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Artikel: Misteltherapie

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Begonnen von ::zahnfee::, 05. April 2010, 13:32:24

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::zahnfee::

Grüß Gott!

Ich lese beim Artikel Misteltherapie mit Interesse folgenden Absatz:

In der anthroposophischen Lukas-Klinik in Arlesheim (Schweiz) beschrieben die Autoren Leroi und Hajto (1982)[8] die angeblich so positiven Resultate unter Behandlung mit Iscador (hergestellt von Weleda) bei Frauen mit Ovarialkarzinom. Patienten im Stadium FIGO I wiesen eine 5-Jahresüberlebensrate von 73% aus, was die Autoren als Beweis für die Wirksamkeit der Behandlung ansahen. Vergleicht man allerdings die analogen Überlebensraten in älteren Vergleichsstudien (Decker et al. 1975,[9]) so lag die 5-Jahresüberlebensrate bei hochschulmedizinisch ohne Mistelprodukte behandelten Frauen mit FIGO I-Tumoren mit 80% deutlich besser. Besonders erschreckend war, dass in der Iscador-Studie von Leroi und Hajto die 5-Jahresüberlebensrate von FIGO IV-Patienten bei 0% lag, während konventionell behandelte Patientinnen im Stadium FIGO III-IV zu diesem Zeitpunkt noch in bis zu 45% der Fälle leben.

Potz Blitz dachte ich mir, und surfte schlampigst auf Pubmed rum.
Des is voll mit Mistelzweigen.
Die Studien dazu machen mich nicht grade schlau, und die meisten behaupten nunmal: Mistelpräparate steigern die Überlebensdauer (allerdings wird immer der Konjunktiv verwendet...)
Da ich von Studiendesign aber nix verstehe, habe ich mir so´n Review aus 2009 gegeben (siehe Link), und da steht

http://mrw.interscience.wiley.com/cochrane/clsysrev/articles/CD003297/frame.html
Main results
Eighty studies were identified. Fifty-eight were excluded for various reasons, usually as there was no prospective trial design with randomised treatment allocation. Of the 21 included studies 13 provided data on survival, 7 on tumour response, 16 on measures of QOL or psychological outcomes, or prevalence of chemotherapy-related adverse effects and 12 on side effects of mistletoe treatment; overall comprising 3484 randomised cancer patients. Interventions evaluated were 5 preparations of mistletoe extracts from 5 manufacturers and one commercially not available preparation. The general reporting of RCTs was poor.

Of the 13 trials investigating survival, 6 showed some evidence of a benefit, but none of them was of high methodological quality. The results of two trials in patients with melanoma and head and neck cancer gave some evidence that the used mistletoe extracts are not effective for improving survival.

Of the 16 trials investigating the efficacy of mistletoe extracts for either improving QOL, psychological measures, performance index, symptom scales or the reduction of adverse effects of chemotherapy, 14 showed some evidence of a benefit, but only 2 of them including breast cancer patients during chemotherapy were of higher methodological quality.

Data on side effects indicated that, depending on the dose, mistletoe extracts were usually well tolerated and had few side effects.

Authors' conclusions
The evidence from RCTs to support the view that the application of mistletoe extracts has impact on survival or leads to an improved ability to fight cancer or to withstand anticancer treatments is weak. Nevertheless, there is some evidence that mistletoe extracts may offer benefits on measures of QOL during chemotherapy for breast cancer, but these results need replication. Overall, more high quality, independent clinical research is needed to truly assess the safety and effectiveness of mistletoe extracts. Patients receiving mistletoe therapy should be encouraged to take part in future trails.


::zahnfee:: kennt sich nicht aus.
Ist zum Thema Mistelpräparat jetzt irgendwas überhaupt eindeutig belegt?
Die Tatsache, dass Rudi Steiner wirres Zeugs von sich gab, und seine Idee, Krebs mit Mistelextrakten zu behandeln eher seinen persönlichen Wahnvorstellungen entsprang, und weniger was mit Wissenschaft zu tun hatte, schließt nicht aus, dass die Mistel nicht zufällig vielleicht doch was bringt...Wäre so ein Fall von Serendipity...oder?

Würde das Zeugs was bringen, wären die Studienergebnisse aber eindeutiger - jedenfalls stelle ich mir das so vor. Wos ja nix heißen muß.

In jeder Conclusio die mir unterkommt steht sinngemäß: Es scheint was zu bringen, aber man muß sich das näher anschauen...

Jetzt frag i mi: Wieso sind lauter so larifari Studien drüber drin, wo die Conclusio immer ein:...naja es könnte sein.... beinhaltet?
Gibt es einen Publikationsdruck, der dazu zwingt jeden Kram zu veröffentlichen, auch wenn die Schlußfolgerung draus wieder nur ein "es könnte sein" ist?

Oder will es sich keiner mit Weleda anlegen?

Oder ist es einfach ned so klar, was eine Mistel bringt?

Oder bringt sie vielleicht doch was?

Oder bin ich zu doof zum recherchieren?

Es tät mi intressier´n?!

rincewind

Tach Zahnfee,

nur aus dem Kopf, ohne zu recherchieren: Der Mistelextrakt scheint schon was zu tun. Gibt m.W. Studien, in denen das Gegenteil zu vermuten war, sprich, das Zeug das Tumorwachstum eher begünstigt hat. Aber ev. sagt noch einer unserer Studienexperten was dazu.

::zahnfee::

Aber in neueren Studien finde ich dazu nix.

Eher das Gegenteil: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/16927531

Was soll ich davon halten?



Deceptor

Hallo zahnfee, willkommen bei uns angeblichen Pharmaschergen ! Zur Erläuterung: der Mistel-Artikel ist einer von 1400 Artikeln bei uns, und es gibt immer noch zu wenige Autoren. Der Artikel stammt von Paralexx, wir haben ihn intergriert und nur Verlinkungen eingebaut. Er spiegelt den Stand von vor ca. 7-8 Jahren wieder.

Man muss sich klar sein, dass Arzneimittel nicht nur eine therapeutische, sondern eine wirtschaftliche Bedeutung haben. Im gestrigen neuen Artikel zu John Virapen gings im Wiki um angebliche Bestechung von Eli Lilly wegen Fluoxetin (Prozac), und tatsächlich skandaläse Praktiken zur Vermarktung von Arzneimitteln kannst du im Blog "stationäre Aufnahme" oder woanders nachlesen. In dem Moment wo pseudowissenschaftliche Argumentationen und gefälschte Daten ins Spiel kommen ist das auch ein mögliches EW-Thema.

Die alternativmedizinische Pharmaindustrie verhält sich prinzipiell nicht anders als gleichgrosse herkömmliche Pharmahersteller. Auch im CAM-Pharmabereich wollen die ihre Mittel verkaufen.

Im Zusammenhang mit der Misteltherapie betätigte sich beispielsweise mit fragwürdigen Methoden Ronald Grossart-Maticek. siehe

http://www.psiram.com/ge/index.php?title=Ronald_Grossarth-Maticek

Es verwundert nicht dass es eine Reihe von Veröffentlichungen gibt, die eine Wirksamkeit nachweisen oder Nebenwirkungen verneinen. Hier kann man auch an den "Schubladen-Effekt" erinnern: ungünstige Ergebnisse verstauben in einer Schublade, günstige Ergebnisse langen in einer Zeitschrift. Beliebte Praxis in der gesamten Pharmabranche, inskl. der CAM-Branche. Dazu kommen Fehlinterpretation weil eine Kontrollgruppe fehlen kann, oder eine Randomisierung fehlt (Zwei Vergleichsgruppen unterscheiden sich, was alleine einen Effekt erklärt), oder weil eine Untersuchung retrospektiv durchgeführt wurde und nicht prospektiv.

Ich versuche die nächsten Tage den Artikel an den aktuellen Stand der Dinge anzupassen. Tips hier wären nicht schlecht.

Conni

Ab morgen bin ich auch wieder aktiv. Könnte mich mal umsehen.

zahnfee, schau mal hier, vllt. ist das verständlicher?

http://www.krebsinformationsdienst.de/themen/behandlung/mistel.php

::zahnfee::

Danke.

Unter den vielen Inhaltsstoffen sind vor allem die so genannten Lektine interessant. Die meisten Forscher sind sich jedoch in der Interpretation der bisher vorliegenden Forschungsdaten nicht einig. Daraus folgt ein bis heute nicht beigelegter Expertenstreit über Nutzen und Risiken der Misteltherapie bei Krebs. Für besonders problematisch halten viele Experten, darunter auch Vertreter des Deutschen Krebsforschungszentrums, die mangelnde Qualität vieler Studien.

Das deckt sich mit dem, was bei mir rauskommt, wenn ich in Pubmed Studien/Reviews durchblättere:
Viele Studien alleine führen noch lange zu keinem klaren Ergebnis, und es is offensichtlich ganz schön wichtig, sich anzuschauen, wie eine Studie durchgeführt wurde....

Das ein Iscador keine Arzneimittelzulassung besitzt spricht auch eine gewisse Sprache.


Warze

Mir ist vor allem bekannt, daß bei der Misteltherapie des Malignen Melanoms wesentlich  häufiger und mehr Hirnmetastasen auftreten. Aber es gibt auch keinen Grund, eine Wirkung anzunehmen, die Begründung der Anthroposophen ist doch ziemlich lächerlich. Da wurde nicht geforscht, sondern "gedacht", soweit man da von denken reden kann.
"One thing's sure: Inspector Clay is dead- murdered- and somebody's responsible!"

::zahnfee::

Zitat von: Kranker Pfleger am 05. April 2010, 22:19:32
Mir ist vor allem bekannt, daß bei der Misteltherapie des Malignen Melanoms wesentlich  häufiger und mehr Hirnmetastasen auftreten.

Hast Du dazu konkret einen Link zu einem Abstract?

BTW:
Wenn das wahr ist, gehört das Zeuchs doch ganz klar vom Markt genommen.

cohen

Das Faselblatt heißt "Merkurstab":
http://www.merkurstab.de/Dateien/Leseproben/schramm.pdf

Zitatanzustreben.In diesen Fällen weisen die immunolo-
gischen Vorgänge im Auge in dieselbe Richtung,wie
die systemischen immunologischen Aktivitäten beim
taub geborenen Menschen,bei dem nach Rudolf
Steiner durch die Taubheitein Schutz vor einer
Krebserkrankung entsteht.Die immunologischen

Total Gaga.

::zahnfee::

Krebs und Entzündung stellen eine grundlegende
Polarität dar (1).


...das kann man jetzt verstehen, oder auch nicht...


Warze

Zitat von: ::zahnfee:: am 05. April 2010, 22:45:36
Zitat von: Kranker Pfleger am 05. April 2010, 22:19:32
Mir ist vor allem bekannt, daß bei der Misteltherapie des Malignen Melanoms wesentlich  häufiger und mehr Hirnmetastasen auftreten.

Hast Du dazu konkret einen Link zu einem Abstract?

http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?id=8867

Mehr finde ich momentan leider nicht, aber da steht der Verfasser ja drunter.
"One thing's sure: Inspector Clay is dead- murdered- and somebody's responsible!"

::zahnfee::