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Wie soll man sich eigentlich verlässlich informieren?

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Begonnen von Scipio, 02. Februar 2019, 12:08:33

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Scipio

Tach Leute,

ich brauche mal euren Rat. Ich interessiere mich ja durchaus für Politik, Gesellschaft, Wirtschaft und so weiter.... nur leider stelle ich immer öfter fest, dass mir brauchbar Informationsquellen fehlen, bzw. ich einfach nicht die Zeit habe mir brauchbare Informationen zu suchen und diese dann auch noch gegen zu prüfen.

Die Frage die sich daraus ergibt, wie soll ich mir ein halbwegs korrektes Bild von der aktuellen Lage machen? Es wäre jedenfalls sehr wünschenswert so ein Bild zu haben. Dann könnte ich besser sortieren wer Unsinn redet und wer nicht. Außerdem hilft es vielleicht gegen diese diffusen Abstiegsängste, die sich mittlerweile auch bei mir festgefressen haben.

Ich wäre echt dankbar, wenn mir mir da einen Rat geben könnt.

celsus

Großes Thema. Wenn es darauf eine einfach Antwort gäbe, könnte man sie überall lesen. OK, es gibt einfache Antworten, aber die führen meistens zu Aluhüten und Schnullernazis.

Ich persönlich denke, es ist weniger das "wo" einer Nachricht als das "was", das darüber entscheidet, ob der Inhalt sinnvoll ist oder nicht. Die Quelle kann höchstens einen groben Anhaltpunkt geben. Bei bekanntermaßen rechtsesoterischen Spinnerblogs wird man wahrscheinlich eher rechtsesoterische Spinnermeldungen finden. Im Spiegel eher nicht (und ich denke nicht, dass der Spiegel diskreditiert ist, weil sich ein Autor Storys ausdenkt).

Meiner Meinung nach führt kein Weg daran vorbei, den Weg einer Nachricht so weit wie möglich bis zum Ursprung zu verfolgen. Kann ich nicht genug über eine Nachricht herausfinden, fällt damit ihr Nachrichtenwert.

Bei Nachrichten aus dem Ausland, die in deutschen Medien erscheinen, lohnt sich ein Blick in die Original-Veröffentlichung. Bei Wissenschaftsmeldungen ist eine Suche nach dem besprochenen Paper sinnvoll. Bei politisches Themen muss man alle möglichen Quellen lesen, in die Geschichte schauen, die Reputation von Politikern berücksichtigen, vielleicht in Gesetzen recherchieren usw.

Mit der Zeit ergibt sich so ein internes Trust-System und ich kann mir bei machen Meldungen möglicherweise eine aufwendige Nachforschung sparen, weil die Meldung plausibel ist und die Quelle für ordentliche Recherche bekannt ist. Kann trotzdem schiefgehen.

Was ich sagen will: Du kommst nicht daran vorbei, die Arbeit selbst zu machen. Dir sagt niemand, welche Meinung du haben sollst.
The best thing about science is that it works - even if you don't believe in it.

Sauropode

Du solltest Dir zuerst die Grundlagen zu Gemüte führen, möglichst aus Lehrbüchern über Ökonomie, Politikwissenschaft und Geschichte. Und mit dem Wissen kannst Du dann Nachrichten besser bewerten.

Leider kann ich nicht erst seit Relotius dem ,,wo steht das" auch nicht mehr recht trauen. Das Vertrauen fing bei mir eigentlich schon seit Sebnitz an zu bröckeln, weiter gings mit Fukushima.

Scipio

ZitatLeider kann ich nicht erst seit Relotius dem ,,wo steht das" auch nicht mehr recht trauen. Das Vertrauen fing bei mir eigentlich schon seit Sebnitz an zu bröckeln, weiter gings mit Fukushima.

Verzeihung diesen Satz verstehe ich leider nicht ganz. Meinst du damit, dass auch seriöse Quellen Mist berichten können?

celsus

Vertrauen ist insgesamt kein gutes Konzept, wenn es um Informationen geht. Du kannst einem Menschen vertrauen, dass er dich gut behandelt und nicht hintergeht. Aber Informationen können immer falsch, verfälscht, geschönt und unvollständig sein und sind es oft auch.

Deshalb sind wir Skeptiker, weil wir ein besseres System suchen, das feiner abgestuft und verlässlicher ist. An die Stelle des Vertrauens kommt die Wahrscheinlichkeit und das Bemühen, sich der Realität so weit wie möglich durch eigene Untersuchungen anzunähern.
The best thing about science is that it works - even if you don't believe in it.

Sauropode

Zitat von: Scipio am 02. Februar 2019, 12:56:10
ZitatLeider kann ich nicht erst seit Relotius dem ,,wo steht das" auch nicht mehr recht trauen. Das Vertrauen fing bei mir eigentlich schon seit Sebnitz an zu bröckeln, weiter gings mit Fukushima.

Verzeihung diesen Satz verstehe ich leider nicht ganz. Meinst du damit, dass auch seriöse Quellen Mist berichten können?

Dass auch sogenannte Qualitätsmedien Mist schreiben, neben seriösen Informationen.

Celsus, Vertrauen ist erstmal ein Vorschuss, mit dem man eine erste Vorauswahl treffen kann. Natürlich entbehrt das nicht weitere kritische Betrachtung. Ich darf annehmen, dass der Kopp-Verlag nicht so seriös ist und ich da höchstens lese, um zu schauen, ob es wieder mal ne neue VT gibt, plakativ gesagt.

Aber es ist nicht nur der Inhalt einer Information, sondern auch, über welche Themen überhaupt berichtet wird, welche man weglässt und welchen man den Vorrag gibt. Allerdings ist es sehr mühevoll, Informationen abzuwägen, dazu müsste man verschiedene Quellen nutzen und diese vergleichen.

sailor

@scipio: Erstmal, um irgendwelche Ängste hinsichtlich der eigenen Kapazitäten zu nehmen: Niemand kann heute mehr alleine in den drei Gebieten "Politik, Gesellschaft, Wirtschaft" up to date und 100% sicher gebildet sein. Wer das behauptet hat einen an der Murmel.

Zur grundsätzlichen Informationsbewertung: Hier macht es Sinn, sich nicht zu verzetteln. Es gibt Dinge, die einem erstmal am hintern vorbeigehen und andere, die einem wichtig sind. Wenn es um diffuse Abstiegsängste geht ist es natürlich schwer, weil sie eben diffus sind. Grundsätzlich kommt es eher zum "Abstieg" wenn man die Augen verschliesst. Erstmal sollte man sich bewusst machen, was man hat und kann. Oftmals ist das mehr als man denkt... einen Lebenslauf schreiben hilft da ungemein. Weiterhin ist es wichtig zu durchdenken, warum man eigentlich absteigen sollte, bzw. was der Abstieg ist: Jobverlust? Keine Beförderung? Lohneinbußen? idR ist die Situation in D derzeit nicht so... regionale Ausnahmen bestätigen die nationale Regel. Wenn man zum Schluss kommt, dass man wirklich "bedroht" ist, sollte man mal völlig frei nachdenken, was einen hält, ob nun im Job, in der eigenen Branche/Profession, in der Region. Der Mensch ist ein träges Gewohnheitstier, manchmal "lauert" eine neue Gelegenheit nur 10 km weiter... oder man macht nochmal nen großen Bruch. Doch bewegen muuss man sich immer selbst...

Tante Edit sagt: Und egal was man liest, sieht, hört... niemals nicht von der allgemeinen Emotionalisierung mitreißen lassen! Es droht kein Weltuntergang wegen eines Wolfes oder weil sich Idioten egal welcher Coleur sich daneben benehmen. Bloss nicht hochfahren, Fernseher, Handy, Laptop eher mal abschalten, kurz Geschirrspüler ausräumen und an was anderes denken. Die Gefahr lauert in der Hysterie, nicht in der Sache an sich. Und je größer die Gruppe die teilt, desdo schneller ist Alarm.

Scipio

Zitat@scipio: Erstmal, um irgendwelche Ängste hinsichtlich der eigenen Kapazitäten zu nehmen: Niemand kann heute mehr alleine in den drei Gebieten "Politik, Gesellschaft, Wirtschaft" up to date und 100% sicher gebildet sein. Wer das behauptet hat einen an der Murmel.

Dann brauch ich mich wenigstens nicht zu grämen.

ZitatZur grundsätzlichen Informationsbewertung: Hier macht es Sinn, sich nicht zu verzetteln. Es gibt Dinge, die einem erstmal am hintern vorbeigehen und andere, die einem wichtig sind. Wenn es um diffuse Abstiegsängste geht ist es natürlich schwer, weil sie eben diffus sind. Grundsätzlich kommt es eher zum "Abstieg" wenn man die Augen verschliesst. Erstmal sollte man sich bewusst machen, was man hat und kann. Oftmals ist das mehr als man denkt... einen Lebenslauf schreiben hilft da ungemein. Weiterhin ist es wichtig zu durchdenken, warum man eigentlich absteigen sollte, bzw. was der Abstieg ist: Jobverlust? Keine Beförderung? Lohneinbußen? idR ist die Situation in D derzeit nicht so... regionale Ausnahmen bestätigen die nationale Regel. Wenn man zum Schluss kommt, dass man wirklich "bedroht" ist, sollte man mal völlig frei nachdenken, was einen hält, ob nun im Job, in der eigenen Branche/Profession, in der Region. Der Mensch ist ein träges Gewohnheitstier, manchmal "lauert" eine neue Gelegenheit nur 10 km weiter... oder man macht nochmal nen großen Bruch. Doch bewegen muuss man sich immer selbst...

Zu diesem Absatz drei Dinge:

1. Ich bin schon dazu übergegangen, mich auf eine kleine Auswahl an Themen zu konzentrieren. Diese haben fast alle eine thematische Verbindung zu meiner Ausbildung, da ich da sowieso schon recht viele Kenntnisse habe. Ich stecke meine Nase aber auch gerne mal aus Neugier auch in andere Themen.

2. Ich bin derzeit tatsächlich auf der Suche nach neuen beruflichen Gelegenheit und ich hätte auch kein Problem damit auch eine Bruch zu riskieren.

3. Ich habe mal versucht diese diffusen Ängste auf Papier zu beschreiben aber das wollte mir nicht richtig gelingen. Es ist im Prinzip eine Art Grundstimmung, die sich nicht wirklich an realen Ereignissen festmachen lässt. Es gibt zwar durchaus beunruhigende Entwicklungen z. B.: in der Politik (Rechtsrutsch) oder Wirtschaft (Eurokrise) aber eine direkte Bedrohung stellt das für mich nicht da.

ZitatTante Edit sagt: Und egal was man liest, sieht, hört... niemals nicht von der allgemeinen Emotionalisierung mitreißen lassen! Es droht kein Weltuntergang wegen eines Wolfes oder weil sich Idioten egal welcher Coleur sich daneben benehmen. Bloss nicht hochfahren, Fernseher, Handy, Laptop eher mal abschalten, kurz Geschirrspüler ausräumen und an was anderes denken. Die Gefahr lauert in der Hysterie, nicht in der Sache an sich. Und je größer die Gruppe die teilt, desdo schneller ist Alarm.

Ich musste leider feststellen, dass es gar nicht so einfach für mich ist dieser Emotionalisierung zu widerstehen. Es scheint bestimmt Trigger in meiner Psyche zu geben, die wenn sie aktiviert werden fast automatisch zu einer emotionalen Aufladung kommt. Das ist wohl generell bei Menschen so. Wenn so etwas passiert muss ich mich meistens erst Mal von der Thematik/dem Ereignis zurückziehen um emotional Abkühlen zu können,. Erst dann kann ich mich einigermaßen objektiv/analytisch damit befassen. Manchen Themen kann ich mich nur distanziert nähern, da die emotionale Aufladung meinen Blick auf das Thema sonst komplett verzerren würden. 

sailor

Und genau dieses diffuse ist das Problem. Sowohl der "Rechtsruck" als auch die "Wirtschaftsprobleme" sind keine.

Rechtsruck: Es kommt nur zum Vorschein, was bisher verdeckt war, 10-15% rechts ist europaweit quasi "normal" und hat sein Gegengewicht auf der linken Seite des Spektrums. Das heisst nicht "zurücklehnen und ignorieren", man sollte immer und überall gegen die Extremisten vorgehen. Es ist nur keine wirkliche Gefahr für die Demokratie, im Gegenteil, die Demokratie selbst hilft bei der (Selbst-)Demontage dieser Bewegungen. Die AfD-Fraktionen zerfallen in den Landtagen, "Aufstehen" schläft grad wieder ein... Deutschland muss sich nur dran gewöhnen, dass es den Bodensatz gibt und dass man ihn kleinhalten muss. Da hat gerade der Osten so seine Probleme, der Westen ist durch diese Phase schon durch (NPD/Reps in den 70igern).

Wirtschaft: Im Moment kommt die Weltwirtschaft in eine korrigierende Phase. Das Aufschwungsmodell Globalisierung hat sehr viel verschoben und verändert, jetzt muss/wird angepasst. Dabei ist nicht die Globalisierung als solche das Problem ("globalisiert", d.h. die Grenzen der Wirtschaftssysteme verschieben, wurde schon seit der Antike, nur jetzt ist es wirklich global), sondern der regionale/nationale Umgang damit. Die USA haben die Chancen massiv genutzt, outgesourct noch und nöcher und China hat das ebenfalls genutzt und das Outsourcing aufgesogen. Der Handelsstreit USA/China ist dabei irrational, weil beide Volkswirtschaften mittlerweile massiv am gegenseitigen Tropf hängen: Sollte der Streit eskalieren, haben beide Länder nicht nur wirtschaftliche Probleme, sondern auch innenpolitische bis hin zu Unruhen. Daher erscheint mir Trumps Fixierung auf China ein Resultat russischer Einflussnahme zu sein, weil Russland von der Destabilisierung der VR und der USSA in jeder Hinsicht profitiert. Für uns hätte dies natürlich auch gravierende Folgen, aber auch Chancen: Die Entflechtung von USA und VR würde neue Märkte für europäische Firmen erschliessen... Wichtig ist dabei für den einzelnen zu überlegen, welche Branchen da Stärken haben und wo gesucht werden könnte. Maschinen- und Anlagenbau ist immer gut, da kommen die Chinesen nicht mit klar (Übernahmen deutscher Firmen mit anschliessender Einmischung durch das chin. Management gehen öfters mal schief in D). Die USA haben auch so ihre Probleme, quasi der gesamte Primär- und Sekundärsektor wurden rausgeworfen und sowas lässt sich nicht in 5 Jahren wieder aufbauen. Nicht umsonst war Obama im letzten Amtsjahr auf der cebit zu Industrie 4.0 ;)

Fakt ist, es ändert sich, aber einen apokalyptischen Zusammenbruch will keiner. Die Menschen wollen ihren Lebensstandard halten und nur Politiker, die das sicherstellen werden oben bleiben... Nicht umsonst unterstützt bspw. Erdogan Maduro... in der Türkei gehts grad bergab und in der EU sieht jeder das Chaos bei den Briten. In meinen Augen wirds interessant, aber nicht gefährlich. Absehbar ist Deutschland weiterhin eines der tollsten Länder, um seine Kinder gesund und munter großzuziehen, der Arbeitsmarkt steht zugunsten der (meisten) Arbeitnehmer, die letzten Tarifabschlüsse sind vielversprechend.

Meine Theorie zur schnellen Emotionalisierung: Uns gehts zu gut, wir haben keine wirklichen Probleme, über die wir uns Sorgen machen müssten. Und das ist wahrscheinlich unnatürlich für den Menschen... erst seit gut 150 Jahren ist Ernährung, Kleidung, Kindersterblichkeit in Friedenszeiten durchgehend gesichert. Dürren/Überschwemmungen/Naturkatastrophen/Epedemien sind erst seit dem späten 19. Jhrt. keine wirkliche Gefahr mehr für große Teile der mitteleuropäischen Bevölkerung. Quasi alles davor war durchgehender Überlebenskampf, keine Generation ohne Hunger und/oder Katastrophe... Der Mensch hat sich an den Überfluss nicht gewöhnt, der Geist sucht ständig nach "Gefahren", wo keine wirklichen sind.

LaDeesse

Zitat von: sailor am 03. Februar 2019, 13:46:15
Sowohl der "Rechtsruck" als auch die "Wirtschaftsprobleme" sind keine.

Rechtsruck: Es kommt nur zum Vorschein, was bisher verdeckt war, ...

Einspruch!
Es macht einen erheblichen Unterschied, ob Nationalisten die Regierungspolitik von immer mehr Ländern bestimmen. Das ist durchaus neu und wird heftige Folgen haben.

sailor

Hmm sehe ich anders... Die Nationalisten, welche derzeit ans Ruder kommen/am Ruder sind, betreiben keine wirklich nationalistische Politik (gegen die EU), weil sie sich damit ins eigene Fleisch schneiden. Orban hängt mit seiner Kabale am Tropf veruntreuter EU-Gelder, die Polen werden unter dem Brexit massiv leiden und Italien... Salvini weiss genau, dass ein Abnabeln von der EU Italien zum zweiten Griechenland machen würde. Die Nationalisten haben keinen wettbewerbsfähigen Gegenentwurf, also läufts aufs Melken hinaus. Die stänkern und schauen, was sie durchkriegen, ohne die eigenen Leute zu sehr zu belasten. Bspw. wäre das Ende der Freizügigkeit ein herber Schlag für ganz Osteuropa...

Schwuppdiwupp

Sorry, aber das ist mir zu rational gedacht.

Zitat von: LaDeesse am 03. Februar 2019, 14:12:59
Es macht einen erheblichen Unterschied, ob Nationalisten die Regierungspolitik von immer mehr Ländern bestimmen. Das ist durchaus neu und wird heftige Folgen haben.

Hat es auch schon. Man beachte nur die "Gleichschaltung(sversuche)" in Polen und Ungarn. Und der Brexit ist letztenendes auch nichts weiter als eine Folge verquer gedachten Nationalismus.
Ach, was weiß denn ich ...

Scipio

Also sailor ich sehe das eher so Schwuppdiwupp und LaDeesse.

Typee

Zitat von: sailor am 03. Februar 2019, 22:22:44
Hmm sehe ich anders... Die Nationalisten, welche derzeit ans Ruder kommen/am Ruder sind, betreiben keine wirklich nationalistische Politik (gegen die EU), weil sie sich damit ins eigene Fleisch schneiden. Orban hängt mit seiner Kabale am Tropf veruntreuter EU-Gelder, die Polen werden unter dem Brexit massiv leiden und Italien... Salvini weiss genau, dass ein Abnabeln von der EU Italien zum zweiten Griechenland machen würde. Die Nationalisten haben keinen wettbewerbsfähigen Gegenentwurf, also läufts aufs Melken hinaus. Die stänkern und schauen, was sie durchkriegen, ohne die eigenen Leute zu sehr zu belasten. Bspw. wäre das Ende der Freizügigkeit ein herber Schlag für ganz Osteuropa...

Ich würde es trotzdem nicht so leicht nehmen. Sie mögen keine konstruktive Perspektive haben, aber ich bin mir nicht sicher, ob die das überhaupt interessiert. Ich halte es für gut möglich, dass es eine verbreitete Stimmung gibt, Sicherheit, Vorteile und Wohlstand ein - eine Weile anhaltendes - wohliges Gefühl zu opfern. Die Stimmung ist irrational, das ist das, was mich beunruhigt, und die Nationalisten greifen die Stimmung auf und verstärken sie. In anderem Zusammenhang schrieb ich es hier wohl schon einmal: man muss es als Phänomen respektieren, dass Völker manchmal lieber arm, dumm und fromm leben möchten.

Dabei ist es glasklar, dass genau sie, die Nationalisten aller Länder, als erstes aufeinander losgehen würden, wenn sie überall die Macht besäßen. Im ganz kleinen konnten wir es ja schon beobachten: gegen das betuliche deutsch-französische Abkommen, das gerade geschlossen wurde, gifteten sofort die Nationalisten beider Seiten. Und das gerade mal deshalb, weil der gegenseitige Sprachunterricht in den Schulen intensiviert und in grenznahen Regionen die Regional- und Infrastrukturplanung besser koordiniert werden soll. Ist das rational? Natürlich nicht. Aber das Gegifte verdirbt die Luft.

Langfristig kommt aus der nationalistischen Politik nichts nützliches heraus, das ist klar, und das Pendel wird auch wieder zurückschwingen. Sorgen mache ich mir aber darüber, was diese Leute auf ihrem Weg bis dahin alles niederreiten könnten. Die nächsten, die es spüren werden, sind unsere Freunde von der Insel.
The universe is under NO obligation to make sense to us
(Neil deGrasse Tyson)

sailor

Ich nehme es nicht auf die leichte Schulter, sehe aber deutliche Gegenbewegungen, gerade in Ungarn, Polen, GB etcpp. Mehrheitsfähig ist reiner Nationalismus nicht mehr. Giften können sie alle, auch links, aber mehr als Versprechen kommen nicht. Egal ob FNler, AfDer, PiSser, keiner konnte bisher wirklich Hand an die EU legen.... und keiner der EU-Parlamentarier aus diesen Reihen wird es tun, dafür leben die viel zu gut davon.

Eigentlich braucht man eine Doppelstrategie: Einerseits konfrontieren und enttarnen der faschistoiden Grundzüge, der Verachtung demokratischer Grundlagen bei diesen Parteien... und andererseits gnadenlose Einbindung in die politische Alltagsarbeit der Gremien in die sie gewählt wurden: Ihr habt was gegen Zuwanderung? Bitte, dann macht eine Gesetzesvorlage. Ihr habt was gegen Gender? Hier sind 1500 Seiten Stellungnahmen aller relevanten Player, Gegendarstellung nur möglich bis gestern Mittag 12.00Uhr, Tagesordnung geschlossen. Ihr seid gegen die Parteienfinanzierung der Altparteien? Hier ist das Gesetz dazu, wenn ihr euch nicht dran haltet gibts Peitschenhiebe auf die nackte Eich... Rückenhaut^^