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Die Genderdebatte

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Begonnen von Scipio 2.0, 07. Juli 2022, 12:59:49

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Peiresc

Zitat von: sailor am 11. Juli 2022, 15:53:08@RPG: Was soll dieser Ton ggü. Geisteswissenschaften?
Mahr hat definitiv keine Ahnung von medizinischer Forschung - und will keine haben, das wäre ihr wahrscheinlich zu reaktionär. Ihre Fallgeschichte ist positiv absurd. Bruno Latour ist für so was der Klassiker, von Fachwissen unverbildet:
ZitatIn early October 1975, one of us entered Professor Guillemin's laboratory for a two-year study of the Salk Institute. Professor Latour's knowledge of science was non-existent; his mastery of English was very poor; and he was completely unaware of the existence of the social studies of science.

- Latour/Woolgar: Laboratory Life. Postscript to the second edition, 1986 (S. 273)
Das war geradezu die Voraussetzung für sein epochemachendes Werk, man könnte auch cargo-cult-Science dazu sagen.

Bleiben wir mal einen Moment bei der Soziologie, speziell bei der Wissenschaftssoziologie. Da gibt es Leute wie Dana Mahr, die sich auf Ludwik Fleck beruft, d.h. in der Linie von Latour, Feyerabend, Foucault and the like, die Fakten nicht von Meinungen unterscheiden können. Und es gibt Leute wie Merton, Sokal, Bunge etc. Und was die Meeresbiologin angeht: what's wrong with her?

RPGNo1

@sailor

Mea Culpa. Meine Antwort war zu polemisch. Daher: Haben alles irgend etwas mit "Sozial" zu tun. Oder Geisteswissenschaft bzw. Humanities, um den viel eleganteren englischen Begriff zu nutzen.[/s]

Zum restlichen Kommentar stehe ich aber. Wer über ein biologisches/medizinisches Thema diskutiert, sollte auch Ahnung davon haben und nicht nur poststrukturalistischen Exegesen fröhnen.

Peiresc

Nur mal ein Beispiel zur Illustration:
Zitat von: Peiresc am 10. Juli 2022, 22:36:19
Zitat von: MahrWas ist der Bezug zu Marie-Luise Vollbrecht?
Im Falle der Wissenschaft kann das Werk nicht vollständig aus seinem Entstehungskontext und den sozialen Vorstellungen seiner Verfasser:in abgelöst werden

Was sagt die Wissenschaftssoziologie, die ihren Namen verdient?

ZitatAs for the suspicion that, if a scientific project has been motivated or distorted by material or ideological interests, it cannot yield objectively true results, it is an instance of what philosophers have called the genetic fallacy. In fact, it consists in judging a piece of knowledge by its birth (or baptism) certificate. (The argumentum ad hominem is a special case of the genetic fallacy.) A hypothesis, datum, or method may be correct (true in the case of a proposition) regardless of the motivation of the research that produced it. Or it may be false even if produced with the purest of intentions.

Mario Bunge: The Sociology-Philosophy Connection, 1999

sailor

@rpg: Meine auch ;)

Das Problem, was mir jetzt immer deutlicher wird ist folgendes "Grundsatzproblem" der Geisteswissenschaft, was hier eine extreme Rolle spielt: Das der Quellenkritik. Meiner bescheidenen Meinung nach ist quellenkritische Arbeit der Grundstein der Geisteswissenschaft, wobei Kritik hier auch Skepsis definitiv einschließt. Ich selbst habe lange gebraucht, bis ich das verstanden habe, aber dieses Verständnis hat mich auch hierher geführt. Der Kern dabei ist: In den Geisteswissenschaften und in der Quellenkritik hat ad hominem eine sehr wichtige Rolle: Warum hat jemand das getan/geschrieben/gesagt, was er/sie/es getan/geschrieben/gesagt hat? Kausale Zwangsläufigkeiten, wie in den Naturwissenschaften eher an der Tagesordnung gibt es bei menschlichen Interaktionen deutlich seltener... dafür sind irrationale Motive oder gewollte Täuschung deutlich öfter vorhanden. Diese Analyse ist jedoch weder Selbstzweck, noch unabhängig vom Inhalt. Eine Person, die sich idR zweifelhaft äussert kann auch mal einen validen Sachverhalt von sich gegeben haben... bspw. waren Mönche oftmals sehr genaue Beobachter von Naturereignissen, wobei deren Schlüsse aus den Beobachtungen... nicht zielführend waren. Genau diese Interdependenz von "Bote" und "Inhalt" verschiebt sich bei ideologischen Auseinandersetzungen: Marx war für seine Zeit ein guter Soziologe (einer der ersten), aber "dank" seiner Ideologie ist er "verbrannt" (oder eben geheiligt^^). Die sachliche Auseinandersetzung mit Autor und Inhalt fehlt heute oft und leider gibt es Autoren, die sich dank persönlicher Stellungnahmen in diese Todeszone begeben. Ich gehe mittlerweile davon aus, dass die Vortragende sich im vollen Bewusstsein ihrer eigenen privaten "Umstrittenheit" auf diese akademische Provokation eingelassen hat. Mit anderen Worten, sie wollte triggern... und die Gegenseite ist voll drauf reingefallen.

Peiresc

Zitat von: sailor am 11. Juli 2022, 17:15:39Ich gehe mittlerweile davon aus, dass die Vortragende sich im vollen Bewusstsein ihrer eigenen privaten "Umstrittenheit" auf diese akademische Provokation eingelassen hat. Mit anderen Worten, sie wollte triggern... und die Gegenseite ist voll drauf reingefallen.
Also wenn die Gegenseite mit biologischem Schulwissen getriggert werden kann, dann stimmt was nicht mit ihr.

sailor

Ach, um die Inhalte gehts doch gar nicht, hat die Frau Mahr doch auch gesagt. Es geht darum, dass sich die Dame mit ihrem persönlichen Hintergrund erdreistet, wissenschaftlich zum Thema Geschlecht zu referieren. Die Inhalte sind egal, allein dass sie es wagt....! Und ich finde das insofern nicht redlich, wenn man aus persönlichen Äusserungen deutlich gemacht hat, wohin man generell möchte. Auch damit zeigt man einen Bias... und sowas ist nie gut, von keiner Seite.

Peiresc

Jetzt möcht' ich erstmal wissen, ob irgendwas an dem, was du eben gesagt hast, ironisch gemeint war, und wenn ja was.  8)

Max P

ZitatMarx war für seine Zeit ein guter Soziologe (einer der ersten), aber "dank" seiner Ideologie ist er "verbrannt" (oder eben geheiligt^^).
Seine Ideologie war sein politisches Engagement ("die Philosphen haben die Welt nur interpretiert, es kömmt aber darauf an, sie zu verändern"). Verbrannt ist er bis auf weiteres durch die völlig pervertierte Interpretation und Umsetzung im 20. Jahrhundert.

eLender

Ein aktueller Kommentar zur Genderdebatte. Auch hier ist Gender die Geschlechtsidentität, die vom biologischen Geschlecht abweichen kann. So würde man es ja verstehen. Wenn man aber darauf beharrt, dass es überhaupt kein biologisches Geschlecht gibt bzw. dass es beliebig viele davon gibt, dann wird es schwierig mit dem Verständnis. Wenn man sich allerdings der postmodernen Denkweise hingibt, dass alles verhandelbar, sozial konstruiert ist, dann bekommt man es hin.

ZitatRobert Treichler: Kann eine Frau einen Penis haben?

Eine Geschlechterrevolution ist im Gange. Sie ist fortschrittlich, aggressiv geführt – und nicht zu Ende gedacht.
https://www.profil.at/meinung/robert-treichler-kann-eine-frau-einen-penis-haben/402067732

Der Autor geht auch kurz auf gesellschaftliche Konsequenzen ein. Frauensport ist ein Beispiel. Ob er einem Menschenhassernetzwerk angehört, müsste man noch recherchieren.
Wollte ich nur mal gesagt haben!

RPGNo1

Zitat von: eLender am 11. Juli 2022, 22:01:17Ein aktueller Kommentar zur Genderdebatte. Auch hier ist Gender die Geschlechtsidentität, die vom biologischen Geschlecht abweichen kann. So würde man es ja verstehen. Wenn man aber darauf beharrt, dass es überhaupt kein biologisches Geschlecht gibt bzw. dass es beliebig viele davon gibt, dann wird es schwierig mit dem Verständnis. Wenn man sich allerdings der postmodernen Denkweise hingibt, dass alles verhandelbar, sozial konstruiert ist, dann bekommt man es hin.

ZitatRobert Treichler: Kann eine Frau einen Penis haben?

Eine Geschlechterrevolution ist im Gange. Sie ist fortschrittlich, aggressiv geführt – und nicht zu Ende gedacht.
https://www.profil.at/meinung/robert-treichler-kann-eine-frau-einen-penis-haben/402067732

Der Autor geht auch kurz auf gesellschaftliche Konsequenzen ein. Frauensport ist ein Beispiel. Ob er einem Menschenhassernetzwerk angehört, müsste man noch recherchieren.

Aus dem Artikel:

ZitatSpätestens an dieser Stelle wird klar, dass der Kampf gegen Diskriminierung zuweilen in Sektierertum umschlägt. Frauen unter dem Überbegriff ,,menstruierende Personen" einzuordnen, klingt wie eine Zote aus dem Repertoire von Donald Trump. Dass dies im Namen einer behaupteten ,,Gendergerechtigkeit" geschieht, macht die Sache gänzlich abstrus. Und das ist nur ein Beispiel von vielen. Der Geschlechteraktivismus entwickelt Züge, die man aus Religionskriegen kennt. Wer von den Glaubenssätzen oder auch nur der verordneten Terminologie abweicht, wird der Häresie beschuldigt und gilt als ,,transphob".
Wo kann ich unterschreiben? Das ist nämlich auch mein Eindruck, wenn man sich die aktuelle Schlammschlacht (Diskussion oder Debatte kann man es nicht mehr nennen) um Frau Vollbrecht, Frau Thomas, Frau Rowling oder auch Frau Ganserer betrachtet, die ja nur Aufhänger eines seit längerem schwelenden Konfliktes bilden, der schon längere zeit unter der Oberfläche brodelte.


Gefährliche Bohnen

Zitat von: RPGNo1 am 12. Juli 2022, 06:28:00
Zitat von: eLender am 11. Juli 2022, 22:01:17Ein aktueller Kommentar zur Genderdebatte. Auch hier ist Gender die Geschlechtsidentität, die vom biologischen Geschlecht abweichen kann. So würde man es ja verstehen. Wenn man aber darauf beharrt, dass es überhaupt kein biologisches Geschlecht gibt bzw. dass es beliebig viele davon gibt, dann wird es schwierig mit dem Verständnis. Wenn man sich allerdings der postmodernen Denkweise hingibt, dass alles verhandelbar, sozial konstruiert ist, dann bekommt man es hin.

ZitatRobert Treichler: Kann eine Frau einen Penis haben?

Eine Geschlechterrevolution ist im Gange. Sie ist fortschrittlich, aggressiv geführt – und nicht zu Ende gedacht.
https://www.profil.at/meinung/robert-treichler-kann-eine-frau-einen-penis-haben/402067732

Der Autor geht auch kurz auf gesellschaftliche Konsequenzen ein. Frauensport ist ein Beispiel. Ob er einem Menschenhassernetzwerk angehört, müsste man noch recherchieren.

Aus dem Artikel:

ZitatSpätestens an dieser Stelle wird klar, dass der Kampf gegen Diskriminierung zuweilen in Sektierertum umschlägt. Frauen unter dem Überbegriff ,,menstruierende Personen" einzuordnen, klingt wie eine Zote aus dem Repertoire von Donald Trump. Dass dies im Namen einer behaupteten ,,Gendergerechtigkeit" geschieht, macht die Sache gänzlich abstrus. Und das ist nur ein Beispiel von vielen. Der Geschlechteraktivismus entwickelt Züge, die man aus Religionskriegen kennt. Wer von den Glaubenssätzen oder auch nur der verordneten Terminologie abweicht, wird der Häresie beschuldigt und gilt als ,,transphob".
Wo kann ich unterschreiben? Das ist nämlich auch mein Eindruck, wenn man sich die aktuelle Schlammschlacht (Diskussion oder Debatte kann man es nicht mehr nennen) um Frau Vollbrecht, Frau Thomas, Frau Rowling oder auch Frau Ganserer betrachtet, die ja nur Aufhänger eines seit längerem schwelenden Konfliktes bilden, der schon längere zeit unter der Oberfläche brodelte.



+1
"Ich muss an dieser Stelle gestehen: Ich mag Karpfen gar nicht." - Groucho
RIP

Max P

Zitat von: RPGNo1 am 12. Juli 2022, 06:28:00
ZitatSpätestens an dieser Stelle wird klar, dass der Kampf gegen Diskriminierung zuweilen in Sektierertum umschlägt. Frauen unter dem Überbegriff ,,menstruierende Personen" einzuordnen, klingt wie eine Zote aus dem Repertoire von Donald Trump. Dass dies im Namen einer behaupteten ,,Gendergerechtigkeit" geschieht, macht die Sache gänzlich abstrus.

+1
Außerdem ist der ganze Unfug geeignet, den Blick auf wirkliche Diskriminierung und Benachteiligung zu verstellen.


sailor

@Peiresc: Im Zweifel sind alle meine Kommentare ironisch bis satyrisch und damit von der Kunstfreiheit gedeckt :P

Natürlich ist es zu einem Ideologiekrieg geworden, je näher die Reformer ihrem eigentlichen Ziel kommen, desdo radikaler werden sie, damit sie ja nicht die Existenzberechtigung verlieren^^ Das Ziel einer Gleichberechtigung ist eh utopisch, weil sind "gleich" in diesem Bereich niemals eindeutig definieren lässt. Die blöde Biologie ist da im Weg und dazu noch die Lebenspraxis ("Männer" im Frauensport, Penisse in Damenumkleidekabinen). Es geht da nicht mehr um "die Sache richtig machen", sondern "In der Sache RECHT HABEN!"

Peiresc

Zitat von: sailor am 12. Juli 2022, 11:18:48@Peiresc: Im Zweifel sind alle meine Kommentare ironisch bis satyrisch und damit von der Kunstfreiheit gedeckt :P
Da wir schon beim Fazit sind (#68ff), dem ich zustimme, wäre es kleinlich, wenn ich mich jetzt nochmal in die Details versenken würde.  :-X  ;)

RPGNo1

ZitatWhat is a Woman, Anyway?
Fuzzy Sets, Family Resemblances, and Conceptual Truths
by Michael Shermer

https://michaelshermer.substack.com/p/what-is-a-woman-anyway?utm_source=substack&utm_medium=email