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Hat es eigentlich vor 1945 oder auch in der jüngeren Vergangenheit...

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Begonnen von Yadgar, 01. Oktober 2018, 21:12:17

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Yadgar

Hi(gh)!

...einzelne (Neo-)Nazis gegeben, die zu dem Schluss gekommen waren, gemäß der nationalsozialistischen Ideologie als Individuum charakterlich oder rassisch minderwertig zu sein und deshalb entweder um ihre Ermordung baten oder sich auch öffentlichkeitswirksam selbst töteten?

Oder sollte ich diese Frage besser in www.geschichtsforum.de stellen?

Bis bald im Khyberspace!
ENTEIGNET SPRINGER!

Sauropode

Ich weiß nicht, wäre so ein Mensch dann überhaupt Nazi geworden? Es ist irrational, sich zu einem Überzeugungssystem zu bekennen, dem man nicht entspricht, also formal da nicht Mitglied sein kann. Ich kann doch auch nicht ein Maler sein, wenn ich blind bin.

Yadgar

Hi(gh)!

Zitat von: Sauropode am 01. Oktober 2018, 21:43:22
Ich weiß nicht, wäre so ein Mensch dann überhaupt Nazi geworden?

Er kann ja erst im Laufe seiner "Nazi-Karriere" begriffen haben, dass er nach Nazi-Kriterien lebensunwert ist... oder er kann sich von vornherein aufgrund einer selbstzerstörerischen Persönlichkeitsstruktur den (Neo-)Nazis angeschlossen haben!

Zitat von: Sauropode am 01. Oktober 2018, 21:43:22
Es ist irrational, sich zu einem Überzeugungssystem zu bekennen, dem man nicht entspricht, also formal da nicht Mitglied sein kann. Ich kann doch auch nicht ein Maler sein, wenn ich blind bin.

Ich kann auch nicht mit dem Fahrrad nach Afghanistan fahren, wenn ich adipös, zuckerkrank, zwangsneurotisch und zu allem Überfluss auch noch schwul bin... trotzdem träume ich da seit 35 Jahren von!

Bis bald im Khyberspace!

Yadgar
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Schwuppdiwupp

Ach, was weiß denn ich ...

Sauropode

Wenn der Typ nicht gerade suizidal ist, wird er sich aufgrund seiner ,,Mängel" diskriminiert fühlen und sich dann von den Nazis abwenden.

Du musst ja nich NACH Afghanistan radeln. Du kannst das Rad dahin mitnehmen und dort radfahren. Adipositas wird sich dann bessern. Diabetes lässt sich einstellen. Schwulsein sieht man demjenigen nicht an. Wobei, der Hindukusch mag zwar landschaftlich reizvoll sein, aber mir wäre es da zu gefährlich.

sailor

Von der Formulierung mal abgesehen hat die Frage schon ihre Berechtigung... insbesondere bei der brauen Kundschaft ist die Abweichung zwischen doktrinären Anspruch und persönlicher Wirklichkeit ziemlich auffällig (beliebter Witz während der "1000" Jahre: "Lieber Gott, so mach mich blind, dass ich den Goebbels arisch find`!"). Neben den Schrumpfgermanen Schicklgruber, Himmler und Goebbels gabs den Drogensüchtigen Göring und tausend andere, welche es mit den strengen Vorgaben der nationalsozialistisch/völkisch/rassistisch/esoterischen Doktrin nicht so genau nahmen. Die meisten begingen aber erst Selbstmord, als das doktrinäre System zerschlagen wurde... nicht wegen "innerer Zerrissenheit". Der Mensch an sich ist ziemlich gut darin, solche Differenzen zu übersehen; "Wasser predigen und Wein saufen" war vor 500 Jahren bereits bekannt und ist seitdem nicht weniger geworden. Dazu muss man auch beachten, dass die "wahren Gläubigen" (also die Fanatiker, die zu 120% nach den Regeln leben) nur sehr selten die Führungspositionen überhaupt erreichen, geschweige denn sich dort länger halten. Die Machthaber in allen totalitär/doktrinär geprägten Systemen (wie auch Sekten) sind immer diejenigen, die den Rahm abschöpfen und tausend Ausreden dafür finden. Macht hat keine Doktrin, sie ist Selbstzweck und Rechtfertigung in einem. Sieht man schön an den Taliban/IS-Großkopfeten, die Limousinen, Rolex und westliches Satellitenfernsehen hatten... oder Erich Honnecker, der westdeutsches Dosenbier frei Haus nach Wandlitz bekommen hat....

Was die Abweichung angeht: Ideologisch ist die Rechte homogener als die Linke, es gibt weniger Splittergruppen und Grabenkämpfe um Deutungshoheit. Auch im Dritten Reich wurden eher die Bedrohungen für die Macht (SA) beseitigt als "ideologische" Abweichler (jene die den Sozialismus in Nationalsozialismus betonten wurden durch parteipolitische Maßnahmen aus Ämtern gedrängt). Solange man als Nazi innerhalb sehr weiter Grenzen bleibt, ist man drin. "Rassisch minderwertig" ist bis auf wenige Ausnahmen ("Jüdisch" oder "Neger") auch nicht so leicht, da zur Rechtfertigung der Angriffskriege die Grenzen "arischen Volkstums" immer wieder erweitert und immer mehr Gruppen irgendwie zu "Ariern" gedeutelt wurden. Von fast jeder "Negativgruppe" gab es wieder Ausnahmen, bspw. könnte man als Slawe (negativ) auf Wolgadeutsche Vorfahren (positiv) plädieren. Letztendlich zeigte sich an diesem pseudowissenschaftlichen Flickwerk/Rumdilletieren das ganze Dilemma des Rassenwahns: Man verfolgte die Juden antisemitisch und versuchte gleichzeitig, die Araber (Semiten) um den Großmufti von Jerusalem für sich zu gewinnen. Ausnahmen gabs je nach politisch/militärischem Opportunismus und daher lässt sich heute fast alles rechtfertigen. Dazu gibts dieser Tage ja auch noch das "Konzept Ethnopluralismus", wodurch es möglich ist, auch als Nichtarier im jeweiligen Herkunftsland Nazi zu sein. Im Grunde ist es nur die konsequente Fortschreibung der inkonsequenten Rassentheorie zu Zwecken internationaler Mobilisierung.