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Kulturelle Aneignung

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Begonnen von RPGNo1, 27. Juli 2022, 14:00:00

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biomango

Ich wäre dafür die ganzen Oktoberfeste mit Dirndeln und Lederhosen ausserhalb von Bayern zu verbieten.

Gefährliche Bohnen

Zitat von: biomango am 30. Juli 2022, 09:34:38Ich wäre dafür die ganzen Oktoberfeste mit Dirndeln und Lederhosen ausserhalb von Bayern zu verbieten.


Perfekt! Das ist die Ausrede, nicht mit zur Betriebsfeier aufs Oktoberfest zu müssen.  :merci:
"Ich muss an dieser Stelle gestehen: Ich mag Karpfen gar nicht." - Groucho
RIP

HAL9000

Zitat von: biomango am 30. Juli 2022, 09:34:38Ich wäre dafür die ganzen Oktoberfeste mit Dirndeln und Lederhosen ausserhalb von Bayern zu verbieten.

Dir ist aber sicher bekannt, dass es diese Tracht auch außerhalb Bayerns gibt, oder?
Ich komme aus so einer Gegend und dürfte das "straffrei" Tragen (ok, kein Dirndl).
Oktoberfeste, egal wo sie "gefeiert" werden, haben aber ohnehin nichts mit Kultur zu tun.
Da gibt es nichts, das man sich aneignen könnte.

sailor

Mir reicht schon, dass die Rheinländer mit ihren Karneval-Exportversuchen regelmäßig scheitern... ich kann auch grundlos saufen ohne Spass vorgaukeln zu müssen^^

PeterPan

Trinken ohne Grund.  :o

Wozu gibt es den Irish Coffee und Kuchen, Karpfenessen, Katerfrühstück, Bierhalbzeit, Nachttrunk, Cocktailparty, Abklingzeit?

Yadgar

Hi(gh)!

Zitat von: PeterPan am 31. Juli 2022, 19:23:33Trinken ohne Grund.  :o

Wozu gibt es den Irish Coffee und Kuchen, Karpfenessen, Katerfrühstück, Bierhalbzeit, Nachttrunk, Cocktailparty, Abklingzeit?

...nicht zu vergessen die Freiwilligen Feuerwehren! Oft die einzige Möglichkeit in weltvergessenen, von September bis Mai eingeschneiten tiefkatholischen Sauerlandpampanestern, wo es selbst im Sommer kaum richtig hell wird, in Gemeinschaft statt alleine im Luftschutzkeller zu sauföööööööööööööööön...

Bombe drauf!

Bis bald im Khyberspace!

Yadgar

Peiresc

Zitat von: Peiresc am 27. Juli 2022, 18:14:47der ganze Identitätsunsinn ist eine Erscheinung, die an Universitäten und in der Kultur eine Rolle spielt. Er ist ein Luxusproblem
Mehr als das.

Wie man sich so fühlt, wenn man zur ukrainischen Buchstabensuppe gehört:

ZitatOleksandra Povoroznyk
https://twitter.com/rynkrynk/status/1554179199837126657

Als ich Soziologiestudent in Kiew-Mohyla war, war ich dumm und schamlos verliebt in die kollektive westliche Linke. Ich träumte von einem Tag, an dem die ukrainische Wissenschaft weit umfassende und populäre Diskussionen über Kolonialismus, Privilegien und all die -ismen führen würde. Ich las Aufsätze von prominenten englischsprachigen Aktivisten und dachte: ,,Oh, wenn diese brillanten Menschen nur etwas über die Ukraine und ihre komplizierte Vergangenheit erfahren würden, über die Diskriminierung, der wir im Laufe der Jahrhunderte ausgesetzt waren, über die Völkermorde und Revolutionen. Sie würden uns verstehen. Sie würden wahrscheinlich wertvolle Erfahrungen teilen oder uns helfen, irgendwie die theoretische Grundlage zu schaffen, die all die traumatischen Ereignisse erklären würde, die wir miterlebt und erlebt haben."

Ich war... umwerfend naiv. Und jetzt, wo mein Land von einem buchstäblichen kleptofaschistischen Imperium angegriffen wird, das offen erklärt, dass es ethnische Säuberungen begehen wird, wenn unsere Kinder und Frauen qualvoll sterben und wenn unsere Akademiker und Queer-Aktivisten, Nihilisten und Journalisten, Schriftsteller und Liberale, Ärzte, Lehrer, Feministinnen und Konservative, Muslime und Juden, Atheisten und Geistliche verzweifelt kämpfen gegen einen besser bewaffneten, blutrünstigen Feind, der darauf aus ist, unsere Städte dem Erdboden gleichzumachen, unsere Felder niederzubrennen, uns zu vergewaltigen, uns zu töten, unsere Krankenhäuser in die Luft zu sprengen und unsere Denkmäler zu zerstören, schaue ich auf die abstrakte westliche Linke (oder zumindest ihren lautstärksten Teil) und sehe nichts als Verachtung in ihren Augen. Verachtung, Herablassung, privilegierte Sorglosigkeit. Sie predigen Gleichheit und Widerstand gegen Unterdrückung und beschuldigen dennoch Menschen wie mich (feministische queere Frauen, die ihr Leben damit verbracht haben, für Gleichberechtigung zu kämpfen), Nazis zu sein, weil wir nicht niederknien und schweigend sterben wollen. Sie reden über die Wichtigkeit der Repräsentation und bringen uns dennoch zum Schweigen, wenn wir versuchen, ihnen von unseren Erfahrungen zu erzählen. Sie schreiben Bücher über uns, ohne sich an einen einzigen ukrainischen Experten zu wenden, um Rat oder Informationen zu erhalten. Sie werfen anderen vor, privilegiert zu sein und dass es ihnen an Empathie mangele, und scheinen dennoch nicht zu verstehen, dass es tatsächlich ein Privileg ist, sich nicht in einem aktiven Kriegsgebiet zu befinden und sich keine Sorgen darüber zu machen, dass ihre Lieben in jedem Moment sterben können. Sie behaupten, dass wir kein Mitgefühl verdienen, weil wir nicht genug für die LGBTQ-Rechte in diesem Land tun – und ignorieren dann die LGBTQ-Soldaten, die ihr Leben an der Front riskieren. Sie verbreiten sorglosen, verletzenden Bullshit und zitieren ihre abgehobenen Idole, die absoluten Pazifismus predigen, nur weil es nicht um ihr Leben geht.

Ich weiß, dass nicht alle westlichen Linken so sind. Offensichtlich nicht. Ich weiß, dass viele von ihnen mit unserer Notlage sympathisieren, und ich bin dankbar für ihre Unterstützung. Aber diejenigen, die diese Invasion als Vorwand betrachten, langatmige Theorien darüber aufzustellen, dass die NATO ein allgegenwärtiges universelles Übel ist, oder die all dies als eine Art verdrehte Ethikübung behandeln, ein trolliges Problem, bei dem die Ukrainer die aufopferungsvollen Wilden sind, die still zu sterben haben, bevor echte Menschen anfangen, unter hohen Gaspreisen oder einem Atomkrieg zu leiden ... Das werde ich nie vergessen.

Also was ist der Identitätsquatsch mehr als ein Luxusproblem? Er ist auch Zynismus. Deshalb habe ich Google Translate gebeten, diesen Text speziell für Frau Wagenknecht & Co. ins Deutsche zu übertragen. Und weil ich ihn so wichtig finde, setze ich ihn auch noch im O-Ton hierher.

ZitatBack when I was a sociology student at Kyiv-Mohyla, I was stupidly, shamelessly enamoured with the collective western Left. I dreamed of a day when Ukrainian academia would have widespread and popular discussions about colonialism, privilege, and all of the -isms. I read essays. by prominent English-speaking activists and thought "oh, if only these brilliant people were to learn about Ukraine and its complicated past, about the discrimination we have faced throughout the centuries, about the genocides and revolutions. They would understand us. They would probably share valuable experience or help us somehow lay down the theoretical groundwork that would explain all of the traumatic events we've witnessed and lived though."

I was... dazzlingly naive. And now, when my country is under attack from a literal kleptofascist empire that openly declares it's going to commit ethnic cleansing, when our children and women die in agony, and when our academics and queer activists, nihilists and journalists, writers and liberals, doctors, teachers, feminists and conservatives, Muslims and Jews, atheists and clergymen are desperately fighting against a better-armed, bloodthirsty enemy intent on levelling our cities with the ground, burning our fields, raping us, killing us, blowing up our hospitals and destroying our monuments, I look at the abstract western Left (or, at least, its most vocal part) and I see nothing but scorn in their eyes. Scorn, condescending, privileged carelessness. They preach equality and resistance to oppression and yet accuse people like myself (feminist queer women who've spent their lives striving for equal rights) of being Nazis because we don't want to kneel over and die in silence. They talk about the importance of representation and yet shut us up whenever we try and tell them about our experiences. They write books about us without turning to a single Ukrainian expert for guidance or information. They accuse others of being privileged and lacking empathy, and yet can't seem to grasp the concept that not being in an active war zone and not worrying about your loved ones dying at any given moment is, in fact, privilege. They claim that we do not deserve sympathy because we aren't doingenough for LGBTQ rights in this country — and then proceed to ignore the LGBTQ soldiers risking their lives on the frontlines. They spout careless, hurtful bullshit, quoting their out-of-touch idols who preach absolute pacifism only because it's not their lives at stake.

I know not all western leftists are like this. Obviously not. I know many of them do sympathise with our plight, and I'm thankful for their support. But the ones who treat this invasion as an excuse to build long-winded theories about how NATO is some ever present universal evil, or treat all of this as some sort of twisted ethics exercise, a trolly problem in which Ukrainians are the sacrificial savages who need to die quietly before real people start suffering from high gas prices or nuclear war... I'll never forget those.

RPGNo1

+1 an Frau Povoroznyk für den Tritt in den Unterleib unserer selbstzufriedenen westlichen Salonlinken

Max P

Zitat von: Peiresc am 02. August 2022, 05:01:07
ZitatOleksandra Povoroznyk
https://twitter.com/rynkrynk/status/1554179199837126657
wo mein Land von einem buchstäblichen kleptofaschistischen Imperium angegriffen wird,

Kleptofaschismus - den Begriff merke ich mir. Ansonsten ein heftiger, aber leider notwendiger Text...

RPGNo1

Das passt zwar nicht komplett hierher, aber ich wollte keinen weiteren Thread eröffnen.

https://www.spiegel.de/panorama/imperial-college-in-london-studenten-protestieren-gegen-phallische-skulptur-auf-dem-campus-a-26a1dcb1-772b-445d-ba77-6f685919e3b0

Welche Schaltungen im Hirn der Studentenvertretung wurden denn bloß falsch verdrahtet?

sailor

Es geht um Studentenvertretung, da ist grundsätzlich immer vom schlimmsten auszugehen, dann wird man nur positiv überrascht....

Karin Schulze

Ich verstehe das echt nicht. Einerseits möchte man bunt und multikulturell sein, gesteht aber nur Menschen bestimmter Herkunft zu, sich so zu kleiden, frisieren und zu singen, wie es für sie angeblich identisch ist. Das ist für mich Schubladendenken und letztendlich auch so eine Art Rassismus, weil man schön säuberlich die Leute in irgendwelchen Stereotype einsortiert. Kulturelle Vielfalt ist da offensichtlich auf einmal nicht mehr wichtig, weil die bösen Weißen halt nur das machen dürfen, was nachweislich nicht aus anderen Kulturen stammt. Also Volksmusik, Blaskapellen und son Kram.

Würden man das ganz konsequent zu Ende denken, dann würden wir im Mittelalter leben. Zählen eigentlich auch die Errungenschaften der Römer, die hier damals Eingang ins Alltagsleben gefunden haben, dazu? Wenn ja, dann bitte zurück in die Bronzezeit.

Max P

Die Römer waren (halbwegs) weiße Imperialisten. Ihre Kultur ist daher abzulehnen. Das lat. Alphabet gehört abgeschafft. Futark-Runen wären vielleicht eine Alternative. Arabische Zahlen sind kulturelle Aneignung. Vielleicht durch Fingerzeichen ersetzen? Pizza und Pasta essen ist Aneignung der Kultur italienischer Arbeitsimmigrant*innen, geht auch nicht. Dito Zaziki, Döner, Falafel etc. In Bayern sollte man keinen Labskaus mehr bekommen und in Norddeutschland keine Weißwürste. Nur in Berlin ist alles erlaubt, weil zum einen sowieso und zum anderen, weil wir überhaupt nie eine eigene Kultur hatten.   

HAL9000

Zitat von: Max P am 18. August 2022, 19:38:07Nur in Berlin ist alles erlaubt,
Wäre es dann nicht höchst an der Zeit, The BossHoss die Instrumente wegzunehmen?
Oder dürfen die sich auch weiterhin Country/Western aneignen, weil sie Berliner sind?

eLender

Zitat von: Karin Schulze am 18. August 2022, 18:34:14Zählen eigentlich auch die Errungenschaften der Römer, die hier damals Eingang ins Alltagsleben gefunden haben, dazu?

Das Tragen von Sandalen ist auch abzulehnen.

Im Ernst: es muss sich um - durch den "weißen Mann" i.w.S - unterdrückte bzw. ausgebeutete Kulturen handeln. Ob es ihnen gefällt oder nicht ::)
Wollte ich nur mal gesagt haben!