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"eigentümlich frei"

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Begonnen von Wolleren, 16. Juni 2010, 23:22:01

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Wolleren

Bei den Recherchen zum BGE bin ich auf http://www.ef-magazin.de/ gestoßen. Ziemliche Antiposition dort, deswegen habe ich mir die Zeitschrift gekauft.
Kennt die schon jemand hier? Ist das der militante Zweig der FDP?
Durchaus esoterikfrei scheint man dort zu sein, vielleicht übertreiben sie es mit Verschwörungstheorien - gutmensch-linkslastige-Marktwirtschaftsverächter sind offenbar an allem schuld.

Unterstützung gegen Esoterikabzocke darf man von denen nicht erwarten, oder?

de Bunker

ZitatKennt die schon jemand hier? Ist das der militante Zweig der FDP?

Aber mitnichten. Der Herr Herausgeber war zwar mal in der FDP, ist dort aber schon vor Jahren ausgeschlossen worden. Ich meine, wegen Rechtsauslage; es gibt jedenfalls einen deutlichen Marsch nach rechts bei ihm.

Lichtschlag gehört zu den sogenannten "Libertarians" oder auch Anarcho-Kapitalisten. Die sind der Meinung, daß die beste aller Welten nur und zwar nur vom Kapitalismus regiert wird, ohne die störende Einmischung eines Staates. Du mußt eben für alles an sozialen Diensten und Leistungen kräftig abdrücken und alles wird gut. Deine Gören wollen Bildung, so etwa in Form von rudimentären Kenntnissen im Lesen und Schreiben - sollen sie halt arbeiten gehen, dann können sie sich das Schulgeld leisten. Wenn es nach den anarcho-crapitalists geht, darfst du in der schönen neuen Welt für jeden Kilometer Straße, den du befährst, dem Eigentümer Maut zahlen. Also im Prinzip: Null Staat und 1000% Kapitalismus.

Auch nicht ganz unwichtig: nach deren Ideologie hat jeder das Recht, so reich zu werden wie Bill Gates etwa. Wenn das bei dir nicht klappt, liegt es allemal nicht am System, sondern nur an dir. Also jammer nicht rum. Ach, ein' habichnoch: das Parlament gehört natürlich abgeschafft, weil es dem freien Wirken des Marktes nur störend im Wege ist. Wir brauchen keine Arbeitsschutzgesetze, die stören nur den Unternehmer beim Profitscheffeln.


ZitatDurchaus esoterikfrei scheint man dort zu sein, vielleicht übertreiben sie es mit Verschwörungstheorien - gutmensch-linkslastige-Marktwirtschaftsverächter sind offenbar an allem schuld.

Naja, so wirklich esoterikfrei sind die nicht - nur daß der Glaube an den reinen Kapitalismus Reiki etc. ersetzt.


ZitatUnterstützung gegen Esoterikabzocke darf man von denen nicht erwarten, oder?

Frag doch mal beim Teufel, ob er dir Weihwasser verkaufen kann....
Nein, im Ernst: keinerlei Unterstützung. Nach deren Ideologie am ehesten noch Unterstützung für die armen Geschäftsleute, die auf dem Esoterikmarkt ihr mühsames Auskommen damit fristen, die Mitmenschen über den Löffel zu balbieren. Das sie das nämlich ungestraft und ungestört können, ist die wahre unternehmerische Freiheit. Solche Rotzlöffel wie wir, die die Mitmenschen vor Abzocke warnen wollen - das sind nur unangebrachte Einflußversuche auf die hehren Kräfte der Marktwirtschaft, die die freien Unternehmer davon abhalten, Umsatz zu machen.

Nebenbei ist der Herr Herausgeber auch menschlich gesehen ein ziemliches [ zensiert ], ein so notorischer wie unerträglicher Besserwisser, der rasch unterhalb der argumentativen Gürtellinie landet, wenn ihm die Argumente ausgehen. Wie schnell dieser Zustand in einer Debatte eintritt, überlasse ich jetzt deiner Fantasie...  ;D

Wolleren

Zitat von: de Bunker am 17. Juni 2010, 00:42:56

Lichtschlag gehört zu den sogenannten "Libertarians" oder auch Anarcho-Kapitalisten.
Was es nicht alles gibt! Was wohl Bakunin davon hielte!

Zitat von: de Bunker am 17. Juni 2010, 00:42:56
Also im Prinzip: Null Staat und 1000% Kapitalismus.

Auch nicht ganz unwichtig: nach deren Ideologie hat jeder das Recht, so reich zu werden wie Bill Gates etwa. Wenn das bei dir nicht klappt, liegt es allemal nicht am System, sondern nur an dir.
Langsam wird's ....

Zitat von: de Bunker am 17. Juni 2010, 00:42:56
ZitatDurchaus esoterikfrei scheint man dort zu sein, vielleicht übertreiben sie es mit Verschwörungstheorien - gutmensch-linkslastige-Marktwirtschaftsverächter sind offenbar an allem schuld.

Naja, so wirklich esoterikfrei sind die nicht - nur daß der Glaube an den reinen Kapitalismus Reiki etc. ersetzt.
...esoterisch

Zitat von: de Bunker am 17. Juni 2010, 00:42:56
Nebenbei ist der Herr Herausgeber auch menschlich gesehen ein ziemliches [ zensiert ], ein so notorischer wie unerträglicher Besserwisser, der rasch unterhalb der argumentativen Gürtellinie landet, wenn ihm die Argumente ausgehen.
Hast Du was gegen Besserwisser? Tz!

Vielen Dank für die Information!
Man kommt schon ins Grübeln, wenn man Gegner der Schulpflicht, Eurogegner und Fans der Selbstverantwortung so vereint sieht (ich glaube, das ist die sozialdarwinistische Sicht der Dinge, die seitens kath.net-Kommentatoren - lesenswert die hasserfüllten Kommentare in der Wulff-Kontroverse - immer den Atheisten unterstellt wird). Im aktuellen Heft ist ein Interview mit Andreas Molau, das werde ich hier später noch mal kommentieren.

Wolleren

Zusammenfassung des Interviews mit Andreas Molau im Magazin "eigentümlich frei" Nr. 103 vom Juni 2010 unter dem Titel "Der etwas andere Nazi-Aussteiger".

Themen des Interviews sind:
1) politische Sozialisation
2) Karriere, Schwerpunkt Waldorfschule
3) Die NPD, Eintritt, Austritt und die Lehren

Im zweiten Abschnitt beabsichtigt es ef, dass sich Molau als Befürworter des Homeschoolings zeigt und sich ein weiteres Mal politisch verorten darf mit "Nein, das Dritte Reich kann kein Vorbild sein" (1). Das soll dem ef-Leser gefallen, der bereits auf Seite 6 gegen die Schulpflicht eingestimmt wurde; auf Seite 27 erhält man dazu ein Foto eines 3-jährigen mit Strohhut und der Bildunterschrift "Vom Ministerialbeamten verschont: Amish-Junge in den USA". Nicht als rechts zu gelten, ist für die Befürworter einer Diktatur des Kapitals - denn das kennzeichnet die Lesergemeinde - wichtig . Übrigens kann die häufiger in ef angeführte Selbstverantwortung nur als Schönreden dieser Diktatur verstanden werden.
In Punkt 3 wird der Eintritt in die NPD unter dem Stichwort Hexenjagd ausgeführt, um Eindrücke des "zuweilen bereits totalitären Gesinnungsstaats Bundesrepublik"(2) (ef, Einleitung des Interviews) zu vermitteln.
Ansonsten ist das Interview sauber geführt, d.h. Molau erhält einfach die Chance zur Darstellung seiner Geschichte, und zum Abschluß bewirbt ef ein Buch des Interviewten. Eine win-win-Situation offenbar.

In der Einführung wird Molau als intellektueller Schöngeist vorgestellt, der sich als Nazi-Aussteiger überraschender Weise nicht im "Kampf gegen rechts" (Zitat im Original) engagiert.

1) In der Sozialisation lief alles normal, er hatte nur ein anderes Verständnis von Liberalität als seine Lehrer. Jedenfalls unterliegt er seither dem Irrtum, Bevormundung, Rede- und Denkverbote seien kennzeichnend für die Linke. Selbstverständlich sind große Teile der Linken so autoritär und illiberal, aber das gilt ebenso für die Rechten. Dieser einfache Schluss ist für den Schöngeist offenbar nicht zu ziehen. Stattdessen schiebt er den Lehrern die Verantwortung zu, die "weniger Inhalte denn Werthaltungen" vermitteln wollten. Das ist ein guter Kritikpunkt, doch dass damit die Werthaltungen falsch gewesen sind, erschließt sich gar nicht. Bestätigt wurde Molau durch die Lektüre von Kriegsbriefen "einfacher Soldaten":
Zitat
Und ich hatte große Schwierigkeiten, in diesen Briefen Verbrechen zu finden.
Auch hier: ein guter Anfang, ein falscher oder fehlender Schluss. Es kommt einem recht naiv vor, in Kriegsbriefen die Schilderung von Verbrechen zu erwarten. Dass das Selbstbild der Soldaten auf der eingebildeten Tugend der unbedingten Pflichterfüllung beruhte - dieser Schluss war zu kompliziert.
Zitat
Es war dieses dreiste, ständige Ideologisieren der Linken, das meiner Auffassung nach den gleichen Geist atmet wie der Nationalsozialismus.
Der erste Teil das Satzes ist ja prima, damit können diskutierende Extremisten einem tatsächlich den Tag vermiesen. Doch der zweite Teil, o weh. Der Geist des Nationalsozialismus war geprägt von Mordlust, Verachtung, Esoterik und Großmannssucht. Was hat das mit linker Diskussionsunkultur zu tun? Nichts. Man fragt sich unwillkürlich, ob Molau überhaupt den Unterschied zwischen Faschismus und Nationalsozialismus kennt. Die von ihm so gern gescholtenen Linken scheinen den Unterschied ja in DDR-Tradition zu ignorieren: Entweder kleiner Ignaz oder Faschist. Ist Molau in diesem Sinne etwa links?


2) Molau war von 1996 bis 2004 als Lehrer an einer Waldorfschule tätig, auch als Klassenlehrer. Er fand das sehr schön, heile-Welt-mäßig, dort zu unterrichten.
Zitat
Ich hatte [...] die Nase voll von der Rechten und bin einfach in eine Waldorfschule gegangen und habe gefragt, wie man Waldorflehrer werden kann. Ich kannte diese Schulform, weil viele "nationale Familien" ihre Kinder zur Waldorfschule schicken, da sie dort nicht so durchideologisiert werden.
Aha, gut zu wissen, eine Steinerei ist das.
Zitat
Die Waldorfpädagogik habe ich mir dann in Seminaren angeeignet, [...]
Ein kritisches Wort zur Waldorfpädagogik ist auch beim Besuch bei den Erzkapitalisten von ef nicht gefallen. Wahrscheinlich lassen die ihre Kinder mit Derivateurythmie beschulen (obwohl man den Kurs des Optionsscheins nicht beachtet, weiß man, ob er steigt oder fällt).

3) Als dann die NPD 2004 in den sächsischen Landtag einzog, wollte sich Molau beurlauben lassen, um bei der NPD-Fraktion als wissenschaftlicher Mitarbeiter anzuheuern. Die Reaktion war "hysterisch".
Zitat
Gestandene Erwachsene haben unsere Kleinen auf dem Schulhof angebrüllt, sie würden wohl auch Juden vergasen. [...] Fahrgemeinschaften haben uns auf offener Straße stehenlassen mit dem Hinweis, "Nazikinder" würde man nicht im Auto mitnehmen.
Zitat
Ich habe das schmerzlich an mir und meiner Familie erlebt, was es heißt, nicht mehr als Mensch behandelt zu werden, Angst zu haben, zum Arzt zu gehen und ähnliche Dinge.
Zitat
Hexenjagd findet dann statt, wenn ich in meinem Gegenüber nicht mehr den Menschen sehe.
Tja, da waren die Anthros wohl etwas angepisst. Steiner und rechts, das darf man nicht öffentlich machen, wie sehr das zusammengehört.
Molau beschwert sich zu Recht darüber, dass die Reaktionen so wie beschrieben waren. Er beschwert sich ebenso über den Satz, dass er dies ja hätte wissen können. Auch damit hat er Recht. Denn werden die Reaktionen den Kindern Molaus gegenüber irgendwie besser?
Die Lehre ist doch zunächst mal: nur weil ich Recht habe, darf ich nicht rumpöbeln. Die Gefahr der Selbstgerechtigkeit lauert hinter jeden Ecke.

Was haben die Menschen in Molau gesehen, die den Kontakt zu ihm abbrachen?
Zitat
Man wird nicht beurteilt als Mensch oder aufgrund der Erfahrungen, sondern nur durch das Außenbild, was einem aufgedruckt wird.
Und hier kann er wieder einen einfachen Schluss nicht ziehen: er stellt sich in eine Reihe mit den Erben der NSdAP. Jemand, der ihn nun noch nach seinen individuellen Ansichten fragt, "sind die Atlanter unsere Rettung vor Negern oder Juden, was meinst Du?" - der spinnt doch. Dass man sich auch aus Enttäuschung von ihm abgewendet hat, wird im Interview nicht gesagt, vielleicht ist Molau das auch gar nicht klar.


Und dann ist Molau aus der NPD wieder ausgetreten. Er hat im Interview unmißverständlich klar gemacht, dass das Dritte Reich kein Vorbild sein kann, dass er nicht in der Tradition der Nationalsozialisten steht. Doch was sagen dann diese Zitate (3)?
Zitat
Man sollte einmal darüber reden, was man unter einem "Nazi" versteht. Das ist natürlich auch ein Kampfbegriff zur Diffamierung.
Zunächst mal ist es eine unzulässige Verniedlichung von "Nationalsozialisten". Die armen Ignaze dürfen jetzt nur noch Nazerl gerufen werden, Nazi geht wohl nicht mehr.
Dass hier eine Differenzierungsgrenze überschritten wird, d.h. es interessiert keine tote Sau, was einer IST, der bei der NPD ist, das Überschreiten dieser Grenze sieht Molau nicht.
Zitat
Ich habe bemerkenswerterweise sogar ein paar sehr kultivierte Nationalsozialisten kennengelernt.
Wow. Das ändert alles. Das ist doch nur noch deppert.
Zitat
Was ich eindeutig unterschätzt habe, ist die Tatsache, dass die jetzige NPD sich nicht wirklich vom Dritten Reich lösen kann.
Jetzt schlägt's 13. Jeder, sogar die verachteten linken Lehrer, hätte ihm das sagen können. Ein Zuhörproblem, vielleicht?
Zitat
Leider gibt es in der Rechten auch kaum Selbstkritik.
AHA!

Nach seiner NPD-Zeit ist er nun wieder als Publizist tätig und hat sich in der "Pro-Bewegung (Pro-Köln, Pro-NRW)" umgetan. Von ProChrist war nicht die Rede, das muss was anderes sein.
Zitat
Ich nehme mir die Freiheit, meine politische Meinung weiterzuentwickeln und vor allem aus Fehlern zu lernen.
Da gibt es gewiß viel zu tun.

Molau präsentiert sich im Interview als naiver Mensch, dem einfache politische, soziologische und psychologische Schlüsse nicht gelingen.
Immer wieder beginnt er im Recht, um dann zügig im Falschen zu landen. (4)



(1) alle Zitate sind selbstverständlich in erzböser Absicht aus dem Zusammenhang gerissen. Laut LG Stuttgart schützt aber selbst vollständiges Zitieren nicht vor Veröffentlichungsverbot. Insofern kann es auch vorbeieilenden Zensoren piepwurst sein, wie hier zitiert wird: es ist eh falsch!, das wissen wir auch schon aus einschlägigen Blog-Kritiken.
(2) Dies gilt natürlich für Zitate von Molau und ef gleichermaßen.
(3) Gut, dass Molau nicht Bundespräsident werden will, sonst wäre dieser Beitrag reine NPD-Kritik.
(4) Über seine Qualifikation als Bundespräsident ist damit natürlich nichts gesagt; ob er für das Amt spirituell geeignet ist, geht aus dem Interview nicht hervor.

de Bunker

Daß Lichtschlag in seinem Blatt Molau als "Nazi-Aussteiger" apostrophieren mag, der nach dem NPD-Austritt bei Pro-Köln Mitglied wurde, ist vielsagend. Hier weitere Informationen zu Pro-Köln:

http://de.wikipedia.org/wiki/B%C3%BCrgerbewegung_pro_K%C3%B6ln


Wolleren

Seit nun mehr als zwei Jahren wird Molau als Aussteiger bezeichnet. Nun ist es wieder hochgeschäumt:
http://www.sueddeutsche.de/politik/neonazi-molau-verlaesst-die-szene-ein-rechter-vordenker-will-versoehnen-1.1426295

ZitatMehr als 20 Jahre lang galt Andreas Molau als rechtsextremer Intellektueller, konnte aber weder bei NPD, DVU oder Pro-NRW eine führende Rolle einnehmen. Nun will er raus aus der Szene, nimmt mit dem Verfassungsschutz Kontakt auf und bittet um eine zweite Chance. Auch als Lehrer.

Die einfachsten Erklärungen für einen immer wieder aufgewärmten Ausstieg bestehen wohl in der Suche nach Publicity und vielleicht noch mal eine Botschaft, dass er es wirklich wirklich really ernst meint.

Elfenstaub

2-3 Elfen, luftgetrocknet, mit dem Mörser zerstoßen bis die Konsistenz von Puderzucker erreicht ist: Elfenstaub!

Giftig wie Aspartam, süß wie Dihydroxymonoxid und nicht überdosierbar.

P.Stibbons

Hier der Bericht vom NDR - das Interview ist auch verlinkt:

http://www.ndr.de/regional/dossiers/der_norden_schaut_hin/molau101.html

Ich fand es plausibel.