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Artgerecht gefressen werden

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Begonnen von deus ex machina, 22. Februar 2018, 17:20:11

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deus ex machina

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https://blog.psiram.com/2018/02/artgerecht-ist-nur-das-gegessenwerden/

hat sich die Kritisierte, Frau Sezgin, bei FB zu Wort gemeldet. Hier ihr Beitrag.

Zitat von: Hilal Sezgin
Ich weiß nicht, wer den Ausgangsbeitrag geschrieben hat, und ich weiß auch nicht, ob man auf jeden Quatsch ,,antworten" muss, der einem aus dem Internet anonym entgegenschallt. Aber jetzt haben mich so viele Leute hier verteidigt und markiert (Danke!!), dass es auch wieder unfair wäre zu schweigen, also denn... Es haben in den, seit Erscheinen des Buches vergangenen Jahren natürlich schon zig Landwirtschaftsvertreter versucht, das mit der Tier"Haltung" derart gegen mich bzw. die Idee der Tierrechte zu drehen, und ich habe auch schon so viel dazu geschrieben... Was ich immer zuerst zu erklären versuche:
1) Ein Buchtitel fasst weder die gesamte noch die Haupthesen des Buches zusammen. Es ist ein Teaser und eröffnet sozusagen das Spielfeld. ,,Artgerecht ist nur die Freiheit" ist a) viel zu kurz, um eine gesamte Tierethik daraus abzuleiten, und b) ist Artgerechtigkeit logischerweise nicht das Hauptideal einer Tierethik. In diesem Satz wird polemisch ein Begriff der Agrarindustrie aufgegriffen, und er soll nur andeuten: Nein, es ist noch nicht artgerecht, wenn man einem Schwein den Schwanz NICHT verstümmelt etc.
2) Artgerecht ist ohnehin nicht das Gegessenwerden, sondern der Versuch eines vollständigen Lebens mit all seinen art-spezifischen Komponenten. Dass die GEFAHR des Gegessenwerdens in freier Wildbahn der PREIS für ein artgerechtes Leben ist, bedeutet weder, dass der Sinn noch der Maßstab des artgerechten Lebens im Gegessenwerden besteht. Ich verstehe gar nicht, wie man so einen Blödsinn behaupten kann. Im Gegenteil motiviert das Entkommen vorm Gegessenwerden motiviert zahlreiche Handlungen eines Lebens.
3) Um nahestehenden Tieren diesen ,,Preis" (und den durch Krankheiten o Verhungern etc.zu ersparen), gehört gerade ihnen gegenüber eine gewisse Form von Paternalismus auch zu einem ethischen Umgang. (Die Probleme und Begründungen habe ich ja an diversen anderen Stellen bereits erörtert, zuletzt in einem bei Matthes & Seitz erschienenen Sammelbändchen über Haustiere). Aber auch uns unbekannte Tiere schützen wir UNTER ANDEREM mit Zäunen, zum Beispiel der Wildzaun an der Autobahn, der Krötenzaun etc. Ist Paternalismus, die Tiere wollen da ja lang, aber es ist besser anders. Mit den Bauzäunen im Hintergrund dieses einen Fotos schütze ich (nur) nachts meine Schafe gegen den Wolf, der in unserem Ort bereits viele andere Schafe gerissen hat. Das ist eine Bevorzugung meiner Tiere gegenüber anderen Tieren (Wolf), die ich in obigem Sammelband diskutiere; unfair gegenüber den Schafen ist es allerdings nun gerade nicht.
4) Warum meine damalige Ehe kinderlos geblieben ist, kann ich schlecht erklären, ohne die Privatsphäre meines Mannes zu verletzen. Ich hoffe hier auf Verständnis für mein Schweigen. Ich habe allerdings auch in einer Kindertagesstätte gearbeitet und eine ungefähre Vorstellung davon, wie das so ist mit Kindern, Regeln, Verboten und Zäunen. Thank you very much.

Hier eine Antwort:

zu 1:
Das Zitat im Blog ist authentisch, es stammt von ihrem Webauftritt. Ob es sich inhaltlich mit allen Themen des Buchs deckt, spielt für den Artikel keine Rolle, denn dort geht es um Inkonsistenz ihrer Behauptungen allgemein. Tatsache bleibt, dass der von ihr vertretene Freiheitsbegriff politisch und moralisch besetzt ist und in dieser Form unhaltbare Konsequenzen führt. Sie rechtfertigt mit diesem Begriff die Einzäunung und Gehegehaltung ihrer Tiere. darum geht's, nicht um die Agrarindustrie.

zu 2:
Ein "vollständiges" Leben ist allemal eines innerhalb von Nahrungsketten. Daran ändert keine Tierethik etwas. Oder verhält sich der Karnivore a priori unethischer? Wieso wird freihändig unterstellt, dass es ethisch vorzugswürdig sei, Tieren eine Obhut überzustülpen, von denen grundlegend niemand sagen kann, ob diese Tiere sie einem wilden und gefährlichen Leben überhaupt vorziehen würden, wenn sie das denn anders als durch Weglaufen äußern könnten? Und grundsätzlich ein "vollständiges" Leben führt kein Tier in Gefangenschaft, auch nicht in irgend einem Gnadenhof. Oder, wenn wir schon menschliche Maßstäbe applizieren, würde Frau Sezgin gerne ständig von vorüberziehenden Besuchern angeglotzt und getätschelt?

zu 3.
Was sind "nahestehende" Tiere, und wie unterscheidet man sie von Objekten eines Bambi-Komplexes?
Der Wildzaun entlang von Straßen dient nicht dem Schutz des Wildes, von dem in unseren Wäldern sowieso zu viel existiert, sondern dem Schutz des Straßenverkehrs. Fragen Sie Ihre Straßenverkehrsbehörde. Und was heißt, es sei "besser anders"?
Woher kommt die Abneigung gegen den Hunger der Karnivoren? Sind das ethisch minderwertige Arten? Oder entziehen sie sich nur zu sehr dem paternalistischen Zugriff, um toleriert zu werden? - wenn man denn unbedingt nicht utilitaristisch, sondern moralisch argumentieren will? Müssen Beutegreifer auf Pflanzenkost umgeschult werden, weil das nun "besser anders" ist?

zu 4:
Das mit dem Zaun um Kindergärten ist als Vergleich immer noch windschief. Kleinkindern gegenüber gibt es ein Erziehungsziel, einmal ohne Zäune, Regeln und Bevormundung auszukommen, eingesperrten Tieren gegenüber aber nicht, da bleibt es genau in ethisch-politisch-moralischer Sicht eine Verwahranstalt, oder treffender: eine Sicherungsverwahrung.

Vielleicht kann uns Frau Sezgin auch einmal erklären, wie etwa in Drittweltländern ein - obendrein kleinbäuerlicher! - Ackerbau überhaupt existieren soll ohne Ausnutzung der Arbeitskraft von Nutztieren; also ohne den Ochsen, der gezwungen wird, den Pflug zu ziehen und die Bewässerungsschnecke zu bewegen; und vor allem ohne systematisch gewonnenen organischen Dünger. Alle klassische Landwirtschaft nutzt das Vieh bis zum letzten aus, von der Arbeitskraft über die Milchgewinnung, das Leder an den Füßen bis zum Knochenleim. Gibt es im Ernst zweierlei Ethik, die eine für das Joch und die andere fürs Streicheltier, welches uns "nahesteht"?

Belbo

Es bleibt auch immer noch die Frage, wieviel Fläche ist denn wirklich nutzbar für einen veganen Landbau für in der Spitze wahrscheinlich 11 Millarden Menschen?
...und die Unterfrage warum eine Erdbeer- oder Sspargelkalorie so viel mehr Fläche benötigt als das Äquivalent in Schweineschmalz.

Mein depperter Schwager hat seinen Modehund, wegen dauernder Allergien jetzt auf vegan umgestellt (mal von der Salamipizza unterm Tisch abgesehen)

eLender

Es war schon absehbar, wie das auf FB verlaufen würde. Man kann über solche Themen kaum sachlich diskutieren, da es weltanschauliche Lehren sind (um das Wort Ideologie mal nicht zu nutzen). Die meisten Kommentare sind einfach nur Empörungsbekundungen. Dass Psiram sich damit ins Abseits stellen würde und nicht mehr zeitgemäß wäre, sind Sprüche, die man auch von Esos zu hören bekommt. Man kann der Lehre anhängen oder auch nicht, auf Unstimmigkeiten darf man aber noch hinweisen dürfen. Ich finde, Klaus Alfs hat das sehr gut gemacht. Klar, der Artikel ließt sich wie eine böse Polemik, triff es aber ziemlich genau. Wie soll man denn sonst auf eine Lehre reagieren, die die allermeisten Menschen als Monster darstellen will.

ZitatDie vegane Autorin Hilal Sezgin (Artgerecht ist nur die Freiheit) entspricht genau dem beschriebenen Typus. Sie betreibt einen ,,Gnadenhof" mit 60 ,,geretteten" Tieren und scheint auf ihre Gnade mächtig stolz zu sein. Sie lässt sich gerne mit Schafen ablichten, um zu zeigen, auf welch gutem Fuße sie mit den Paarhufern steht. Ein Fototermin mit Schwarzen Witwen könnte hingegen unerfreulich enden, wenn die Spinnen ihre Freiheit dazu nutzten, Frau Sezgin artgerecht ins Jenseits zu befördern. Domestizierte Schafe, die auf Friedfertigkeit gezüchtet wurden, eignen sich viel besser dazu, allen Bauerntrampeln und Proleten dieser Welt zu demonstrieren, wie ,,verfeinert" und sensibel man doch ist.
https://www.novo-argumente.com/rezension/artgerecht_ist_nur_die_freiheit
Wollte ich nur mal gesagt haben!