Adaptationsleistungen/ kognitive Entwicklung & soziales Lernen)
3) Selbstwirksamkeit = Fähigkeit zur "Selbstregulation" und Lebensgestaltung

sweeper

ZitatNun ist es aber unmöglich...
Unmöglich ist es nicht - aber die Voraussetzungen, dies überhaupt zu erforschen, haben sich in den letzten 20 Jahren dimensional verbessert.
Die modernen Neurowissenschaften beschäftigen sich doch genau damit - dabei sind auch zB die Genetiker mit im Spiel, aber auch andere angrenzende Disziplinen.
Es handelt sich um das Gebiet mit dem derzeit größten Wissenszuwachs in der Medizin  - auch dank hervorragender neuer diagnostischer Möglichkeiten, von denen die bildgebenden Verfahren nur ein Aspekt sind .

Ich fand übrigens dein Beispiel mit dem Stein im Schuh gar nicht so daneben und möchte es erweitern:
die "Anlage"-Komponente, die neurobiologische Vulnerabilität wäre hier die Haut:
man kann von Natur aus " dünnhäutig" sein oder ein besonders "dickes Fell" haben im Vergleich zur überwiegenden Mehrheit, die eben "normalhäutig" sind.

Ich zB bekomme alle Jahre, sobald es warm wird, Druckstellen und Blasen an den Füßen - und zwar egal, welche Schuhe ich trage! Die ganz ausgetretenen mal ausgenommen.

Menschen mit einer vergleichbaren psychischen Vulnerabilität reiben sich entsprechend an Umständen wund, die "Normale" locker wegstecken. Besonders schwierig sind Veränderungen - also neue Schuhe, die eigentlich passen sollten, aber dennoch erst mal unerträglich drücken.

Man kann (und muss oft) die Stellen verpflastern (Medikation); das hilft Schlimmeres zu verhüten ( zB Infektion), aber es ändert nichts an der Veranlagung, offene Füße zu bekommen. Das Problem wird sich wiederholen.

Man kann nach geeigneten Schuhen Ausschau halten ( seine Lebensumstände verändern: anderen Arbeitsplatz; passendere Qualifikation; eigene Wohnung etc), so weit man darauf Einfluss hat.
Am besten wäre natürlich Barfußlaufen: Rückzug an den inneren Palmenstrand :)

Steine im Schuh sind für einen Dünnhäutigen eine Katastrophe:
wenn er sie entdeckt hat, ist die Verletzung schon da, hat sich womöglich infiziert..

Bis jemand den Entschluss fasst, mit seinem "Offene Füße -Problem" zu einem Therapeuten zu gehen, hat er schon mehrere Versuche hinter sich, das Problem in den Griff zu kriegen.
Normalhäutige lösen das Problem mit links und schütteln den Kopf: "Dass der immer mit Steinen in den Schuhen rumlaufen muss..! Wär doch so einfach zu ändern!"
Dickfellige sagen "dieses Weichei!!


So in etwa ...

Der Arzt ( Psychiater) sieht dann die nicht heilende offene Wunde am Fuß und muss überlegen:
ist das jetzt ein "Dünnhäutiger", der zu infizierten Druckstellen neigt?
Oder hat er als Risikofaktor noch eine periphere arterielle Verschlusskrankheit , und wie ist sein Diabetes überhaupt eingestellt? (Welche Grunderkrankungen verkomplizieren das Geschehen?)

With magic, you start with a frog and end up with a prince.
With science, you start with a frog, get a PhD and are still left with the frog you started with...


Terry Pratchett

71hAhmed

Zitat von: BasementBoi am 15. Juni 2014, 10:15:00
Wenn jemand, z.B. andauernd seinen Job verliert, müssen wir gar nichts über seine neurobiologischen Veranlagungen wissen.
Nicht? In Anbetracht der Tatsache, daß es durchaus neurobiologische Veranlagungen gibt, die eine verminderte Kompatibilität mit der alltäglichen Arbeitswelt zur Folge haben (können), wäre eine entsprechende Untersuchung und Berücksichtigung angebracht, so sich Anzeichen dafür bieten.

Zitat von: BasementBoi am 15. Juni 2014, 10:15:00
Dieser Person kann man helfen, in dem ihr die Gelegenheit gegeben wird, an ihren beruflichen Fähigkeiten zu arbeiten.
Das geht aber erst sinnvoll, wenn man sowohl Fähigkeiten als auch Defizite kennt und eine Vorstellung hat, woher diese kommen.

Zitat von: BasementBoi am 15. Juni 2014, 10:15:00
Es wäre Unsinn, etwaiges problematisches Verhalten in diesem Bereich, als 'Antriebsschwäche' zu klassifizieren und in den Rang einer Krankheit oder Störung zu erheben. Es ist mitunter Faulheit, weiter nichts.
Wie du sagst..."mitunter". Was ist mit den anderen?


pelacani

Zitat von: BasementBoi am 15. Juni 2014, 08:46:13
Tja, Psychotherapien werden nicht mehr von den Kassen finanziert
Aha. Für den Mittelstand sicher machbar. Wer sich keine Psychotherapie leisten kann (Kurzvariante: 25 h x 100 EUR = 2500 EUR), der kann ja mal überlegen, ob er nicht beim Zahnersatz was spart. Oder zum Pfarrer gehen; is ja eh Wurscht. Oder Chlorbleiche trinken, sollnse doch.
Zitat von: BasementBoi am 15. Juni 2014, 08:46:13genausowenig wie bestimmte Antidepressiva
Welche?

BasementBoi

Zitat von: 71hAhmed am 15. Juni 2014, 12:45:40
Zitat von: BasementBoi am 15. Juni 2014, 10:15:00
Wenn jemand, z.B. andauernd seinen Job verliert, müssen wir gar nichts über seine neurobiologischen Veranlagungen wissen.
Nicht? In Anbetracht der Tatsache, daß es durchaus neurobiologische Veranlagungen gibt, die eine verminderte Kompatibilität mit der alltäglichen Arbeitswelt zur Folge haben (können), wäre eine entsprechende Untersuchung und Berücksichtigung angebracht, so sich Anzeichen dafür bieten.

Es gibt Amtsäztliche Untersuchungen ob man für diesen oder jenen Beruf geeignet ist. Das reicht in den meisten Fällen.

ZitatDas geht aber erst sinnvoll, wenn man sowohl Fähigkeiten als auch Defizite kennt und eine Vorstellung hat, woher diese kommen.

Womit man Defizite hat wird man rausfinden. Und 'Vorstellungen' sind natürlich keine belegbaren Gründe warum man sich so oder so verhält.
Diese 'Vorstellungen' die man evtl. hat sind in einem wissenschaftlichen Sinne vollkommen unhaltbar und damit, eigentlich nutzlos.

ZitatWie du sagst..."mitunter". Was ist mit den anderen?

Z.B. Geld. Für manche Arbeitslose lohnt es sich ganz einfach, zu Hause zu bleiben. Das ist eine vollkommen rationale Entscheidung. Wer möchte diesen Leuten deshalb einen Vorwurf machen?

BasementBoi

Zitat von: Pelacani am 15. Juni 2014, 12:56:31
Zitat von: BasementBoi am 15. Juni 2014, 08:46:13
Tja, Psychotherapien werden nicht mehr von den Kassen finanziert
Aha. Für den Mittelstand sicher machbar. Wer sich keine Psychotherapie leisten kann (Kurzvariante: 25 h x 100 EUR = 2500 EUR), der kann ja mal überlegen, ob er nicht beim Zahnersatz was spart. Oder zum Pfarrer gehen; is ja eh Wurscht. Oder Chlorbleiche trinken, sollnse doch.
Zitat von: BasementBoi am 15. Juni 2014, 08:46:13genausowenig wie bestimmte Antidepressiva
Welche?

Selbsthilfebücher kann man sich schon für ein paar Euro bei Amazon kaufen. Ich hab hier eines für 7 Euro, das ich hilfreicher finde als all die verschwendete Zeit, bei irgendwelchen Therapeuten.


Warze

"One thing's sure: Inspector Clay is dead- murdered- and somebody's responsible!"

Belbo

ZitatSelbsthilfebücher kann man sich schon für ein paar Euro bei Amazon kaufen. Ich hab hier eines für 7 Euro, das ich hilfreicher finde als all die verschwendete Zeit, bei irgendwelchen Therapeuten.

Es hat schon etwas menschenverachtendes, Menschen mit psychischen Störungen, womöglich mit Tendenz zum Suizid, mit Selbsthilfeliteratur abspeisen zu wollen.

Wobei diese Menschenfeinlichkeit  ja auch gut zu gewisser "Selbsthilfeliteartur" passen würde.



celsus

Zitat von: BasementBoi am 15. Juni 2014, 13:07:22Selbsthilfebücher kann man sich schon für ein paar Euro bei Amazon kaufen

Selbsthilfebücher sind, wie der Begriff schon andeutet, im günstigsten Fall etwas für Menschen, die noch in der Lage sind, sich selbst zu helfen.
The best thing about science is that it works - even if you don't believe in it.

pelacani

Zitat von: BasementBoi am 15. Juni 2014, 13:07:22
Zitat von: Pelacani am 15. Juni 2014, 12:56:31
Zitat von: BasementBoi am 15. Juni 2014, 08:46:13
Tja, Psychotherapien werden nicht mehr von den Kassen finanziert
Aha. Für den Mittelstand sicher machbar. Wer sich keine Psychotherapie leisten kann (Kurzvariante: 25 h x 100 EUR = 2500 EUR), der kann ja mal überlegen, ob er nicht beim Zahnersatz was spart. Oder zum Pfarrer gehen; is ja eh Wurscht. Oder Chlorbleiche trinken, sollnse doch.
Zitat von: BasementBoi am 15. Juni 2014, 08:46:13genausowenig wie bestimmte Antidepressiva
Welche?

Selbsthilfebücher kann man sich schon für ein paar Euro bei Amazon kaufen. Ich hab hier eines für 7 Euro, das ich hilfreicher finde als all die verschwendete Zeit, bei irgendwelchen Therapeuten.

Soweit waren wir in der Diskussion schon mal:
Zitat von: Pelacani am 25. Mai 2014, 15:54:48
ein gelangweilter Zyniker
[...]
:troll

Und die Entscheidung darüber, welche Antidepressiva nicht mehr zu bezahlen sind, die überlässt Du Deinen Mitarbeitern: "Ich will, dass gestrichen wird. Egal was!". Du kümmerst Dich nur ums Große Ganze.

Von Tuten und Blasen keine Ahnung, aber weißt, was für andere gut ist. Ein Stammtisch is ne Universität gegen Dich.

BasementBoi

Zitat von: Belbo am 15. Juni 2014, 13:27:57
ZitatSelbsthilfebücher kann man sich schon für ein paar Euro bei Amazon kaufen. Ich hab hier eines für 7 Euro, das ich hilfreicher finde als all die verschwendete Zeit, bei irgendwelchen Therapeuten.

Es hat schon etwas menschenverachtendes, Menschen mit psychischen Störungen, womöglich mit Tendenz zum Suizid, mit Selbsthilfeliteratur abspeisen zu wollen.

Wobei diese Menschenfeinlichkeit  ja auch gut zu gewisser "Selbsthilfeliteartur" passen würde.



Es ist nicht menschenverachtend wenn man den meisten Leuten zugesteht, das sie selbst intelligent genug sind, sich adäquate Hilfe zu holen bzw. sich zu informieren.

pelacani

Es sieht verdammt nach SPAM-Verschiebung aus, zur Eindämmung der Geruchsbelästigung.

Belbo

Zitat von: BasementBoi am 15. Juni 2014, 13:44:38
Zitat von: Belbo am 15. Juni 2014, 13:27:57
ZitatSelbsthilfebücher kann man sich schon für ein paar Euro bei Amazon kaufen. Ich hab hier eines für 7 Euro, das ich hilfreicher finde als all die verschwendete Zeit, bei irgendwelchen Therapeuten.

Es hat schon etwas menschenverachtendes, Menschen mit psychischen Störungen, womöglich mit Tendenz zum Suizid, mit Selbsthilfeliteratur abspeisen zu wollen.

Wobei diese Menschenfeinlichkeit  ja auch gut zu gewisser "Selbsthilfeliteartur" passen würde.



Es ist nicht menschenverachtend wenn man den meisten Leuten zugesteht, das sie selbst intelligent genug sind, sich adäquate Hilfe zu holen bzw. sich zu informieren.

......meisten?.....und die anderen?.....keine Menschen?...oder nur in der falschen Sekte?

Warze

Zitat von: BasementBoi am 15. Juni 2014, 13:44:38
Es ist nicht menschenverachtend wenn man den meisten Leuten zugesteht, das sie selbst intelligent genug sind, sich adäquate Hilfe zu holen bzw. sich zu informieren.
Das hat in den seltesten Fällen etwas mit Intelligenz zu tun.
"One thing's sure: Inspector Clay is dead- murdered- and somebody's responsible!"