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MECFS ist keine erfundene Krankheit

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Begonnen von NeuroMD, 04. Dezember 2023, 22:59:23

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eLender

Kleiner Nachschlag: die eine Dame im Interview mit Hirschlausen, die ihre McCFS auf die Impfung schiebt, fährt wohl ein hartes Programm, in dem sie böse gegen die Impfmafia wettert (das klingt so an). Es ist in der Blase keine Seltenheit, dass man die Impfung verantwortlich macht. Warum auch nicht, es gibt ja keinen wirklichen Beleg dafür oder dagegen. Genauso wie für eine ursächliche Vireninfektion. Ich hatte nach der Impfung auch Blähungen (ok, das ist gelogen, ich bin dafür zu vornehm ::) ). Hätte aber daran liegen können.
Wer sichs anschauen möchte:

https://mrna-entertainment.de/

Wollte ich nur mal gesagt haben!

Peiresc

Zitat von: eLender am 18. November 2024, 22:41:13Das war schon bei der Hysterie so. McCFS wäre nur die moderne Variante und eine Erfindung englischer Ärzte

Bei der Gelegenheit, da ist noch was offen geblieben, sehe ich.
Zitat von: MrX am 23. Oktober 2024, 11:00:31Außerdem gibt es noch das hier, aber ohne Open Access:
https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/21641846.2020.1793058
ZitatBy showing that the Royal Free and other ME attributed outbreaks fit the SIR disease model, we demonstrate that the McEvedy and Beard hysteria hypothesis is mathematically incorrect. The ensuing management of the treatment of ME/CFS-like conditions evolving from that, now mathematically improbable belief may need to be re-evaluated.

Schauen wir uns das näher an. Waters et al. benutzen das ,,SIR-Modell" für infektiöse Erkrankungen und beziehen sich dabei Kermack und McKendrick (1927). Darüber findet man*:
Zitathttps://bmcpublichealth.biomedcentral.com/articles/10.1186/1471-2458-9-S1-S2
For example, Kermack and McKendrick set out to try to explain why epidemics pass through a population without affecting the entire population [3].

Und sie verweisen auf Murray (1989), Mathematical biology. Dort heißt es:
ZitatConsider a disease which, after recovery, confers immunity (which indudes deaths: dead individuals are still counted). The population can then be divided into three distinct classes: the susceptibles, S, who can catch the disease; the infectives, I, who have the disease and can transmit it; and the removed class, R, namely those who have either had the disease, or are recovered, immune or isolated until recovered. The progress of individuals is schematically described by
       S -> I -> R.
Such models are often called SIR models.
Murray stellt ein Gleichungssystem auf, das verschiedene Umstände berücksichtigt, wie man sich denken kann. Man kann damit die Zahl der Fälle über die Zeit prognostizieren. Waters et al benutzen das aber für etwas ganz anderes.

Waters et al adaptieren das Modell so, dass sie ausschließlich die Inzidenzen über die Zeit berücksichtigen, variieren zwei Parameter in dem Modell, lassen diese 3-6 Millionen Mal durchlaufen (,,We repeat steps 1–3 above for 3–6 million different values of Beta and Gamma") und finden, dass das Modell dann auf den Royal-Free-,,Ausbruch" passt – alles klar, eine Infektionskrankheit. Dann nehmen sie die Inzidenzen einer einzelnen Massenhysterie in Äthiopien mit 50 Fällen, und siehe da, da passt es nicht, das Modell.

Dies sind die Inzidenzen der Royal-Free-,,Infektion":
You cannot view this attachment.

Dies sind die Inzidenzen der ,,Nicht-Infektion" (des Kombolcha-Ausbruchs):
You cannot view this attachment.

Für die eine ,,Kurve" soll es eine mathematische Bildungsvorschrift geben, für die andere nicht?

Es handelt sich in beiden Fällen, grob gesehen, um eine Glockenkurve. Zu ergänzen ist, dass die Autoren des Berichts über den ,,Kombolcha-Ausbruch" selbstverständlich von einer Kontagiosität ausgehen und als kurzfristig wirksame Maßnahme die Isolierung der Schulkinder voneinander empfehlen:
Zitat[...] Second, immediate reassurance and separate ill from non-ill and from the environment which is the school at least 1-2 weeks.[...]
https://www.researchgate.net/publication/338454712_Hysteria_Outbreak_Investigation_in_Kombolcha_Town_Among_School_Girls_Northwest_Ethiopia_January_2013
Und dass sich Phänotyp und Dynamik einer psychogenen Störung bei äthiopischen Schulmädchen, die sich in der Mehrzahl von teuflischen Kräften beeinflusst fühlten, von denjenigen beim Personal einer Londoner Klinik in den 50er Jahren unterscheiden, ist doch wohl anzunehmen.

Ich wiederhole: das SIR-Modell, von dem zahlreiche angepasste Varianten existieren, ist ein Rechenmodell zur Prognostizierung von Inzidenzen – dass es sich dabei um kontagiöse Krankheiten handelt, ist kein Ergebnis, sondern eine Voraussetzung. Das Modell ist für die Feststellung, ob es sich bei diesen Inzidenzen um Infektionen handelt, weder konzipiert noch validiert. Über die Ätiologie von Erkrankungen muss man sich in anderer Weise Klarheit verschaffen.

Die Schlussfolgerung von Waters et al:
ZitatThus this work mathematically disproves the McEvedy–Beard hypothesis that the cluster outbreak at the Royal Free was due to mass hysteria.
Kann nicht ernstgenommen werden. Von einer "mathematischen Widerlegung" zu sprechen wäre ohnehin ein Kategoriefehler: eines mathematischen Beweises i.e.S. sind nur mathematische Behauptungen fähig. Nebenbei scheint die Hypothese, dass es sich bei "MECFS" um eine Infektionskrankheit handelt, in den aktuellen Vorstellungen selbst der hartgesottensten Organiker nicht vorzukommen.

Wer sind die Autoren?
ZitatF. G. Waters has moderate/severe ME since 2011, he is now 23 years of age. His current interests are ancient mathematics and the application of mathematics to historical ME/CFS outbreaks
G. J. McDonald is a registered architect who has designed several major buildings [...]
S. Banks graduated from Oxford University in 1984 with honours in Engineering Science. She has worked in the automotive, nuclear and environmental noise industries [...]
Dr R. A. Waters is an expert in computational fluid dynamics in complex three dimensional spaces [...]
Ein Betroffener, über dessen formale Qualifikation wir nichts erfahren, ein Architekt, ein Ingenieur und jemand, der sich mit Berechnungen von Flüssigkeitsdynamiken in komplexen dreidimensionalen Räumen auskennt. Einen Epidemiologen haben sie nicht ins Boot geholt.

Die Arbeit ist in einem Journal erschienen, in dem Leonard Jason im Editorial Board ist. Es ist nicht in Pubmed gelistet, jedenfalls habe ich das Paper dort nicht finden können (Faustregel: was dort nicht auftaucht, muss nicht gekannt werden). Die Arbeit ist 2020 erschienen und wurde bisher 3x zitiert, soweit ich das erkannt habe - m. a. W. ich bin nicht der Einzige, der ihre Relevanz verhalten bewertet.

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* Ein Einführungstext über mathematische Epidemiologie, lässt die Komplexität des Themas erahnen.


eLender

Zitat von: Peiresc am Gestern um 15:23:51Für die eine ,,Kurve" soll es eine mathematische Bildungsvorschrift geben, für die andere nicht?
Schön, dass du dir das nochmal angesehen hast, ich hatte schon beim ersten Artikel ähnliches befürchtet. Das ist eigentlich keine wissenschaftliche Arbeit, es ist purer Aktivismus, mit billigsten Mitteln. Klar, wer so etwas zeigen will, der schafft das auch (das Drehen an Schrauben in Modellen ist eine verbreitete Krankheit). Es reicht da eigentlich schon, wenn man sich die Autoren näher ansieht. Da erkennt man auch, dass das beinahe eine Glaubensgemeinschaft ist, die die Wissenschaft nur nutzt, um den Glauben zu festigen. Sieht aber nur nach Wissenschaft aus.

Das was HerrX da vorlegt, bestätigt eigentlich nur, dass das eine konstruierte / erfundene Krankheit ist. Das hat sehr viele Parallelen zu dem pseudomedizinischen Quack, der unser Wiki füllt. Ich haue gleich noch einen im LC-Faden raus, der die Sektenhaftigkeit dieses "Syndroms" nahelegt. 
Wollte ich nur mal gesagt haben!