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"Bio"-Kost

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Begonnen von Kinderarzt, 21. Oktober 2008, 15:24:47

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Kinderarzt

Biokost zu kaufen, erzeugt ein gutes Gefühl. Von dirk maxeiner und michael miersch


Auch uns schmeckte Bio meistens besser. Bevor wir uns mit der Forschung zu diesem Thema beschäftigt haben, waren wir fest davon überzeugt, dass der Geschmack einer knackigen Biomöhre oder eines Bioschweinebratens unverwechselbar ist. Wir waren uns so sicher darin, dass wir es gern jedem erzählten, und die meisten Gesprächspartner gaben uns Recht: Man schmeckt es einfach. Doch objektive Untersuchungen bestätigen das nicht. Genauso wie Raucher nicht in der Lage sind, ihre Zigarettenmarke mit verbundenen Augen zu erschmecken – obwohl viele glauben, dass sie es könnten –, scheitern Testesser regelmäßig bei dem Versuch, Bio und Nicht-Bio zu unterscheiden.

Ergebnisse von Geschmackstests sind überaus ernüchternd. Die schwedische Ernährungswissenschaftlerin Lisbeth Johansson führte solche Versuche durch. Sie gab ihren Testessern Tomaten mit und ohne Bioaufkleber. Glaubten die Probanden, in eine Biotomate zu beißen, bewerteten sie den Geschmack besser. Tomaten ohne Aufkleber bekamen schlechtere Geschmacksnoten, egal ob Bio oder nicht. Subjektiv schmecken die Biolebensmittel also durchaus besser. Das liegt aber nicht an der Produktionsweise, sondern am Gefühl des Käufers.

Wissenschaftliche Mitarbeiter der britischen Supermarktkette Sainsbury's, welche die Käufer von Bioprodukten befragten, stellten fest, dass der Konsum solcher Lebensmittel den Menschen emotional guttut, ihr Wohlbefinden und ihren Optimismus stärkt. Allein dadurch, dass sie glauben, die Biokost sei gesünder.

Wir alle kennen dieses Phänomen von anderen Konsumentscheidungen. Wer sich etwas Teures kauft, hat danach ein stärkeres Bedürfnis, die Entscheidung vor sich zu rechtfertigen. Luxusgegenstände müssen einfach besser und schöner sein als die preiswertere Alternative. Wozu hätte man sonst das viele Geld ausgegeben? Dieser Effekt spielt natürlich auch bei Bioware eine Rolle. Ein Apfel, der doppelt so teuer ist, darf nicht schlecht oder auch nur durchschnittlich schmecken. Er muss besonders lecker sein.

Die Ernährungswissenschaftler Diane Bourn und John Prescott von der Universität Otago in Neuseeland werteten eine Reihe von Experimenten aus, welche die schwedischen Befunde voll bestätigten. Dafür wurden sowohl Laien als auch geschulte Geschmacksprüfer eingesetzt. Sie sollten Äpfel, Trauben, Tomaten, Kopfsalat, Möhren, Grapefruits, Mais, Kartoffeln und Spinat probieren. Weder die Profis noch die Laien waren in der Lage, Bio von Nicht-Bio zu unterscheiden. Als sich die Testpersonen, ohne die Herkunft der Proben zu kennen, entscheiden mussten, welche Sorten sie am leckersten fanden, verliefen ihre Urteile kreuz und quer, mal Bio, mal nicht. In einem weiteren Versuch wurde der gleiche Trick wie bei den Schweden angewendet: Die Versuchs­leiter klebten willkürlich auf manche Lebensmittel ein Bioetikett und auf andere nicht. Ergebnis: Sobald die Testesser glaubten, dass eine Speise aus Biolandbau stammte, schmeckte sie ihnen besser.

Sogar das Schweizer Forschungsinstitut für bio­logischen Landbau (FiBL) gestand ein, dass Bio­äpfel nicht besser schmecken. Die Apfelsorte und die natürlichen Bedingungen wie Sonne, Regen und Bodenbeschaffenheit beeinflussen den Säure- und Zuckergehalt und prägen somit den Geschmack. Bio ändert daran nichts.

Die Stiftung Warentest kam ebenfalls zu dem Schluss, dass Biolebensmittel keinen grundsätzlichen Geschmacksvorteil bieten. Ob etwas köstlich schmeckt oder langweilig, hat mit Bio nichts zu tun. Insbesondere Biofleischprodukte schnitten bei den Warentestern ausgesprochen schlecht ab. Biokochschinken und Biobratwürste klassifizierten die Prüfer als »leicht sauer« oder »säuerlich«. Ein Biohackfleisch wurde sogar als »leicht faulig« beanstandet. »Bioware steht mit der Haltbarkeitsfrist auf dem Kriegsfuß«, resümiert die Zeitschrift Test. Doch nicht nur bei Frischware, sondern auch bei haltbaren Produkten bekamen die Biomarken nicht immer gute Noten. Eine Tomatenkonserve schmeckte »metallisch«, Biopasta »ausdruckslos«.

Auch wenn es viele Biogourmets gern glauben möchten, nicht alles, was vom Biohof kommt, schmeckt. In Sachen Geschmack gibt es nur einen gefühlten Unterschied. Aber wer richtet sich beim Genießen schon nach Labortests und wissenschaftlichen Erkenntnissen? Gaumenkitzel ist höchst subjektiv."

http://jungle-world.com/artikel/2008/10/21322.html