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Zähne gerade richten mittels Osteopathie

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Begonnen von reindling, 30. Juli 2018, 10:38:33

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reindling

Hallo,
womöglich hat jemand ein paar unterstützende Gedanken für mich, da Zähne so überhaupt nicht mein Thema sind.

Ein Kind wird von einer "Osteopathin" (keinerlei Ärztin) an den Zähnen zwecks Schiefstellungen bearbeitet. (7 Jahre alt).

Aussage: "es wirkt" und man weiß nicht was wie genau dabei gemacht wird. Die Zähne werden angeblich immer gerader.
Die Behandlungen erfolgen ca. wöchentlich.

Werden die von selbst gerader? Die Argumentation ist, man erspart sich eine teure Spange und diese Behandlung wird von der KK bezahlt.

Danke für Hinweise wie das funktionieren könnte.
roman

Schwuppdiwupp

Ich bin kein Mediziner, aber nach Lektüre dieses Artikels bei Wikipedia ---> https://de.wikipedia.org/wiki/Osteopathie_(Alternativmedizin)#Studienlage_und_Kritik ---> würde ich davon abraten.

Wenn die Zähne wirklich1 einen behandlungswürdigen Schiefstand aufweisen, dann führt wohl kein Weg an der Spange vorbei.


1Ich habe den Verdacht, dass heute viel mehr Blagen mit einem bezaubern Stahlgebiss herumlaufen, als nötig wäre ...  ::)
Ach, was weiß denn ich ...

celsus

Wir haben hier im Psiram-Wiki auch einen Artikel: https://www.psiram.com/de/index.php/Osteopathie

Der Osteopathie mangelt es massiv an Wirksamkeitsnachweisen. Pfuscher ohne medizinische Ausbildung richten mehr Schaden an als sie nützen können. Irgendwann ist es dann zu spät und die Zähne sind schief.

Aber manche Leute müssen wohl diesen Weg gehen, weil sie der echten Medizin misstrauen und sich lieber auf wortgewandte Scharlatane verlassen.
The best thing about science is that it works - even if you don't believe in it.

Sundown

"Der Osteopathie mangelt es massiv an Wirksamkeitsnachweisen. "

Hallo erstmal ich bin ganz neu hier. Folgendes: Hat nicht zwingend oder sogar nichts mit Osteopathie zu tun, sorry für Offtopic. Betrifft aber unsere Zähne: Ich stand heute im REWE an der Kasse und hatte Colgate MAX WHITE (kostet deutlich mehr als reguläre Zahnpasten) auf dem Band. Da steht ja drauf, es mache die Zähne weisser. Der Knackpunkt: Ließt man mal genau nach, steht da: "Dieser Effekt ist nur temporär". So ein Blödsinn... da kann ich mir auch weissen Fensterkitt auf die Zähne schmieren.
Hab's leider trotzdem gekauft. xD

Sundown

"Ein Kind wird von einer "Osteopathin" (keinerlei Ärztin) an den Zähnen zwecks Schiefstellungen bearbeitet. (7 Jahre alt).

Aussage: "es wirkt" und man weiß nicht was wie genau dabei gemacht wird. Die Zähne werden angeblich immer gerader.
Die Behandlungen erfolgen ca. wöchentlich.

Werden die von selbst gerader? Die Argumentation ist, man erspart sich eine teure Spange und diese Behandlung wird von der KK bezahlt. "

Ja gut ich meine... Du kannst natürlich ausprobieren, was du willst. Ich persönlich... so wie ich meine Zähne kenne (sind zum Glück sehr schön geraten, keine Probleme), bedarf es sehr großer physischer Kraft ihre Stellung zu verändern... Das muss man doch merken... sind mit dem stärksten Muskel des Körpers verbunden. Deshalb sind Spangen oft auch sehr schmerzhaft.

Sundown

"Der Osteopathie mangelt es massiv an Wirksamkeitsnachweisen."

Im Gegenteil:

" Eine neuere große randomisierte kontrollierte klinische Studie verglich die Osteopathie der US-amerikanischen Schule mit Standardbehandlungen bei Patienten mit Rückenschmerzen. Sie kam zu dem Schluss, dass das klinische Ergebnis für beide Gruppen ähnlich ist. ..."

https://de.wikipedia.org/wiki/Osteopathie_(Alternativmedizin)#Studienlage_und_Kritik

weiß auch nicht genau wie diese Methodik effektiv greift, aber offenkundig bei Rückenschmerzen (sehr sehr verbreiten) gibt es positive Ergebnisse.....

Peiresc

Hi sundown, guten Morgen (sunrise  ;)) und tut mir leid, dass ich Dir widersprechen muss.  :police:

Zitat von: Sundown am 02. August 2018, 03:02:15
"Der Osteopathie mangelt es massiv an Wirksamkeitsnachweisen."

Im Gegenteil:

" Eine neuere große randomisierte kontrollierte klinische Studie verglich die Osteopathie der US-amerikanischen Schule mit Standardbehandlungen bei Patienten mit Rückenschmerzen. Sie kam zu dem Schluss, dass das klinische Ergebnis für beide Gruppen ähnlich ist. ..."

https://de.wikipedia.org/wiki/Osteopathie_(Alternativmedizin)#Studienlage_und_Kritik

weiß auch nicht genau wie diese Methodik effektiv greift, aber offenkundig bei Rückenschmerzen (sehr sehr verbreiten) gibt es positive Ergebnisse.....

Nein, das ist inhaltlich falsch, und der WP-Text ist irreführend. Zunächst fällt auf:

1. Die beiden angeführten Belege sind in Wirklichkeit nur ein Beleg: der zweite ist das Referat des ersteren aus osteopathischer Sicht ("Patienteninformation").
2. Die "neuere große randomisierte kontrollierte klinische Studie" ist keine Studie, sondern eine Meta-Analyse (die gerne auch mal Äpfel und Birnen zusammenrechnen, insbesondere bei solchen Themen).
3. Die "Studie" ist in einem Open-Access-Journal erschienen, obwohl sie ein hochgradig relevantes Thema berührt. Das lässt a priori gewisse Rückschlüsse auf ihre Qualität zu.

Aber das sind alles Nebensächlichkeiten. Der Hauptgrund ist: Es gibt keine nachgewiesen wirksame Standardtherapie bei Rückenschmerz, insofern ist schon der Begriff "Standardtherapie" irreführend.
ZitatTypes of comparisons
Studies with any type of comparison intervention (e.g., manual therapy, usual care, sham treatment, untreated) were included.
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4159549/

Es wurden also unwirksame Therapien miteinander verglichen. Der in dieser Meta-Analyse gezeigte Effekt der Osteopathie erklärt sich am ehesten aus einer nicht-verblindeten Durchführung (die ist prinzipbedingt unmöglich).  Und ich habe mir die Mühe erspart nachzuprüfen, wie viele der eingeschlossenen Studien in Wirklichkeit ein "A:A+B-Design" hatten (da ist ein "Wirksamkeitsnachweis" garantiert).
ZitatNone of the studies had a high risk of bias in the randomisation and allocation procedure, but every study had problems with the 3 blinding criteria in the risk of bias assessment.
Das wird zwar erwähnt, aber letztlich nicht bewertet. Aber das ist der Knackpunkt, wenn es um eine Methode mit paramedizinischem Flair geht. GIGO.

Sundown


Daggi

Habe in ein paar Minuten versucht einen kleinen Einblick zu bekommen. Wir bewegen uns da im Bereich der alternativmedizinischen Zahnheilkunde der Osteopathen.

Unter den Osteopathen gibt es die "Kinderosteopathen" (D.O.Päd.). Beansprucht werden Behandlungen angenommener oder tatsächlicher craniomandibulärer Dysfunktionen (CMD). Mitunter wird auch ADHS mit Zahnfehlstellungen in Zusammenhang gebracht.

Eingesetzt werden zum Beispiel Lymphdrainagen, Magnetfeldtherapien, Massagen und Manöver aus der manuellen Therapie. Und Bionatoren (auch Crozat-Gerät), eine Art alternative Zahnspange sowie so genannte Funktionsregler. Auch gibt es da eine Neurofunktionelle Reorganisation nach Padovan zur Neuordnung des Zentralen Nervensystems.

Alternativdiagnostisch findet man in diesem Bereich eine Messung der Kaumuskulatur mit EMG , Elektroakupunktur nach Voll, LTT (Lymphozytentransformationstest) und Bluttests.

Man sieht sich dabei als Alternative zur "schulmedizinischen" Kieferorthopädie, die nur bereits eingetretene Schäden reguliere und nur Symptome behandele. Dennoch findet man in Elternforen Berichte, dass die Osteopathen wohl gerne begleitend zur Behandlung mit herkömmlicher Zahnspange einspringen: Erfolge sind dann wahrscheinlicher, und der Böse ist der andere ); Einige Kassen übernehmen wohl einen kleinen Teil der Kosten, z.B. 20 € von 60 €/Std. Kosten liegen aber auch im Bereich 90 € / Std. In einigen Elternbericht hört man was von "Cranio" - Behandlungen bei Zahnfehlstellungen. Damit ist wohl die craniosakrale Therapie gemeint.

Als Ursache von Zahnfehlstellungen gibt es bei den Osteopathen eigene Vorstellungen. Häufig ist die Rede von vorgeburtlichen Traumen und Schädigungen unter der Geburt, die sich wohl meistens nicht so richtig erfassen lassen und geglaubt werden sollen.

reindling

Danke für die bisherigen Erläuterungen!

Das die Osteopathie Unfug ist ist klar.
Eines bleibt noch, da habe ich mich ev. unklar ausgedrückt.

Die Behandelnde macht irgendwas, man weiß nicht was, die Eltern meinen, die Zähne werden gerader.
Der Effekt auf die Eltern ist gegeben. Daher die Frage, ob in diesem Alter die Zähne sich über längere Zeit und Wachstum tatsächlich in der Position ändern können, und vor allem auffällig.

Im Beispiel zum Positiven, kann natürlich auch anders ausgehen.
Sonst wäre die O. der Standard beim Zahnarzt, ist aber nicht.

Peiresc

Zitat von: reindling am 07. August 2018, 22:22:03
Die Behandelnde macht irgendwas, man weiß nicht was, die Eltern meinen, die Zähne werden gerader.
Genauso richtig (oder falsch) wäre: Die Zähne werden gerader, und der Behandelnde hat irgendwas gemacht.

Eine mir bekannte Schülerin hat mal im Sozialkundeunterricht einen Fragebogen an ihre Klasse ausgegeben: Wie viele Kinder haben Harry Potter gelesen (so gut wie alle), und auch: wie viele hatten/haben eine Zahnspange (auch so gut wie alle).

Das könnte Anlass zu folgender Überlegung sein: in den höheren Semestern ist der Anteil derjenigen, die als Kind eine Zahnspange hatten, ganz bestimmt nicht >= 90%. Dennoch haben sehr viele weniger als 90% auffällige Zahnfehlstellungen – m. a. W. wenn es kindliche Zahnfehlstellungen gibt, dann scheinen sie sich in einem hohen Ausmaß spontan zu erledigen, unabhängig von jeder Intervention.

Eine Parallele wäre die Behandlung kindlicher Knochenbrüche: Fehlstellungen der Fragmente (sog. Dislokationen) kann man bei Kindern wesentlich gelassener sehen als bei Erwachsenen, sie verwachsen sich von allein (Ausnahme: Rotationsfehlstellungen).

Ich habe keine Ahnung von Kieferorthopädie, aber wenn ich mich dafür interessieren würde, dann würde ich mir mal die Studienlage zu Zahnschienen ansehen (da kontrollierte Untersuchungen durchzuführen stelle ich mir sehr anspruchsvoll vor).

Zitat von: reindling am 07. August 2018, 22:22:03Der Effekt auf die Eltern ist gegeben.
Dafür kann man sich nichts kaufen, überhaupt nichts. Zum einen wäre das auch bei jeder Art von Spontanheilung (oder -"heilung") der Fall, und zum zweiten wäre die Frage sofort: woran haben die Eltern das gemerkt. Da sind dann überprüfbare, nachvollziehbare Aussagen eher nicht zu erwarten.