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#31
Nochmals zur Personalie Grams: die intellektuelle Redlichkeit verlangt von mir eine Korrektur. Die Original-Videoquelle habe ich weder beim INH noch im GWUP_Blog oder sonst gefunden, nur ein paar sekundäre Quellen, zum Beispiel diese:

https://netzwerk-homoeopathie.info/von-der-praktizierenden-homoeopathin-zur-wissenschaftsaktivistin-artikel-ueber-natalie-grams-bei-den-franzoesischen-skeptikern-afis/

N. Grams' Beschwerden gingen wohl nicht in Richtung Fatigue, sondern in die entgegengesetzte Richtung, mit Schlaflosigkeit, Herzrasen, Unruhegefühl, also das klassische PTBS-Programm. Ich meine aber, dass das für das Thema hier nicht den entscheidenden Unterschied macht.
#32
Ich lese gerade Edward Shorter, From Paralysis to Fatigue. A History of Psychosomatic Illness in the Modern Era, 1992, und bin zur Hälfte durch. Ein Buch, welches man Frau Scheibenbogen, Herrn Lauterbach und noch einigen anderen eindringlichst zur Lektüre empfehlen möchte.

Shorter kommt auf die Neurasthenie (Beard 1880) zu sprechen, die die motorische Hysterie Charcotschen Ausmaßes als Modediagnose ablöste; letztere hatte sich verbraucht. Das war anfangs ein Umbrella-Term, der schlicht alles umfasste, und der in der 1. Hälfte des 20. Jhd. dann auf ein Kernsyndrom, die Chronic Fatigue, reduziert wurde. Er führt Fallgeschichten und Romane an, die den furchtbarsten Schilderungen von ,,MECFS"-Patienten zum Verwechseln ähnlich sind, z. B. mit ihrer grotesken Licht- oder Geräuschempfindlichkeit. Hier eine Schilderung aus 1868, zweifellos der späteren Neurasthenie entsprechend (Ich zitiere aus dem O-Text, Joseph Amann):
ZitatSehr häufig äussert sich die vermehrte Empfindlichkeit der sensuellen Nerven mit dem Gefühle hochgradigen Missbehagens gegen relativ geringe Reize. Starke Geräusche, unbemessenes Zuschlagen der Zimmerthüre , starkes Auftreten beim Gehen, oft schon lautes Gespräch berührt Hysterische unangenehm oder verletzt sie aufs Aeusserste. Alle grellen und bunten Farben, namentlich die rothe, sind ihnen meist zuwider, ebenso reizt sie grelles Licht, und viele können nicht einmal die gewöhnliche Helle des Tages vertragen; man findet sie beinahe stets in dunkeln Zimmern. Einige schmecken die geringsten Mengen von Salz oder Gewürz in der Suppe und weisen sie deshalb zurück; der Geruch von manchen wohlriechenden Blumen regt sie auf und macht ihnen Kopfweh.

Shorter zitiert Oswald Bumke 1925:

ZitatDa trat 1880 Beard mit seiner Neurasthenie auf den Plan. Mit einem Schlage gelangte die somatologische Betrachtungsweise wieder zur Herrschaft [...]. Diese Krankheiten waren immer schon da; man hatte sie nur mit anderen Augen gesehen. Den Grund jedoch, warum nun auf einmal alle Welt neurasthenisch sein wollte, hat wohl Monakow richtig erkannt: hier wurden subjektive nervöse Beschwerden mit einer objektiven körperlichen Störung erklärt und damit jeder moralischen Betrachtung entzogen. Das hat zweifellos auf viele Kranke als eine wesentliche Entlastung gewirkt.

Trocken. Bumke weiter:
ZitatHier wollen wir zunächst stehen bleiben. Warum will denn die somatologische Betrachtungsweise trotz aller psychologischen Einstellung so gar nicht verschwinden? Und: Können denn somatologische und psychologische Anschauungen nicht nebeneinander bestehen? Ich glaube, sie könnten es schon, aber es ist eine Bedingung dabei: wir müssen dann ganz bestimmte Voraussetzungen über das Wesen der funktionellen Störungen machen. [...]

Es ist klar, worin der Unterschied gegenüber den organischen Krankheiten liegt; wenn die Spirochäte in das Gehirn einwandert, wenn ein Tumor wachst, eine Blutung oder eine von außen kommende Gewalt nervöses Gewebe zerquetscht, immer handelt es sich um einen - psychologisch betrachtet - durchaus sinnlosen Vorgang; immer werden die natürlichen materiellen Bedingungen des seelischen Lebens von Grund auf verändert, und immer ist es, als griffe ein Kind mit ungeschickten Händen planlos in das Räderwerk einer Uhr.

(Die Revision der Neurosenfrage, Münch. med. Wochenschrift 1925, Nr.43, S. 1815-1819, hier zitiert aus Die gegenwärtigen Strömungen in der Psychiatrie, 1928)

Das zu Ändernde geändert, Amen (heute sind es nicht die Spirochäten, sondern die Autoantikörper oder die Mitochondrien). Vielleicht referiere oder zitiere ich später noch ein wenig aus dem Shorter-Buch.
#33
Politik und Gesellschaft / Re: Amerika du hast es besser
Last post by HAL9000 - Gestern um 10:35:26
Tja, jetzt hat Biden seinen Sohn doch begnadigt*.
Ich sehe das als ziemlich problematisch. Damit liefert er Trump den Vorwand auf dem Silbertablett,
dass dieser seinerseits z.B. die Verurteilten des Kapitol-Sturms begnadigt. Was er vermutlich
ohnehin getan hätte, weil er ständig mit dem Vorwurf der "politischen Verfolgung" herumwedelt,
aber nun kann er mit dem Finger zeigen (und tut das auch schon).
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* um ihn vor einem "Justizirrtum" zu schützen.
#34
Danke für eure Erklärungen. Ich hatte mich nur gefragt, ob Nathalie Grams in ihrer Situation überhaupt fähig ist, zu erkennen, dass sie auch andere Ursachen und Lösungen ins Auge fassen sollte, statt nur in eine Richtung zu suchen? Die Elektrosensiblen fühlen sich ja auch wirklich Scheiße, und können wahrscheinlich gar nicht anders, als das auf 5G oder ähnliche Sachen zu schieben. Ich meine allerdings, dass Scheibenbogen wohl gesund ist und das auf jeden Fall erkennen könnte und müsste.

Zitat von: eLender am 01. Dezember 2024, 22:45:36Spinnen sind trotzdem furchtbar widerliche Tiere

Nein, ich habe ein paar gaaanz liebe süße sehr kleine schwarze Spinnen zu Hause, die jedes Silberfischchen fressen, das irgendwo auftaucht. Ich habe immer Angst, dass sie verhungern. Die richtig großen mit den dicken Beinen kucke ich mir aber auch lieber im Fernsehen oder hinter einer Glasscheibe an. Genauso wie Panther, Haie, Barrakudas, Giftfrösche etc. Einmal habe ich die Schlafzimmertür von innen zugemacht und da saß ein giftiger Skorpion, die gehören ja ebenfalls zu den Spinnentieren. War aber nach kurzer Überlegung auch kein Problem.

https://de.wikipedia.org/wiki/Skorpione#/media/Datei:BritMusMithrasScorpion.jpg  ;)
#35
Zitat von: Juliette am 01. Dezember 2024, 08:06:15Bei LC etc sind die Voraussetzungen doch ganz andere, oder?
Es ist schwierig, das Phänomen überhaupt ein- bzw. abzugrenzen – es gibt keine klaren Definitionen, nur unterschiedliche Fälle. Dazu gibt es noch solche Sachen wie Münchhausen und Co., das man auch nicht vergessen darf. Auf letzteres spielte ich an, auch wenn das nur eine private (und zugegebenermaßen heikle) Spekulation meinerseits ist.

Zitat von: Juliette am 01. Dezember 2024, 08:06:15Das wäre doch, als würde man von Depressiven verlangen, sich mithilfe ihres Verstandes aus dem schwarzen Loch rauszuziehen?
Man muss auch erst mal bereit sein, die Möglichkeit einer kognitiven Ursache anzuerkennen. Man muss wieder selbst herausfinden, was wohl sehr schwierig ist. Das mag ein Grund sein, warum man die psychosomatische Perspektive auch wie Lebertran behandelt. Das spielen sehr viele Faktoren eine Rolle, auch das soziale Umfeld (inkl. der Medien und prominenter Gestalten wie Grams).

Zitat von: zimtspinne am 01. Dezember 2024, 10:20:45Dort muss man Strategien entwickeln, kurzfristigen (oft kontraproduktiven) Belohnungsreizen zu widerstehen und auf die langfristigen (und erstmal gefühlt schwächer wirksamen) zu setzen.
Ja, man muss sein Gehirn umprogrammieren, die Fehlsteuerungen dekonditionieren. Langwierig und schwierig. Paul Garner hatte in seinem Guardian-Artikel auf diese Seite verlinkt: https://www.simplypsychology.org/classical-conditioning.html

Bei PEM spielt eine Fehlkonditionierung wohl auch eine große Rolle. Diese gilt es zu bekämpfen ändern. Man muss zurück zu den normalen / gesunden Konditionierungen. Hier spielt dann auch die Verhaltenstherapie (u.U. auch ABA und Co.) eine Rolle. Der Weg hier scheint zu sein: Man muss selber wieder feststellen, dass einem eigentlich keine körperliche Erkrankung peinigt, sondern eine disfunktionale Konditionierung.

Spinnen sind trotzdem furchtbar widerliche Tiere
#36
Politik und Gesellschaft / Re: Die Genderdebatte
Last post by eLender - 01. Dezember 2024, 22:07:04
Zitat von: RPGNo1 am 01. Dezember 2024, 17:58:00nach einem erholsamen Urlaub
Wie jetzt, Urlaub ohne Internetz? Warst du zur Ayahuasca-Verkostung im Regenwald? Um dann tagelang im Paralleluniversum zu hängen?  ::)

Zitat von: RPGNo1 am 01. Dezember 2024, 17:58:00Konnte jemand dazu näheres in Erfahrung bringen?
Man findet kaum Näheres (höchstens in den Schmuddelmedien, aber ob man da alleine hin sollte?). Ich vermute einen schwulen AGP o.ä. Aber es ist merkwürdig.
#37
Allgemeine Diskussionen / Re: Die Ampelkoalition ist Ges...
Last post by RPGNo1 - 01. Dezember 2024, 18:10:49
Zum D-Day-Papier der FDP wurde einiges gesagt. Ein paar treue Lindner-Paladine opfern sich, damit König Christian und Schlucki Kubicki weiterwurschteln dürfen.

Irrtum!

ZitatDie Empörung über den FDP-Plan zum Koalitionsbruch reißt auch in den eigenen Reihen nicht ab. Nun verlässt mit Harald Christ ein prominenter Liberaler die Partei. Ex-Ministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger übt ebenfalls scharfe Kritik.
https://www.spiegel.de/politik/deutschland/fdp-ex-schatzmeister-harald-christ-verlaesst-die-partei-a-7dd19de1-b5ec-46c9-b8af-73d34785e26c

ZitatAuf die Frage, ob Christian Lindner nach elf Jahren als Parteichef noch der richtige Mann an der Spitze der FDP ist, sagte [Gerhard] Baum: ,,Das muss sich jetzt zeigen in der Art und Weise, wie er reagiert." Von einem  ,,Rücktritt" spricht Baum zwar nicht explizit, seine Kritik läuft aber genau darauf hinaus. Übernehme Lindner keine Verantwortung für das ,,Fehlverhalten" der Parteispitze, seien die Liberalen geliefert.
https://www.focus.de/politik/deutschland/traegt-die-politische-verantwortung-vorsitzende-der-jungliberalen-fordert-ruecktritt-von-fdp-general-wegen-d-day-papier_id_260522430.html




#38
Politik und Gesellschaft / Re: Die Genderdebatte
Last post by RPGNo1 - 01. Dezember 2024, 17:58:00
So, nach einem erholsamen Urlaub kann ich jetzt wieder umfänglicher kommentieren und auch recherchieren.  :D

Mal eine Frage zum Fall Judy S. Ist das eine echte wirkliche Transfrau? Genderdysphorie mit Hormonbehandlung und OP usw? Oder haben wir hier doch eher eine Verwandschaft zu Tessa G, also Fetisch?

Konnte jemand dazu näheres in Erfahrung bringen?
#39
Evtl haben wir es hier mit einem protektiven Faktor der milden Depression zu tun, so gesamtevolutionär betrachtet. Mit psychoaktiven Wirkstoffen die "funktionelle Konnektivität" hochzuregulieren, bringt evtl kurzfristige Linderung. Aber wie geht es weiter, in der Lebenslänge?
Und welche Auswirkungen hätte eine Dauertherapie oder Erhaltungstherapie oder bei Bedarf Psilo-Kur? Wird das Gehirn in gewünschte Bahnen moduliert oder könnte dabei auch alles mögliche nicht so nette  herauskommen?
Mit einem Zyklus ist es ja offenbar nicht getan.
Mit so lästigen Fragen befassen die Enthusiasten sich dort überhaupt nicht.
zB hatte ich mal Ergebnisse aus den Fragebögen überflogen und es kamen nur Probanden bzw Patienten vor, die gar nicht bis sehr gut ansprachen. Keine mit negativen Folgen. Schwer vorstellbar, dass kein einziger Ängste erlebt hatte.

Ich frage mich, ob die Depressionsverbesserung auf die Drogen zurückzuführen ist oder auf das Rahmenprogramm: intensive psychotherapeutische Begleitung. Der Rest entfällt dann auf Plazeboeffekte.
Werden im Rahmen einer Studie illegale Substanzen konsumiert, könnte das vielseitige Auswirkungen auf die Psyche haben. Es könnte zu vorübergehender Blockadeauflockerung und Neubewertung des Lebens führen.
So wird es ja auch als Weckruf für die Psyche dargestellt. Hier stellt sich die Frage, ob eine Gewöhnung eintritt und beim nächsten depressiven Schub eine Dosiserhöhung oder Wechsel auf eine andere Substanz stattfinden muss. Toleranzentwicklung und psychische Abhängigkeit jedenfalls können nicht ausgeschlossen werden. Das wird aber in Studienflyern zum Teil behauptet. Abhängigkeit sei nicht bekannt.
Dass Frau Scheibenbogen das noch nicht für sich entdeckt hat und experimentiert, wundert mich eigentlich.
Geht aber ja nicht, weil zu eng mit Depressionen verknüpft. Jedoch könnte sie kreativ sein und auf virusbedingtes Chaos im Gehirn gehen. brain fog ist ja schon da.

oh nee, ich vertrödle schon wieder zu viel Zeit mit sowas, Buch lesen wäre eine gesündere Strategie für Zeitleerlauf (fadenübergreifend). Dient jetzt nur zur Abrundung, dass ich mir schon vor einiger Zeit ein, zwei solcher Studien näher angesehen hatte und einige offene Fragen in Erinnerung blieben.
#40
Spannend ist die flexible Interpretation ähnlicher Ergebnisse in unterschiedlichen Forschungsrichtungen.

So wird die gesteigerte funktionelle Konnektivität (darstellbar im fMRT) in der Psychedelikaforschung positiv bewertet und korreliert mit einer stärkeren Depressionsverbesserung als mit der Standardtherapie/AD irgendwas.

In der Suchtforschung hingegen wird eine erhöhte dynamische Gehirn-Flexibilität (funktionelle Dynamik bzw Konnektivität des Gehirns) durch beispielsweise Tabakrauchen negativ bewertet. Und mit vorschneller Hirnalterung assoziiert.

ZitatErwartungsgemäß hatte das Rauchverhalten den größten Einfluss auf die Hirnalterung. Doch trug der Tabakkonsum nicht vorzugsweise zum Verlust von Hirnsubstanz bei, sondern erhöhte vor allem die funktionelle Konnektivität, also die Verschaltung von räumlich auseinander liegenden Nervenzellen. Selbst bei einem ruhenden Hirn war die Interaktion zwischen Hirnregionen bei Rauchern ausgeprägter als bei den Nichtrauchern. Rauchen, resümierten die Neurowissenschaftler, binde also Kapazitäten, die ansonsten dem Gehirn als Reserve zur Verfügung stehen, um die Folgen von Alterung oder einer Krankheitslast ohne Beeinträchtigungen zu kompensieren.
https://www.assmann-stiftung.de/der-abdruck-von-rauchen-alkohol-koerperlicher-und-sozialer-aktivitaet-im-gehirn-289/