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Paracetamol - Hysterie?

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Begonnen von Suricata, 12. September 2012, 15:34:28

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Suricata

Ich habe heute mit einer Bekannten telefoniert, die meinte, sie nehme schon seit einiger Zeit kein Paracetamol mehr, da es ja schlimme Nebenwirkungen habe. (Leber, Nieren usw.)  Außerdem erklärte sie mir, dass besonders Schwangere ein großes Risiko eingingen, was ja bekannt sei und in vielen Foren auch heftig diskutiert würde. (Tante google bestätigt das.)
Ich habe natürlich erstmal bei wikipedia nachgesehen und fand den Artikel in Ordnung. Überdosierung ist immer bedenklich, also suchte ich weiter und fand dann das hier:

http://www.schmerzklinik.de/2011/01/20/paracetamol-aktuelle-warnung-vor-der-einnahme-in-der-schwangerschaft/

Ich finde das ja sehr ungenau mit dem "möglichen Zusammenhang."  ::)

Wenn man sich dann die Kommentare ansieht, erkennt man schnell, wie der Artikel bei Mutti ankommt. (Das Medikament ist scheinbar an allem schuld.)
Ich finde, dass geht irgendwie in die falsche Richtung.

Wie seht ihr das?

P.S. Meine Bekannte ist auf Ibuprofen- Tabletten bzw. - saft (fürs Kind) umgestiegen. Ich dachte immer Ibuprofen sei das "gefährlichere" Schmerzmittel.

Elfenstaub

Ibuprofen hat vermutlich mehr Nebenwirkungen auf dem Konto, das liegt aber vor allem bei Erwachsenen, die das Zeug dauerhaft schlucken.

Diese PCM-Meldung ist mir auch schon untergekommen. Viel habe ich dazu damals nicht finden können. In den USA liegt das Problem wohl darin, dass der Wirkstoff in vielen Produkten (Medikamenten) drin sind, ohne eindeutig deklariert zu sein bzw unter einem unbekannten Namen. Wer dann versucht durch Wechsel des Präparats nicht zu viel PCM zu sich zu nehmen kann eine Überdosis bekommen.
In der Schwangerschaft gilt halt allgemein, kein Risiko eingehen, möglichst nichts nehmen.
2-3 Elfen, luftgetrocknet, mit dem Mörser zerstoßen bis die Konsistenz von Puderzucker erreicht ist: Elfenstaub!

Giftig wie Aspartam, süß wie Dihydroxymonoxid und nicht überdosierbar.

The Doctrix

"Paracetamol ist in Deutschland das am häufigsten eingesetzte Schmerzmittel. Es steht auf Platz 1 der am häufigsten verwendeten Arzneimittel. Gleichzeitig wurde in den letzten Jahren in der Bevölkerung ein bedeutsamer Anstieg von Asthma festgestellt."

Gibt es noch ein besseres Beispiel für einen "cum hoc, ergo propter hoc"-Schluss? Sorry, aber das Ganze ist dermassen vage...

Und im Übrigen ist Ibuprofen im letzten Drittel der Schwangerschaft absolut kontraindiziert, da es einen vorzeitigen Verschluss des Ductus botalli (das ist der Kurzschluss im Gefässsystem des Ungeborenen, mit dem die Lunge umgangen wird) auslösen kann - was für das Ungeborene lebensgefährlich wäre.

Man sollte Ibuprofen allerdings nicht verteufeln - im Vergleich zu anderen nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR), wie z.B. Diclofenac, wird es im Allgemeinen gut vertragen - ich gebe zu Ibuprofen praktisch nie einen Magenschutz ab. Lediglich bei extrem langfristiger Anwendung (>1 Jahr) kann es für den Magen und später auch für die Nieren problematisch werden.

Für Kinder ist Ibuprofen-Saft sicherlich nicht verkehrt, aber eher bei Infekten, die mit heftigen Entzündungen einhergehen (e.g. Mittelohrentzündung, Angina). Zur reinen Fiebersenkung würde ich weiterhin zu Paracetamol-Zäpfchen raten.

Dass Paracetamol auf Dauer nicht so toll für die Leber ist, ist auch logisch - schliesslich wird es dort verstoffwechselt. Ein langandauernder PCM-Konsum an der Dosisobergrenze ist sicherlich nicht so prickelnd. Aber selbst wenn ein Patient nach eier Unfallverletzung oder wegen eines Rückenleidens über 1-2 Wochen 4x täglich je 1g PCM eingenommen hat, kann man u.U. schon einen leichten Anstieg der Leberwerte im Blut feststellen. Der aber im Regelfall in kürzester Zeit nach dem Absetzen von PCM wieder reversibel ist. Und letztlich reden wir hier über seltene Bedarfsgaben/-einnahmen von PCM, bei denen habe ich nach wie vor keinerlei Bedenken.
Immer, wenn Du glaubst, dümmer gehts nicht mehr, kommt von irgendwo ein Eso her!

The Doctrix

Ach ja, "Embryotox" (das m.E. beste Nachschlagewerk für Medikamentenanwendungen in der Schwangerschaft) weiss noch Folgendes zu berichten:

1. Trimenon: Wie die meisten anderen Medikamente ist auch Paracetamol plazentagängig. Anfänglich wurde aufgrund einzelner Fallberichte ein teratogenes Potenzial beim Menschen vermutet. Auch in den vergangenen Jahren wurden gelegentlich toxische Auswirkungen auf das Ungeborene diskutiert, z.B. Gastroschisis, wenn die Mutter Kombinationspräparate mit Pseudoephedrin eingenommen hatte. Keines dieser Verdachtsmomente wurde bestätigt. Dies gilt auch für den kürzlich behaupteten Zusammenhang zwischen einer Paracetamoleinnahme am Ende des ersten Trimenon oder zu Beginn des zweiten und dem Auftreten eines Hodenhochstands. Die betreffenden Ergebnisse beruhen auf sehr kleinen Zahlen und die Methodik der Untersuchung wird kritisiert. Alle bis heute vorliegenden Daten zusammengefasst, gibt es beim Menschen keine ernsthaften Hinweise auf Teratogenität.

2.-3. Trimenon/Perinatal: Auch im zweiten und dritten Trimenon ist Paracetamol gut verträglich. Hinweise, dass eine Einnahme asthmatische Beschwerden später beim Kind begünstigt, konnten bisher weder eindeutig in unabhängigen Studien belegt noch plausibel erklärt werden. Dies gilt auch für den kürzlich behaupteten Zusammenhang zwischen einer Paracetamoleinnahme am Ende des ersten Trimenon oder zu Beginn des zweiten und dem Auftreten eines Hodenhochstands. Die betreffenden Ergebnisse beruhen auf sehr kleinen Zahlen und die Methodik der Untersuchung wird kritisiert.


(Quelle: http://www.embryotox.de/paracetamol.html)
Immer, wenn Du glaubst, dümmer gehts nicht mehr, kommt von irgendwo ein Eso her!

zwingenberger

ZitatDass Paracetamol auf Dauer nicht so toll für die Leber ist, ist auch logisch - schliesslich wird es dort verstoffwechselt.
Goldene Worte. Wenn man bedenkt, was der Durchschnittsleber sonst alles völlig bedenkenlos zugemutet wird, finde ich das PCM-Thema reichlich gehyped.

The Doctrix

Naja, die Erkenntnis, dass PCM der Leber schaden kann, ist in etwa so wertvoll wie jene, dass Alkohol nicht so gut für Leber, Hirn, Nieren, Bauchspeicheldrüse, Magen, Darm - ach, einfach für die ganze verdammte Bande von Organen - ist.

Wie sagte es ein Kommilitone von mir, angesprochen auf seinen Alkoholkonsum, mal so schön: "Ach was, man muss der Leber nur zeigen, wer hier der Herr im Hause ist. Wenn die nicht spurt, fliegt sie raus!"

Na denn: Prost!   :prosit
Immer, wenn Du glaubst, dümmer gehts nicht mehr, kommt von irgendwo ein Eso her!

bayle

Nein ich glaube, ein bisschen anders ist es schon mit dem Paracetamol. Vor langen Jahren gab es mal ein Editorial im Br Med J "Why do children still die from paracetamol poisoning", oder so ähnlich.  In der Fach-Info (Stand 2002) von Perfalgan heißt es:
ZitatDie maximale Tagesdosis darf 4 g nicht überschreiten. Kinder über 33 kg Körpergewicht (etwa 11 Jahre alt), Jugendliche und Erwachsene unter 50 kg: 15 mg Paracetamol/kg pro Anwendung, d. h. 1,5 ml Lösung je kg. Zwischen zwei Anwendungen  muss ein Mindestabstand von 4 Stunden liegen. Die maximale Tagesdosis darf 60 mg/kg nicht überschreiten (insgesamt nicht mehr als 4 g)
Wenn man darüber liegt, wird es in der Tat brenzlich:
ZitatParacetamol is the most common cause of acute liver failure (ALF) in many countries.
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/22827594

P.Stibbons

Wird Paracetamol nicht z.B. in den USA in großen Bonbongläsern verkauft?

zwingenberger

Zitat von: P.Stibbons am 21. September 2012, 14:28:52
Wird Paracetamol nicht z.B. in den USA in großen Bonbongläsern verkauft?


In Bonbongläsern nicht gerade, aber als over-the-counter-drug, also rezept- und verschreibungsfrei.

Dr. Ici Wenn

Zitat von: zwingenberger am 21. September 2012, 14:40:57
Zitat von: P.Stibbons am 21. September 2012, 14:28:52
Wird Paracetamol nicht z.B. in den USA in großen Bonbongläsern verkauft?


In Bonbongläsern nicht gerade, aber als over-the-counter-drug, also rezept- und verschreibungsfrei.

Es ist halt ähnlich wie in unserem Paralleltread drüben zu Herbiziden: Weniger der Stoff ist das Problem, sondern unqualifizierte Anwendung.

The Doctrix

Zitat von: bayle am 21. September 2012, 14:26:45
Nein ich glaube, ein bisschen anders ist es schon mit dem Paracetamol. Vor langen Jahren gab es mal ein Editorial im Br Med J "Why do children still die from paracetamol poisoning", oder so ähnlich.  In der Fach-Info (Stand 2002) von Perfalgan heißt es:
ZitatDie maximale Tagesdosis darf 4 g nicht überschreiten. Kinder über 33 kg Körpergewicht (etwa 11 Jahre alt), Jugendliche und Erwachsene unter 50 kg: 15 mg Paracetamol/kg pro Anwendung, d. h. 1,5 ml Lösung je kg. Zwischen zwei Anwendungen  muss ein Mindestabstand von 4 Stunden liegen. Die maximale Tagesdosis darf 60 mg/kg nicht überschreiten (insgesamt nicht mehr als 4 g)
Wenn man darüber liegt, wird es in der Tat brenzlich:
ZitatParacetamol is the most common cause of acute liver failure (ALF) in many countries.
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/22827594

Ja, ist doch klar. Wenn man die Tagesdosis weit überschreitet, fährt die Leber 'runter. Das liegt aber nicht am PCM, sondern am Anwender.

Schlafmittel in Überdosierung sind ja auch nicht gesund. Oder Viagra. Oder Alkohol.
Immer, wenn Du glaubst, dümmer gehts nicht mehr, kommt von irgendwo ein Eso her!

The Doctrix

Zitat von: zwingenberger am 21. September 2012, 14:40:57
Zitat von: P.Stibbons am 21. September 2012, 14:28:52
Wird Paracetamol nicht z.B. in den USA in großen Bonbongläsern verkauft?


In Bonbongläsern nicht gerade, aber als over-the-counter-drug, also rezept- und verschreibungsfrei.

PCM ist weltweit rezeptfrei. Das ist ja einer der Gründe, warum es so viele Zwischenfälle gibt.
Immer, wenn Du glaubst, dümmer gehts nicht mehr, kommt von irgendwo ein Eso her!